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Maria Lassnig Maria Lassnig
Ausstellungsansicht - Maria Lassnig Das neunte Jahrzehnt: Ausstellungsansicht mit Hochzeitsbild, 2007/2008; Die Bewunderung, 2008.
Buchtipp

Wie ein Dienstmädchen

Schwerpunkt

Zu Besuch bei Ausnahmemalerin Maria Lassnig, der es gelang, in der männerdominierten Kunstmarkt-Szene die Weltspitze zu erklimmen.

ZUR PERSON
Maria Lassnig
studiert 1943 bei Wilhelm Dachauer an der Akademie am Schillerplatz, muss aber die Klasse wegen entarteter Kunst wieder verlassen, kehrt nach 1945 an die Akademie, in die Klasse von Herbert Boeckl zurück.
1948 entstehen erste Köperbewusstseinszeichnungen in Klagenfurt,
1951 geht sie mit Arnulf Rainer nach Paris, lernt Surrealismus und informelle Malerei kennen und ist mit André Breton, Paul Celan in Kontakt.
In den Sechzigerjahren beginnt sie großformatige Körper-Aquarelle zu malen,
1968 zieht sie nach New York, macht einen ZeichentrickfilmKurs und ab 1970 ironische Zeichentrickfilme.
1980 erhält sie die Professur für Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und macht zahlreiche int. Ausstellungen: die Biennale Venedig, Documenta Kassel.
Im MUMOK im Wiener Museumsquartier sind bis 17. Mai rund 60 Gemälde der vergangenen zehn Jahre zu sehen: »Maria Lassnig: Das neunte Jahrzehnt«,
im Museum Ludwig/Köln, »Maria Lassnig. Im Möglichkeitsspiegel«, Aquarelle und Zeichnungen von 1947 bis heute. 14. März bis 14. Juni 2009.

 

Großer Rummel um Maria Lassnig: 4.000 BesucherInnen bei ihrer Ausstellungseröffnung »Das neunte Jahrzehnt« im MUMOK - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig - in Wien. Ein Fest für einen Weltstar, der an der Seite des Bundespräsidenten Heinz Fischer, vor einem seiner Bilder steht. Kamerateams, JournalistInnen, FotografInnen, die einen so dichten Ring um die Malerin bilden, dass man sie im Blitzgewitter nicht sehen kann. Zwar fühlt sie sich geschmeichelt, aber trotzdem steht sie dieser »Internationalität« skeptisch gegenüber. »Mich gibt es ja schon lange in der Kunstszene. Aber bekannter bin ich erst über ausländische Galerien geworden. Die inländischen haben mich wie ein Dienstmädchen behandelt«, sagt Maria Lassnig mit einem kleinen Lächeln hinter der großen Brille.

Aber wer weiß schon, wie schwer die heute viel Umworbene darum kämpfen musste, als Frau die Weltspitze zu erklimmen? Und wie viel Konsequenz und Zähigkeit es bedurfte, sich in einer weltweit von Männern dominierten Kunstszene durchzusetzen? Auch um den Preis und dem Bekenntnis zur Einsamkeit: »Wenn man die Kunst ernst nimmt, geht das nicht anders als allein zu bleiben. Vor allem als Künstlerin. Da findet sich kein Mann, der ihr so untertänigst kocht und sie betreut wie es umgekehrt die Frauen von Künstlern tun. Heute hat sich das doch etwas geändert«, sagt sie beim Interview in ihrem Wiener Loft, in dem sie arbeitet und lebt. Bescheiden. Der Wohnraum ist reduziert auf Tisch und Bett - aber das durch eine gläserne Wand getrennte Atelier großzügig genug, um ihre jüngsten Bilder zu platzieren - Bilder von einem Paar, das sie aus ihrer Kärntner Sommerfrische kennt, und das Maria Lassnig so beeindruckt hat, weil die beiden sich spürbar lieben.

Körperbewusstseinsbilder
Unangepasst und frech, aber sich bescheidend in ihrem Lebensstil ist die Lassnig geblieben, obwohl ihre Bilder von umgerechnet 7.000 Euro in den Achtzigerjahren auf 300.000 geklettert sind. Es sind Arbeiten, die sich spannungsreich zwischen Körper und Geist, Innenraum und Außenraum, Todesnähe und Lebenslust bewegen. Das Thema ihrer Bilder, Zeichnungen ist sie selbst - ihr Frausein, ihre Sexualität, ihre Wut, ihr Körpergefühl; Körperbewusstseinsbilder sind es - gemalt, gezeichnet, als Trickfilm verarbeitet, zerfließend, quadratisch, monströs, selbstironisch und oft fragmentiert.
Ihre Konsequenz, bei sehr ungewöhnlich betitelten und sehr verschiedenen Bildgeschichten rund um ihr physisches Selbst zu bleiben, in einer Zeit, als Frauen in der Kunst nur als (Akt-)Modelle und Musen eine Rolle gespielt haben, machte sie zur Wegbereiterin für die nächste und übernächste Künstlerinnengeneration in Österreich: für eine Valie Export, Elke Krystufek oder Dorit Margreiter und andere mehr.

Trotzdem ist immer noch gerade die Lassnig Exempel für die schwierige Position von Frauen in der Kunst. Ebenso wie Louise Bourgeois ist die gebürtige Kärntnerin, die bis zum 80. Lebensjahr mit dem Motorrad durch die heimatliche Landschaft kurvte, eine Ausnahmeerscheinung im Kunstbetrieb geblieben und hat auch erst mit fortgeschrittenen Jahren den ganz großen internationalen Durchbruch geschafft. »Ich hatte die dumme Vorstellung, dass das Gute von selbst entdeckt wird. Die Belehrung, als ich sah, wie die Kollegen überall dabei waren und ich nicht, hat sehr geschmerzt«, erinnert sie sich an ihre Anfänge als Künstlerin.

Erste Professorin an der Kunstuni
Sie verdankt es der Frauenbewegung, dass sie 1980, 83 Jahre nachdem die erste Frau an einer österreichischen Universität ein Studium antreten durfte, als erste Frau eine Professur an einer österreichischen Kunstuniversität erhielt. »Die Frauenbewegung forderte eine weibliche Identifikationsfigur für die Kunsthochschule. Ministerin Herta Firnberg hatte mich mitten in der Nacht telefonisch eingeladen, die Professur für die Malklasse zu übernehmen. Ich habe lange überlegt, mir hat es in Amerika gut gefallen«, erzählt die Malerin. Sie war 61 Jahre alt, als sie in Österreich Erfolg und Anerkennung einfuhr, und die erste bildende Künstlerin, die 1988 mit dem großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde. Untersuchungen zufolge, gelingt so eine Karriere unter hundert erfolgreichen Malern im Schnitt nur zwei Frauen. Wenn Maria Lassnig heute noch spitze Bemerkungen über das Unverhältnis zwischen Frauen- und Männeranerkennung im Kunstbetrieb macht, so ist das nicht nur ihr Grundgefühl aus den Siebzigerjahren: Heute noch absolvieren mehr Frauen als Männer erfolgreich eine Kunstuniversität. Europaweit sind rund 53 Prozent der Kunststudierenden weiblich, aber nur fünf Prozent der Lehrenden.

Rundherum lauter Machos
Auch was das Einkommen betrifft: So kam die von Bundesministerin Claudia Schmied in Auftrag gegebene Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen zum Ergebnis, dass Frauen im Kunstbereich generell 35 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Maria Lassnig erlebt aber auch den öffentlichen Umgang mit Männern und Frauen in der Kunst als ziemlich unterschiedlich. Frauen werden da immer noch mit Alter in Zusammenhang gebracht, während die Jahreszahl des Körpers bei Männern wie etwa Picasso kein Thema war: Dementsprechend führt sie als Beispiel den Titel ihrer Ausstellung an: »Ich sehe nicht ein, dass jeder sofort weiß, dass da ein altes Weibel malt. Eine 90-Jährige ist ein altes Weibel. In Amerika wurde ich immer gefragt: How old are you? Und ich habe zurückgefragt: Was geht Sie das an? Als ich Amerika verlassen habe, hat mich niemand mehr danach gefragt. Man muss nur stur sein! Ein Künstler darf nicht durch sein Alter apostrophiert werden.
Es geht mir nicht um die Vorurteile der anderen - die sind mir wurscht -, es geht um meine Vorurteile. Ich selbst werde negativ beeinflusst, wenn ich mein Alter vorgehalten bekomme. Wenn mir was weh tut, denke ich, mein Gott du bist schon so alt. Diese Altersklassifizierung hat angefangen als ich nach Wien zurückkam; John Sailer von der Galerie Ulysses hatte mein Alter in den Katalog geschrieben - und dieser Umgang damit ist geblieben. Rundherum sehe ich lauter Machos.«

WEBLINKS
MUMOK - Museum Moderner Kunst
Stiftung Ludwig, Wien
www.mumok.at/programm/ausstellungen/

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