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Der große Unterschied Der deutliche Einkommensunterschied kann meist nur durch Diskriminierung erklärt werden.

Der große Unterschied

Schwerpunkt

2005 verdienten Frauen in Österreich um 35 Mrd. Euro weniger als die Männer. Ein Teil des Einkommensunterschieds beruht auf Diskriminierung.

In einer gleichberechtigten Gesellschaft sollten Einkommen, berufliche Chancen, kurz alle für die Verwirklichung von Lebenschancen notwendigen Voraussetzungen in etwa gleich auf die Geschlechter verteilt sein. Dieser Zustand ist in Österreich derzeit noch keineswegs erreicht.
Österreich hatte im Jahr 2005 - das aktuellste für das es Daten gibt - eine Bevölkerung von ca. 8,2 Millionen Menschen, wobei die Frauen mit 4,2 Mio. zu 4,0 Mio. leicht in der Überzahl waren. Beim Einkommen hingegen treten massive Unterschiede zu Tage: So verdienten die Männer 2005 in Summe 83,4 Mrd. Euro, während die Frauen 48,3 Mrd. Euro an Einkommen verbuchten.
Eine Analyse, die Einkommensunterschiede auf unterschiedliche Erwerbsbeteiligung, Arbeitszeiten, Ausbildungen usw. zurückführt, ist im Kern nur eine Darstellung verschiedener Formen von Ungerechtigkeit. Bei jeder Form der Ungleichheit, sei es bei der Erwerbsbeteiligung oder der Arbeitszeit, ist zu fragen, warum gerade das Geschlecht einen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Menschen ergeben soll.

Chance auf eigenes Einkommen
Die Ungleichbehandlung in Hinblick auf das Einkommen beginnt bei der Chance auf ein eigenes Einkommen. Die Altersverteilung der EinkommensbezieherInnen zeigt, dass von den Frauen zwischen 19 und 25 Jahren 81 Prozent über ein eigenes Einkommen verfügen gegenüber 87 Prozent bei den Männern. Der Unterschied in dieser Altersgruppe ist also noch gering. Von 25 bis 40 macht sich dann die nach wie vor häufig traditionelle Arbeitsteilung bemerkbar. In dieser Altersgruppe haben nur 77 Prozent der Frauen ein eigenes Einkommen, aber 93 Prozent der Männer. In der Altersgruppe von 40 bis 50 holen die Frauen dann wieder deutlich auf, dort verfügen 85 Prozent über ein eigenes Einkommen. Mit Beginn der Pensionsphase steigt der Anteil der Frauen mit eigenem Einkommen weiter, da dann sowohl eigene Pensionsansprüche aus früherer Berufstätigkeit als auch Hinterbliebenpensionen hinzukommen.

Die Erwerbsbeteiligung über die Altersgruppen zeigt, dass sich die Erwerbsquoten von kinderlosen Männern und Frauen bis zum Alter von 30 Jahren sehr ähnlich sind. Der einzige wesentliche Unterschied ist, dass Frauen eher in schulischer Ausbildung sind, während Männer eher eine Lehrausbildung wahrnehmen. Ab 30 beginnen allerdings auch bei den Kinderlosen die Anteile der ausschließlich haushaltsführenden Frauen zu steigen. Allerdings wird der Unterschied wiederum deutlich kleiner, wenn man Arbeitslose und ausschließlich Haushaltsführende zusammenfasst. Offenbar werden Frauen, die aus dem Erwerbsleben herausfallen, nach wie vor in ihre Alternativrolle als Hausfrau gedrängt. Der wesentliche Unterschied in der Erwerbsbeteiligung tritt auf, wenn Kinder im Haushalt sind. Frauen mit Kindern sind bei den unter Dreißigjährigen weniger als halb so häufig berufstätig oder in Ausbildung wie Frauen ohne Kinder oder Männer. Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil der Erwerbstätigen aber wieder deutlich zu.

Traditionelle Arbeitsteilung
Die erste Ursache für den geringen Anteil der Frauen an den gesamt erzielten Einkommen liegt in der nach wie vor verbreiteten traditionellen Arbeitsteilung. Männer übernehmen die Rolle der Erhalter, Frauen die Hausarbeit. Sobald die Verpflichtungen durch die Kinderbetreuung wegfallen oder weniger werden, kehren Frauen wieder in die Erwerbstätigkeit zurück. Der Anstieg der Erwerbsbeteiligung der Frauen war in den vergangenen Jahrzehnten die massivste Änderung am Arbeitsmarkt. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen stieg von 1971 bis 2008 von knapp 50 Prozent auf über 63 Prozent. Dies vor dem Hintergrund einer sinkenden Erwerbsquote der Männer, die in diesem Zeitraum von 87 Prozent auf knapp 80 Prozent zurückging. Die Frage der Erwerbsbeteiligung darf auch bei internationalen Vergleichen nicht übersehen werden, denn ein sehr geringer Lohnunterschied kann auch auf eine sehr geringe Erwerbsbeteiligung der Frauen zurückgehen. All jene Frauen, die aufgrund von Diskriminierung aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden, sind in den Einkommensdaten unsichtbar.

Frauen haben auch höhere Anteile an Teilzeitarbeit. Hier wiederholt sich das Muster. Frauen leisten mehr unbezahlte Arbeit und so bleibt weniger Möglichkeit für bezahlte Arbeit. Bei erwerbstätigen Frauen ohne Kinder, beträgt die Teilzeitquote 25 Prozent im Vergleich zu sechs Prozent bei den Männern. Sobald es Kinder im Haushalt gibt, steigt die Teilzeitquote deutlich an. Ist das jüngste Kind unter sechs so arbeiten ca. 70 Prozent der Frauen Teilzeit, ist es zwischen sechs und 14 sind es 60 Prozent, die Mütter älterer Kinder arbeiten nur noch zu knapp 40 Prozent in Teilzeit. In Summe führt die höhere Teilzeitquote der Frauen zu einer um ca. zehn Stunden geringeren mittleren Erwerbsarbeitszeit der Frauen verglichen mit den Männern.
Fasst man in einer ganz groben Rechnung den Effekt der Erwerbsbeteiligung und der Arbeitszeiten zusammen, so kann man festhalten, dass von den 35 Mrd. Euro, die Frauen weniger verdienen, etwa zehn Prozent oder drei Mrd. Euro verschwinden würden, wenn Frauen im gleichen Ausmaß wie Männer Einkommen beziehen würden. Bei gleicher Arbeitszeit würde sich der Unterschied um 14 Mrd. auf 20 Mrd. Euro reduzieren. Bei gleicher Erwerbsbeteiligung und höheren Arbeitszeiten würden Frauen in Österreich immer noch um 19 Mrd. Euro weniger erhalten als Männer. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bessere Kinderbetreuung usw. sind also nur der halbe Weg zur Gleichberechtigung.

Die Untersuchungen der Lohnunterschiede sind inzwischen sowohl international als auch national deutlich detaillierter durchgeführt worden. So zeigt eine Studie von Christine Zulehner, dass bei einer weiteren Aufschlüsselung der Diskriminierungen ein nicht "erklärbarer" Einkommensnachteil der Frauen von zwölf Prozent verbleibt. Das bedeutet, selbst wenn man schlechtere Aufstiegschancen, Berufsunterbrechungen und geringere Einkommen in frauendominierten Branchen usw. herausrechnet, verbleibt ein deutlicher Einkommensunterschied, der nur durch Diskriminierung erklärt werden kann.

Reine Diskriminierung
Ein Überblick von Doris Weichselbaumer über 250 internationale Studien zum Thema zeigt einen noch höheren Anteil reiner Diskriminierung. Ein Einkommensnachteil von 19 Prozent von Frauen gegenüber Männern kann nicht "objektiv" erklärt werden. Bemerkenswert ist auch, dass keine Studie einen Einkommensvorteil der Frauen fand.
Welche Maßnahmen sollten nun gesetzt werden, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen? In Zeitvergleichen, sowohl international als auch national, zeigte sich, dass der Rückgang der Lohndifferenz seit Mitte des vorigen Jahrhunderts vor allem auf die steigende Erwerbsbeteiligung, Ausbildung und Erwerbsbindung der Frauen zurückging, also vereinfacht gesagt von Frauen erarbeitet wurde. Die reine Diskriminierung geht dagegen nur sehr langsam zurück.
Zur Überwindung der Diskriminierung ist eine Kombination aus vielen Maßnahmen nötig, beginnend bei Mindestlöhnen, um im unteren Einkommensbereich Diskriminierung zu erschweren, über Kinderbetreuungseinrichtungen und die verstärkte Einbindung der Männer in die unbezahlte Arbeit bis zu Quotenregelungen und positiver Diskriminierung, um die Nachteile bei den Aufstiegschancen zu bekämpfen. Die Beseitigung einer derartig eklatanten Ungerechtigkeit wie der Einkommensdiskriminierung von Frauen muss ein Kernanliegen jeder demokratischen und freien Gesellschaft sein.

WEBLINKS
Die Seite der EU-Kommission zu Equal Pay bietet Material und Daten zum Thema unter
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=681&langId=de
Die Arbeiten von Dr. Christine Zulehner gibt es unter dem Link Research auf
http://christine.zulehner.wifo.ac.at/
Die Studien von Dr. Doris Weichselbaumer sind verfügbar unter dem Link zu Publikationen auf
http://www.economics.uni-linz.ac.at/Weichselbaumer/
Weitere interessante Publikationen zu Lohndiskriminierung von Prof. Dr. Margareta Kreimer sind zum Download aufgelistet unter
http://www.uni-graz.at/margareta.kreimer/forsch.html

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