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Krankentransport ist nicht gleich Krankentransport: Bei Grauanbietern, die unter dem Deckmantel des Mietwagengewerbes unterwegs sind, kommt es schon einmal vor, dass fünf Personen sitzend transportiert werden.

Hilfe für Helfende

Schwerpunkt

Menschen in NPOs retten Menschenleben oder setzen sich für unsere Umwelt ein. Auch sie brauchen Hilfe, ihre Arbeitsbedingungen sind oft miserabel.

Sie sind immer zur Stelle, wenn die Not groß ist: Egal, ob es sich um MitarbeiterInnen bei Rettungsdiensten handelt, um HelferInnen bei Tierschutzorganisationen oder um AktivistInnen bei weltweit agierenden Umweltschutzorganisationen. Sie sind mit Leib und Seele bei der Sache, setzen sich ein und arbeiten oft weit über das vertraglich vereinbarte Maß hinaus für »die gute Sache«. Das wäre an sich nichts Verwerfliches, wenn nicht einige von ihnen das nicht ganz so freiwillig tun würden. Und wenn die Sache auch immer gut wäre.

Professionalisierungsschub

Das Problem mit diversen NPOs ist ein Doppeltes: Auf der einen Seite sind nicht immer alle NPOs so gut wie ihr Ruf. Auf der anderen kämpfen sie zwar für eine bessere und gerechtere Welt, aber das gilt oftmals für alle, nur nicht für die eigenen MitarbeiterInnen und schon gar nicht für die freiwilligen HelferInnen. In den Zeiten, in denen sich die diversen NPOs einen starken »Professionalisierungsschub« verordnet haben, merkten auch die Beschäftigten, dass es einen Schub bei der Vertretung ihrer Interessen brauchte. Und in den NPOs begannen sich engagiere Menschen zusammenzutun und versuchten, Betriebsräte zu gründen. In einigen Fällen führte das zu Auseinandersetzungen, mit denen kaum jemand gerechnet hatte: »Kaum wurde es ruchbar, dass wir über dieses Thema geredet haben und uns informierten, wie man das macht, begann der tägliche Druck auf alle die dabei gewesen waren zu wachsen: Plötzlich konnte man nichts mehr richtig machen und die Drohung von Kündigung stand im Raum.« Die zuständige Gewerkschaft schaltete sich ein, aus den Kündigungen wurde nichts und nach einem erfolglosen Anlauf wurde dann ein Betriebsrat gegründet. Es war auch höchste Zeit, denn die Organisation war gewachsen, und wo vorher ein kleiner Kreis gleich gesinnter auf Augenhöhe an einer Idee arbeiteten, entwickelte sich Hierarchie, Machtgefälle und schließlich auch ein gehöriger Unterschied was die Gehälter und die Arbeitsbedingungen anging.

Solidarität - mit wem?

Es ist - dem Vernehmen nach - noch heute weit verbreitet, dass ArbeitnehmerInnen in NPOs ihre Überstunden nicht nur nicht als solche bezahlt bekommen, sondern auch keinen Zeitausgleich für geleistete Mehrarbeit erhalten. Es geht um die gute Sache, und so wird an ihren Idealismus appelliert und »vorgeschlagen«, die geleisteten Überstunden »zu spenden«. Wer das nicht tut, wird in manchen NPOs nicht sehr alt.

Ebenfalls eine in vielen NPOs verbreitete Unsitte ist die Tatsache, dass InteressentInnen für Jobs nahe gelegt bekommen, zuerst einmal ein paar Monate als Freiwillige unbezahlte Arbeit zu leisten und dann eine Anstellung zu bekommen. Die Steigerungsstufe ist dann erreicht, wenn diese unbezahlte Arbeit während des Bezugs des Arbeitslosengeldes erfolgt. Das ist eine Methode, besonders junge Menschen, die für das Ziel der Organisation »brennen«, eine Weile als unbezahlte, aber hoch motiverte Arbeitskräfte auszunutzen. Auf der anderen Seite werden angestellte MitarbeiterInnen schon einmal mit dem Umstand konfrontiert, dass jederzeit eine ganze Armee von »hungrigen Freiwilligen« auf ihren Job lauert, und sie deshalb sehr bedacht mit ihren Forderungen und Ansprüchen umgehen sollen.

Nicht in allen NPOs herrscht ein derart rauer Wind: Das Österreichische Rote Kreuz hat gemeinsam mit der zuständigen Gewerkschaft vida und BelegschaftsvertreterInnen einen Kollektivvertrag abgeschlossen, der diesen Namen durchaus verdient. Hingegen arbeiten die MitarbeiterInnen des Grünen Kreuzes, das ebenfalls Krankentransporte durchführt, unter einer »mehr als fragwürdigen Betriebsvereinbarung«, die eine Menge an Interpretationsspielraum offen lässt. Die gesetzlich vorgeschriebene Fortbildung wird oftmals in der Freizeit absolviert. Mehrstunden, die dadurch entstehen, werden oftmals nicht abgegolten.

Verschachtelte Konstruktionen

Rudolf Wagner von der zuständigen Gewerkschaft vida: »Es ist schon anders mit dem Geschäftsführer einer NGO zu verhandeln. Vieles ist bei den verschachtelten Konstruktionen der NGO einfach nicht zu evaluieren, da bräuchte es gesetzliche Regelungen, die es uns erlauben, auch Einsicht in die Bücher der Muttervereine zu nehmen.« Eine entsprechende Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes steht weit oben auf der Wunschliste der engagierten GewerkschafterInnen. Gerade für den Bereich Krankentransporte wünscht sich die Gewerkschaft ein bundeseinheitliches Gesetz, das das derzeit bestehende »Stückwerk« ersetzt: »Es müssten zumindest alle den Standard des Roten Kreuzes erreichen, was Schulungen, die Qualität der Transporte und die Arbeitsrechte der MitarbeiterInnen anlangt«, wünscht sich Rudolf Wagner.

Einheitlicher KV

Denn Krankentransport ist nicht gleich Krankentransport: Während ein professioneller Krankentransport maximal zwei PatientInnen liegend transportieren darf, kommt es bei Grauanbietern, die unter dem Deckmantel des Mietwagengewerbes unterwegs sind, schon einmal vor,
dass fünf Personen sitzend transportiert werden.

Von einer medizinischen Versorgung während der Fahrt können diese PatientInnen nur träumen. »Es macht auch einen Unterschied, wie die Fahrten abgerechnet werden«, gibt Rudolf Wagner zu bedenken: »Wenn Fahrer und Sanitäter Prämien für die Anzahl der geleisteten Fahrten erhalten anstatt eines ordentlichen Stundenlohns, dann werden bettlägerige Patienten schon einmal ohne weitere Versorgung in der kalten Wohnung abgeladen, ohne zu schauen, wer kümmert sich in der Folge um die Menschen.« Und das, obwohl strecken- oder mengenabhängige Entgeltzahlungen nach dem Arbeitszeitgesetz verboten sind.

Daher ist die Forderung der vida nach einem bundesweit einheitlichen Kollektivvertrag für alle Rettungsdienste mehr als verständlich.

Fehlende Kontrolle

Was die Arbeit mit NPOs für viele ArbeitnehmervertreterInnen so schwierig macht, ist die fehlende Kontrolle. Das gilt sowohl für arbeitsrechtliche Dinge, als auch für andere Geschäfte. Weil die meisten NPOs erfolgreich das Mäntelchen des Altruismus übergestreift haben, schaut kaum einmal jemand nach und kontrolliert, ob wirklich alles immer mit sauberen Methoden abgeht.

Systeme wie das Spendengütesigel sind da zwar ein guter Ansatz, wirkliche Profis in der Branche können aber auch solche Systeme im Einzelfall einmal umgehen. So nimmt es auch kaum Wunder, dass in Deutschland der ehemalige Geschäftsführer des Bayrischen Roten Kreuzes nicht nur wegen Korruptionsverdacht inhaftiert wurde, sondern dass auch Blut- und Waffenhandel mit im Spiel waren, als 1999 die Ermittler aktiv wurden.

Im Jahr 2001 wurden die Urteile gegen die beiden Rot-Kreuz-Geschäftsführer, die sich von zwei Blut- und Waffenhändlern bestechen ließen, in Deutschland rechtskräftig.

Die Affäre, obwohl keineswegs verallgemeinert werden darf, zeigt eines deutlich auf: Unter dem Mäntelchen der »Guten Taten« sammeln sich in Einzelfällen auch Personen, denen es nicht um das Wohl von Menschen, Tieren und Umwelt geht, sondern für die die NGOs ein leicht zu knackender Selbstbedienungsladen sind.

Schlechte Geschäfte

Und selbst dort, wo es nicht um kriminelle Machenschaften geht, wird der gute Wille und das schlechte Gewissen der Menschen manchmal schamlos ausgenutzt: Der sogenannte Nonprofit-Sektor ist mittlerweile ein Sektor mit zunehmend Profit geworden: So fließen zum Beispiel die Spenden von bis zu drei Jahren an die Agenturen, die auf der Straße Menschen dazu überreden, einen Dauerauftrag für mildtätige oder andere Organisationen zu zeichnen. Oft erst nach dem dritten Jahr fließen Gelder an die NPO.

Auch hier wäre mehr Kontrolle angebracht, aber auch mehr gesundes Misstrauen, wenn der Spendenbeutel klingelt.

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.vida.at

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