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Dritte profitieren

Schwerpunkt

Die Ökonomin Luise Gubitzer benennt in ihrem Modell fünf Sektoren der Gesamtwirtschaft: NPOs sind der dritte Sektor.

Eines steht fest: Irgendwer profitiert immer von Nonprofit. Wer genau und wie hängt vom jeweiligen Bereich der Gesamtwirtschaft ab. Diese kann man auch in fünf Sektoren, die sich gegenseitig stark beeinflussen, aufteilen: For-Profit-Sektor, Haushalts-Sektor, Nonprofit-Sektor (Dritter Sektor), Öffentlicher-Sektor (Staat) und Illegaler-Krimineller-Sektor.

Nonprofit und For-Profit

Ein wesentliches Element des Entstehens von Nonprofit-Organisationen und damit des sogenannten Dritten Sektors im Fünf-Sektorenmodell war das Versagen im For-Profit-Sektor. Der unregulierte Arbeitsmarkt ermöglichte Bauern und Unternehmen die Ausbeutung von Frauen, Männern und Kindern.

Also organisierten sich diese und forderten das Recht eine Gewerkschaft, eine NGO zu gründen und für Arbeitsrechte einzutreten. Das tun Gewerkschaften bis heute. Aber auch andere Organisationen des Dritten Sektors wie z. B. die »Frauensolidarität«, setzen sich für globale Arbeitsstandards für Frauen und deren Einhaltung ein.

For-Profit-Sektor und Dritter Sektor konkurrieren aber auch um Marktanteile, so etwa bei der Ausschreibung von Arbeitsmarktkursen. UnternehmerInnen des For-Profit-Sektors holen sich dabei die lukrativen Marktanteile, indem sie nur jene erwerbslosen Personen in ihre Kurse nehmen, die wenig Schulung brauchen. Personen, mit denen länger gearbeitet werden muss, die umfangreichere Leistungen brauchen, wie z. B. Aufbau von Selbstvertrauen, verbleiben beim Nonprofit-Sektor.

Aber auch die »Solidarische Ökonomie« ist nicht außer Acht zu lassen. Ein Phänomen, das aus Ländern des Südens kommt und in Österreich zuletzt in den Achtzigerjahren mit der Gründung von Betrieben in Selbstverwaltung aktuell war. Heute wird unter diesem Begriff das Wirtschaften z. B. von selbstverwalteten Betrieben und Projekten, von regionalen Tauschringen, FAIRTRADE, genossenschaftlicher Wohnungsbau zusammengefasst. Ein Teil der Nachfrage verlagert sich vom For-Profit-Sektor zur solidarischen Wirtschaft. Dadurch entsteht Konkurrenz.

Aber immer mehr sind NPOs auf den For-Profit-Sektor als Finanzier angewiesen und viele haben das mittels der Bestrebungen für Absetzbarkeit von Spenden und der Steuerbegünstigung von Sponsoring und Stiftungen aktiv betrieben. Gewinnorientierte Unternehmen profitieren, da sie mit ihren Spenden werben, ihre CSR damit ethisch anreichern, Steuerersparnisse erzielen und von etwaigen Ausbeutungspraktiken ablenken. NPOs profitieren, weil sie Geld erhalten. Allerdings ähneln sie auch immer mehr gewinnorientierten Unternehmen und es ist vielleicht eine Frage der Zeit bis sie zu solchen werden. Andere NPOs wie z. B. solche, die sich um von männlicher Gewalt betroffene Frauen und Mädchen kümmern, geraten in finanzielle Nöte, weil ihre Arbeit von Firmen nicht gerne vermarktet wird und sie daher auch keine Spenden von diesen erhalten.

Nonprofit und Staat

Die Beziehung zwischen NPOs und dem Staat kann in eine ökonomische und in eine politische eingeteilt werden. Die ökonomische Beziehung ist die der Arbeitsteilung. Sie besteht mit NPOs, die z. B. Dienstleistungen im Bereich Gesundheit, Erziehung, Beratung etc. anbieten. Da sie mit ethisch-politischen Rationalitäten und damit einem anderen Menschenbild wirtschaften, erbringen sie ein breiteres Leistungsprofil. Daher wurden ihnen Aufgaben übertragen, die zu den öffentlichen Gütern gehören. Diese gesellschaftlich notwendige Arbeit ist daher auch mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Dieses Verständnis mangelt sowohl zunehmend den NPOs als auch dem Öffentlichen Sektor (Staat). Die politische Beziehung besteht vor allem mit den NGOs, häufig Zivilgesellschaft, genannt. Auf der inhaltlichen Ebene setzen diese Aktivitäten, um eine Änderung in dem jeweiligen Politikbereich wie z. B. der Umweltpolitik, Flüchtlingspolitik, Frauenpolitik, aber auch der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik zu bewirken. Dabei geht es um eine Weiterentwicklung der Demokratie.

Diese hier idealtypisch ausgeführten Beziehungen bedürfen in vielem erst ihrer Konkretisierung und Realisierung. Der Impuls muss von AkteurInnen des Dritten Sektors ausgehen. Dazu braucht es Selbstbewusstsein und Selbstverständnis über die eigene Rolle, die spezifische Wirtschaftsweise und die erbrachten Dienst-, Sach- und demokratiepolitischen Leistungen. Wird das nicht erkannt, werden die NPOs/NGOs zu Bittstellerinnen um öffentliche Mittel und politisch vereinnahmt.

Aktuell besteht die große Chance und Notwendigkeit, dass der Dritte Sektor, in dem ca. 200.000 Menschen erwerbstätig und 1,5 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig sind, ein Konjunkturprogramm für sich verlangt und dieses sowohl inhaltlich als auch in Hinblick auf die Bedingungen wesentlich mitgestaltet. Weiters ist es notwendig, dass NGOs und Netzwerke bezüglich der inhaltlichen und konditionalen Ausgestaltungen der anderen Konjunkturprogramme und der Regulierung und Neukonzeption des Finanzsektors gehört werden.

Nonprofit und Haushalt

Zwischen diesen beiden Sektoren besteht eine vielfältige Beziehung. Menschen spenden, damit anderen Menschen in Österreich oder anderen Teilen der Welt geholfen wird. Vor allem Frauen schenken Zeit und Arbeitskraft in Form sozialer ehrenamtlicher Tätigkeit. Frauen, Männer und Kinder werden mit Gratisleistungen, z. B. Betreuungsleistungen im Haushaltssektor, beschenkt etwa bei Krankheit, Behinderung und im Alter.Der Dritte Sektor ist aber auch ein wichtiges Segment des gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarktes. Etwa zwei Drittel der Erwerbstätigen sind weiblich. Er bietet gemäß seiner Rationalitäten Erwerbsarbeit an, die als sinnvoll betrachtet wird und schafft Möglichkeiten für den Berufs- und Wiedereinstieg. Doch ist auch hier die gläserne Decke für Frauen vorhanden und es gibt eine Vielfalt an atypischen Arbeitsverträgen.

NPOs sind auch wichtige Anbieter von leistbaren und qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und Produkten. Bezahlt und unbezahlt tragen sie wesentlich zur Versorgung vieler Menschen bei. NGOs hingegen dienen u. a. Menschen dazu, auszusprechen, was sie als BürgerInnen stört, was sie von der Politik verlangen. Sie sind für viele der Ort des politischen Handelns. Entweder direkt oder indem sie die Organisationen unterstützen, die sich für ihre Anliegen einsetzen.

Nonprofit und krimineller Sektor

Eine der zentralen Aufgaben, die Organisationen des Dritten Sektors erbringen, sind Ausstiegshilfen für Menschen in den Fängen des organisierten Verbrechens. So bieten z. B. in Österreich EXIT und LEFÖ für Frauen in Zwangsprostitution juristischen und psychischen Beistand aber auch materielle Hilfe an.

Gewerkschaften und Arbeiterkammer sollten vermehrt mit Menschen Kontakt aufnehmen, die im illegalen-kriminellen Bereich arbeiten - Schwarzarbeit, Prostitution usw. Denn dort werden alle Errungenschaften der Gewerkschaftsbewegung missachtet und jede Form von politischem Handeln unterlaufen; es werden keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, obwohl öffentliche Güter in Anspruch genommen werden; es wird jede Form von Öffentlichkeit vermieden und Gesetze werden missachtet. Das unterhöhlt die Demokratie.

Demokratisierung

Zusammengefaßt ist festzustellen, dass manche Profite Dritter am Dritten Sektor auch problematisch sind. Doch für viele Menschen ist der Nonprofit-Sektor als Dienstleister und Bereitsteller von Gütern unerlässlich. Er ist auch ein wichtiger Arbeitsmarkt und mit der solidarischen Ökonomie entstehen Hoffnungen, dass er wesentlich zur Lösung des Beschäftigungsproblems und zu einem Ausbau von Formen eines anderen Wirtschaftens beiträgt. Er ist aber auch ein wichtiger Sektor für die Weiterentwicklung der Demokratie und für eine emanzipatorische Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Bezüglich Demokratisierung muss er aber nicht nur nach außen, sondern auch nach innen, in und zwischen den Organisationen wirken.

Weblinks
Wirtschaftsuniversität Wien, Institut für Institutionelle und Heterodoxe Ökonomie, Department Volkswirtschaft
www.wu-wien.ac.at/vw3/
 

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an die Autorin
luise.gubitzer@wu-wien.ac.at
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