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Barack Obama hat bewiesen, dass man eine erfolgreiche Wahlbewegung starten kann, ohne den anderen Kandidaten mit Dreck zu überschütten, sondern indem man die ganze Kraft auf seine Person und Ideen lenkt.

Yes, he did - but how?

Internationales

Kurz bevor Barack Obama am 4. November die Dankesrede nach seiner Wahl zum US-Präsidenten hielt, bekamen seine UnterstützerInnen eine E-Mail.

Barack Obama wurde am 4. November 2008 mit 53 Prozent zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Sein Gegenkandidat John McCain bekam 46 Prozent der Stimmen. An Wahlmännern ergibt das 365 für Barack Obama und 173 für John McCain. Aus meiner Sicht gibt es drei Gründe, warum Barack Obama die Präsidentschaftswahl gewonnen hat.

1. George W. Bush
Zu George W. Bush ist jedes Wort ein Wort zu viel. Außer die Feststellung: Seit  20. Jänner 2009 ist er Geschichte!

2. Barack Obama
Es ist schwierig, zu Barack Obama Worte zu finden, ohne pathetisch zu werden. Barack Obama ist mit Sicherheit ein Ausnahmepolitiker. Smart, charismatisch, glaubwürdig und vor allem ein begnadeter Redner.

3. Obamas Kampagne
Die Kampagne war mit Sicherheit einzigartig. Man kann das auf einige Punkte kurz zusammenfassen.

Vor einigen Jahren noch haben Wahlkampfstrategen über Hausbesuche eher gelästert. Menschen zu Hause zu besuchen, mit ihnen über den einen oder anderen Kandidaten, über Wahlprogramme und Forderungen zu sprechen, wurde von vielen als vollkommen überholt und superöd bezeichnet. Das Besuchen von Menschen, also die direkte Kommunikation »face to face«, wurde noch im vorletzten SPÖ-Wahlkampf von Strategen als viel zu aufwendig eingeschätzt und daher abgelehnt.
Die Kampagne von Barack Obama hat den Beweis dafür geliefert, dass es nichts Besseres, Effektiveres und Zielorientierteres gibt, als die direkte Kommunikation »face to face«. Selbst wenn die Menschen, die hier von Tür zu Tür gehen, nicht alle Facetten des Wahl- oder Parteiprogramms beherrschen und auch nicht auf jede Detailfrage antworten können, auch wenn sie nicht als rhetorisch brillant zu bezeichnen sind, so haben sie etwas, was kein Plakat und kein Folder vermitteln kann: Engagement und Begeisterung für die Sache (Yes we can!).
Be part of it
Und dieses Engagement und diese Begeisterung führten dazu, dass sich in den Vereinigten Staaten im Zuge dieser Wahl über fünf Mio. Menschen (!) als WahlhelferInnen registrieren ließen und aktiv an der Kampagne beteiligten.
Auf österreichische Verhältnisse umgerechnet wären das rund 140.000 AktivistInnen. In Österreich steckt die Einbindung von Engagierten und Freiwilligen, die nicht parteigebunden sind, noch in den Anfängen. Während die Obama-Kampagne eine schlaue »Hybrid-Kultur« zwischen bottom-up- und top-down-Ansätzen fuhr, ist die Angst vor Kontrollverlust in unseren Parteien und Organisationen eklatant.
Phone banks
Hier gelang es, durch ein ausgeklügeltes Computerprogramm diejenigen herauszufiltern, die für Obamas Argumentation gewinnbar waren. Nicht nur die Kernzielgruppe (jung, farbig, weiblich), sondern bis tief in republikanische Schichten hinein. Dabei wurde auf einem bloß eine Seite umfassenden Skript ein Rahmen vorgegeben, ansonsten hatten die WahlkampfaktivistInnen freie Hand bei ihren Telefongesprächen. Es gab nur eine Order: Wenn du merkst, es ist jemand, der sich schon auf McCain festgelegt hat, beende das Gespräch freundlich und verschwende nicht deine Zeit. Wenn die AktivistInnen merkten, hier kommen sie auf jemanden, der von Obamas Ideen überzeugt ist und ihn sicher wählen wird, haben sie sofort versucht, diese Person als AktivistIn im phone-banking-Team zu gewinnen.
Internet
Selbstverständlich gab es beim Internetauftritt von Barack Obama auch die »alten« und notwendigen Bereiche wie Downloads, Informationen, Plakate, usw. Die Schwerpunkte waren allerdings drei andere:

@ BarackTV:
Die Highlights seiner Reden waren schon einige Minuten nachdem er sie gehalten hatte online. UserInnen auf der ganzen Welt konnten seine Reden so hautnah mitverfolgen.

@ Power Mails:
Die E-Mails, die Barack Obama sogenannten »Supporter« (UnterstützerInnen) zukommen ließ, waren von einzigartiger Qualität. Als Mitglied des Barack Obama Supporter Teams weiß ich, wovon ich rede. Jedes E-Mail an mich begann mit »My friend Willi!« und endete mit einem »Yes, we can!« und »Thank you so much for your help. Your Barack«.
Aber nicht nur, dass sie sehr persönlich gehalten waren, waren sie immer sehr motivierend und hatten den notwendigen News-Wert, der bei den meisten anderen Newslettern, die ich bekomme, fehlt.
Sogar sein Vizepräsident wurde zuerst per E-Mail und SMS den AktivistInnen bekanntgegeben und erst einige Minuten später bei einer Pressekonferenz präsentiert.

@ Take action:
Alles, was sich beim Internetauftritt von Barack Obama abspielte, hatte ausschließlich das Ziel: Menschen zu aktivieren. Und es ist Barack Obamas fünf Mio. WahlhelferInnen gelungen, dass 3,3 Mio. Menschen in Summe 600 Mio. Dollar gespendet haben. Hier warst du nicht UnterstützerIn eines Kandidaten, hier warst du Teil der Bewegung.
No negativ campaigning
US-Präsident Harry S. Truman hatte 1948 in seinem Wahlkampf die Losung ausgegeben »Give them hell« und gilt so in der Wahlkampfphilosophie als Begründer des negativ campainings. Barack Obama hat bewiesen, dass man eine erfolgreiche Wahlbewegung starten kann, ohne den anderen Kandidaten mit Dreck zu überschütten, sondern indem man die ganze Kraft auf seine Person und Ideen lenkt. Es war wohltuend in diesem Wahlkampf, dass das, was wir in Österreich als »Dreckschlacht« oder »Wadlbeißerei« bezeichnen, von Barack Obama nicht praktiziert wurde. Nicht seinen Gegner zu verunglimpfen, sondern sich selbst zu präsentieren war eine ausgeklügelte Strategie, die natürlich nur dann funktionieren kann, wenn der Kandidat auch etwas zu sagen hat.
Die Kampagnenverschmelzung
Den Strategen/Strateginnen des Barack Obama Wahlkampfes ist es gelungen, die unterschiedlichen Ansätze wie phone banking, canvassing und Internetaktivitäten nicht als Säulen dieser Kampagne, sondern als gemeinsame Kampagne, die ineinander greift und am Ende ineinander verschmilzt, zu designen und zu leben.
Der Spruch »Yes, we can!« symbolisierte Aufbruch und Hoffnung. Die Andockmöglichkeiten lieferten einfach Stoff zum Träumen. Nichts mit: »Wer eine Vision hat, sollte zum Arzt gehen«, sondern »We build a better America with Barack Obama« war die Vision.
Barack Obama hat es gut verstanden die Emotionen der Menschen anzusprechen. Keine Zielgruppe war ihm zu klein. So erschienen z. B. im Rennspiel »Burnout Paradise« für die X-Box 360 von Microsoft am Straßenrand Werbeschilder mit Obamas Bild. Die virtuellen Plakate waren nicht nur bei der Zielgruppe der Gamer ein voller Erfolg, sie generierten auch in den Massenmedien enormes Echo. Die Werbung war ein Mittel, um Obama in die Populärkultur zu integrieren, er selbst wurde Bestandteil derselben.
Weil es dich gibt!
Als klar war, dass Barack Obama die Wahl gewonnen hat und mehr als Hunderttausende in den Grant Park in Chicago strömten, um die Rede zu hören, erhielt ich - bevor Obama zum Rednerpult schritt -  ein E-Mail von ihm:

»My friend, Willi!
Wir haben Geschichte geschrieben, aber ich möchte, dass wir nicht vergessen, wie wir es getan haben. Wir konnten Geschichte schreiben, weil du dich eingesetzt hast, weil du gespendet hast, weil du mit deiner Familie und deinen Freunden, mit deinen Nachbarn über den Wandel in Amerika gesprochen hast. Ich möchte etwas ganz klar stellen: All das was passiert ist, ist passiert weil es dich gibt!
Thank you, Barack«

Nach seiner Rede wurde bekannt, dass dieser Mann in der Stunde seines Triumphs zuallererst denen dankt, die ihm das ermöglicht haben.
Wie hat die New York Times am Tag darauf so treffend formuliert:

»Dies ist einer der Momente in der Geschichte, in denen es Sinn macht, innezuhalten und sich die Fakten zu vergegenwärtigen: Ein Amerikaner mit Namen Barack Hussein Obama, Sohn einer weißen Frau und eines schwarzen Mannes, den er kaum kennenlernte, aufgezogen von seinen Großeltern fern von der Macht und dem Reichtum Amerikas, ist zum 44. Präsidenten der USA gewählt worden. Obama hat diese Wahl gewonnen, weil er verstanden hat, was in diesem Land falsch läuft: die schlichte Unfähigkeit der Regierung, seine Bürger zu beschützen.«


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Kommentare
Bernd Kulterer 04.02.2009 23.05 Yes he could Was du über die Kampagne von Obama schreibst ist ganz zweifellos richtig, aber man sollte imo bei Punkt eins deiner Gründe, warum er die Wahl gewann (George Bush) schon anmerken, daß er wahrscheinlich einer der wichtigsten Wahlhelfer Obamas überhaupt war. Es ist pikanterweise zu einem gutteil der inferioren Performance George Dabbeljuhs zu danken, daß das Bedürfnis nach "Change" im amerikanischen Volk so ausgeprägt war, dass Obamas (brillante) Reden auf so fruchtbaren Boden fielen, dass der amerikanische Rassismus, der bislang einen afroamerikanischen Präsidenten undenkbar erscheinen ließ, keine Bedeutung mehr hatte. Danke George, danke dafür, dass du nicht nur ein mieser Präsident warst, sondern danke, dass deine Unfähigkeit alles vorangegangene in den Schatten gestellt hat - das musste auch mal gesagt werden.
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