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Die Krise ist da, aber sie schlägt noch nicht mit voller Wucht zu.

Magere Jahre

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ZeitarbeiterInnen trifft die Krise als erstes. Auch jetzt, weiß Manpower- Betriebsratsvorsitzende Budweis. Sie spüren aber auch den Aufschwung zuerst.

Durch die Auftragslücke in der Autoindustrie steigt derzeit die Arbeitslosigkeit bei den ZeitarbeiterInnen stark an. Wie die Branche die Krise überstehen wird, berichtet die Betriebsratsvorsitzende Barbara Budweis von Manpower.
Boombranche Leiharbeit
Zeitarbeit oder Leiharbeit, genauer gesagt: die Arbeitskräfteüberlassung, erlebte in den vergangenen Jahren einen kräftigen Boom. Die ZeitarbeiterInnen sind längst nicht mehr nur HilfsarbeiterInnen, sondern auch FacharbeiterInnen und FachhochschulabgängerInnen. Als flexible Arbeitskräfte sind sie ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft geworden. Binnen zehn Jahren hat sich die Zeitarbeit mehr als vervierfacht. In Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel sind viele Unternehmen in Spitzenproduktionszeiten auf diese zusätzlichen Arbeitskräfte angewiesen. Daher sind ZeitarbeiterInnen auch ein fixer Bestandteil von Unternehmensstrategien geworden.
Personaldienstleister Manpower ist 2008 deutlich über dem Markt gewachsen, bis zum Wirtschaftseinbruch waren es zeitweise sogar +40 Prozent über dem Vorjahr. Als Branchenriese wuchs das Unternehmen kräftig mit dem Boom. Betriebsratsvorsitzende Barbara Budweis sieht hier auch die klare Chance für die Krise, die nun über die Branche hinwegrollt: »Wir sind breit aufgestellt und Manpower war auf die Krise durch ständige Informationen aus seinem weltweiten Netzwerk zum Glück gut vorbereitet.«
Und sie berichtet: »Als die erste Welle bereits im Oktober und November 2008 kam, waren wir von unseren Kunden vorgewarnt und konnten die betroffenen ZeitarbeitnehmerInnen großteils in anderen Branchen unterbringen.« ArbeiterInnen sind stärker betroffen als Angestellte: »Für gut Qualifizierte gibt es nach wie vor gute Chancen - schwierig ist es für ungelernte und angelernte ArbeitnehmerInnen.«
Die ersten VerliererInnen
Zeitarbeit hat zwei Seiten - sie kann als eine Chance verstanden werden, auf dem Arbeitsmarkt bzw. in einer Branche Fuß zu fassen, vor allem für junge ArbeitnehmerInnen, aber auch für ältere Arbeitslose. Jedoch nicht alle ZeitarbeiterInnen finden langfristig eine stabile Beschäftigung. Und die flexiblen ›Jobnomaden‹ sind nun auch die ersten VerliererInnen der Rezession - denn sie sind in Krisenzeiten die ersten, die gehen müssen.
In Deutschland, wo bereits 100.000 ZeitarbeiterInnen ihren Job verloren haben, kampagnisiert die IG Metall ihre Forderung nach Gleichbehandlung der Leiharbeit und meint, Leiharbeit sei derzeit keine Brücke in den Arbeitsmarkt, sondern eine Rutsche in die Arbeitslosigkeit. Die Solidarität der Kernbelegschaft hält sich oft in Grenzen, gegen die Entlassungen gibt es kaum Proteste.
Im Vergleich zu Deutschland und den anderen EU-Staaten insgesamt ist die Zeitarbeit in Österreich rechtlich deutlich besser geregelt, da die Beschäftigten immer durch einen Kollektivvertrag abgesichert sind. ZeitarbeiterInnen werden nach dem jeweiligen Branchen-KV bezahlt. Wenn sie zu ihrem Arbeitskräfte-Überlasser zurückkommen, dann kommt der Gewerbe-Kollektivvertrag zur Anwendung.
In Österreich fielen die zuletzt veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen zu Jahresende 2008 besonders für die Sachgütererzeugung (Industrie, Gewerbe) ungünstig aus, die Zahl der Arbeitslosen stieg um 21 Prozent - bei den ZeitarbeiterInnen ist diese Zahl noch mal um einiges höher und lag bei 27 Prozent. Im vergangenen Halbjahr hat sich die Zahl der arbeitslosen ZeitarbeiterInnen auf 32.700 verdoppelt.
Die Hauptlast der Krise tragen die ZeitarbeiterInnen und die ArbeitnehmerInnen aus den Produktionsbetrieben: »Getroffen hat es bislang die Autozulieferer, die Produktionsbetriebe, den Verkehr und die Telekommunikation sowie die öffentliche Hand und Soziales«, berichtet Barbara Budweis. »Es gibt aber sehr wohl auch Branchen, wo es sehr gut ausschaut, z. B. im heimischen Fremdenverkehr - die Leute fahren derzeit lieber zum Schilaufen statt in die Karibik. Auch am Bau, in der Energieversorgung und bei unternehmensnahen Dienstleistungen läuft es momentan gut.«
Ein guter Teil dieses Anstiegs bei den arbeitslosen ZeitarbeiterInnen ist eine Folge der Auftragslücke in der Autoindustrie. Daher sind auch bestimmte Regionen und Bundesländer stärker betroffen als andere - besonders betroffen ist die Steiermark wegen der Auto-Cluster.
Beginn der Krise
Die Krise ist da, aber sie schlägt noch nicht mit voller Wucht zu. Noch zeigt man sich eher optimistisch: Im ersten Manpower Beschäftigungsausblick auf das neue Jahr gaben immerhin neun Prozent der heimischen Personalverantwortlichen an, zusätzlich Leute engagieren zu wollen - doch gleichzeitig werden elf Prozent ihren Personalstand reduzieren müssen.
Entsprechend weist eine aktuelle Erhebung des Bundesministeriums für Wirtschaft für den Zeitarbeitsmarkt in Österreich nur ein geringes Wachstum aus.
Die Rezepte gegen die Krise sind noch nicht sehr weit gediehen. »Kurzarbeit für ZeitarbeitnehmerInnen ist erst seit der Novelle zur Kurzarbeitsrichtlinie im November 2008 möglich, entsprechend wenig wird diese Möglichkeit in Anspruch genommen«, sagt Budweis.
Dafür wurde auf Regierungsebene als Maßnahme geplant, eine Arbeitsstiftung für ZeitarbeiterInnen einzusetzen, damit sich die Betroffenen weiterbilden können: »Da gerade die weniger qualifizierten ArbeitnehmerInnen von dieser Krise stärker betroffen sind, finden wir Weiterbildungsmaßnahmen zielführend«, fordert Budweis.
Warten auf den Aufschwung
»Die Wirtschaft ist praktisch nahtlos vom massiven Fachkräftemangel - besonders bei FacharbeiterInnen, TechnikerInnen, IT-SpezialistInnen - in die Rezession gekippt. Voriges Jahr um die Zeit fehlten überall die Fachkräfte! Personalchefs erinnern sich nur zu gut daran, wie schwierig es noch vor kurzem war, Spezialistenpositionen zu besetzen«, berichtet die Betriebsratsvorsitzende.
»Auch wenn die Zeiten jetzt hart sind, auf jeden Boom folgt nun einmal eine schwache Zeit, auf die sieben fetten Jahre, die sieben mageren. Doch auch der nächste Aufschwung ist sicher! Daher müssen die Unternehmen alles tun, um ihre Mannschaft über die Krise zu tragen, um beim Aufschwung sofort einsatzfähig zu sein. Unser Job ist derzeit, die Unternehmen zu beraten, wie sie die Krise personell durchtauchen«, so Budweis. Historisch gesehen ist Zeitarbeit ein Frühbarometer für die Wirtschaftsentwicklung. Gering qualifizierte Kräfte werden bereits bei frühen Krisenanzeichen abgebaut, aber auch als erste beim erneuten Anspringen des Wirtschaftsmotors nachgefragt.
Zuversichtlich in die Zukunft
Insofern blickt Budweis der Zukunft von Manpower mit einer gewissen Zuversicht entgegen: »Unsere eigene Branche ist zwar die Erste, die einen Abschwung zu spüren bekommt - sie ist aber auch die Erste, die den nächsten Aufschwung bemerkt!«


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Mehr Infos aus Deutschland unter:
www.arbeitslose-leiharbeiter.de
www.gleichearbeit-gleichesgeld.de

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Facts & Figures
80 Prozent aller Zeitarbeitskräfte sind Männer, 20 Prozent Frauen. Der typische Zeitarbeiter ist Arbeiter und bis zu sechs Monaten in einem Unternehmen beschäftigt. Die Behaltedauer ist bei Angestellten wesentlich länger, hier werden 42 Prozent länger als zwölf Monate in einem Unternehmen beschäftigt. Bei ArbeiterInnen sind es nur 17,7 Prozent.


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