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Die Konsequenzen aus der Finanzkrise für die Ordnungsnormen der Finanzmärkte zu ziehen, ist eine europäische bzw. internationale Aufgabenstellung.

Die Herausforderung

Schwerpunkt

Die aktuelle Wirtschaftslage stellt hohe Anforderungen an die neue Bundesregierung. Konjunkturpakete müssen rasch umgesetzt werden.

Der neuen Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge wird Österreichs Wirtschaft 2009 um ein halbes Prozent schrumpfen und auch im nächsten Jahr nur schwach wachsen. Damit steht die neue Bundesregierung vor der größten wirtschaftspolitischen Herausforderung seit dem Jahr 1975, als im Gefolge des ersten Ölpreisschocks das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,4 Prozent zurückging. Die schwierige Wirtschaftslage war zweifellos ein Grund dafür, dass die Bildung der neuen Regierung nach den Wahlen vom 28. September in deutlich kürzerer Zeit als nach den Wahlen 2006 erfolgt ist.
Rasche Reaktion gefragt
Das Programm der neuen Regierung ist in wesentlichen Teilen von der Notwendigkeit geprägt, prompt und umfassend auf die Verschärfung der Finanzmarktkrise sowie auf die sich abzeichnende Rezession zu reagieren. Positiv ist dabei zu vermerken, dass diesmal die Bedenken wegen angeblicher Wirkungslosigkeit von Konjunkturpaketen (»Strohfeuer«) nicht erst mühsam überwunden werden mussten, sondern die Wirkung von Konjunkturprogrammen im Regierungsübereinkommen außer Streit gestellt wird. Der im Regierungsprogramm festgelegte Budgetpfad erlaubt es, die notwendigen Maßnahmen wie eine Steuersenkung im Ausmaß von 2,3 Mrd. Euro bereits 2009 vorzunehmen und die Konjunkturpakete umzusetzen. Das Wifo schätzt den Beitrag aller Maßnahmen auf 0,75 Prozent des BIP. Das heißt, dass ohne Maßnahmen die Rezession und deren Auswirkungen auf die Beschäftigung viel gravierender ausfallen würde.
Budgetpfad 2009-2013
Unter der Annahme eines eher gedämpften Wachstums bis 2013 (im Durchschnitt nur 1,8 Prozent pro Jahr) wird davon ausgegangen, dass das Budgetdefizit nach 2010 zwar wieder gesenkt, aber bis 2013 nicht mehr eliminiert werden kann. Die Erfahrung der vergangenen 20 Jahre zeigt, dass das Defizit unter solchen Bedingungen von selbst nur wenig zurückgeht. Im Programm sind daher Maßnahmen (siehe Grafik: »Budgetpfad«) im Volumen von bis zu 1,1 Prozent des BIP (ca. drei Mrd. Euro) und ansteigende Budgetüberschüsse der Bundesländer vorgesehen, die das gesamte Defizit des öffentlichen Sektors auf 1,7 Prozent 2013 reduzieren sollen.
In einer länger dauernden Wachstumsschwäche befindet sich die Budget- bzw. die gesamte Wirtschafts- und Sozialpolitik in einem schwierigen Dilemma. Ausgabenkürzungen (Soziales und Infrastruktur) entziehen dem Wirtschaftskreislauf Nachfrage und dämpfen das Wachstum zusätzlich. Andererseits können laufende Ausgaben wie Personalaufwand und Sozialtransfers nicht über längere Zeiträume kreditfinanziert werden, da damit die Verschuldungsquote ansteigt und immer mehr Einnahmen für die Bezahlung der Zinsen für die Staatsschuld benötigt werden. In Deutschland hat in den Jahren 2002 bis 2005 trotz restriktiver Ausgabenpolitik das Defizit weiter zugenommen.
Im Regierungsprogramm ist zu Recht eine behutsame Konsolidierung vorgesehen. Es werden Bereiche aufgelistet, in denen konkrete Maßnahmen für Einsparungen entwickelt werden sollen. Eine Kommission aus WirtschaftsforscherInnen, VertreterInnen der Bundesregierung und der Bundesländer soll unter dem Vorsitz des Rechnungshofpräsidenten schon im Frühjahr 2009 erste Vorschläge dazu erstellen. Die größten Einsparungseffekte sind von Fortschritten bei der Bundesstaatsreform (Finanzausgleich, Abbau/Entflechtung von Mehrfachkompetenzen, Zusammenführung der Verantwortlichkeit für Ausgaben und Finanzierung), von Effizienzsteigerungen im Spitalswesen und im Bereich der Bundes- und Landesschulen zu erwarten.
Steuersenkung
Im Bereich der Steuerpolitik ist die rasche Senkung der Lohn- und Einkommensteuer, die 2009 die Erhöhung des Durchschnittslohnes um 0,8 Prozent-Punkte aufbessert, aus konjunktur- wie auch aus verteilungspolitischen Gründen ein Gebot der Stunde. Für eine nach wie vor einzufordernde stärkere Senkung der Steuersätze wäre allerdings eine Steuerreform größeren Volumens notwendig gewesen. Mittelfristig - bis zum Ende der fünf Jahre dauernden Legislaturperiode - hat sich die Regierung vorgenommen, an einer umfassenden Steuerstrukturreform zu arbeiten, für die eine neue Steuerreformkommission Vorschläge erstellen soll. Ob dabei unter den Annahmen des Budgetpfades das im Programm genannte Ziel der Senkung der Steuer- und Abgabenquote realistisch ist, muss bezweifelt werden. Erfahrungen vieler Länder zeigen, dass erfolgreiche Budgetkonsolidierungen eine Kombination von Maßnahmen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite erfordern.
Die Konsequenzen aus der Finanzkrise für die Ordnungsnormen der Finanzmärkte zu ziehen, ist eine europäische bzw. internationale Aufgabenstellung. Die Aussagen dazu im Regierungsprogramm sind sehr allgemein gehalten. Erforderlich wäre auch das Eintreten für eine kritische Überprüfung der Bilanzierungsregeln im Hinblick auf außerbilanzielle Geschäfte und Zweckgesellschaften, um alle Geschäfte zu erfassen, die bilanzrelevant sein können. Positiv zu sehen ist das Bekenntnis zu einem verstärkten Anlegerschutz.
Das Wirtschaftskapitel des Programms enthält ein Bekenntnis zur sozialen Sicherheit als wesentlichem Standortfaktor. In der EU will die Regierung die Einbindung der Sozialpartner in die Politikgestaltung unterstützen sowie eine stärkere Beachtung sozialer Fragen und fairer Einkommensverhältnisse sowie das Bekenntnis zu einer koordinierten makroökonomischen Politik auf europäischer Ebene einfordern. Die Übergangsfristen am Arbeitsmarkt für Bürger neuer EU-Mitgliedsstaaten sollen ausgeschöpft werden, bei gleichzeitigen Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping. Wünschenswert aus Sicht von ÖGB und AK wäre, dass die Bundesregierung für Maßnahmen gegen Steuerdumping auf europäischer Ebene durch Harmonisierung der Bemessungsgrundlage und einen europäischen Mindeststeuersatz für Unternehmens- und Kapitalsteuern in der EU eintritt.
Arbeitsmarkt
Für die Weiterentwicklung der Arbeitsmarktpolitik haben AK und ÖGB gemeinsam mit den Sozialpartnern in der vorangegangenen Legislaturperiode das Programm »Arbeitsmarkt - Zukunft 2010« vorgelegt. Die neue Regierung will die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern fortsetzen. Wichtige Ziele sind dabei z. B. die lückenlose Umsetzung der Ausbildungsgarantie bei den Jugendlichen, die Verbesserung der Erwerbschancen Älterer und die verstärkte Arbeitsmarktintegration von MigrantInnen. Erfreulich ist die (Wieder-)Zusammenführung der sozial-, arbeitsrechts- und arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten der Bundesregierung in einem Ressort.
Konjunkturpakete rasch umsetzen!
Die neue Bundesregierung hat mit den Konjunkturpaketen und mit der Ankündigung der Senkung der Lohn- und Einkommensteuer auf diese Herausforderung der aufkommenden Rezession reagiert. Entscheidend für die Wirkung der Pakete wird in den nächsten Monaten sein, dass die darin enthaltenen Maßnahmen zügig und konsequent umgesetzt werden, um die Folgen der Rezession insbesondere auf dem Arbeitsmarkt so gering wie möglich zu halten.

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Eine ausführliche Analyse des Regierungsprogramms zum Download:
www.arbeiterkammer.at


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