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Mit Reife und Geduld

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Oft liegen nur wenige Jahre zwischen den Heimhilfen, die ältere Menschen betreuen, und ihren KlientInnen.

Renate Donhofer ist seit 17 Jahren bei der Caritas Socialis Heimhelferin und Betriebsrätin. Sie ist selbst nicht mehr die jüngste und weiß, dass sie irgendwann die Seiten wechseln wird. Die Menschen werden älter. Die Pflegeheime sind überfüllt. Statt wie früher zweimal pro Woche kommt jetzt die Heimhilfe in vielen Fällen täglich. Abend- und auch Wochenenddienste nehmen zu.

Das Alter rückt näher

Früher sah ein Dienstplan vier Einsätze pro Tag vor, heute sind es bei gleicher Arbeitszeit bis zu zehn. »In der verkürzten Betreuungszeit versucht die Heimhelferin - zu 92 Prozent sind es Frauen - alles, was an Kontakt und Hausarbeit zu tun ist, schneller zu erledigen«, erzählt die Betriebsrätin, die seit 17 Jahren in der Heimhilfe tätig ist. Sie ist inzwischen selbst 59 und macht sich Gedanken darüber, wie es ihr wohl ergehen werde, wenn sie selber alt und womöglich hilflos ist: »Ich möchte zu Hause bleiben können, so lange es geht«, sagt sie: »Natürlich hoffe ich, dass ich nicht für jeden Handgriff Hilfe benötige. Das Alter rückt näher und ich kann mir nur wünschen, dass es in Wien diese Betreuung vor Ort in Zukunft bzw. die finanziellen Ressourcen noch geben wird.«
Noch fühlt sie sich gesund und aktiv und kann von ihrer Erfahrung profitieren: Obwohl alles schneller geworden ist, sieht sie sich gerade wegen ihres Alters und der damit einhergehenden Reife und Geduld »in der glücklichen Lage«, Dinge langsamer zu machen und andere Prioritäten zu setzen. Priorität haben in erster Linie die Menschen und ihre sozialen Bedürfnisse - sie sind wichtiger als Geschirr waschen und andere Hausarbeiten. Da in den vergangenen Jahren auch psychische Erkrankungen - wie Manische Depression und Schizophrenie - zugenommen haben, betreute sie auch Menschen, die um vieles jünger sind als sie: «Junge KollegInnen schleppen mitunter alles Leid mit nach Hause, die Belastung ist groß, der Druck wächst. Ich gehe damit gelassener um.«
Denn das hat Renate Donhofer gelernt: Sich abzugrenzen und sehr bestimmt Nein zu sagen, wenn sie sich überbeansprucht fühlt. »Ich gestehe mir auch ein, dass ich manches nicht mehr kann.« Zum Beispiel, wenn die Einsatzleitung nach einem Acht-Stunden-Tag anruft und anfragt, ob man noch für weitere zwei Stunden einspringt: »Viele KollegInnen lehnen nicht ab, auch aus Angst den Job zu verlieren.«

Wenig Anerkennung, wenig Geld

Da ist auch das Burn-out nicht weit, denn Heimhilfen werden von Angehörigen bestenfalls als Putzpersonal angesehen, in Wahrheit sind sie Seelentrost und Organisationstalente im Haushalt. Trotz drohendem Zusammenbruch müssen ältere Heimhilfen irgendwie durchhalten. Donhofer: »Eine 55-jährige Kollegin, die sich überfordert fühlt, kann nicht in Pension gehen, und es gibt auch keine Ausweichmöglichkeiten im Job für sie - Menschen, die betreut werden, stellen hohe Anforderungen.« Allerdings ist diese Arbeit keine Einbahnstraße, weil von den Betreuten sehr viel an Dankbarkeit zurückkommt. Auch das wird einem mit zunehmendem Alter deutlich und bewusst, und man kann daraus Energie beziehen: »Wir sind für diese Menschen oft der einzige Lichtblick, sie warten ungeduldig auf uns, wehe man kommt zu spät. Wir werden als Töchter angesehen und uns wird viel aus der Vergangenheit erzählt. Und Pflegefälle, die nicht mehr reden können - die reden mit den Augen«, sagt Donhofer, kritisiert aber auch die schlechte Bezahlung in der wachsenden Branche. Trotzdem ist die Heimhelferin glücklich mit ihrem Beruf. Sie will in der Pension weiterarbeiten und später ehrenamtlich tätig sein. Und sollte sie selbst einmal Hilfe brauchen wünscht sie sich: »Einen ebenso respektvollen und würdevollen Umgang, wie ich ihn den betroffenen Menschen entgegengebracht habe.«

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