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Foto | Paul Sturm Ältere ArbeitnehmerInnen werden im schlimmsten Fall gemobbt, bis die «Problemfälle« das Unternehmen vorzeitig verlassen.

Risiko Pensionszusage?

Schwerpunkt

Viele ältere ArbeitnehmerInnen zittern um ihre Firmenpensionen. Dazu kommen jene, die aufgrund von Leistungszusagen um ihren Job bangen.

Zwischen 10.000 und 16.000 Zusatzpensionen wurden heuer von den Pensionskassen gekürzt, das ist rund ein Drittel aller ausgezahlten Kassen-Pensionen. Das passiert nicht zum ersten Mal, so wackelt in den Augen mancher Experten sogar die 2. Säule der Pensionsvorsorge. Auf absehbare Zeit ist auch ein Aufholen dieser Verluste nicht möglich. Und neben den erwähnten PensionistInnen, denen die Zusatzpension gekürzt wird, fürchten mehr als 500.000 AnwärterInnen auf eine Zusatzpension um ihr Angespartes. Das liegt zum Teil an schlechten Vereinbarungen zwischen ArbeitgeberInnen und Pensionskassen und natürlich an den schlechten Kapitalerträgen der Kassen. Oftmals sind auch die Einzahlungen der ArbeitgeberInnen zu gering, um die Pension Jahr für Jahr stabil zu halten. Und das, obwohl man uns jahrelang eingeredet hat, dass nur der Aufbau einer zweiten und dritten Säule uns vor sicherem Elend im Alter bewahren würde.

Betriebliche Arbeitnehmer Vorsorge

Sowohl ArbeitnehmerInnen als auch das Unternehmen sollten von dieser Lösung profitieren. DienstgeberInnen können die Betriebliche Arbeitnehmer Vorsorge  (BAV) als Gewinn mindernd verbuchen und sparen so Steuern und Lohnnebenkosten. ArbeitnehmerInnen profitieren davon, dass sie erst bei Pensionsantritt für die Begünstigungen der BAV Steuern zahlen müssen. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Bilanzkosmetik

Wer nun glaubt, dass der Ausweg eine direkte Pensionszusage des Unternehmens sein könnte, irrt gewaltig: In Zeiten, in denen Manager auf die Performance der Aktien an den internationalen Börsen schielen, sind Personengruppen derentwegen Rücklagen in der Bilanz gebildet werden müssen, höchst unbeliebt.
Ratingaspekte, Basel II und die wachsende Internationalisierung der Kapitalmärkte veranlassen daher immer mehr Unternehmen auch in Österreich dazu, ihre Bilanz durch die Ausgliederung von Pensionszusagen zu verkürzen. Besonders die angelsächsisch dominierten Ratingagenturen stehen den Zusagen immer noch sehr kritisch gegenüber. Sie behandeln sie in ihren Analysen wie »echtes« Fremdkapital. Und die Analysen entscheiden oft darüber, wie das Unternehmen an den Börsen dasteht und auch darüber, wie teuer Kredite werden. Besonders brisant wird dieser Aspekt, wenn man weiß, dass im September 2002 eine EU-Richtlinie in Kraft getreten ist (1606/2002), die vorsieht, dass kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit Sitz in den EU-Mitgliedsstaaten ab dem Jahr 2005 ihren Konzernabschluss nach den Internationalen Accounting Standards (IAS) erstellen müssen. Das würde eine Bilanzverkürzung noch zusätzlich attraktiv machen.
Neben den Unternehmen, die sich rechtliche Konstrukte einfallen lassen, um die unbeliebten Rückstellungen aus der Bilanz zu »zaubern, gibt es auch solche, die am liebsten die »VerursacherInnen« loswerden würden. Das trifft vor allem ältere ArbeitnehmerInnen, für die bereits eine größere Summe rückgestellt werden musste. Diese ziehen, wenn das Betriebsklima es zulässt, schnell den Groll anderer auf sich und langsam setzt sich, schlechte und unsolidarische Stimmung vorausgesetzt, eine feindselige Haltung gegenüber den KollegInnen durch. Im schlimmsten Fall wird gemobbt, bis die »Problemfälle« das Unternehmen vorzeitig verlassen.

Die erste Säule stärken

»Die erste Säule der Altersversorgung, die Pension nach dem Sozialversicherungsprinzip, ist die einzige Garantie für die Existenzsicherung im Alter - unersetzbar vor allem für all jene, die sich keine privaten Ansparprogramme leisten können«, so Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB. Deshalb sei es sehr zu begrüßen, dass auch das Regierungsprogramm ein Bekenntnis zu Existenz- und Lebensstandardsicherung im Alter durch das gesetzliche Pensionssystem enthält: »Dass man sich auf die zweite und dritte Säule nicht verlassen kann, ist offensichtlich: Allein in den ersten drei Quartalen 2008 hat das von den Pensionskassen veranlagte Vermögen acht Prozent an Wert verloren.« Von den Pensionskassen wurden den Menschen riesige Renditen vorgegaukelt. Jetzt sind sie von schrumpfenden Zusatzpensionen bedroht. Um massive Pensionskürzungen zu verhindern, fordert der ÖGB eine garantierte Mindestverzinsung. Achitz: »Die Kassen sollen diese aus eigenen Mitteln sicherstellen.«
Die Mindestgarantie der Verzinsung der Pensionskassen wurde 2003 de facto abgeschafft. Auch Dwora Stein, Bundesgeschäftsführerin der GPA-djp, forderte Ende November: »Die Mindestverzinsung sollte am besten rückwirkend ab ihrer Abschaffung durch die damalige Regierung im Jahr 2003 wieder eingeführt werden, um zumindest einen Teil des Schadens wieder gutzumachen.«

Noch mehr Geld vom Staat?

Eine andere Lösung schlägt der Schutzverband der Pensionskassenberechtigten vor: «Wenn nichts geschieht, droht Zigtausenden KassenpensionsbezieherInnen mit Jahresbeginn 2009 eine Kürzung ihrer Pensionen um mehr als 20 Prozent und Hunderttausenden Aktiven eine radikale Beschneidung der von ihnen erwarteten Pensionen«, schlug Verbandssprecher Günter Braun Alarm.
Der Grund für die negative Entwicklung: Statt der erforderlichen Erträge von rund 7,5 Prozent verzeichnen die Pensionskassen heuer massive Veranlagungsverluste von bis zu 20 Prozent. Der Schutzverband fordert deshalb eine Rettungsmaßnahme angelehnt an das Bankenhilfsprogramm und eine staatliche Garantie des Kapitals der Pensionskassenpensionsberechtigten rückwirkend zum 31. Dezember 2007. Das Argument: Die Rettung der zweiten Säule der Altersvorsorge für eine halbe Million Österreicher - der Pension über Pensionskassen - dürfe nicht minder wichtig sein als das Paket zur Stützung der Banken.

Der Druck wächst

Demgegenüber findet Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina, dass der Staat sich aus der Förderung von privaten Pensions- und Vorsorgesystemen zurückziehen sollte. Der Staat habe moralische Mitschuld an den laufenden Kürzungen der Zusatzpensionen, da er seit der Einführung der Pensionskassen im Jahr 1991 die Bedingungen verschlechtert habe, kritisierte Lacina. Durch die Förderung komme es überdies zu einer Umverteilung von unten nach oben, da sich nicht jeder die Teilnahme an der sogenannten dritten Säule der Pensionsvorsorge leisten könnte.
Und während in der Regel gut qualifizierte »Schlüsselarbeitskräfte« auch in wirtschaftlich schwächeren Zeiten wenig zu befürchten haben, zittern jetzt gerade die: Entweder weil die versprochene Betriebspension täglich weniger wird und nicht absehbar ist, wann die Talsohle erreicht sein wird. Und die anderen fürchten sich, ins Visier der Controller zu geraten, die dabei sind, die Bilanzen abzuschlanken und nach Möglichkeit die Rückstellungserfordernisse, die durch direkte Leistungszusagen entstanden sind, aus den Konzern-Bilanzen zu bekommen.
Das Problem ist für die Betroffenen nicht zu unterschätzen: Wer im Fall von Mobbing das Unternehmen »freiwillig« verlässt, verliert unter Umständen seine Anwartschaften ebenso wie bei verschuldeter Kündigung oder unbegründetem Austritt. Und während Experten immer lauter darüber nachdenken, ob die Bilanzierungsvorschriften, die Unternehmen dazu nötigen ihre Bilanzen dem angelsächsischen Vorbild anzupassen, sinnvoll sind, wächst der Druck auf diejenigen, die vordergründig die »Schuldigen« sind: Auf die vielen MitarbeiterInnen, die im guten Glauben unter Umständen sogar auf ein besseres Gehalt zugunsten einer betrieblichen Vorsorge verzichtet haben.

INFO&NEWS
Pensionsrückstellungen
sind Rückstellungen für Verpflichtungen aus betrieblicher Altersversorgung (Pensionsverpflichtungen). Da bei Verpflichtungen aus betrieblicher Altersversorgung unklar ist, ob, wann und in welcher Höhe es zu einer Zahlung an den Versorgungsberechtigten kommt, werden hierfür in der Bilanz keine Verbindlichkeiten, sondern Rückstellungen ausgewiesen.

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Pensionskassengesetz (PKG) und das Betriebspensionsgesetz (BPG) - beide finden Sie unter
www.ris.bka.gv.at
zum Download

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