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Tabelle| WIFO-Prognose vom 27. Juni 2008 Tabelle: zum Vergrößern anklicken!

Trübe Aussichten

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Wachstumsverlangsamung und kräftige Teuerung bedrohen unseren Lebensstandard - Gegensteuern ist dringend notwendig.

Jüngste Prognosen der Wirtschaftsforschung zeigen, dass der Konjunkturaufschwung ausläuft. Nach dem kräftigen BIP-Wachstum der Jahre 2006 und 2007 (3,3 und 3,4 Prozent) fiel auch das Ergebnis in den ersten Monaten 2008 noch überraschend positiv aus. Mittlerweile wird die Wachstumsdämpfung, die sich seit etwa einem Jahr ankündigt, auch bei der Produktion bemerkbar. Im sogenannten »Konjunkturtest« des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) meldeten die UnternehmerInnen ab Mitte 2007 eine Abschwächung der Auftragsbestände und der -eingänge, und die Einschätzung der Geschäftslage wurde nach unten korrigiert. Nach der kräftigen Steigerung der Sachgüterproduktion von sechs Prozent im ersten Quartal 2008 (nach real 16 Prozent in den beiden vorangegangenen Jahren gemeinsam) verlangsamte sich deren Wachstum im zweiten Quartal auf 4,9 Prozent (im Jahresabstand).

Wachstum dank Wetterlage

Der WIFO-Konjunkturtest vom Juli 2008 zeigt, dass derzeit die Erzeuger von Vorprodukten, Kraftwagen und Kraftwagenteilen sowie von Nahrungs- und Genussmitteln besonders die konjunkturelle Verlangsamung spüren. Durchschnittlich ist die Lage bei kurzlebigen Konsumgütern, während die Erzeugung von Investitionsgütern und langlebigen Konsumgütern ebenso relativ gering betroffen erscheint. Außerhalb der Produktion trugen vor allem Bauwirtschaft und Tourismus zum kräftigen Wachstum bei. Beide Branchen profitierten von der relativ warmenWetterlage im Winter. Es gab in den Schiregionen auch genug Schnee.

Internationales Umfeld

Ihren Ausgang nahm die aktuelle Wachstumsverlangsamung in den USA, wo die Immobilienkrise die Wirtschaft an den Rand einer Rezession brachte. Diese konnte bislang nur durch Wirtschaftspolitik verhindert werden. Drastische Zinssenkungen der amerikanischen Zentralbank (»Fed«) und massive Steuererleichterungen stimulierten die Investitionen der Unternehmen und die Konsumbereitschaft der Haushalte.

In China und Indien wächst das BIP weiterhin mit Raten knapp an zehn Prozent pro Jahr. Europa leidet dagegen unter einer Reihe wachstumsdämpfender Faktoren. Die Exporte spüren nicht nur die Schwäche der US-Nachfrage. Die Krise der US-Wirtschaft schlug sich auch in einer Schwäche des Dollars nieder, was eine massive effektive Aufwertung des Euros bedeutet. Darüber hinaus bewirkte die internationale Finanzkrise, dass sich die Kreditbedingungen für UnternehmerInnen und Haushalte verschlechtern. Einige Länder, wie z. B. Irland und Spanien, leiden unter einer Immobilienkrise ähnlich der in den USA. Und nicht zuletzt treibt der starke Anstieg der Rohstoffpreise, allen voran Erdöl und Agrarprodukte, die Inflation in die Höhe. Damit werden die Realeinkommen der Haushalte reduziert, was sich in schwächerem Konsum niederschlägt.
Der Euro ist aber derzeit nicht die Ursache für steigende Preise. Im Gegenteil, dank starkem Euro sind die importierten Rohstoffe nicht noch viel teurer. Denn die meisten Rohstoffe werden international nach wie vor in Dollar gehandelt. Und ein Anstieg des Euro-Wechselkurses verbilligt die in Dollar verrechneten Importe. Hätten wir also nicht den starken Euro, hätten sich Benzin und Lebensmittel noch viel mehr verteuert!

Für Österreichs Wirtschaft mag es ein kleiner Trost sein, dass sie rascher als der Durchschnitt der Eurozone wächst, was vor allem den Geschäften mit den boomenden neuen EU-Mitgliedern zu verdanken ist. Aber die Wachstumsverlangsamung fällt dennoch spürbar aus. Sie begann etwa zur Jahresmitte und gegen Ende des Jahres 2008 wird sich das Wachstum gegenüber Jahresbeginn halbiert haben. Die WirtschaftsforscherInnen rechnen damit, dass die Konjunkturschwäche bis ins kommende Jahr reichen wird.

Wettbewerbsprobleme in Österreich

Zu den bekannten internationalen Ursachen der Preisanstiege wie der wachsenden Nachfrage der Boomstaaten in Asien, veränderten Konsumgewohnheiten, Produktionsausfällen durch Naturkatastrophen und verstärkten Einsatz von Biosprit kommen aber in Österreich auch hausgemachte Faktoren. Wie Untersuchungen der AK ergeben haben, fielen bei einigen Produkten die jüngsten Preissteigerungen drastischer aus als in vergleichbaren Ländern, und viele Produkte sind auch  teurer als in Deutschland - sogar in Filialen derselben Handelskette! Hier muss etwas mit dem Wettbewerb faul sein. Dies wird auch von WissenschafterInnen und der Österreichischen Nationalbank bestätigt. Deshalb hat die AK auch die Notbremse gezogen und mit einem »Preisantrag« den Wirtschaftsminister dazu gezwungen, die Preiskalkulation wichtiger Handelsketten zu untersuchen. Weiters werden von der AK Verbesserungen im viel zu zahnlosen Preisgesetz gefordert sowie Maßnahmen zum Dämpfen der Benzinpreise.

Arbeitsmarktlage wird schlechter

Doch damit allein wird weder den KosumentInnen ausreichend geholfen noch die Talfahrt der Konjunktur gebremst. Zwar waren die Beschäftigungsdaten bislang erfreulich - auch wenn ein großer Teil des Zuwachses an Beschäftigten auf einen statistischen Effekt zurückzuführen ist: Seit Jahresbeginn müssen Arbeitskräfte vor Arbeitsbeginn angemeldet werden. Aber die Entwicklung am Arbeitsmarkt folgt üblicherweise der Produktionsentwicklung mit einer Verzögerung von etwa einem dreiviertel Jahr. Gegen Jahresende muss also wieder mit einer längeren Periode der Verschlechterung der Arbeitsmarktlage gerechnet werden. Nimmt man dazu die Tatsache, dass die Realeinkommen heuer schrumpfen, dann ist klar, dass überfällige Maßnahmen zur Stärkung der Inlandsnachfrage notwendig sind. Einerseits um die Umverteilung der vergangenen Jahre zulasten der ArbeitnehmerInnen zu stoppen, andererseits, um die Kaufkraft der Klein- und MittelverdienerInnen zu stärken. Diese sind
von den jüngsten Preiserhöhungen besonders betroffen, da sie einen größeren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel und Energie verwenden müssen als Reiche.

Ein Maßnahmenpaket, um dem Konjunkturabschwung entgegenzusteuern, muss neben der Teuerungsbekämpfung auch eine rasche spürbare Lohnsteuersenkung enthalten. Eine Reduktion der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel wäre sinnvoll, wenn sie an die KonsumentInnen weitergegeben wird. Auch eine kräftige Lohnrunde ist gefordert, um die Realeinkommensverluste auszugleichen. Diese Maßnahmen müssen durch Investitionen in Aus- und Weiterbildung flankiert werden. Auch müssen die Übergangsfristen für die Arbeitsmarktöffnung gegenüber den neuen EU-Ländern bis 2011 verlängert werden, um den Arbeitsmarkt nicht weiterem Druck auszusetzen. Die Wirtschaftspolitik muss bereit sein, aus Fehlern zu lernen. Zu Beginn des Jahrzehnts, als die Weltkonjunktur in einer Krise war, war man in Europa nur auf Stabilisierung und Kostensenkung bedacht. So wurde die Eurozone zwar zum Exportweltmeister und die Profite brachten über Jahre Rekordergebnisse. Der Preis dafür war allerdings eine tiefe und bis heute andauernde Schwäche der Binnennachfrage, da die Arbeitslosigkeit hoch blieb und die Einkommen kaum anstiegen. Wer Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung oder Lohnzurückhaltung zur Kostensenkung für UnternehmerInnen oder ein weiteres Hinausschieben einer Steuerreform fordert, gefährdet den für 2009 prognostizierten Wiederaufschwung und nimmt in Kauf, dass aus der momentanen Wachstumsverlangsamung eine veritable Rezession wird.

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