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Foto | Paul Sturm Gerade im Hinblick auf die angestrebte Senkung der Zahl der Berufs- und Invaliditätspensionen, hat die Vorbeugung arbeitsbedingter Erkrankungen besondere Relevanz. Zu viele stehen unter Druck.

Gesundheit erhalten

Schwerpunkt

Der Zugang zur Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension ist nach wie vor äußerst schwierig.

Dass die abgeschaffte Frühpension zu einer regelrechten Flucht in die Invaliditätspension bzw. in die Berufsunfähigkeitspension geführt habe, ist eine weit verbreitete Auffassung. Sie wird auch oft als Argument gebraucht, um eine Reform bzw. vielmehr eine Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen dieser Pensionsart zu fordern.

Berufsunfähigkeit kein Schlupfloch

Zahlen und Fakten bestätigen die behauptete Zunahme nicht. Eine von der Arbeiterkammer im Zusammenhang mit der von Sozialminister Erwin Buchinger initiierten Reform der Invaliditätspension erstellte Studie kommt zur Erkenntnis, dass die Zahl der gesundheitsbedingten Pensionen sogar gesunken ist. Nämlich um insgesamt rund 20.000 im Zeitraum zwischen 2000 bis 2006. Die Zahl der Neuzuerkennungen ist in derselben Zeit um ca. 2.000 zurückgegangen. Und das, obwohl gleichzeitig das Antrittsalter für die vorzeitige Alterspension angehoben worden ist.

Diese Entwicklung macht deutlich, dass der Zugang zu dieser Pensionsart keineswegs einfach ist und von einem ausufernden Anstieg keine Rede sein kann. Mit jedem Pensionsantrag auf Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension ist eine genaue medizinische Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen verbunden, und die Zahl der über diesen Weg zuerkannten Pensionen widerspiegelt vielmehr die massiven Belastungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch  die gegenwärtige Arbeitswelt. Jeder krankheitsbedingten Pension liegt also eine massive Erkrankung oder Beeinträchtigung zugrunde. Konkret erfordert die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension bzw. einer Invaliditätspension, dass die Arbeitsfähigkeit eines/einer Versicherten so weit gesunken ist, dass sie weniger als die Hälfte gesunder Versicherter mit vergleichbarer Berufsausbildung sowie gleichwertigen Fähigkeiten und Kenntnissen beträgt bzw. im Falle von angelernten Berufen weniger als die Hälfte einer zumutbaren Tätigkeit. Menschen, die über diesen Weg aus dem Erwerbsleben ausscheiden müssen, den Vorwurf zu machen, sie würden ein Schlupfloch nutzen, um nicht mehr arbeiten zu müssen, ist durchaus als zynisch zu bezeichnen.

Schwerarbeitspension

Gesundheitliche Dauerbelastungen am Arbeitsplatz gehören heute immer mehr zum beruflichen Alltag. Eine Pensionierung vor dem Regelpensionsalter begründen sie jedoch keineswegs. So wird etwa durch die restriktive Regelung der Schwerarbeitspension, nur für eine kleine Gruppe Schwerarbeit leistender Menschen ein Ausscheiden vor dem Regelpensionsalter ermöglicht. Beispielsweise profitieren Frauen, bevor ihr gesetzliches Pensionsantrittsalter an das der Männer angeglichen ist, de facto nicht von dieser Möglichkeit. Außerdem werden psychisch belastende Tätigkeiten, die gegenwärtig zunehmen und auch oft den Ausschlag für die Zuerkennung einer krankheitsbedingten Pension geben, bei den Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension völlig unzureichend berücksichtigt.

Zugangserleichterungen notwendig

Um eine Schwerarbeitspension in Anspruch nehmen zu können, ist es erforderlich, zehn Schwerarbeitsjahre innerhalb der letzten 20 Jahre vor Pensionsantritt vorweisen zu können. Dass die meisten Menschen eher in jungen Jahren schwer arbeiten und später in andere Tätigkeiten wechseln, weil sie Schwerarbeit nicht mehr schaffen, ignoriert die aktuelle Regelung zur Gänze.

Die arbeitsweltbedingten gesundheitlichen Risiken, die gleichzeitig bestehende Anforderung, länger im Erwerbsleben zu bleiben wie auch die Unsicherheit der Menschen hinsichtlich ihrer Alterssicherung machen im Pensionssystem vielfältige Maßnahmen erforderlich. Im Bereich der Berufs- und Invaliditätspensionen ist es etwa notwendig, Zugangserleichterungen insbesondere für ältere, gesundheitlich erheblich beeinträchtigte Menschen zu schaffen, deren Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt unrealistisch ist. Sie werden oft jahrelang zwischen Arbeitsmarktservice und Pensionsversicherung hin und her geschoben. Eine verbesserte Koordinierung dieser Institutionen wäre zudem sinnvoll und im Interesse der Betroffenen. Unbedingt notwendig ist auch eine deutliche Anhebung der Pensionsleistung, das veranschaulichen die durchschnittlich ausbezahlten Leistungen: 2006 betrug die durchschnittliche Höhe der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen für Frauen 513 Euro, die der Männer 976 Euro.

Altersgerechte Arbeitswelt

Neben direkten Maßnahmen im Pensionssystem müssen auch die Arbeitsbedingungen so verändert werden, dass Menschen länger und gesund im Erwerbsleben bleiben können. Das erfordert eine alternsgerechte und lebensphasengerechte Gestaltung der Arbeitswelt. Dazu gehört z. B. eine an unterschiedlichen Bedürfnissen orientierte Regelung der Lebensarbeitszeit, passende Arbeitsabläufe und spezifische Bildungsangebote.

Der Prävention muss bei der Weiterentwicklung des Pensionssystems bzw. im Hinblick auf eine Reform der Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension, die wohl wesentlichste Bedeutung zukommen. Immerhin muss es weiterhin vorrangig sein, möglichst alle Menschen möglichst lange gesund im Arbeitsleben zu halten. Einer Berentung, als letzten Schritt, sind alle geeigneten Maßnahmen voranzustellen, die zu einer gesundheitlichen Wiederherstellung führen bzw. eine möglichst hohe Lebensqualität der Betroffenen garantieren können. Die Aufrechterhaltung der engen Verknüpfung im institutionellen Bereich von Behandlung, Rehabilitation und Sachleistungserbringung ist dafür Voraussetzung.

Gesundheitsförderung wichtig

Daher müssen bisherige Maßnahmen im Bereich der Prävention bzw. der Gesundheitsförderung ausgeweitet und auf eine breitere Basis gestellt werden. Prävention kann nicht auf die Vermeidung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen reduziert werden. Gerade im Hinblick auf die angestrebte Senkung der Zahl der Berufs- und Invaliditätspensionen, hat die Vorbeugung arbeitsbedingter Erkrankungen besondere Relevanz. Im Unterschied zu Berufskrankheiten, die im ASVG genau definiert und aufgelistet sind, werden arbeitsbedingte Erkrankungen durch mehrere zusammenwirkende Faktoren ausgelöst. 

Das können z. B. Umgebungseinflüsse wie etwa Lärm oder Staub sein, oder auch unpassende psychische und physische Anforderungen einer Tätigkeit, etwa starker Zeitdruck oder unzureichende Arbeitsmittel. Die in Folge entstehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen können oft zu chronischen Erkrankungen führen. Sehr häufig betreffen sie das Herz-Kreislauf-System, den Stütz- und Bewegungsapparat sowie den Verdauungstrakt. Aber auch Störungen des Allgemeinbefindens sind unter dem Aspekt einer arbeitsbedingten Erkrankung zu sehen, da sie als Frühsymptom einer erst später an den Tag tretenden Erkrankung wahrgenommen werden sollten. Indem psychische Erkrankungen zu einer der Hauptursachen für krankheitsbedingte Pensionierungen geworden sind, widerspiegelt sich die Bedeutsamkeit arbeitsbedingter Erkrankungen und gleichzeitig ihr Stellenwert hinsichtlich erforderlicher Präventionsmaßnahmen. Verschiedene internationale Studien sprechen von einem Anteil von 30 bis 50 Prozent, den arbeitsbedingte Erkrankungen am gesamten Krankheitsgeschehen ausmachen. Sie verursachen logischerweise auch entsprechende volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Kosten. So werden nach Schätzungen rund 1,6 Prozent des BIP für Kosten infolge arbeitsbedingter Erkrankungen ausgegeben.

Die von Gewerkschaftsseite geforderte Einführung eines eigenen Präventionsgesetzes wäre im Zusammenhang mit der notwendigen Vorbeugung arbeitsbedingter Erkrankungen ein wesentlicher Schritt. Insbesondere das Ziel einer umfassend umgesetzten und nachhaltig wirksamen betrieblichen Gesundheitsförderung wäre damit auf eine gute Basis gestellt und insgesamt ein wesentlicher Beitrag zur Wahrung der sozialen Sicherungssysteme geleistet.

WEBLINKS
Infos und Formulare zur Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension:
www.help.gv.at/Content.Node/128/Seite.1280000.html
Arbeit und Alter
www.arbeitundalter.at

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