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Buchtipp: Wendt/Ensle, Stress- und Burnout-Prävention in Betrieben

Stress und Burn-out

Schwerpunkt

Ein Handbuch für Führungskräfte, BetriebsrätInnen und ArbeitsmedizinerInnen, gibt wertvolle Tipps zur Prävention in Betrieben.

Fühlen Sie sich oft erschöpft und können trotzdem nicht schlafen, weil Sie ständig an den morgigen Termin denken müssen?
Fühlen Sie sich wie ein Hamster im Laufrad, der immer schneller läuft und trotzdem nicht ans Ziel kommt?
Haben Sie oft den Eindruck, dass sie sich allein auf weiter Flur abstrampeln und keinerlei Hilfestellung von Vorgesetzten und/oder KollegInnen erwarten können? Diese Lebensumstände können starken Stress auslösen und zu Burn-out führen.

Was ist Burn-out?

»Ausbrennen kann nur, wer einmal gebrannt hat.« Burn-out (ausgebrannt sein) ist in allen Arbeitsbereichen und in allen Gesellschaftsschichten verbreitet, und die Zahl der Betroffenen steigt stetig vor allem bei jenen Menschen, die sich stark engagieren oder in unsicheren Arbeitsverhältnissen stehen.

Hintergrund dieser Entwicklung ist die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch lange Arbeitszeiten, steigenden gesellschaftlichen und persönlichen Leistungsdruck, unsichere Arbeitsverhältnisse (freie Dienstverträge und Werkverträge) etc. Die Folge sind chronische körperliche Symptome aufgrund enormer Stressbelastung und dadurch eine Burn-out-Gefährdung. Wer seine/ihre Ziele erreichen kann, wer genügend Anerkennung von Vorgesetzten und KollegInnen erhält, wer eine angemessene faire Bezahlung bekommt und - das ist sicherlich einer der wichtigsten Faktoren - wer neben den Zeiten der Anspannung und Hochleistung auch Erholungsphasen hat, ist trotz hohem Engagement noch lange nicht durch Burn-out gefährdet.

Umgekehrt sind jene ArbeitnehmerInnen, die sich »ins Zeug legen«, aber ihre Vorstellungen nicht umsetzen können, die wenig über ihre Arbeitsmethoden bestimmen können und zugleich hohe Verantwortung für das Ergebnis haben und finanziell als auch emotionell keine Anerkennung für ihre Leistungen bekommen, höchst burn-out-gefährdet.

Die Tätigkeit als Faktor

Nicht nur die organisatorischen und sozialen Rahmenbedingungen der Arbeit, sondern auch die Tätigkeit selbst spielt bei der Entstehung von Burn-out eine wesentliche Rolle. Gerade jene KollegInnen, die in der Arbeit die Rolle des »Puffers« zwischen verschiedenen Wünschen und Interessen haben (z. B. zwischen Kunden/Kundinnen und Geschäftsführung, zwischen KollegInnen, AbteilungsleiterInnen zwischen Geschäftsführung und ArbeitnehmerInnen), sind sehr stark gefährdet. Unschwer ist zu erkennen, dass Frauen mit ihrer Doppelbelastung im Arbeits- und Privatleben besonders betroffen sind.

Wichtig ist, dass sich die Stress-Überlastung bei jedem Menschen in individuellen Symptomen zeigt (z. B. Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Angstzustände, Flucht aus der Firma etc.) und daher die Vorphase zu Burn-out oft zu spät wahrgenommen wird. Im Grunde muss es im Interesse des Arbeitgebers liegen, die Burn-out-Gefährdung im Betrieb zu verringern. Burn-out schafft nämlich nicht nur persönlichen psychischen und physischen Schaden, sondern mindert die Qualität der Arbeit.

Wer unter Stress arbeitet, macht zwangsläufig Fehler. Das Betriebsklima verschlechtert sich. Überstunden und Krankenstände häufen sich. Im schlimmsten Fall scheiden die Betroffenen gänzlich aus dem Betrieb aus. Für kostensparend kalkulierende und verantwortungsbewusste UnternehmerInnen sollte eine Burn-out-Prophylaxe daher zum täglichen Geschäft dazugehören.

Ursachen für Burn-out

Die Grundursache von Burn-out in Betrieben liegt oft in einer »Störung« von Informations- und Kommunikationsprozessen wie z.B.:

  • Unklare Zielvorgaben und Auftragsvergabe sind eine der häufigsten Ursachen für Überlastung.
  • Stetiger Zeit- und Leistungsdruck von der Geschäftsführung auf die ArbeitnehmerInnen.
  • Das eigene Selbstbild verzerrt die Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung.
  • Unter Gleichgesinnten werden Meinungsunterschiede aus Harmonie- und Zeitgründen nicht ausdiskutiert.
  • Informationen werden zurückgehalten oder verfälscht, um Machtvorsprünge zu erreichen.
  • Konkurrenzen und Rivalitäten zwischen Abteilungen schüren Ängste, die einen offenen Meinungsaustausch verhindern.
  • Die Art der Beziehungen, das heißt die Form des Umgangs und Arbeitens miteinander, spiegelt sich im Kommunikationsstil. Sind die Beziehungen entlang der Hierarchie durch einen autoritären Stil geprägt, der Geringschätzung transportiert, dann ist es nicht verwunderlich, wenn niemand mehr redet.
  • Ein stark bevormundender und kontrollierender Umgangsstil von Vorgesetzten behindert selbstständiges Handeln, Motivation und Kreativität.
  • Imponier- und Profilierungsgehabe dient der Selbstaufwertung. Ist die Selbstdarstellungsseite durch solchen Geltungsdrang überhöht, geraten die Sachaspekte in den Hintergrund und Sitzungen oft zu ineffektiver Zeitverschwendung.
  • Fassadenhaftes Verhalten verweist auf Angst vor dem offenen Ausdrücken von Schwächen. Typisch dafür ist, dass häufig »man«, »wir«, »es« benutzt wird oder Fragen gestellt werden. Damit entsteht Distanz und zwischenmenschliche Sympathie und Solidarität in der Gruppe wird behindert.

Harmoniebedürfnis und Konfliktvermeidungsstrategien lassen Angst vor Misserfolg und Unsicherheit vermuten. Unbekannte Aufgabengebiete und Herausforderungen werden umgangen, neue Erfahrungen vermieden. So entsteht keine kreative Dynamik und die persönliche Entwicklung stagniert.

Wenn die zwischenmenschliche Kommunikation erfolgreich verbessert werden soll, muss beim Verhalten des Einzelnen, bei den Umgangsformen in der Gruppe und bei den Beziehungen, Stil und Regeln der Organisation angesetzt werden. Ursachen für »Störungen« liegen niemals allein beim Einzelnen. Betriebsspezifische Formen der Kooperation, Führung, Qualifikation oder Hierarchie bestimmen das persönliche Verhalten mit.

Angebote für individuelle Verhaltensänderungen wie Erlernen von Entspannungstechniken, Rauchen aufhören, gedanklich anderer Umgang mit belastenden Situationen (z. B. sie als Herausforderung interpretieren) etc. sind zwar für ein Stück des Weges zielführend, jedoch in den seltensten Fällen eine nachhaltige Strategie für die Ursachenbewältigung. Denn: Was nützen die Entspannungstechniken, wenn sich am Arbeitsdruck und an der Organisationsstruktur nichts ändert?

Kommunikationstrainings, Organisationsentwicklung, Teamentwicklung und Einzelcoachings stärken die kommunikativen und sozialen Kompetenzen des Einzelnen und von Gruppen. Damit sind eine Reihe von Fähigkeiten gemeint, die die Bewältigung sozialer Situationen verbessern helfen. Sensibilität für alle Aspekte der Kommunikation bei sich selbst und anderen gehört dazu. Toleranz, Offenheit und Konfliktfähigkeit sind ebenfalls soziale Kompetenzen.

Eine nachhaltige Prävention von Burn-out muss daher nicht nur individuell ansetzen, sondern ein längerer Prozess sein, der vor allem die Rahmenbedingungen und die eingefahren Muster in der Betriebsstruktur berücksichtigt.

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Homepage von Natascha Wendt
www.seelenraum.org

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