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Foto | Paul Sturm Burn-out ist in allen Arbeitsbereichen und in allen Gesellschaftsschichten verbreitet und die Zahl der Betroffenen steigt stetig.

Ausgebrannt

Schwerpunkt

Immer mehr Menschen leiden unter Burn-out. Wie es entsteht, wen es trifft, und was zu tun ist.

Nichts macht mehr Freude, weder im Beruf noch im Privatleben. Die Arbeit geht nicht mehr so von der Hand, die Fehler häufen sich. Der Umgang mit Kunden/Kundinnen wird zur Last. So, oder so ähnlich, empfinden Menschen im Burn-out.

Burn-out entsteht nicht über Nacht, sondern entwickelt sich über einen längeren Zeitraum, in dem ein Ungleichgewicht zwischen großer Anstrengung und dem damit erzielten Effekt erlebt wird - oder anders gesagt: Verausgabung gepaart mit Frustration.

Psychische Belastungen und Burn-out sind Themen, die uns in der Arbeitswelt in den nächsten Jahren vermehrt beschäftigen werden - das zeigen uns sowohl Statistiken als auch zahlreiche Gespräche mit BetriebsrätInnen. Menschen, die aufgrund von psychischen Erkrankungen in Invaliditäts- und Erwerbsunfähigkeitspension gehen, sind mit ca. 30 Prozent bereits die größte Krankheitsgruppe, knapp gefolgt von Muskel- und Skeletterkrankungen, die auch zu einem beträchtlichen Teil Folgeerscheinungen von psychischen Belastungen sind.

Arbeit kann krank machen

Aus dem ersten österreichischen Fehlzeitenreport 2007 geht hervor, dass 40 bis 50 Prozent der Krankenstandstage arbeitsbedingt sind. Psychische Erkrankungen verursachen vier Prozent der Fehlzeiten - sie sind aber die am schnellsten wachsende Gruppe der Erkrankungen. Wir können wohl davon ausgehen, dass die Fehlzeiten aufgrund psychischer Belastungen in den nächsten Jahren weiter ansteigen.

Burn-out entsteht oft, wenn Menschen über längere Zeit den beruflichen und privaten Anforderungen nicht mehr nachkommen können. Der Anstieg der beruflichen Anforderungen ist ein allgemeiner Trend - wir sollen immer und überall erreichbar sein, mit Handy, Laptop und Blackberry allzeit bereit. Wenn dann noch die privaten Anforderungen steigen, zum Beispiel durch Probleme mit den Kindern, Beziehungskrisen oder Pflegebedarf in der Familie, brennen Menschen förmlich aus.

Von den steigenden Anforderungen im beruflichen Alltag sind alle ArbeitnehmerInnen betroffen. Es gibt aber Persönlichkeiten, die eher dazu neigen, sich mit den beruflichen Anforderungen auch zu überfordern. Burn-out trifft vor allem Menschen, die in ihrem Beruf ein überaus starkes Engagement zeigen, sich selbst unter hohen Erfolgs- und Durchhaltedruck setzen und somit an die Grenzen ihrer Kräfte gehen bzw. diese letztendlich überschreiten. Das Phänomen zieht sich zunehmend durch alle Berufsgruppen und steht auch in einem Zusammenhang mit dem jeweiligen sozialen Umfeld.

Für Burn-out-Gefährdete ist Leistung wichtig. Wenn zu dieser persönlichen Einstellung der Leistungsdruck durch das Unternehmen dazu kommt, wird es gefährlich. Vorgesetzte und KollegInnen erkennen das Problem nicht und schaufeln den/die KollegIn noch weiter mit Arbeit zu. Es scheint einfach schick zu sein, viel und bis zur Erschöpfung zu arbeiten.

Die Burn-out-Sprirale

Bis zur völligen Burn-out-Erschöpfung gibt es zwölf Stufen, der Übergang ist aber fließend und nicht bei allen Betroffenen gleich. Abhängig davon, in welcher Stufe die Betroffenen sich befinden, ist ein Ausstieg aus der Burn-out-Spirale leichter bzw. schwerer zu bewältigen.

Wenn Menschen vom beginnenden Burn-out über viele Zwischenstufen (Arbeit überbewerten, keinen Urlaub mehr machen, ständig an die Leistung denken, keine Pausen machen, Freunde und Familie vernachlässigen usw.) in eine totale Erschöpfung geraten, werden sie für sehr lange Zeit krank. Sie brauchen dann medizinische und psychotherapeutische Unterstützung, es kommt häufig zu längeren Krankenhausaufenthalten bis hin zu Berufsunfähigkeit. Burn-out ist längst keine ManagerInnen-Krankheit mehr und ist inzwischen leider auch viel zu häufig unter ArbeiterInnen zu finden.

Aus Gesprächen mit BetriebsrätInnen und Mitgliedern ist schon seit Längerem klar, dass Burn-out bereits ein Problem des betrieblichen Alltags ist. Dennoch fehlen in Österreich statistische Aussagen, wie viele Menschen denn eigentlich davon betroffen sind, und was denn nun genau zu Burn-out führt. Deshalb hat sich der ÖGB dazu entschlossen, gemeinsam mit den Business-Doctors und Karmasin Motivforschung eine österreichweite Online-Umfrage zu Burn-out durchzuführen.

Die Befragung erfolgte im Winter 2007/2008. Die ersten Ergebnisse der Auswertung liegen nun vor und geben einen guten Einblick, welche Arbeitsbedingungen Burn-out fördern beziehungsweise entgegenwirken können.

ÖGB: Burn-out-Umfrage

Die Burn-out-Umfrage hat anhand eines international anerkannten Testverfahrens (MBI: Maslach Burn Out Inventory) drei Dimensionen untersucht:

  • Emotionale und körperliche Erschöpfung
  • Zynismus - darunter ist der Verlust der Sinnhaftigkeit und der Freude an der Arbeit zu verstehen
  • Einschätzung der eigenen beruflichen Leistungsfähigkeit

Sind Erschöpfungszustand und Zynismus verstärkt ausgeprägt, die berufliche Leistungsfähigkeit aber eingeschränkt, sprechen wir von einer Burn-out-Gefährdung. Das traf bei 19 Prozent aller Befragten zu. Oder anders gesagt: fast jede/r fünfte der Befragten ist Burn-out-gefährdet. Fast die Hälfte aller Befragten (nämlich 49 Prozent) zeigen eine hohe Ausprägung auf den Dimensionen Erschöpfung und Zynismus. 31 Prozent zeigen eine geringe berufliche Leistungsfähigkeit.

Weiters haben wir untersucht, was nun Burn-out-Gefährdete (also Personen mit zunehmender Erschöpfung, verstärktem Zynismus und eingeschränkter Leistungsfähigkeit) von nicht Burn-out-gefährdeten Befragten unterscheidet - einerseits haben wir soziodemographische Merkmale (wie Alter, Geschlecht, Kinder usw.) abgefragt, und andererseits hat uns interessiert, welche Arbeitsbedingungen nun Burn-out verstärken bzw. vorbeugen können (z. B. Arbeitszeiten, Handlungsspielräume, Entscheidungsmöglichkeiten usw.).

Soziodemographische Erkenntnisse:

  • Je höher das Einkommen und je höher der Bildungsgrad, desto geringer ist die Burn-out-Gefahr.
  • Kinder im Haushalt erhöhen das Burn-out-Risiko.
  • Zwischen Männern und Frauen ist in der Häufigkeit der Burn-out-Gefährung kein Unterschied erkennbar.
    Arbeitsbedingungen und Burn-out?
  • Schichtdienst wirkt sich besonders gravierend auf das Burn-out-Risiko aus. Jeder/jede dritte (31 Prozent) SchichtarbeiterIn ist Burn-out-gefährdet! Genauso führen Arbeitszeiten, die sich sehr kurzfristig ändern, zu einem erhöhten Burn-out-Risiko.
  • Beschäftigte in nichtleitenden Funktionen sind stärker von Burn-out betroffen als Beschäftigte in leitenden Funktionen.
  • Ein hohes Maß an Selbstbestimmung, Erfolgserlebnisse und Wertschätzung der Leistung sowie abwechslungsreiche und interessante Arbeit sind wichtige Faktoren, die das Burn-out-Risiko verringern.
  • Hingegen haben Burn-out-Gefährdete ein weniger gutes Verhältnis zu ihren ArbeitskollegInnen und Vorgesetzten, sie sind mit ihrer Arbeit weniger zufrieden.
  • Burn-out-Gefährdete fühlen sich durch ihre Freizeit weniger erholt und ihr Privatleben bereitet ihnen weniger Freude.

Handlungsmöglichkeiten

Wie diese Studie zeigt, kann Burn-out nicht nur auf persönliche Verhaltensweisen reduziert werden. Besonders bei den Arbeitsbedingungen kann ein Betrieb vorbeugen. Betriebe sollten daher - im Sinne der Fürsorgepflicht der ArbeitgeberInnen - auf zwei Ebenen ansetzen:

1. Bei den betroffenen Personen selbst durch individuelle Unterstützungsangebote im Umgang mit Stress und konkrete Hilfsangebote im Akutfall. Wichtig ist auch der Umgang mit Burn-out-Betroffenen, die nach einer längeren Abwesenheit wieder in den Betrieb zurückkommen (sensibles Wiedereingliederungsmanagement).

2. Bei den Arbeitsbedingungen, wie zum Beispiel den Informations- und Mitsprachemöglichkeiten, dem persönlichen Handlungsspielraum der MitarbeiterInnen, beim Feedback und der Anerkennung, aber auch bei Arbeitszeit, der mengenmäßigen Arbeitsbelastung oder bei der Über- bzw. auch Unterforderung bei den Arbeitsaufgaben.

Unterstützung in diesem Prozess können ArbeitspsychologInnen bieten. Sie müssen im Bedarfsfall im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Präventionszeit (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz § 82a, Absatz 5) eingesetzt werden.

Nur die Spitze des Eisbergs

Der Großteil des Eisbergs schwimmt unter Wasser. Prävention durch Aufklärung und Änderungen der Arbeitsbedingungen können hier am meisten bewirken und schlimme persönliche Schicksale vermeiden.
Denn Personen mit diagnostiziertem Burn-out sind meist für längere Zeit (meist sechs Monate bis ein Jahr) nicht mehr arbeitsfähig, brauchen psychotherapeutische Betreuung und einen gut begleiteten Wiedereinstieg ins Arbeitsleben.
Ein Prozess, der nicht nur persönliches Leid verursacht, sondern auch viele Kosten für Betrieb und Gesellschaft.

WEBLINKS
Weitere Einblicke in die Ergebnisse der Burn-out-Umfrage des ÖGB
sowie persönliche und betriebliche Beratungsangebote auf
www.gesundearbeit.at

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