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Mehrarbeitszuschlag

Schwerpunkt

Seit 1. Jänner 2008 müssen ArbeitgeberInnen für Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten einen 25-prozentigen Zuschlag bezahlen.

Während bisher Mehrarbeitszuschläge nur eher vereinzelt in Kollektivverträgen zu finden waren (so beispielsweise im BAGS-Kollektivvertrag oder im ORF-Kollektivvertrag), wurde nunmehr als Herzstück der Arbeitszeitnovelle BGBl. I 2007/61 ein genereller gesetzlicher Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge eingeführt. In der Praxis freilich sorgen einige der neuen Regelungen bereits für kontroversielle Diskussionen. Deshalb sollen hier kurz die Eckpunkte dargestellt und Lösungsansätze aufgezeigt werden.

Flexibilität wurde ausgenutzt

Vor der Einführung des Zuschlags wurde die kostenlose Flexibilität von Teilzeitarbeitskräften durch ArbeitgeberInnen gerne und oft (aus)genutzt: Bei Vollzeitbeschäftigten ist über ihre Vollzeitarbeitsverpflichtung hinaus nur noch ein geringes Ausmaß an Mehrarbeit überhaupt denkbar. Wenn z. B. der Kollektivvertrag eine Normalarbeitszeit von 38 Stunden in der Woche vorsieht, sind nur noch zwei Stunden Mehrarbeit pro Woche möglich. Dann ist die gesetzliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden erreicht und bei darüber hinausgehenden Arbeitsleistungen liegen jedenfalls Überstunden vor, die mit mindestens 50-prozentigem Zuschlag abzugelten sind. Bei Teilzeitbeschäftigten hingegen kann unter Umständen ein Vielfaches ihrer vereinbarten Arbeitszeit als Mehrarbeit geleistet werden. Wenn etwa eine Arbeitszeit von zehn Stunden in der Woche vereinbart ist, wären noch 30 Stunden Mehrarbeit pro Woche möglich, dann erst würde ein Überstundenzuschlag zustehen.

Mit Einführung des Mehrarbeitszuschlags ist die geleistete Mehrarbeit für die ArbeitgeberInnen nunmehr nicht mehr kostenlos - ein wirtschaftlicher Anreiz, nicht mehr als die vereinbarte Arbeitszeit zu fordern. Seit der Novellierung ist auch gehäuft zu beobachten, dass Verträge, in denen eine geringere Arbeitszeit vereinbart war als dann tatsächlich geleistet wurde, auf das tatsächliche Ausmaß angehoben wurden. Es rechnet sich für ArbeitgeberInnen nicht mehr, realitätsfremd geringe Arbeitszeiten zu vereinbaren, um sich in Zeiten schlechter Auftragslage darauf zurückziehen zu können.

Wann steht der Zuschlag zu?

Seit 1. Jänner 2008 ist für Mehrstunden von teilzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen grundsätzlich ein Zuschlag von 25 Prozent zu bezahlen. In drei Konstellationen kommt es zum Entfall des Zuschlags:

  • Erstens dann, wenn kollektivvertraglich eine kürzere wöchentliche Normalarbeitszeit als 40 Stunden vorgesehen ist und für die Differenz zwischen der kürzeren kollektivvertraglichen und der gesetzlichen Normalarbeitszeit (von 40 Stunden) auch nach dem Kollektivvertrag zuschlagsfrei ist. Im selben Ausmaß soll auch die Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten zuschlagsfrei sein.
    Beispiel: Ein Kollektivvertrag sieht eine Normalarbeitszeit von 38 Stunden pro Woche vor, die auf die gesetzliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden fehlenden zwei Stunden sind nach dem Kollektivvertrag zuschlagsfrei. Ein/e Halbtagsbeschäftigte/r mit einer vereinbarten Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche könnte demnach jede Woche zwei Stunden zuschlagsfreie Mehrarbeit leisten, erst ab der 23. Stunde würde ihr/ihm der Zuschlag zustehen. Die neue Regelung erscheint allerdings EU-rechtlich problematisch. Um nicht diskriminierend zu wirken, wird der unbezahlte Teil entsprechend dem Beschäftigungsausmaß zu aliquotieren sein. Angewendet auf unseren Beispielfall heißt das: Wenn ein/e Vollzeitbeschäftigte/r zwei Stunden in der Woche zuschlagsfrei leisten kann, so beträgt dies bei einem/r Halbtagsbeschäftigten nur eine Stunde (d. h. im konkreten Fall: nur die 21. Stunde wäre zuschlagsfrei, die 22. nicht mehr).
  • Geleistete Mehrarbeitsstunden werden außerdem zuschlagsfrei, wenn sie innerhalb des Kalendervierteljahres oder eines anderen festgelegten Zeitraumes von drei Monaten, in dem sie angefallen sind, durch Zeitausgleich verbraucht werden. Der Dreimonatszeitraum ist fix, ein Hin- und Herschieben unter Bezugnahme auf die einzelnen geleisteten Mehrarbeitsstunden unzulässig. Wurde nichts anderes vereinbart, ist das Quartal heranzuziehen. Zu beachten ist, dass der Zeitausgleich vereinbart sein muss: Sowohl dem Grunde nach (dass überhaupt Zeitausgleich stattfinden soll; prinzipiell gilt der Vorrang der Abgeltung in Geld), als auch der konkrete Zeitpunkt des Verbrauchs. Eine einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber ist unzulässig.
  • Bei Gleitzeit fällt während der Gleitzeitperiode kein Mehrarbeitszuschlag an. Bei Ende der Gleitzeitperiode allerdings werden die bestehenden Zeitguthaben zuschlagspflichtig. Bei vereinbarter Übertragungsmöglichkeit von Plusstunden in die nächste Gleitzeitperiode steht der Zuschlag für die über die Übertragungsmöglichkeit hinausgehenden Gutstunden zu.

Anlässlich der Novellierung wurde in die Teilzeitregelung des § 19d Abs. 2 folgender Satz neu eingefügt: »Eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Tage und Wochen kann im Vorhinein vereinbart werden«. Ein/e Halbtagsbeschäftigte/r muss nicht Montag bis Freitag jeweils vier Stunden arbeiten, sondern es kann auch eine andere Verteilung der Arbeitszeit (z. B. Montag acht Stunden, Dienstag acht Stunden, Mittwoch vier Stunden, Donnerstag und Freitag frei) vereinbart werden. Es wird davon auszugehen sein, dass die ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit sich über maximal drei Monate erstrecken darf, bei längeren Zeiträumen wäre eine schriftlich Vereinbarung über die Änderung des Ausmaßes der Arbeitszeit zu treffen.

Diese im Vorhinein (selbstverständlich sind im Nachhinein getroffene Vereinbarungen über die Arbeitszeitverteilung sittenwidrig, aber auch ad-hoc-Vereinbarungen werden als unzulässig zu qualifizieren sein, da es ja Zweck der Regelung ist, ArbeitnehmerInnen eine entsprechende Vorausplanung zu ermöglichen) zu treffende Vereinbarung (das heißt: keine einseitige Anordnung!) muss die Verteilung auf die einzelnen Tage und Wochen bereits festlegen. Geschützt wird somit nicht nur vor Überschreitung des Ausmaßes der durchschnittlichen Arbeitszeit, sondern auch vor Abweichungen von der konkret vereinbarten Verteilung der Arbeitszeit.

Keine Durchrechnung

Eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit führt zu einem Mehrarbeitszuschlag, wenn sie nicht im Vorhinein vereinbart ist. Der Gesetzgeber hat somit endlich das besondere Schutzbedürfnis von Teilzeitbeschäftigten - bei denen auf Grund ihrer geringeren Arbeitszeitverpflichtung ja ein viel größerer Flexibilitätsspielraum bestünde als bei Vollzeitbeschäftigten - berücksichtigt und die Möglichkeit zur einseitigen Anordnung der Lage der Arbeitszeit durch den AG ausdrücklich beschränkt.

§ 4 Arbeitszeitgesetz enthält Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit. Für Teilzeitbeschäftigte ist jedoch § 19d Abs. 2 die speziellere Regelung - und diese verbietet ein Abweichen von der im Vorhinein vereinbarten Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Tage und Wochen. Die von manchen ArbeitgeberInnen leider gelebte Praxis, in Kollektivverträgen enthaltene, auf § 4 basierende Durchrechnungsmöglichkeiten nicht nur auf Vollzeitbeschäftigte, sondern jetzt auch auf Teilzeitbeschäftigte anzuwenden, um den Mehrarbeitszuschlag zu vermeiden, verstößt daher ganz klar gegen den Gesetzeswortlaut und ist somit unzulässig.

Das Gesetz stellt klar: Die Verteilung der Arbeitszeit ist im Vorhinein zu vereinbaren, ein Abweichen von dieser im Vorhinein getroffenen Vereinbarung führt bei Teilzeitbeschäftigten zum Anfallen des Mehrarbeitszuschlags.

Triftige Gründe für Teilzeit

Ein solches Verständnis erscheint in Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit von Teilzeitbeschäftigten nur konsequent und sachgerecht. Teilzeitbeschäftigte werden oftmals triftige Gründe haben, warum sie »nur« in Teilzeit beschäftigt sind und keiner Vollzeitarbeit nachgehen, sie haben ihre Freizeit eben anderen Angelegenheiten gewidmet (Kinder, Fortbildung, andere Verpflichtungen und Hobbies).

In diesem Sinn stellt nunmehr § 19d Abs. 2 letzter Satz konsequenter Weise klar, dass eine Durchrechnung und einseitige Einteilung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten nicht zulässig ist.

Es ist anzunehmen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die ersten konkreten Fälle die Gerichte beschäftigen werden. Zu hoffen bleibt, dass auch die Richter die besondere Situation von Teilzeitbeschäftigten, die sich daraus ergebenden Wertungen und damit die Neuregelung des Gesetzgebers entsprechend zu werten wissen.

WEBLINKS
Mehrarbeitszuschlagsrechner
www.oegb.at/mehrarbeitsrechner
GPA-DJP zum Mehrarbeitszuschlag
www.gpa-djp.at/mehrarbeitszuschlag
AK zur Teilzeit
www.arbeiterkammer.at/www-192-IP-843.html
AK zur Arbeitszeit
www.arbeiterkammer.at/www-192-IP-857.html

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