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Geld für zu Hause

Gesellschaftspolitik

Private Bargeldsendungen in die Heimat übersteigen bereits die öffentliche Entwicklungsfinanzierung.

Flor putzt in Wiener Haushalten, hütet Babys und ruft bisweilen per Skype ihre eigenen Kinder an. Die leben bei der Oma in Ecuador. Flor in der Wohnung ihrer Schwester Francis. Die ist schon Österreicherin und Professorin, wie Flor früher auch. Am Monatsende rechnen die Schwestern aus, was an Geld überbleibt und fahren damit zur Filiale von Western Union am Bahnhof. Bis zu 400 Euro schicken beide pro Monat an die Mutter im Dorf, südlich von Quito. 200 Euro aber sind fix: Den Kindern soll es, zumindest, an Geld nicht fehlen. Wenn sie Glück haben, überbringen es Landsleute: So sparen sie Provision und Zeit.

Gastarbeiterüberweisungen

Flor und Francis gehören zur steigenden Anzahl der MigrantInnen, die Geld an ihre Familien überweisen. Laut Weltbank haben sich die sogenannten Money Remittances weltweit von 2001 bis zum Jahr 2006 mit 208 Mrd. Dollar mehr als verdoppelt. Das ist die zweifache Gesamtsumme der öffentlichen Entwicklungsfinanzierung. Laut Schätzungen des UN-Entwicklungsprogramms erhalten 500 Mio. Menschen - acht Prozent der Weltbevölkerung - Geldüberweisungen ihrer Angehörigen im Ausland. Eine genaue Messung der Transfers ist nicht möglich: Schließlich werden sie in den einzelnen Ländern mit unterschiedlichen Methoden erfasst. Unterschiede gibt es auch bei der Definition. Währungsfonds (IWF) und Weltbank zählen neben den »Gastarbeiterüberweisungen« auch die Transfers von Erwerbseinkommen jener hinzu, die ihrer Arbeit nicht im Wohnsitzland nachgehen, sowie die Vermögensübertragung im Zug der Migration. Die Weltbank geht davon aus, dass zu den offiziellen Zahlen zumindest 50 Prozent hinzuzurechnen sind. Ihr Bericht »Global Development Finance« im Jahr 2003 war Initiator der öffentlichen Diskussion um das komplexe Thema.

In Österreich gibt es seit 2006 Bemühungen zur Verbesserung der Remittances-Statistik. Laut Nationalbank ist die Summe der privaten Geldtransfers von MigrantInnen in ihre Heimat von rund 311 Mio. Euro (2003) auf über 334 Mio. Euro (2006) gestiegen. Dabei fließen die meisten Beträge in die Nachbarländer. Größtes »Empfängerland« ist Serbien (100 Mio. Euro), gefolgt von Polen, Ungarn und der Tschechischen Republik (zwischen 70 und 75 Mio. Euro). Nach Afrika und Asien werden mit neun bzw. 22 Mio. Euro - auf offiziellem Weg - vergleichsweise wenig transferiert.

Eine genaue Messung der privaten Geldtransfers ist wegen der Vielzahl der Übersendungskanäle unmöglich: In Teilen vieler Länder gibt es keine Bankfilialen. Selbst der führende Anbieter für Geldtransferdienste »Western Union« erreicht mit seinen mittlerweile 320.000 Geschäftsstellen weltweit nicht alle entlegenen Gebiete. Der frühere Agraringenieur und nunmehrige Gärtner John schickt seinen Monatsbeitrag nach Ghana lieber auf informellem Weg. Mit seinen 150 Euro pro Monat finanziert er die Schulausbildung seiner Geschwister und Medikamente für den kranken Vater. »Formelle Remittances nach Afrika machen nur 15 Prozent des weltweit vom IWF dokumentierten Volumens aus«, stellt eine Studie der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit fest.

Beitrag zur Armutsminderung

»In Zeiten stagnierender Entwicklungshilfe und volatiler Finanzmärkte sind Remittances zu einem Hoffnungsträger für Armutsminderung und Wirtschaftswachstum geworden«, stellt Karin Küblböck, Mitarbeiterin der Österreichischen Forschungsstiftung für Entwicklung im ÖFSE-Bericht 2006 fest, der erstmals ein Kapitel zu diesem Thema enthält. »Diese privaten Mittel für eine selektive Gruppe von Empfängerhaushalten«, so die Expertin, »sollten jedenfalls nicht als Ersatz für öffentliche Mittel der Entwicklungsfinanzierung gesehen werden.« 

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