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Inflation Beschleunigen
Verbrauchsgruppen

Inflation beschleunigt

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Entgegen allen Prognosen ist das Preisniveau in den letzten Monaten im Vergleich zu vergangenen Jahren rasant angestiegen.

Nach mehreren Jahren mit moderaten Preissteigerungen ist die Inflation in den letzten Monaten wieder zu einem Problem der gesamten Wirtschaftspolitik geworden. Im Jahresdurchschnitt 2007 blieb der Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) zwar noch relativ moderat mit 2,2 Prozent (harmonisierter Verbraucherpreisindex HVPI: 2,2 Prozent). Die Preissteigerung war damit höher als im Vorjahr (1,5 Prozent) und ebenso stark wie im Durchschnitt 2004/2005 (siehe Grafik: »VPI, HVPI Österreich gegen Vorjahr«).

Was der Jahresdurchschnitt jedoch verbirgt, ist die starke Beschleunigung der Inflation seit August 2007. In diesem Monat lag der VPI um 1,7 Prozent über dem Vorjahresstand, im Dezember schon um 3,6 Prozent. Die Preissteigerungsrate vom Dezember ist die höchste seit Juni 1993. Im Jänner 2008 ging die monatliche Inflationsrate wieder auf 3,3 Prozent zurück und betrug im Februar 3,2 Prozent, doch wird die Inflation in den nächsten Monaten hoch bleiben. Erst im späteren Jahresverlauf rechnet das Wifo wieder mit einer Beruhigung des Preisauftriebs. Nur unter dieser Annahme kann der Preisauftrieb in diesem Jahr insgesamt unter drei Prozent gehalten werden. Nach der Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) soll die Inflationsrate 2008 im Jahresdurchschnitt 2,6 Prozent betragen.

Zum ernsten Problem wird die Preisentwicklung der letzten Monate vor allem deswegen, weil die Beschleunigung unerwartet eingetreten ist. Das Ziel der jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen ist es, die Kaufkraftschmälerung der Löhne durch die Inflation auszugleichen und darüber hinaus für die Beschäftigten einen Realeinkommenszuwachs als Anteil an der Produktivitätssteigerung zu erreichen. Dabei wird die jeweils aktuelle Prognose der Inflation zugrundegelegt. Bei den Lohnverhandlungen in der Metallindustrie im Oktober 2007 wurde für 2008 noch von einer Inflationsprognose von zwei Prozent für 2008 (Jahresdurchschnitt) ausgegangen. Diese Prognose wurde durch die tatsächliche Preisentwicklung obsolet. Wenn in der Folge das Wifo im Dezember 2007 seine Inflationsprognose für 2008 auf 2,6 Prozent erhöht hat, so ergibt sich daraus, dass die im letzten Quartal 2007 getätigten Lohnabschlüsse um 0,6 Prozent »entwertet« wurden. Das heißt, der reale Wert einer kollektivvertraglichen Lohnerhöhung um 3,5 Prozent reduziert sich von 1,5 Prozent auf 0,9 Prozent. Ein ähnliches Problem ergibt sich für die an die Inflationsrate des jeweiligen Vorjahres anknüpfende Pensionsanpassung.

Die Preistreiber

Fragt man nach den Ursachen der Inflationsbeschleunigung, so stechen als Ausreißer gegenüber dem Durchschnitt die Bereiche Nahrungsmittel/nichtalkoholische Getränke und Energie (wirksam bei den Kosten für Wohnung und Verkehr) ins Auge. Im Jahresdurchschnitt 2007 sind die Preissteigerungen dort etwa doppelt so hoch wie im Gesamtindex. Die Beschleunigung des Preisauftriebs zeigt sich in ihrer vollen Stärke in den letztverfügbaren Monatswerten (Jänner 2008, helle Balken) im Vergleich zu den Jahres-Durchschnittswerten 2007 (dunkle Balken). Im Jänner 2008 waren die Nahrungsmittelpreise um 7,6 Prozent, die Preise für Verkehr um

5,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Beim Wohnen gab es bei einzelnen Teilpositionen starke Preiserhöhungen: vor allem Heizöl mit plus 23,8 Prozent. In der »Hitliste« der Preissteigerungen einzelner Produkte (siehe Kasten) dominieren im Jänner 2008 die Nahrungsmittel, angeführt von den Teigwaren mit 32,9 Prozent und den Milchprodukten (Butter: 28,1 Prozent). Brot ist um neun bis zwölf Prozent teurer geworden. Die Preise für Treibstoffe stiegen um 20 bis 25 Prozent.

Zahlreiche Ursachen

Wie meist bei solchen Entwicklungen, sind zahlreiche Faktoren ursächlich beteiligt. Bei den Betriebskosten für Wohnungen wirken sich Anhebungen von kommunalen Gebühren und Rauchfangkehrertarifen ebenso aus wie Strompreiserhöhungen. Bei den Treibstoffen und beim Heizöl ist es der steigende Weltmarktpreis für Erdöl, der gemeinsam mit der im Juli 2007 wirksam gewordenen Erhöhung der Mineralölsteuer die Preise hinauftreibt.

Eine fehlgeleitete Reaktion der Politik auf die CO2-Problematik und auf den Ölpreisanstieg ist die maßgebliche Ursache für die starken Preissteigerungen für Getreide und die daraus hergestellten Produkte. Die Verwendung von Bodenflächen bzw. die Abzweigung von Nahrungsmitteln für die Produktion von Treibstoffen zwecks Beimischung wurde als Gegenmaßnahme zur Ölverknappung und als Beitrag zur Versorgungssicherheit EU-weit und in den USA forciert. Schon kurze Zeit nach der Einführung des Beimischungszwanges von Ethanol und massiver Subventionierung »Bio-Alternativenergien« (Biogas und Biomasse zur Wärme- und Stromerzeugung) haben sich diese Maßnahmen als Fehlschlag herausgestellt: kein Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes, als Energieträger nicht konkurrenzfähig, aber fühlbare Verknappungswirkung auf das für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung stehende Angebot an Feldfrüchten mit der Konsequenz dramatischer Preisanstiege von Mais, Weizen und Ölsaaten.

Die Wettbewerbsverhältnisse in den betreffenden Wirtschaftsbereichen können sich zwar kurzfristig nicht so stark ändern, dass dies unmittelbar solche Preiserhöhungen nach sich zieht. Dennoch sind die Wettbewerbsverhältnisse entscheidend dafür, wie schnell und wie stark Rohstoffpreiserhöhungen an die Konsumenten weitergegeben werden. Die enorme Konzentration im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel und die Marktstrukturen im Mineralölhandel erleichtern eine rasche Überwälzung von Kostensteigerungen auf die Kunden. Dass bei den Lebensmittelpreisen Österreich 2007 nach Slowenien die stärkste Zunahme unter den Ländern des Eurogebietes hatte, ist ein Anzeichen für mangelnde Intensität des Wettbewerbs im Handel.

Maßnahmen gegen Inflation

Die wichtigste Konsequenz aus der jüngsten Entwicklung der Inflation in Österreich und in Europa wäre ein Abrücken vom Irrweg der Erzeugung von »Biosprit«, die durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen in den letzten Jahren international forciert wurde, deren fatale Konsequenzen nun zutage getreten sind: zur Verteuerung der ohnehin teurer werdenden Treibstoffe kommt eine empfindliche Verteuerung der Lebensmittel hinzu, die die BezieherInnen niedriger Einkommen besonders hart trifft, da diese einen viel größeren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Wenn die Auswirkungen zunehmender Knappheit des Rohöls auf die Preise nur wenig beeinflussbar sind, so sollten wir nicht im Anschluss gleich auch noch die Lebensmittel künstlich verteuern. Das heißt: Abschaffung des Beimischungszwanges sowie Auslaufen aller nicht zielführenden Förderungen der Bioenergieproduktion.

Weiters sollten endlich Maßnahmen gesetzt werden, dass die Kosten des Wohnens auch in Zukunft in finanzierbaren Grenzen gehalten werden. Dazu gehören eine neue Offensive im sozialen Wohnbau, wirksame Mietzinsobergrenzen, eine Senkung der Maklergebühren u. a.

Letztlich muss der Tatsache einer beschleunigten Inflation auch durch ein Vorziehen der Lohn- und Einkommensteuersenkung Rechnung getragen werden, da sich die sog. kalte Progression (bei Erhöhung des nominellen Einkommens steigt die prozentuelle Steuerbelastung, ein gleich hohes Realeinkommen wird höher besteuert) verschärft. Der stärkeren Betroffenheit der BezieherInnen niedriger Einkommen, die wenig oder keine Lohnsteuer zahlen, ist durch eine Erhöhung der Negativsteuer entgegenzuwirken. Eine Erhöhung der Pendlerpauschale muss die gestiegenen Kosten der Fahrt zum Arbeitsplatz abgelten. Wenn Wirtschaftsminister Bartenstein die Forderung nach Mäßigung bei Kollektivvertragsverhandlungen als Maßnahme gegen die Inflation erhoben hat, so geht dies deshalb völlig an der Realität vorbei, als die Reallohnentwicklung seit längerem hinter der Produktivität zurückbleibt und die Preise deshalb eigentlich viel weniger steigen sollten als es tatsächlich der Fall war. Die kräftigen Gewinnsteigerungen der letzten Jahre wären nicht möglich gewesen, wenn Industrie, Handel und andere Branchen ihre Marktmacht zur Durchsetzung von Preissteigerungen genutzt hätten. Nicht nur haben deshalb die ArbeitnehmerInnen nur wenig vom Aufschwung der letzten zwei Jahre profitiert. Die anhaltende Konsumflaute hat zur Folge, dass die Wirtschaft ihr Wachstums- und Beschäftigungspotenzial nicht voll nutzen kann. Voraussetzung für eine Behebung dieser Nachfrageschwäche ist, dass die Realeinkommen wieder stärker zunehmen. Nicht die Lohnabschlüsse sollen moderater werden, sondern die Preise und die Steuerbelastung.

INFO&NEWS
»Preisindex«
Die Inflation wird durch einen Index der Verbraucherpreise (VPI) gemessen, dessen Warenkorb auf umfassenden und regelmäßig aktualisierten Erhebungen der Verbrauchsgewohnheiten der Haushalte beruht. Zur besseren Vergleichbarkeit der Inflationsmessung in den verschiedenen EU-Mitgliedsländern wurde von Eurostat der sog. »Harmonisierte Verbraucherpreisindex« (HVPI) definiert. Der HVPI unterscheidet sich vom österreichischen VPI in der Zusammensetzung des Warenkorbes in folgenden Punkten: Inlands-Konsum (inkl. Touristen) statt InländerInnen-Konsum, Preise beim Eigenheimbau und Annuitäten für Eigentumswohnungen sind nicht enthalten, ebenso sind Preise für Glücksspiel und die Kfz-Steuer nicht berücksichtigt. Die Unterschiede in der Indexentwicklung sind meistens gering.

WEBLINKS
Definition von Inflation im Internetlexikon Wikipedia
www.de.wikipedia.org/wiki/Inflation
Verbraucherpreisindex Österreich
www.statistik.at/web_de/statistiken/preise/verbraucherpreisindex_vpi_hvpi/index.html
HVPI International
www.epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page?_pageid=2714,1,2714_61582078&_dad=portal&_schema=PORTAL
Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO
www.wifo.at

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