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Ungleiche Einkommensentwicklung
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Managergehälter

Überzogene Gehälter

Schwerpunkt

Die Arbeiterkammer fordert mehr Transparenz bei Managereinkommen und Aktienoptionen, um die Schieflage in der Verteilung auszugleichen.

Die Diskussion rund um überzogene Managergehälter in Deutschland kocht hoch, auch in Österreich brodelt es. Ist es gerecht, dass ein Manager das 41-fache eines Arbeitnehmers verdient? Ist es gerecht, dass es für Gewinne mit Aktienoptionen, die die Managergehälter maßlos in die Höhe schießen lassen, steuerliche Begünstigungen gibt? Ist es gerecht, dass Vorstände ihr Gehalt über Seilschaften in Aufsichtsräten mehr oder weniger mitbestimmen? In den Medien ist bereits vom »Streit um die Einkommen« die Rede.

Ausgehend von unmoralischen Höhen der Vorstandsgagen ist eine Verteilungs-Debatte entstanden. Bereits mehr als 40 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind der Meinung, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in Österreich ungerecht verteilt sind, so das Ergebnis einer aktuellen OGM-Umfrage. Für mehr Verteilungsgerechtigkeit kann die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen bei der Steuerreform 2010 sorgen, für die Managergehälter gilt jedoch fürs erste: klare Regeln, mehr Transparenz bei der Vergütung bzw. die Beurteilung der »fat cats« nach sozialen Kriterien wie der Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen.
Internationaler Vergleich
In Deutschland und Österreich setzt sich auch 2006 der Trend steigender Managementvergütungen fort. In einer Studie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapiere (DSW) wurden die Vorstandsgagen der DAX 30 Unternehmen für die Jahre 2005 und 2006 analysiert. Die Vorstandsmitglieder der untersuchten Unternehmen verdienten 2006 durchschnittlich ca. 1,9 Mio. Euro (2005: 1,7 Mio. Euro). Dies entspricht einer Steigerung von +7,7 Prozent gegenüber 2005. Damit liegt Deutschland ungefähr am Niveau von Großbritannien oder Frankreich.

Ein ähnliches Bild zeichnet eine aktuelle AK-Auswertung von Managergehältern der ATX-Unternehmen in Österreich: Hier lag 2006 die durchschnittliche Vorstandsgage bei rund 1,1 Mio. Euro. Das ist ein Plus von 14,8 Prozent im Vergleich zu 2005, währenddessen wurde 2006 der Bruttobezug pro Kopf für einen/eine MitarbeiterIn (2006: 27.989 Euro) lediglich um 3,2 Prozent angehoben.

Die Grafik zeigt, dass die Schere zwischen den Bezügen der Vorstände und der MitarbeiterInnen immer größer wird. Nachdem das Management 2005 das 37-fache verdient hat, erhöhte sich die Einkommensspanne 2006 bereits auf das 41-fache. In Deutschland liegt das Verhältnis zwischen Beschäftigten und den Vorständen der Top 100 Unternehmen ungefähr im selben Ausmaß: Ein Vorstandsmitglied verdient das 43-fache eines Beschäftigten (siehe Grafik 1: »Ungleiche Einkommensentwicklung zwischen Vorstand und Beschäftigten).

Die politische Diskussion über Vergütungen der Topmanager läuft in Deutschland schon seit Jahren. 2001 wurde der Corporate Governance Kodex eingeführt, in dem eine freiwillige Offenlegung der Vorstandsbezüge geregelt wurde. Da diese Selbstkontrolle der Unternehmen nicht ausreichend war, hat der Gesetzgeber 2005 das sogenannte Vorstandvergütungsoffenlegungsgesetz (VorstOG) eingeführt.

Dieses Gesetz verpflichtet die DAX-Unternehmen, die Vorstandsvergütungen individualisiert offenzulegen. Die laufende Diskussion spiegelt auch die Meinung der Bevölkerung zu diesem Thema wider: Aus einer aktuellen Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) geht hervor, dass mehr als 80 Prozent der Befragten die Höhe der Vorstandsbezüge für unangemessen halten und sich für eine Koppelung der Managergehälter an soziale und ökologische Kriterien ausspricht.

Auf EU-Ebene wurde bereits 2004 eine Empfehlung über die Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften erstellt. Darin werden unter anderem die Offenlegung der individuellen Vergütung sowie die Abstimmung über die Vergütung in der Hauptversammlung geregelt. EU-Kommissar McCreevy sieht hier einen Nachholbedarf, da nur wenige EU-Staaten diese Empfehlung anwenden. Dazu zählen z. B. Großbritannien und die Niederlande, wo die Hauptversammlungen über einen Vergütungsbericht abstimmen.

In Österreich ist eine freiwillige Veröffentlichung der Vorstandsbezüge bisher nur im Corporate Governance Kodex geregelt. Dieser Empfehlung sind jedoch einzig 14 von insgesamt 90 untersuchten Unternehmen nachgekommen, wie aus der AK-Erhebung7 2007 hervorgeht. An diesem Beispiel wird ersichtlich, dass die Einhaltung der Empfehlungen in den meisten Fällen nur wenig Beachtung findet. Eine weitere Verbesserung der Transparenz der Managerbezüge kann nur durch verbindliche Regelungen erreicht werden.
»Top - die Wette gilt?!«
Der starke Anstieg der Managerbezüge in den letzten Jahren ist in erster Linie auf die Entwicklung erfolgsabhängiger Vergütungen auf Aktienbasis zurückzuführen. Aktienprogramme sind in den USA seit den 20er Jahren verbreitet, in Frankreich und Großbritannien seit mittlerweile 30 Jahren beliebt - Ende der Neunzigerjahren sind sie auch in die deutschen Vorstandsetagen gelangt. Seit einigen Jahren freuen sich österreichische Manager über das Sahnehäubchen am Gehaltszettel.

Stock Options (Aktienoptionen) sind variable Bestandteile, die Manager zuzüglich zum fixen Gehalt beziehen. Eigentümer und Manager schließen dabei folgende »Wette« ab: Der Begünstigte erhält das Recht eine Aktie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem heute festgesetzten Preis zu erwerben. Der Anreiz für den Manager besteht darin, den Aktienkurs zum definierten Zeitpunkt in die Höhe zu treiben, um dann die Differenz zwischen dem tatsächlichen Aktienkurs und dem Ausübungspreis zu lukrieren.

Hintergrund dabei ist, dass Manager verstärkt aus der Sicht des Eigentümers
(= Shareholder Value Orientierung) agieren sollen. Das österreichische Aktiengesetz § 70 berücksichtigt aber nicht nur Eigentümerinteressen, sondern sieht Folgendes vor: »Der Vorstand hat die Geschäfte so zu leiten, wie es das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre, der ArbeitnehmerInnen sowie der Öffentlichkeit erfordert.« Dieser bewährte Grundsatz wird durch Aktienoptionen aufgeweicht.

Mit kurzfristig angelegten Maßnahmen (Auslagerungen, Rationalisierungen, ...) wird der Wert des Unternehmens für den Börsenhandel aufpoliert, langfristige Strategien rücken in den Hintergrund. Aktienoptionen bereiten im schlimmsten Fall den Weg für frisierte Bilanzen und bieten dem Manager Möglichkeiten zur Selbstbedienung. Auf der Strecke bleiben die Interessen der Beschäftigten und die soziale Verantwortung ... einzig das Managereinkommen steigt mit dem Aktienkurs.
Vormarsch variabler Vergütung
Durchschnittlich 34 Prozent der Gesamtvergütung von Vorstandsgehältern in Deutschland wird bereits auf Basis aktienbasierter Vergütung gewährt. Die TOP-3 Gewinner mit Stock Options sind 2006 die Vorstandsvorsitzenden von SAP (5,6 Mio. Euro) gefolgt von der Deutschen Bank (3,8 Mio. Euro) und RWE (drei Mio. Euro). Insgesamt hat die aktienbasierte Vergütung für deutsche Manager in den letzten beiden Jahren um 35 Prozent zugenommen - Tendenz steigend!8 In Österreich locken 2006 mehr als die Hälfte der ATX-Unternehmen ihre Führungskräfte mit Aktienoptionen, auch viele andere internationale Konzerne mit Standort Österreich bieten ihren Führungskräften dieses Zuckerl.

Begünstigt sind in erster Linie Vorstände, ausgewählte Führungskräfte und leitende Angestellte. Folgende Beispiele zeigen, in welchen Dimensionen sich die Gewinne mit Aktienoptionen abspielen: Im Vorjahr profitierten z. B. die Vorstände des Biotech-Unternehmen Intercell enorm von Stock Options, Vorstandsvorsitzender Alexander von Gobain freute sich über 7,4 Mio. Euro, insgesamt erhielt der Vorstand über 13,9 Mio. Euro aus Aktienoptionen.

Der Erdöl- und Erdgaskonzerns OMV kann mit diesen Zahlen locker mithalten, allein zwischen Dezember 2007 und Jänner 2008 wurden durch Ausüben von Stock Options und Aktienverkäufen insgesamt 13,1 Mio. Euro lukriert. Auf diesem Weg verdiente z. B. Finanzvorstand David C. Davies binnen fünf Wochen sagenhafte 6,75 Mio. Euro, auch für Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Ruttenstorfer hat das Jahr mit einem Cash-Feuerwerk begonnen, er löste 59.700 Optionen ein und erhielt dafür die stolze Summe von 2,4 Mio. Euro.
Mehr Transparenz für Aktienoptionen
In Deutschland wurde durch das Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz (VorstOG) die Transparenz aktienbasierter Vergütungen verbessert. Mangelhaft sind allerdings weiterhin die Angaben über Pensionen und Übergangsgelder, so bleibt es schwierig, Vorstandsgagen individuell zu ermitteln. Die individuelle Veröffentlichung in Österreich basiert hingegen auf Freiwilligkeit: Ab drei Vorständen müssen die Gehälter zwar im Jahresabschluss veröffentlicht werden, allerdings ohne individuelle Trennung von fixen und variablen Gehaltsbestandteilen.

Zwar führen einige Geschäftsberichte zahlreiche Details über die komplexen Berechnungsmethoden der Aktienoptionsprogramme an, allerdings fehlen konkrete Zahlen über den tatsächlichen Wert der Stock Options. Nur fünf Unternehmen, also rund ein Viertel, der ATX-Unternehmen weisen die aktienbasierte Vergütung getrennt von fixen Bezügen aus.

Aus der Sicht der Arbeiterkammer ist die Verbesserung der Transparenz der Managergehälter ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Top-Gehälter bei den börsennotierten Aktiengesellschaften müssen individuell bekanntgegeben werden. Zielführend ist hier einzig eine gesetzliche Verpflichtung, freiwillige Regelungen wie im Corporate Governance Kodex werden kaum beachtet. Mehr Transparenz ist auch bei den »Stock Options« erforderlich. In den Geschäftsberichten der Unternehmen wird über diese Vergütungen zwar recht viel berichtet, essenziellen Fragen - wie nach dem tatsächlichen Wert der eingeräumten Optionen - bleiben unbeantwortet. Die AK fordert aber auch, die bestehende steuerliche Begünstigung abzuschaffen. Es kommen diese Optionen doch beinahe ausschließlich Top-Managern und leitenden Angestellten zugute.

Wichtig ist außerdem, die Hauptversammlung stärker bei der Gehaltsfindung von Managern einbeziehen. Derzeit ist der Aufsichtsrat für die Vertragsgestaltung zuständig. Darin sitzen aber oft selbst wieder aktive oder ehemalige Manager, sodass die Genehmigung von überzogenen Bezügen meist ohne Schwierigkeiten über die Bühne gebracht wird. Betriebsräte sind bei der Beschlussfassung im Aufsichtsrat nicht dabei. Eine stärkere Einbindung der AktionärInnen in der Hauptversammlung würde die Diskussion über überzogene Gehälter stärker ankurbeln.
Es besteht Handlungsbedarf
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Auseinanderentwicklung von Managergehältern und Arbeitseinkommen aus der Sicht der Beschäftigten nicht akzeptiert werden kann. Die Erfolge von Unternehmen werden von allen erwirtschaftet, daher müssen die Ergebnisse auch entsprechend fair verteilt werden. Dass Manager in einem Jahr so viel verdienen, wie Beschäftigte in Summe in ihrem ganzen Leben, kann wohl nur sehr schwer begründet werden. Und dass sich Manager jedes Jahr satte Gehaltssteigerungen - und bei Versagen zusätzlich exorbitante Abfindungen - genehmigen lassen und gleichzeitig Rationalisierungsprogramme bei den Beschäftigten durchziehen und das Lohnniveau der Beschäftigten mit Drohungen von Produktionsverlagerungen nach unten drücken, lässt dringenden Handlungsbedarf erkennen.

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