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Mag Martha Eckl, Hochschulexpertin der AK Wien

Studieren unter Druck

Schwerpunkt

Rund zwei Drittel der Studierenden sind berufstätig - Studium und Arbeit sind aber noch immer schwer unter einem Hut zu bringen.

Manu P. hat einen 30-Stunden-Bürojob und studiert Jus, Anja B. absolviert ein wirtschaftsbezogenes Fachhochschulstudium und jobbt immer wieder einmal in einem PR-Unternehmen, Oliver S. arbeitet neben seinem Technikstudium in einem Labor. Die genannten Fälle sind keineswegs untypisch: Erwerbstätige Studierende sind in Österreich längst der Regelfall, "klassische" VollzeitstudentInnen hingegen eine Minderheit.
Bunte Mischung
Berufstätige Studierende sind aber keineswegs eine homogene Gruppe, sondern eine "bunte Mischung": Viele nehmen im Lauf des Studiums eine Erwerbstätigkeit auf, es gibt aber auch zahlreiche ArbeitnehmerInnen, die sich nach einigen Berufsjahren durch ein Studium höher qualifizieren möchten: Bei der letzten Studierenden-Sozialerhebung1), die im Sommer präsentiert wurde, nennt ein Viertel aller Befragten "Weiterbildung im Beruf" als Motiv.

Laut dieser Studie beträgt der Anteil der erwerbstätigen Studierenden an Österreichs Unis und Fachhochschulen rund 60 Prozent. Im Studienjahr 2005/06 waren 42 Prozent während der Vorlesungszeit regelmäßig und weitere 18 Prozent gelegentlich berufstätig. Ein weiteres Viertel hat ausschließlich in den Ferien gearbeitet und nur 15 Prozent waren gar nicht berufstätig.
Große Bandbreite
Auch bei dem Ausmaß der Erwerbstätigkeit und der Art des Beschäftigungsverhältnisses gibt es eine große Bandbreite: Mehr als elf Prozent arbeiten über 35 Stunden, ein Viertel zwischen elf und 35 Stunden und ein weiteres Viertel bis zu zehn Stunden pro Woche. Über 20 Prozent sind als ArbeiterInnen oder Angestellte tätig, weitere 20 Prozent sind geringfügig beschäftigt, mehr als 30 Prozent haben diverse Mehrfachbeschäftigungen.
Entgegen der landläufigen Meinung bezüglich "Studentenjobs", die zumeist mit Zettel verteilen etc. in Verbindung gebracht werden, gaben rund 45 Prozent an, dass die Erwerbstätigkeit in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Studium steht.

Das Hauptmotiv für die Berufstätigkeit ist wenig überraschend: Über 70 Prozent jener, die kontinuierlich oder gelegentlich arbeiten, sagen, dass dies für den Lebensunterhalt unbedingt nötig ist. Zudem gibt es einen Zusammenhang mit sozioökonomischen Faktoren: Das genannte Motiv spielt bei 83,5 Prozent der Studierenden aus "niedriger Schicht" eine Rolle. Diese sind auch in einem höheren Ausmaß erwerbstätig. Bei Studierenden aus "hoher Schicht" trifft dies "nur" auf 58,2 Prozent zu. Zudem kann sich mehr als die Hälfte der StudienbeihilfenbezieherInnen, die während des Semesters arbeiten, nach eigener Einschätzung ein Studium ohne Job nicht leisten.
Triste Studienbedingungen
Jede/jeder zweite erwerbstätige Studierende gibt an, dass es schwierig ist, Studium und Beruf unter einen Hut zu bringen. Dies verwundert nicht, denn die Studienbedingungen sind vor allem in den "Massenfächern" an den Universitäten vielfach trist. Die Arbeiterkammer ist immer wieder mit Klagen über fehlendes Lehrveranstaltungsangebot, problematische Öffnungszeiten von Instituten, mangelnde Erreichbarkeit von Lehrenden, zu wenig Abend- und Blockveranstaltungen etc. konfrontiert. Bei einer AK-Umfrage an Wiener Universitäten2) hat nur jede Sechste/jeder Sechste angegeben, dass auf Studierende, die nebenbei arbeiten müssen, Rücksicht genommen wird. Eigene berufsbegleitende Studiengänge, die im Fachhochschulbereich rund ein Drittel ausmachen, gibt es an Unis nach wie vor nicht. 
Hürde Studiengebühren
Ein weiterer "Dauerbrenner" der Kritik ist die pauschale Studiengebühr, da für viele berufstätige Studierende nicht nachvollziehbar ist, dass sie trotz nur teilweiser Inanspruchnahme des Lehrangebots die volle Gebühr bezahlen müssen.

Die Folgen all dieser Hürden sind bekannt: Lange Studiendauern und hohe Dropout-Raten sind seit langem ein wenig rühmliches Kennzeichen des österreichischen Universitätssystems.

Im Regierungsübereinkommen findet sich erfreulicherweise beim Thema "Maßnahmen zur Verringerung von StudienabbrecherInnen" ein Ansatzpunkt zur Verbesserung, nämlich der Hinweis auf "neue Angebote für berufstätige Studierende" (z.B. E-learning, Teilzeitstudienmodelle). Bis dato gab es allerdings lediglich im Bereich der Studienförderung kleine positive Reformschritte für erwerbstätige Studierende. Ein umfassendes Maßnahmenbündel ist aber bislang noch ausständig.
Studium ohne Hindernisse
Aus AK-Sicht ist es daher höchst an der Zeit, dass das Wissenschaftsministerium einen Schwerpunkt bei Initiativen setzt, die Berufstätigen ein von organisatorischen Barrieren freies und zügiges Universitätsstudium erlauben. Dies bedeutet nicht nur eine Hilfestellung für die Betroffenen, die ohnehin über Jahre mit einer Mehrfachbelastung zu kämpfen haben. Maßnahmen zur leichteren Vereinbarkeit von Studium und Beruf sind zudem ein wesentlicher Beitrag zur notwendigen besseren Ausschöpfung aller Begabungspotentiale und Erhöhung des Anteils an hochqualifizierten Erwerbstätigen in Österreich.

Weblinks
Martin Unger, Angela Wroblewski: Studierenden-Sozialerhebung 2006.
Link zum PDF "Studierenden Sozialerhebung 2006"

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