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Gesund Unternehmen Susanne Deimel-Heiderer, Zentralbetriebsratsvorsitzende der Reinigungsfirma Dussmann, war auch Projektleiterin für das BGF-Pilotprojekt der Firma.

Gesunde Unternehmen

Schwerpunkt

Die Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen hat großen Einfluss auf die Gesundheit bzw. Krankheit der ArbeitnehmerInnen.

Wenn Beschäftigte unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen arbeiten müssen, nicht angemessen qualifiziert sind oder von ihren KollegInnen nicht genügend unterstützt werden, kann Arbeit krank machen. Im Gegenzug können gut funktionierende Strukturen und Abläufe die Beschäftigten motivieren, die Arbeitsmoral heben, das Arbeitsklima verbessern und die berufliche und persönliche Entwicklung fördern - all diese Faktoren tragen zur Gesundheit und zum Wohlbefinden der Beschäftigten bei.
Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine moderne Unternehmensstrategie mit dem Ziel, Gesundheit zu fördern, Krankheiten am Arbeitsplatz vorzubeugen, motivierte ArbeitnehmerInnen im Betrieb zu haben, die sich in ihrer Arbeitsumgebung auch wohl fühlen. Gesundheitsförderung stellt sich immer die Frage nach einer gesunden Gestaltung der Lebenswelt - es geht also nicht darum, jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin am Morgen einen Apfel in die Hand zu drücken. Das Ziel ist, die Arbeitsbedingungen so zu verändern, dass ein gesundes Leben für die ArbeitnehmerInnen erleichtert wird.
Betriebliche Gesundheitsförderung
Zahlreiche Betriebe, die sich intensiv mit betrieblicher Gesundheitsförderung auseinandergesetzt haben, können mittlerweile einen Rückgang ihrer Krankenstandstage verbuchen, weisen weniger Fluktuation als der Branchendurchschnitt auf und haben mehr motivierte MitarbeiterInnen im Unternehmen als andere Betriebe.
Das Europäische Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung hat Leitlinien1 erarbeitet, die erfahrungsgemäß zu einer erfolgreichen Gesundheitsförderung im Betrieb führen. Es geht dabei nicht nur um die Durchführung einzelner Projekte, sondern um eine langfristig angelegte Strategie zur ständigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Förderung der Gesundheit aller MitarbeiterInnen im Unternehmen.

Maßgebliche Erfolgsfaktoren:
  • Die gesamte Belegschaft muss einbezogen werden (Partizipation). Wenn Betroffene selbst Gesundheitsförderungsmaßnahmen erarbeiten und umsetzen, ist Gesundheitsförderung am effizientesten.
  • Betriebliche Gesundheitsförderung muss bei allen wichtigen Entscheidungen und in allen Unternehmensbereichen berücksichtigt werden (Integration).
  • Alle Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung müssen systematisch durchgeführt werden: Bedarfsanalyse, Prioritätensetzung, Planung, Ausführung, kontinuierliche Kontrolle und Bewertung der Ergebnisse (Projektmanagement).
  • Betriebliche Gesundheitsförderung beinhaltet sowohl verhältnis- als auch verhaltensorientierte Maßnahmen (Ganzheitlichkeit!).
Kurz gesagt: Es geht um die Einbindung und Zusammenarbeit aller Schlüsselpersonen im Unternehmen und einen offenen Prozess bei der Erarbeitung von gesundheitsfördernden Maßnahmen. Der Prozess muss von den Ideen der MitarbeiterInnen selbst getragen werden.
Eine wichtige Rolle hat die Belegschaftsvertretung. BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen unterstützen die betriebliche Gesundheitsförderung, indem sie die Anliegen der Belegschaft einbringen.
Sie müssen von Anfang an in die Steuerung der betrieblichen Gesundheitsförderung eingebunden sein.
Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein Managementsystem, das eine langfristige Implementierung von Maßnahmen gewährleistet.

Notwendigkeiten

 

Notwendig sind:
  • Steuerungsgruppe: Die Steuerungsgruppe begleitet die betriebliche Gesundheitsförderung von der Planung und Durchführung bis zur Evaluierung der Maßnahmen. In dieser Gruppe müssen - neben einer Vertretung der Geschäftsführung - unbedingt auch die Belegschaftsvertretung und die Gesundheitsbeauftragten im Unternehmen (z. B. ArbeitsmedizinerInnen, Sicherheitsfachkräfte, Sicherheitsvertrauenspersonen und Behindertenvertrauenspersonen) eingebunden werden.
  • Gesundheitszirkel: Die Idee, die dem Gesundheitszirkel zugrunde liegt ist, dass die Beschäftigten im Unternehmen selbst am besten wissen, welche Arbeitsbedingungen ihre Gesundheit belasten. Gesundheitszirkel sind Arbeitsgruppen, in denen Beschäftigte die Probleme und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung selbst erarbeiten.
  • Evaluierung: Die getroffenen Maßnahmen müssen überprüft werden, jedenfalls durch Befragungen der Beschäftigten. Ergänzen können anonymisierte Krankenstandsanalysen der Gebietskrankenkassen2, Fluktationsdaten, Altersstrukturanalysen und anderes mehr.
  • Externe Begleitung durch SpezialistInnen unterstützt den Prozess.

Gesundheitszirkel
In einem Hotelbetrieb wurde ein Gesundheitszirkel für Stubenmädchen durchgeführt. Die TeilnehmerInnen klagten darüber, dass sie kaum Pausen machen, keinen Pausenraum haben und viele unter Rückenschmerzen leiden. Der Arbeitgeber hat in der Folge in Zusammenarbeit mit den Stubenmädchen einen passenden Pausenraum zur Verfügung gestellt, Rückengymnastikstunden während der Arbeitszeit angeboten und geachtet, dass die gesetzlichen Pausenregelungen auch eingehalten werden.
Oder: In einem Reinigungsunternehmen fanden Gesundheitszirkel für AußendienstmitarbeiterInnen statt. Als Problem nannten diese unter anderem die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen beim Fensterputzen, wie zum Beispiel Haken an Fenstern zur Befestigung für Sicherheitsgurte, in verschiedensten Gebäuden. Der Arbeitgeber hat in der Folge Verhandlungstrainings für AquisiteurInnen von Aufträgen für das Reinigungsunternehmen angeboten. Ziel war es, dass Kunden die nötigen Sicherheitsmaßnahmen für die ArbeitnehmerInnen zur Verfügung stellen.
Ergänzungen 
Der ArbeitnehmerInnenschutz ist ein rechtlich gut verankertes Instrument, um Krankheiten und Arbeitsunfälle zu verhindern. Betriebliche Gesundheitsförderung soll den ArbeitnehmerInnenschutz ergänzen - als Unternehmensstrategie, die die Gesundheit von ArbeitnehmerInnen fördert und die Arbeitszufriedenheit erhöht. Keinesfalls dürfen Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung die gesetzlichen Regelungen des ArbeitnehmerInnenschutzes untergraben.
Autorinnen:
Mag.a Renate Czeskleba
Mag.a Karin Zimmermann


WAS HÄLT GESUND?
Gesundheitsressourcen helfen, den täglichen Belastungen am Arbeitsplatz standzuhalten. Diese Gesundheitsressourcen liegen einerseits in einer Person selbst, andererseits in der Umwelt. Arbeitsbezogene Gesundheitsressourcen sind beispielsweise:
  • Handlungsressourcen: Damit können Stressfaktoren verhindert oder verändert werden. Wer Handlungsspielraum und Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Arbeit hat, ist den Stressfaktoren nicht hilflos ausgesetzt. Handlungsspielraum gibt z. B. wenn man sich die Arbeitsabläufe selbst bestimmen kann, oder wenn die Möglichkeit besteht, sich die notwendigen Arbeitsmittel selbst auswählen zu können. Können sich ArbeitnehmerInnen ihre Zeit selbst einteilen, ihre Probleme ansprechen und die Arbeitsbedingungen mitgestalten, schafft dies große Handlungsfreiräume.
  • Beziehungsressourcen: Wer sich ArbeitskollegInnen anvertrauen kann und Rückmeldung und Rat einholen kann, kommt mit Stress und Belastungen am Arbeitsplatz besser zurecht. Beziehungen sind wichtig, um Unterstützung und Verständnis zu bekommen - das entspannt und hält gesund.
  • Zufriedenheitsressourcen: Dazu gehören interessante Tätigkeiten, der Stolz auf die eigene Arbeit, die Anerkennung durch Vorgesetzte und KollegInnen, abwechslungsreiche Tätigkeiten, die planbar sind und greifbare Entwicklungsmöglichkeiten.
Mit betrieblicher Gesundheitsförderung soll eine Balance zwischen den täglichen Arbeitsanforderungen und den Gesundheitsressourcen der MitarbeiterInnen geschaffen werden. Betriebliche Gesundheitsförderung setzt daher auf zwei Ebenen an: Zum einen auf der Ebene der Unternehmens- und Arbeitsorganisation durch Organisationsentwicklung und Stärkung bzw. Veränderung der Unternehmenskultur (= Verhältnisprävention). Zum anderen auf der Ebene des Individuums, durch die Stärkung der persönlichen Fähigkeiten und Einstellungen, wie zum Beispiel Stärkung des Selbstvertrauens, entlastende Körperübungen oder gesunde Ernährung (= Verhaltensprävention).



WAS MACHT KRANK?
Folgende Faktoren können auf Dauer zur gesundheitlichen Belastung für ArbeitnehmerInnen werden:
  • Wenig Handlungsspielraum, wie zum Beispiel geringer Einfluss auf Arbeitsabläufe, auf die Zuteilung der Arbeit und wenig Möglichkeiten, sich die Zeit selbstständig einzuteilen.
  • Eintönige Arbeiten, die wenig Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten zulassen und die die vorhandenen Potenziale der ArbeitnehmerInnen nicht ausschöpfen.
  • Wenig soziale Rückendeckung von Vorgesetzten und wenig Zusammenarbeit unter den KollegInnen. Wenn keine Gespräche über private und berufliche Dinge möglich sind, keine Hilfe und Rückmeldung von KollegInnen und Vorgesetzten kommt, macht das auf Dauer krank.
  • Sowohl inhaltliche als auch mengenmäßige Arbeitsbelastung, Zeitdruck und Überforderung wirken sich negativ auf die Gesundheit aus.
  • Viele Unterbrechungen, weil Informationen und wichtige Arbeitsmittel fehlen oder einfach nur oft das Telefon klingelt.
  • Umgebungsbelastung, wie Staub, Lärm, extreme Hitze oder Kälte, aber auch ständige Gefahren und Risiken bei der Arbeit belasten die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen.
  • Wenig Information und Mitsprache über die Vorgänge im Betrieb sind wichtige Faktoren der Gesundheitsbelastung.
  • Wenig Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und wenig Chancen auf berufliche Um- und Aufstiege können ArbeitnehmerInnen frustrieren und damit die Gesundheit schädigen.

WEBLINKS
Weitere Informationen und Kontakte
www.gesundearbeit.at
Die Gesundheitshomepage der Gewerkschaft bietet fundierte Informationen für ArbeitnehmerInnen zu aktuellen Themen wie »Alternsgerechtes Arbeiten«, »Burn-out«, »Betriebliche Gesundheitsförderung« usw. sowie den direkten Draht zu den AnsprechpartnerInnen in den einzelnen Gewerkschaften.
www.netzwerk-bgf.at
Die Gebietskrankenkassen bieten in
allen Bundesländern eine kostenlose Begleitung für betriebliche Gesundheitsförderung. Auf dieser Homepage sind die AnsprechpartnerInnen der einzelnen Kassen zu finden.
www.arbeitundgesundheit.at
Die Sozialpartnerhomepage enthält ausführliche Informationen zur betrieblichen Gesundheitsförderung und zum ArbeitnehmerInnenschutz.
Auf der Homepage gibt es auch einen Selbsttest, um zu prüfen, wo das eigene Unternehmen im Bereich Gesundheitsförderung steht.
www.fgoe.org
Fonds Gesundes Österreich:
bundesweite Kontakt- und Förderstelle für Gesundheitsförderung und -prävention.

INFO&NEWS
Bundesarbeitskammer/Abteilung für ArbeitnehmerInnenschutz und Arbeitsgestaltung Tel.: 01/501 65-2527
ÖGB/Referat für Humanisierung,Technologie und Umwelt Tel.: 01/534 44-443

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renate.czeskleba@oegb.at
karin.zimmermann@oegb.at
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