topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer und WKÖ-Präsident Christoph Leitl Handschlagqualität: Am dritten Mai freuen sich ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer und WKÖ-Präsident Christoph Leitl über die Sozialpartnereinigung zur Arbeitszeit die die Mehrarbeitszuschläge ermöglicht.
»Unselbstständige Erwerbstätige nach wöchentlicher Normalarbeitszeit«

Mehr Arbeit - mehr Geld

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Arbeitszeitgesetz neu bringt Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte.

Bei den RechtsberaterInnen der GPA-DJP laufen schon seit Wochen die Telefone heiß. »Ich bin für 15 Stunden beschäftigt, arbeite aber eigentlich immer 25 Stunden. Muss mir mein Chef jetzt ab 2008 mehr Geld zahlen?«, fragt ein Arbeitnehmer. Und eine Betriebsrätin möchte wissen: »Bei mir im Unternehmen versucht der Personalchef den Mehrarbeitszuschlag zu umgehen, indem er teilzeitbeschäftigten KollegInnen neue Verträge mit mehr Stunden gibt. Worauf muss ich dabei achten?« Fragen über Fragen ergeben sich aus der Novelle des Arbeitszeitgesetzes, die am 1. 1. 2008 in Kraft tritt. Neben einigen anderen Neuerungen werden Teilzeitbeschäftigte erstmals Anspruch auf einen Mehrarbeitszuschlag haben, im Ausmaß von 25 Prozent.

Wem die neue Regelung etwas bringt
Von der neuen Regelung profitieren werden all jene Teilzeitbeschäftigten, die regelmäßig über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten. Kann der/die ArbeitgeberIn nicht sicherstellen, dass die Mehrstunden innerhalb eines vereinbarten Zeitraums (grundsätzlich maximal drei Monate, Sonderregelung bei Gleitzeit) durch Zeitausgleich abgebaut werden, so haben die MitarbeiterInnen Anspruch auf den 25-prozentigen Zuschlag. »Ich rechne damit, dass die neue Regelung ArbeitgeberInnen zu einem besseren Arbeitszeitmanagement anregen wird. Mit dem Mehrarbeitszuschlag verliert nämlich die derzeit gängige Praxis, Teilzeitkräfte zu einem geringeren Ausmaß anzustellen als eigentlich benötigt und regelmäßig Mehrstunden zu verlangen, an Attraktivität«, sagt Andrea Komar, Leiterin der GPA-DJP Rechtsabteilung und setzt fort: »In Zukunft wird es sich für die ArbeitgeberInnen finanziell auszahlen, mit einer 20-Stunden-Kraft, die regelmäßig zehn Stunden Mehrarbeit leistet, von vornherein einen Arbeitsvertrag über 30 Stunden abzuschließen.« »Aus Gesprächen mit BetriebsrätInnen wissen wir, dass die ArbeitgeberInnen zum Teil schon daran gehen, ihren MitarbeiterInnen Verträge mit höherem Stundenausmaß zu geben. Das ist der erste große Erfolg der neuen Regelung, weil die ArbeitnehmerInnen mehr Sicherheit über die Höhe ihres Einkommens gewinnen«, ergänzt Barbara Teiber, Bundesfrauensekretärin der GPA-DJP.

Zahlen und Fakten
Derzeit arbeiten in Österreich mehr als 810.000 ArbeiterInnen und Angestellte weniger als 35 Stunden pro Woche. Das sind 23 Prozent der unselbstständig Beschäftigten. Etwa 690.000 oder 85 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Teilzeit ist in Österreich nach wie vor weiblich. »Der Mehrarbeitszuschlag ist daher ein wichtiger erster Schritt, die Einkommen der vielen teilzeitbeschäftigten Frauen zu erhöhen«, ist sich Barbara Teiber sicher. »Die Betonung liegt aber auf dem ersten Schritt. Perspektivisch muss es nun darum gehen, diese Regelung zu verbessern. Ziel für die Zukunft muss sein, dass ArbeitnehmerInnen für jede geleistete Mehrarbeitsstunde ein Zuschlag ausbezahlt wird. Eine wichtige Forderung von uns ist es auch, die relativ langen Durchrechnungszeiträume zu verkürzen. Außerdem gibt es gerade im Handel, wo viele Menschen - in erster Linie Frauen! - Teilzeit arbeiten, ein großes Problem mit unbezahlten Mehrstunden. Wir haben uns daher in der GPA-DJP für das nächste Quartal den Arbeitsschwerpunkt »Teilzeit« gesetzt und bereiten gemeinsam mit dem IFES-Institut eine Umfrage vor, die den Arbeitsbedingungen von Teilzeitbeschäftigten auf den Grund gehen soll Siehe Grafik: »Unselbstständige Erwerbstätige nach wöchentlicher Normalarbeitszeit«.

Schlupflöcher stopfen
»Bei uns arbeiten etwa 50 Prozent aller MitarbeiterInnen Teilzeit«, erzählt Gerda Bacher, Betriebsratsvorsitzende bei Kastner und Öhler. Auch sie sieht in der Regelung einen ersten wichtigen Schritt; vieles sei aber auch noch offen. Sie sieht daher noch viel Arbeit auf sich und andere BetriebsrätInnen ihrer Branche zukommen und fürchtet, dass die ArbeitgeberInnen versuchen werden, mit allen Mitteln die Auszahlung des Mehrarbeitszuschlags zu umgehen. »Ich habe schon gehört, dass manche ArbeitgebervertreterInnen der Ansicht seien, es handle sich nicht um einen unzulässigen Kettenvertrag, wenn die Arbeitszeiten von Teilzeitkräften je nach Bedürfnis der AGInnen alle drei Monate vertraglich geändert würden. Manchmal spielen die Arbeitgeber schon Spielchen mit uns.«  Ein weiteres Schlupfloch für ArbeitgeberInnen, von dem sie gehört habe, sei es, MitarbeiterInnen Verträge mit mehr Stunden zu geben, auch wenn diese KollegInnen de facto gar nicht mehr arbeiten. Auf diese Weise würden sich Minusstunden ansammeln. »Unsere Befürchtung ist, dass MitarbeiterInnen, die viele Minusstunden angesammelt haben, dann gedrängt werden könnten, diese Stunden in hektischen Zeiten einzuarbeiten, wie etwa in der Vorweihnachtszeit.« Für die ArbeitgeberInnen brächte das den Vorteil, dass sie die ArbeitnehmerInnen auf Abruf zur Verfügung hätten, ohne Zuschläge zahlen zu müssen. »Für uns als BetriebsrätInnen ist es wichtig, genau zu beobachten und aufzupassen, wie die neue Regelung wirklich gehandhabt wird.« »Manchen ArbeitgeberInnen ist jedes noch so fragwürdige Mittel recht. Um Geld zu sparen, versuchen sie, Tricks anzuwenden, die rechtlich niemals halten würden«, bestätigt Andrea Komar. »Wie etwa die Vorgehensweise mit den Minusstunden: Es liegt an dem/der ArbeitgeberIn, ArbeitnehmerInnen im vereinbarten Ausmaß zu beschäftigen. Tut er/sie das nicht, obwohl die ArbeitnehmerInnen arbeitsbereit sind, können niemals Minusstunden anfallen.«

Die neue Regelung im Detail
Grundsätzlich gilt, dass der Zuschlag nur dann fällig wird, wenn die Mehrstunden nicht innerhalb des Kalendervierteljahres oder eines anderen vereinbarten 3-Monats-Zeitraums durch Zeitausgleich ausgeglichen werden. Komplizierter wird es, wenn im Betrieb eine Gleitzeitvereinbarung existiert. In diesem Fall muss der Zuschlag nur ausbezahlt werden, wenn die vereinbarte Arbeitszeit innerhalb der Gleitzeitperiode im Durchschnitt überschritten wird. Dabei hängt es von der jeweiligen Vereinbarung ab, wie lange die Gleitzeitperiode dauert, wie viel Zeit also jeweils für den Ausgleich der Mehrstunden bleibt. Die Gleitzeitperiode kann sowohl kürzer als auch länger als drei Monate sein. Nicht zuschlagspflichtig sind außerdem jene angesammelten Mehrstunden, die in die nächste Gleitzeitperiode übertragen werden können. Auch hier kommt es darauf an, was das jeweilige Gleitzeitmodell vorsieht. Jedenfalls zuschlagspflichtig sind in allen Modellen angeordnete Mehrarbeitsstunden - genauso wie angeordnete Überstunden bei Vollzeitarbeitskräften. Gleitzeit zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass ArbeitnehmerInnen Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit selbst festlegen können.
Eine weitere Regelung besagt: Wenn der Kollektivvertrag für Vollzeitbeschäftigte eine kürzere wöchentliche Normalarbeitszeit als 40 Stunden vorsieht und für diese Differenz kein Zuschlag oder ein geringerer Zuschlag vereinbart wurde, dann gilt dasselbe für die Mehrarbeitsstunden von Teilzeitbeschäftigten. Erhalten Vollzeitkräfte bei einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 38 Stunden für zwei Mehrstunden keinen Zuschlag, so müssen sich auch Teilzeitkräfte einen zuschlagsfreien »Puffer« im selben Ausmaß anrechnen lassen.
Noch komplizierter wird es wiederum in Zusammenhang mit Gleitzeitvereinbarungen. Dazu ein konkretes Beispiel: In einem Unternehmen beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit 38 Stunden. Die Gleitzeitperiode dauert drei Monate. Eine 20-Stunden-Teilzeitkraft leistet innerhalb dieser Periode 30 Mehrstunden. 17 kann sie in die nächste Periode mitnehmen. Für diese Stunden hat sie keinen Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag. Bleiben 13 Stunden übrig. Nun muss geprüft werden, in welchen Wochen die 13 letzten Mehrstunden geleistet wurden und auf welche dieser Stunden der »Puffer« anzuwenden ist. Ein mühsames Unterfangen! Um den Mehraufwand gering zu halten empfiehlt Rechtsexpertin Andrea Komar, Betriebsvereinbarungen abzuschließen, die festlegen, dass alle Stunden zuschlagspflichtig sind, die nicht in die nächste Gleitzeitperiode mitgenommen werden können. »Das erspart auch den ArbeitgeberInnen viel Aufwand bei der Gehaltsverrechnung.«
Trifft der Mehrarbeitszuschlag mit in Kollektivverträgen geregelten Zuschlägen zusammen, ist entscheidend, wofür diese anderen Zuschläge gebühren. Wird durch sie die zeitliche Mehrleistung honoriert, dann gilt nur der jeweils höhere Zuschlag. In anderen Fällen gebühren beide Zuschläge nebeneinander - etwa wenn durch einen Zuschlag die Lage der Arbeitszeit abgegolten wird. Entscheidend ist hier letztlich die Formulierung im Kollektivvertrag.

Zeitausgleich
Schließlich ist auch eine Vereinbarung möglich, die besagt, dass Mehrarbeit generell durch Zeitausgleich ausgeglichen wird. In diesem Fall muss der Mehrarbeitszuschlag entweder bei der Berechnung des Zeitausgleichs berücksichtigt werden, oder aber er muss zusätzlich ausgezahlt werden. 
Prinzipiell gilt, dass der Kollektivvertrag hinsichtlich des Mehrarbeitszuschlags vom Gesetz abweichende Regelungen treffen darf. Ab 1. 1. 2008 unwirksam sind nach Meinung der GPA-DJP allerdings schlechtere Regelungen in bereits bestehenden Kollektivverträgen, weil der Gesetzgeber mit der neuen Regelung eindeutig eine Verbesserung für ArbeitnehmerInnen erreichen wollte. Konkret heißt das: Wenn in einem Kollektivvertrag bereits eine Regelung existiert, die einen niedrigeren Mehrarbeitszuschlag festlegt als das novellierte Arbeitszeitgesetz oder den Zuschlag an ungünstigere Bedingungen knüpft, dann hebt das Gesetz diese Kollektivvertragsregelung per 1. 1. 2008 auf.
 Lucia Bauer

INFO&NEWS
Worauf BetriebsrätInnen im Zusammenhang mit dem Mehrarbeitszuschlag achten sollten.
  • Keine Notwendigkeit, die BV zu ändern
    Grundsätzlich ist es nicht notwendig, eine bestehende Betriebsvereinbarung aufgrund der Gesetzesnovelle abzuändern. BetriebsrätInnen sollten sich daher nicht von ihrer Geschäftsführung unter Druck setzen lassen und sich vor Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung in Ruhe beraten und mit ihrer Gewerkschaft absprechen.
  • Kurze Durchrechnung bei Gleitzeitvereinbarungen - maximal drei Monate
    Bei Betriebsvereinbarungen zur Gleitzeit ist es wichtig, möglichst kurze Gleitzeitperioden zu vereinbaren. Das reduziert die Möglichkeiten der ArbeitgeberInnen, sich vor der Auszahlung des Mehrarbeitszuschlags zu drücken.
  • Regelungen bezüglich angeordneter Überstunden adaptieren
    Regelt eine Betriebsvereinbarung, wie mit angeordneten Überstunden von Vollzeitbeschäftigten umzugehen ist, so sollten diese Regelungen für Teilzeitbeschäftigte und angeordnete Mehrarbeit adaptiert werden. Damit werden Diskussionen darüber reduziert, wann der Zuschlag jedenfalls ausgezahlt werden muss.
  • Zeitraum für die Konsumation von Zeitguthaben festlegen
    Drängen die ArbeitgeberInnen auf eine Zeitausgleichsvereinbarung, die festlegt, dass Mehrstunden einschließlich Zuschlag gutgeschrieben werden, muss unbedingt auch der Zeitraum vereinbart werden, in dem die Guthaben konsumiert werden müssen. Dieser Zeitraum sollte maximal drei Monate betragen.
  • Vorsicht vor Umgehungsverträgen
    Was einige ArbeitgeberInnen bereits angedacht haben, nämlich das Arbeitszeitausmaß für arbeitsreiche Monate befristet hinaufzusetzen, bedeutet nichts anderes als eine Umgehung gesetzlicher Vorschriften, genauer des Mehrarbeitszuschlags. Das Ausmaß der regelmäßigen Arbeitszeit jeweils nach Bedarf zu ändern, würde analog zu Kettenarbeitsverhältnissen entweder dazu führen, dass diese Vereinbarungen sittenwidrig sind und der Mehrarbeitszuschlag gezahlt werden muss, oder dass von einer unbefristeten Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit auszugehen ist.

WEBLINKS
Mehr Infos unter:
GPA-DJP-Unterlage zur Sozialpartnereinigung vom 3. Mai 2007
Aktuell - Info-Broschüre der AK Wien zur Reform der Arbeitszeit

KONTAKT
Schreiben Sie uns Ihre Meinung
an die Autorin
lucia.bauer@gpa-djp.atoder die Redaktion
aw@oegb.at

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum