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Negative Auswirkungen von Stress am Arbeitsweg Je höher der Wert auf der Skala ist, desto mehr PendlerInnen sind morgens sehr müde oder morgens/abends stark verringert leistungsfähig. Der Wert 1 würde bedeuten, dass alle PendlerInnen der jeweiligen Gruppe morgens stark unter Müdigkeit leiden.

Pendeln mit Zukunft

Gesellschaftspolitik

Das Hin und Her wird immer mehr und kommt immer teurer. Schon jede/r Zweite muss zur Arbeit pendeln. Doch das Geld für den PendlerInnenverkehr wird nicht mehr.

Mobilität gut und schön, aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten, fordert die AK. »Unakzeptabel ist«, so Sylvia Leodolter, Leiterin der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK Wien, »dass die Kosten des Pendelns für Auto-, Bahn- und BuspendlerInnen seit einigen Jahren doppelt so rasch wachsen wie die Einkommen. Hier ist eine Entlastung überfällig.«
Tatsächlich ist die Entwicklung dramatisch und schnelle und nachhaltige Verbesserungen sind erforderlich. Pendelten 1961 gerade ein Fünftel der Beschäftigten zur Arbeit, sind es heute bereits mehr als die Hälfte. Tendenz steigend. Die AK-VerkehrsexpertInnen befragen die PendlerInnen regelmäßig und haben sozusagen ein Porträt von ihnen erstellt:


  • PendlerInnen sind unselbstständig Beschäftigte, die zwischen Wohnort und Arbeitsplatz regelmäßig hin- und herfahren und dabei zumindest eine Gemeindegrenze queren.
  • Bundesweit gibt es bereits rund 1,9 Millionen PendlerInnen. Davon pendeln etwa 1,300.000, also 70 Prozent, mit dem Auto. 660.000 PendlerInnen, somit die Hälfte der AutopendlerInnen und über ein Drittel aller PendlerInnen, sind täglich auf das Auto angewiesen, weil sie Bahn und Bus nicht oder schlecht erreichen bzw. weil sie flexibel arbeiten müssen.
  • Alle repräsentativen Umfragen zeigen: PendlerInnen fordern mehr finanzielle Unterstützung. Und sie wollen einen attraktiven öffentlichen Verkehr, mehr Züge, modernere Züge und pünktliche Züge.
  • Im Schnitt braucht jeder/jede PendlerIn pro Jahr 500 Stunden von und zur Arbeit.
  • Fast die Hälfte der Befragten müssen von zu Hause bis zur Arbeit weiter als 30 Kilometer fahren. Jene PendlerInnen, die öffentlich unterwegs sind, haben besonders lange Fahrzeiten: 42 Prozent sind über eine Stunde von zu Hause zum Arbeitsplatz unterwegs.
  • Bahn und Bus als Alternative zum Auto werden nur akzeptiert, wenn auch der Fahrplan stimmt. Ist eine Verbindung fahrplanmäßig gut, sind die Linien gut aufeinander abgestimmt, das Umsteigen einfach und die Fahrgastinformation bei Störungen gut, wird sie auch gerne angenommen.

Problemlösungen gefragt
Die Hauptprobleme für die Arbeitswege der PendlerInnen sieht die AK-Verkehrsexpertin Sylvia Leodolter darin: »Sie haben keine Lobby, die Politik interessiert sich nicht wirklich für die Arbeitswege der Beschäftigten. Die Reisenden im Nah- und Regionalverkehr haben keine verbindlichen Rechte, z. B. bei Verspätungen, bei Ausfall von Heizungen, Lüftungen oder ganzer Züge. Zudem ist der Arbeitsweg meistens voller Hindernisse, die ihn länger und unangenehmer machen, als er sein müsste. Zu allem Überfluss werden die unterstützungswürdigen ›traditionellen ZwangspendlerInnen‹, die von den ländlichen Regionen in die Ballungszentren unterwegs sind, auch noch gegen jene ausgespielt, die als angebliche ›WohlstandspendlerInnen‹ von den Städten mit ihren Familien ins Umland gezogen sind. Diese Unterscheidung ist für uns völlig ungerechtfertigt, weil sie den PendlerInnen die Verantwortung für eine oft verfehlte Siedlungs- und Wohnbaupolitik in die Schuhe schiebt. Genauso inakzeptabel für uns ist es aber, wenn sich die Städte ihrer Verantwortung für jene Beschäftigten entziehen wollen, die nicht in der Stadt wohnen. Schließlich tragen die PendlerInnen entscheidend zur Wirtschaftskraft einer Stadt bei.«
Klar, der Arbeitsweg ist keine Erholungsreise, aber er darf deswegen nicht zur täglichen Spießrutenfahrt werden. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen und Instrumenten, den Arbeitsweg so kurz wie möglich und so angenehm wie möglich zu machen. Etwa eine koordinierte Fahrplangestaltung oder bessere Abstimmung der einzelnen Verkehrsmittel aufeinander, z. B. beim Umsteigen (kürzere Fußwege, mehr Park&Ride-Anlagen), mehr Personal und Service für die Fahrgäste im Bahn-, Bus- und innerstädtischen Verkehr, schnellerer Einsatz neuer Info-Technologien für die Reisenden, mehr Komfort in den PenderInnenzügen (statt z. B. beschränktes Sitzplatzangebot, Heizungsprobleme, Zugluft usw.). Auch die Benutzung der Öffis selbst ist nicht frei von Hindernissen. Etwa alte Garnituren oder Stationen, mangelhafte Auf- und Abgänge, schadhafte Rolltreppen, zu viele und/oder zu schmale Stufen, teilweise Fahrverbote für Kinderwagen auf Rolltreppen, usw. Nach wie vor ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Erhöhung der Pünktlichkeit der öffentlichen Verkehrsmittel. Diese zu gewährleisten ist eine der wirksamsten Maßnahmen gegen den PendlerInnen-Stress.
Tatsächlich kann die Zeit, die am Weg zur Arbeit verloren geht, tagsüber nicht mehr aufgeholt werden. Den Stress und Ärger nimmt man in die Firma und auch noch am Abend ins Privatleben mit. Störungen im Verkehrssystem kosten also nicht nur Zeit, sondern auch Energie.
All diese Barrieren stellen nicht nur die derzeitigen Öffi-Benutzer auf eine tägliche Geduldsprobe, sondern macht es auch den von Pkw auf Öffis Umsteigewilligen nicht gerade leicht. Immerhin wären nach Meinung der MobilitätsforscherInnen die Hälfte der AutopendlerInnen durch attraktive Maßnahmen zum Umstieg auf Bahn und Bus zu bewegen. Es gibt also ein Potenzial zur Verlagerung zum öffentlichen Verkehr.
Vorbild Schweiz
Unser Nachbarland, die Schweiz, zeigt, wie es funktionieren kann. Dort ist für den öffentlichen Bahnverkehr das Bundesamt für Verkehr zuständig, und die Grundversorgung mit öffentlichem Verkehr ist gesetzlich garantiert: Ortschaften mit ganzjährig mehr als 100 EinwohnerInnen müssen mit Öffis erschlossen werden. Werden durchschnittlich mehr als 500 Personen pro Tag befördert, so muss ein durchgehender Stundentakt mit 18 Kurspaaren angeboten werden. Das Durchschnittsalter der Schweizer Züge im Nahverkehr beträgt 12,5 Jahre - in Österreich sind die Züge im Schnitt 20 Jahre alt, nicht wenige sogar bis zu 40. Und nicht zuletzt: Die Schweiz investierte im Jahr 2003 umgerechnet 2,58 Milliarden Euro in die Bahn - doppelt so viel wie Österreich. 2006 waren für den Bahnausbau in Österreich 1,5 Milliarden Euro vorgesehen.
Pendeln wird immer teurer. Die Kosten dafür sind laut Erhebungen der AK in den letzten vier Jahren enorm gestiegen - Benzin um 25 Prozent, Diesel um 36 Prozent, 50 Prozent mehr Kfz-Steuer seit 2000, Verdoppelung der Preise für die Vignette seit 2001, Anhebung der Mineralölsteuer 2004 und 2007. Gleichzeitig sind die Bahntarife seit 2000 viermal erhöht worden.
Zwar ist es AK und ÖGB gelungen, in Form eines Pendlerzuschlages von 90 Euro im Jahr für die rund 100.000 Beschäftigten, die keine Lohnsteuer zahlen, weil sie weniger als 1.130 Euro Brutto im Monat verdienen, und durch die diesjährige Erhöhung der Pendlerpauschale um zehn Prozent, eine gewisse Milderung des Kostenanstiegs zu erreichen. Diese Regelung gilt aber vorerst nur für die Jahre 2008 und 2009. Aufgrund der zusätzlichen finanziellen Belastungen für PendlerInnen verlangt die AK eine grundlegende Umgestaltung und Erhöhung der steuerlichen Pendlerförderung, die sowohl zu einer finanziellen Entlastung beiträgt als auch den öffentlichen Verkehr attraktiver macht. Dazu müsse das derzeitige System der Pendlerpauschale reformiert werden, das Besserverdiener bevorzugt. Leodolter: »Eine sozial ausgewogene und ökologische Ziele unterstützende Reform der Pendlerförderung ist dringend notwendig. Die Pendlerpauschale wurde zwar im Juli 2007 erhöht und die AK erreichte für WenigverdienerInnen erstmals einen Pendlerzuschlag - aber das ist zu wenig. Die Kosten sind in den letzten Jahren sowohl beim öffentlichen Verkehr als auch beim Pkw dramatisch gestiegen. Daher verlangt die AK bei der nächsten Steuerreform eine steuerliche Entlastung, die allen PendlerInnen zugute kommt - eine Umwandlung der Pendlerpauschale in einen Absetzbetrag mit Negativsteuerwirkung. Dadurch werden vor allem niedrige Einkommen stärker entlastet. Zudem sollen auch die Unterscheidung zwischen großer und kleiner Pendlerpauschale überdacht und Anreize zur stärkeren Förderung des öffentlichen Verkehrs überlegt werden.«  
Wilfried Leisch


IHRE RECHTE ALS FAHRGAST
Die PendlerInnen dürfen nicht Kunden/Kundinnen zweiter Klasse sein. Daher fordert die AK umfassende und verbindliche, d. h. gesetzlich verankerte Fahrgastrechte im Nahverkehr in Anlehnung an die einschlägige EU-Verordnung. Zusätzlich müssen Gewährleistungsrechte für quantitative und qualitative Leistungsmängel geregelt sein.
Die neue AK-Broschüre »Gut informiert unterwegs« weist Bahn- und BusbenützerInnen darauf hin, welche Rechte sie derzeit in Österreich (Schwerpunkt Ostregion) im öffentlichen Verkehr haben, und wie sie diese durchsetzen können. Die Broschüre ist in Kooperation mit Verkehrsverbund Ostregion (VOR), Wiener Linien und ÖBB entstanden. Die Broschüre enthält wichtige Servicenummern, gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen und zeigt die Mängel in der Rechtslage auf.

Bestelltelefon: 01/501 65-401; per E-Mail: bestellservice@akwien.at; per Fax: 01/501 65-3065 und zum Downloaden: http://wien.arbeiterkammer.at/pictures/d58/Fahrgastrechte.pdf

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