topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/

Nachruf

MEINUNG

Paul Blau 1915-2005

Paul Blau 1915-2005

Am 27. Oktober ist Paul Blau im 91. Lebensjahr in Wien gestorben. Paul Blau hat, unter anderem, von Anfang 1962 bis August 1967 »Arbeit&Wirtschaft« als Chefredakteur geleitet und gehörte danach noch bis März 1980 dem Redaktionskomitee dieser Zeitschrift an. Von 1967 bis 1970 war Blau dann Chefredakteur der »Arbeiter-Zeitung«, von 1970 bis 1972 Presse- und Kulturattache in Paris.

Ich persönlich habe Paul Blau einige Male getroffen, kenne ihn aber vor allem aus seinen Schriften, aus seinen Beiträgen in der »Arbeit&Wirtschaft« und aus dem 1999 erschienen Buch »Das Erbe verschleudert, die Zukunft verspielt. Ein Jahrhundert Arbeiterbewegung«, das eine kritische Bilanz über »seine« Partei zieht. Nicht nur wegen diesem Buch wurde er als »sozialistischer Querdenker« bezeichnet oder als »rebellischer Publizist«.

Hier einige Lebensdaten, auf die er selber in seinem Buch hinweist: Geboren wurde er 1915 als Sohn von Robert Blau. Dessen Vater, Philipp Blau, Offizier der österreichisch-ungarischen Armee, war jüdischer Abkunft. Seine Mutter kam aus einer niederösterreichischen katholischen Bäckerfamilie. Sie bestand auf der katholischen Taufe seines Bruders und ihm selbst, ohne zu ahnen, dass sie ihnen damit später - in der Hitler-Ära - vermutlich das Leben gerettet hat.

Sie galten nach den Nürnberger Gesetzen als Halbjuden, doch bis
1940 durch die Taufe zunächst als wehrpflichtig und wurden zur Deutschen Wehrmacht eingezogen. 1940 wurde vom Deutschen Oberkommando ein Erlass herausgegeben, der auch Soldaten halbjüdischer Herkunft christlichen Bekenntnisses vom Wehrdienst ausschloss. Nach seiner Abrüstung im Herbst 1940 wieder zurück in Wien, schloss er sich der Widerstandsbewegung an, die im Grund eine Fortsetzung der illegalen Opposition gegen den Ständestaat von 1934 bis 1938 war.

Seit seiner frühesten Kindheit war er mit der Arbeiterbewegung verbunden: bei den Kinderfreunden, als sozialistischer Mitschüler, im Arbeiterturnverein, bei den Naturfreunden usw. »Als politisch bewusster junger Mensch durchlebte ich die Dollfuß-Schuschnigg-Jahre, die düsteren Zeiten der Nazidiktatur und des Krieges«, erzählte er von dieser Zeit. »Nach Kriegsende war ich fest entschlossen, zum Wiederaufbau einer friedlichen, besseren Welt im Geiste sozialistischer Humanität beizutragen - mit dem schlechten Gewissen des Überlebenden, wie es Robert Jungk nannte. Nur so konnte man sich angesichts des Todes von Verwandten und Freunden, von unzähligen Opfern von Rassen- und Kriegswahn für die Gnade des Schicksals bedanken.«

Weitere Lebensdaten: Ab April 1945 Wirtschaftsreferent der Bezirkshauptmannschaft Meidling (als Vertreter der Revolutionären Sozialisten), ab Juni desselben Jahres Bezirkssekretär der SPÖ Meidling, Bezirksobmann der SJÖ ab 1947, 1950 Verbandssekretär der SJÖ, von 1950 bis 1956 Sozialreferent, ab 1954 Leiter der Personal- und Sozialabteilung im Bundesministerium für Verkehr und Verstaatlichte Betriebe. Ab 1956 Leiter des arbeitswissenschaftlichen Referates des ÖGB, nach der Tätigkeit bei »Arbeit&Wirtschaft«, »Arbeiter-Zeitung« und im diplomatischen Dienst (siehe oben) ab 1972 bis 1980 Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Gesellschaftspolitik der Arbeiterkammer. 1972 Verleihung des Berufstitels »Professor«, 1998 Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Paul Blau war (gemeinsam mit seiner Frau Freda Meissner-Blau) Mitbegründer der rot-grünen Plattform, und er hatte sich, auch gegen die Beschlüsse von Parteiführung und ÖGB, gegen den Bau des geplanten AKW Zwentendorf eingesetzt. Im erwähnten Buch »Das Erbe verschleudert, die Zukunft verspielt« kam er nach 70 Jahren Parteizugehörigkeit zu dem Schluss, dass »wenig vom Idealismus der frühen Jahre in der Partei geblieben ist« und rechnete ab »mit Bonzen und Bürokraten, mit den neuen Machern«.

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl erklärte: »Paul Blau war nicht nur ein brillanter Denker mit einem großen Herzen, er war nicht nur ein kritischer Geist bis zum Schluss, sondern er war - und das klingt schlichter, als es ist - ein Vorbild in vielen Bereichen. Vor allem in sozialen Fragen und in Fragen der Umweltpolitik war Paul Blau ein Vordenker. Mein Beileid für seine Familie kommt aus tiefstem Herzen.«

Ich persönlich denke mir, wir können das Andenken Paul Blaus am besten ehren und bewahren, indem wir versuchen, jenen Idealen, denen er ein ganzes Leben lang treu war, auch weiterhin zu folgen. Wir werden ihn nicht vergessen!

Siegfried Sorz

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum