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Standpunkt | Cui Bono?

MEINUNG

Bitte sagen Sie nicht: Jetzt kommt der wieder mit diesen bildungsbürgerlichen lateinischen Zitaten.

CUI BONO ist nämlich zumindest jeder Leserin von Kriminalromanen oder jedem Konsumenten von Fernsehkrimis bekannt. Es ist die Kernfrage der Kriminalistik nach dem Tatmotiv bei der Aufklärung eines Verbrechens.

WEM NÜTZT ES? ist allerdings eine Frage, die man genauso auch in der Politik anwenden kann, hilft sie uns doch besser zu erkennen, wo oder wie die Interessen liegen.

Dass Interessen verschieden gelagert sind und oft diametral entgegengesetzt sind, ist eine der Grunderkenntnisse zum Verständnis von Politik und Gesellschaft.

Unterschiedliche und entgegengesetzte Interessen unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach. In unserer parlamentarischen Demokratie hat die Mehrheit der Wähler/-innen das Sagen. Die Mehrheit der Wählerinnen (und Wähler) gehört in unserem Lande zur Kategorie der Habenichtse, die nicht viel mehr ihr Eigen nennen können als ihre Arbeitskraft, die sie auf dem Arbeitsmarkt dem/der Meistbietenden verkaufen können. Manche haben irgendwo noch ein kleines Häuschen, vielleicht von der Oma geerbt oder vom Onkel, oder sie betreiben irgendwo ein kleines Geschäftchen oder eine Wirtschaft, wo sie (und ihre Familienangehörigen) mehr oder weniger im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot erwerben.

Da gibt es dann noch die Anderen: Die haben Fabriken und wohnen in Villen, nennen große Waldstücke in einsamen Tälern ihr Eigen oder riesige Ketten von Supermärkten, große Zinshäuser und prächtige Paläste in den nobelsten Vierteln der österreichischen Städte und so weiter. Kurz und gut, es gibt Reiche und Arme, Kapitalbesitzer und arme Schlucker, Lohnabhängige und Geldmagnaten. Genauso gibt es auch Luxus und Mangel, Überangebot und Bedürftigkeit, Kärglichkeit und Überfluss. Hier fasst der von mir so gern zitierte gute alte Johann Nepomuk Nestroy den Sachverhalt lapidar und meisterlich prägnant folgend zusammen:

»Still schleicht das Schicksal
herum auf der Welt,
Der eine hat den Beutel,
Der andere, der hat’s Geld.«

Der Staat und die Politik sollten hier eigentlich ausgleichend wirken. Aber macht er das? Eigentlich nicht. Wenn man nämlich genauer hinschaut, entdeckt man jede Menge von Ungleichheiten, die Einen werden auf Kosten der Anderen bevorzugt, da wird belastet und entlastet, was das Zeug hält, doch wenn man dann in einer ruhigen Stunde persönlich Fazit zieht, nachdem die Rauch- und Staubwolken sich verzogen haben, merkt man, dass man um Jahre länger arbeiten muss, bis man die Pension antreten kann, in der man dann viel weniger rauskriegt, obwohl man doch in gutem Glauben sein Lebtag lang eingezahlt hat, dass Kranksein immer teuerer wird, obwohl man doch in gutem Glauben ein Lebtag lang eingezahlt hat, dass Steuern steigen und Löhne sinken. Kurzum, man ist belastet, ordentlich belastet. Entlastet sind die Anderen, aber jammern tun sie, was das Zeug hält. Erinnern wir uns zum Beispiel an die so genannten »Lohnnebenkosten«, die angeblich zu hoch sind. Übersetzt heißt das, die Löhne sind zu hoch. Oder kriegen sie einen Hauptlohn und einen Nebenlohn? Was die Herren und Damen Arbeitgeberinnen uns zur Sozialversicherung dazuzahlen oder was sie uns als Urlaubs- oder Weihnachtsgeld geben, war immer Lohnbestandteil (und das heißt nicht Hauptbestandteil oder Nebenbestandteil), und was als Mehrarbeit geleistet wurde, waren immer Überstunden. So gesehen können wir, die Habenichtse, ja auch sagen, die Mietnebenkosten, die Benzinnebenkosten, ja ganz einfach die »Lebenshaltungsnebenkosten« sind uns zu hoch, uns, den Abhängigen, den vom Lohn Abhängigen. Unser Geld liegt nicht in Stiftungen, Aktien haben wir eigentlich auch keine, und Körperschaftsteuer haben wir auch nie gezahlt, geschweige denn Verluste abgeschrieben. Aber die Geschenke an die Anderen, an diejenigen, die eh schon alles haben, die bezahlen wir. Unsere Arbeit ist es, die Werte schafft und der Staat - verteilt diese Werte. Nestroy hat Recht, aber es ist nicht das Schicksal, sondern es sind die Mehrheitsverhältnisse in unserem Staatswesen, Machtverhältnisse, die bald anders werden.

Das ist die Hoffnung in der Demokratie.

Siegfried Sorz

NB Nachdem der Text unsere Bundeshymne jetzt nicht geändert werden soll, habe ich hier einmal versucht, männlich und weiblich gleichermaßen auszuführen (falls nur die weibliche Form dasteht, sind fast immer die Männer auch gemeint). Was sagt ihr nun dazu, liebe Schwestern und Brüder?

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