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Kommt Europa bei den Menschen an?

SCHWERPUNKT EU-VERFASSUNG

Die europäische Kommission hat einen neuen Aktionsplan zur Verbesserung der Kommunikationsarbeit vorgestellt: »Listen, communicate, go local« 1) heißt die Devise. Ein Versuch, die Krise zu meistern.

Margot Wallström, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Kommissarin für die institutionellen Beziehungen, hat im Sommer einen neuen Aktionsplan der Kommission vorgestellt, der darauf abzielt, die europäische Politik den BürgerInnen besser zu vermitteln. Geplant ist darüber hinaus auch ein Weißbuch2) zum gleichen Thema.

Der Aktionsplan soll zunächst für »Ordnung im eigenen Haus« sorgen und durch effizientere Organisation und bessere Verwendung der Ressourcen die Qualität der Kommunikation verbessern. Das geplante Weißbuch wird die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament neu gestalten.

Aktionsplan

Nach den Niederlagen bei der Abstimmung zur europäischen Verfassung in Frankreich und den Niederlanden ist Brüssel recht unsanft aus seinem kommunikativen Dornröschenschlaf erwacht: Europa kommt bei seinen Bewohnern zurzeit schlecht an.

Gerade die beiden gescheiterten Abstimmungen haben deutlich gemacht, dass hier nicht nur ein politisches Projekt als solches auf Ablehnung gestoßen ist, sondern auch, dass viele EuropäerInnen schlecht informiert sind und das Image der EU derzeit kein gutes ist.

Als eine Antwort auf die dadurch hervorgerufene Krise wurde nun der »Aktionsplan zur Verbesserung der Kommunikationsarbeit der Kommission zu Europa«3) ins Leben gerufen. Die insgesamt 50 Aktionen des Plans zielen ab auf eine bessere Vermittlung der europäischen Politik.

Das neue Konzept

Das neue Kommunikationskonzept ist an drei Grundsätzen ausgerichtet:

  1. Zuhören: Die EU-BürgerInnen nicht nur informieren, sondern ihnen auch zuhören und ihrer Meinung Rechnung tragen.
  2. Kommunizieren, wie sich die politischen Maßnahmen der EU im Alltag der BürgerInnen auswirken und mit welchen Vorteilen sie verbunden sind.
  3. Herstellen von Kontakten auf lokaler Ebene, indem die Inhalte auf die Zielgruppen der Mitgliedstaaten zugeschnitten und über die Kanäle verbreitet werden, die sie bevorzugen und in der Sprache, die sie verstehen.

Bürgerfern

Die Kommission macht hier auch ihr mea culpa und gesteht Fehler bei der operationellen Durchführung ihrer bisherigen Kommunikation ein. Die Fehleranalyse der Kommission gipfelt in der Einsicht: »Kommunikation ist mehr als Information.« Die administrative Elite gesteht hier de facto ein, dass sie den Kontakt zur Basis längst verloren hat.

Kommuniziert wurde bisher überwiegend an Politiker und Medien, deren Auftrag es war, die Nachrichten weiterzugeben. Dabei wurde einerseits in Kauf genommen, dass die nationalen Politiker entsprechend auswählten und filterten und sich die Erfolge lieber selbst als Fähnchen an den Hut steckten, die Misserfolge aber immer »der EU« und »denen in Brüssel« anlasteten.

Die Medien andererseits machten zwar ihre Arbeit, aber der Brüsseler Jargon war nicht immer so leicht in eine Sprache, die die Menschen verstehen, umzusetzen. Die EuropäerInnen sind nicht zu begeistern für ein Europa, das in Kürzeln und »Geheimcodes« redet: Lissabon-Strategie, Barcelona-Prozess,
Basel II - wer außer den wenigen Eingeweihten, die sich beruflich damit beschäftigen, kann schon viel damit anfangen? DG RTD, FP7, TACIS, Subsidiaritätsprinzip, Mitentscheidungsverfahren, offene Methode der Koordinierung - die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Eine solche Sprache schreckt ab anstatt zu informieren.

Connecting people?

Im neuen Aktionsplan wird eine Arbeitsmethode vorgeschlagen, nach der die
Ressourcen gebündelt und so effizient eingesetzt werden, dass die Kommission ihre Kommunikationsarbeit verbessern kann.

Dazu gehören vor allem eine bessere Koordinierung der Kommunikationsaktivitäten und die Verwendung der Kommunikationsmittel, die die Menschen bevorzugen (in erster Linie Internet- und audiovisuelle Dienste). Weiters will man auch einfach formulierte Zusammenfassungen zu wichtigen Kommissionsvorschlägen ausarbeiten, um den BürgerInnen die Vorteile der politischen Maßnahmen der EU zu erklären. Die Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten werden gestärkt.

Die Inhalte

Dazu kommt, dass mit der neuen Kommission vom Vorjahr Margot Wallström als eigene Kommissarin für Kommunikation und institutionelle Beziehungen eingesetzt wurde. Frau Wallström bemüht sich auch z. B. um persönliche Information in Form eines Blogs.4)

All diese Maßnahmen sind durchaus professionell und überzeugend - solange es sich, wie bisher beschrieben, um Arbeitsmethoden handelt.

Während sich aber der neue Aktionsplan relativ einfach umsetzten lässt, so wird die so genannte »partnerschaftliche Zusammenarbeit« wohl eine härtere Nuss werden: Die nationalen Regierungen in ganz Europa, die hier besser kooperieren sollen, müssen im Gegensatz zur Kommission Wahlen gewinnen. Und daher werden sie Europa wahrscheinlich auch weiterhin für ihre Zwecke einsetzen, anstatt wie vorgesehen brav die »good news« der Kommission zu verbreiten.

Denn schließlich sind es die Inhalte, um die es geht, abgesehen von all dem Neusprech und Schönsprech der Kommission, der nun in eine bürgernähere Sprache übersetzt werden soll. Diese Inhalte bleiben einerseits hinter den Erwartungen vieler EuropäerInnen zurück, die sich von Europa mehr erwarten als nur einen großen gemeinsamen Markt und die ein immer stärkeres Sozialdumping befürchten (Stichwort: Bolkestein-Richtlinie).

Andererseits ist Europa eben nicht nur die Brüsseler Administration, sondern die Summe der Politik seiner Mitgliedstaaten - und hier versucht die österreichische Regierung, wie alle anderen Länder auch, unpopuläre Maßnahmen möglichst der EU in die Schuhe zu schieben: sei es beim immer noch ungelösten TransitStreit oder beim Universitätszugang, man versteckt sich hinter Brüssel, um sich selbst beim Wähler aus der Verantwortung zu stehlen.

Barbara Lavaud

1) Das neue Konzept der Kommission für die Kommunikation mit den europäischen Bürgern: Zuhören, Kommunizieren, Kontakte auf lokaler Ebene. IP/05/995
2) Ein von der Kommission veröffentlichtes Weißbuch enthält Vorschläge für ein gemeinschaftliches Vorgehen in einem bestimmten Bereich.
3) http://europa.eu.int/communication_com_de.pdf
4) http://europa.eu.int/comm/commission_barroso/wallstrom/index_de.htm

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