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Standpunkt | Ja zur Arbeitszeitverlängerung - für die Arbeitslosen

MEINUNGEN

Also das ist wirklich ganz ganz lieb von den Damen und Herren von der Unternehmerseite, den »UnternehmerInnen«, den Vertreterinnen und Vertretern des Kapitals und der Großindustrie. Wir dürfen’s uns nämlich immerhin aussuchen, in welcher Form unser Lohn gekürzt wird: Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Kürzung des Urlaubs, Abschaffung von Feiertagen. Eine weitere Möglichkeit wären ja noch die so genannten Lohnnebenkosten, sprich das Urlaubs- und Weihnachtsgeld bzw. die Arbeitgeberanteile zu Kranken- und Pensionsversicherung.

Es wird ja nur noch gejammert von den Damen und Herren Kapitalistinnen. »Wir müssen die Zukunft sichern und konkurrenzfähig bleiben.« Die Profite steigen und steigen, während die Löhne so knapp am Inflationsausgleich dahindümpeln. Schon seit Jahrzehnten bleibt die Reallohnerhöhung weit hinter dem Zuwachs der Arbeitsproduktivität zurück. Arbeitszeitverkürzungen wurden jeweils mit Verzicht auf mögliche Lohnerhöhungen erkauft. Aber es wird immer nur gejammert und gejammert, wie schlecht es der Wirtschaft geht. Und je weiter man nach Osten geht, desto billiger werden die Arbeitskräfte. Für den Gehalt eines Österreichers kriegt man 10 Chinesen - oder 20 oder 30 oder noch mehr. Also wird gejammert und gejammert.

Um eine drohende Abwanderung und Werksschließung zu verhindern, wurde in Deutschland in einigen Werken zwischen IG Metall und Unternehmern vereinbart, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich auf 40 Stunden zu verlängern und auf Weihnachts- und Urlaubsgeld zu verzichten.

Au fein, jubelt der neu gewählte Präsident der Industriellenvereinigung, der Papierindustrielle Veit Sorger. »Wir müssen tabulos diskutieren«, sagt er, »selbst wenn es darauf hinausläuft, die eine oder andere Stunde in der einen oder anderen Woche mehr zu arbeiten.«

Au fein, jubelt der Industrielle Martin Bartenstein, der ja Minister für Wirtschaft und Arbeit ist, und möchte die Arbeitszeit etwas lockerer handhaben. »Man braucht den Leuten nicht auf die Stunde genau vorschreiben, wie viel sie in der Woche arbeiten müssen.«

Für blöd gehalten

Vor allem braucht man, meine ich, die Leute nicht für blöd zu halten. Leicht erkennbar, dass es hier um Lohnkürzung oder die Nichtbezahlung von Überstunden geht. Und diese rhetorischen Übungen kommen diesen Leuten derartig leicht von den Lippen, weil sie sich denken: "Und wenn’s sonst nichts bringt, zumindest können wir bei der nächsten KV-Runde noch ein bisschen was abzwacken, wir kriegen das schon hin.

Die Herren von der Industrie und ihre Vereinigung sind ja etwas aufgefallen, weil aufgekommen ist, wie sie die »Homepage« von Finanzminister Karl Heinz Grasser kräftig »gesponsert« haben. Der Finanzminister wiederum ist mit diesen Geldern sehr locker umgegangen und hat auch verabsäumt, sie zu versteuern. Dies erwähne ich hier nur, um sozusagen die Aura zu umschreiben, welche diese Herren umgibt. Und was die besondere Ausstrahlung des Herrn Bartenstein betrifft: Jedenfalls glaubt keiner, der recht bei Trost ist, dass der Arbeitsminister aufseiten der Arbeitnehmer steht.

Was von den Redeübungen dieser Herren zu halten ist, hat Heiner Flassbeck sehr präzise auf den Punkt gebracht:

»Die Debatte um die Arbeitszeitverlängerung ist symptomatisch. Statt darüber zu diskutieren, wie die Unternehmen bewogen werden können, die Arbeitszeit der Arbeitslosen zu verlängern, wird allen Ernstes diskutiert, die Arbeitszeit der noch Beschäftigten zu verlängern, obwohl das nach Lage der Dinge die Arbeitslosigkeit erhöhen muss.«

Mit 215.494 Arbeitslosen Ende Mai hat Österreich einen neuen Höchststand erreicht. Darüber haben die Herren von der Industrie kein Wort verloren.

Alles klar? Dann sollten Sie noch wissen, was Walter Rotschädl, der Präsident der AK Steiermark, dazu sagt: »Wenn Wirtschaft und Industrie nicht mehr weiter wissen, ist das einzige fantasielose Rezept, den Beschäftigten weniger zu zahlen und sie länger arbeiten zu lassen. Die Menschen sind am Ende ihrer Leidens- und Leistungsfähigkeit angelangt. Die Beschäftigten leisten seit Jahren Mehrarbeit, freiwillige und meist unbezahlte. Voll abgegoltene Überstunden sind eher die Ausnahme als die Regel. Und die meisten Arbeitnehmer beschäftigten sich auch in ihrer Freizeit mit ihrer Arbeit.«.

Siegfried Sorz

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