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Standpunkt | Die Mucker und die Aufmucker

MEINUNGEN

Ein Bundespräsident, der als erste Amtshandlung soziale Einrichtungen besuchen will, der gibt ein Signal.

Eine unterlegene Präsidentschaftskandidatin, die mit den »linken Emanzen« hadert, weil die angeblich ihre Wahl verhindert haben, hat einen gewissen Unterhaltungswert. Wie diese Frau allerdings sagen kann, sie hätte noch nie in ihrem Leben gelogen, ist mir ein Rätsel. Offensichtlich fehlt mir eine spezielle Brille, um diesen starken Schein des Heiligen zu erkennen.

Schneewittchen

»Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Aufrichtigste im ganzen Land?«

»Frau Königin, das seid ihr. Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, ist allerdings eine, die ist noch viel aufrichtiger als ihr«, heißt es doch schon beim Schneewittchen. Oder so ähnlich jedenfalls.

»Alle Kreter lügen, sagte der Kreter Epimenides.« Dieses berühmte Paradoxon wird durch das so freimütige und offenherzige Geständnis von Frau Benita würdig und trefflich ergänzt. Wie dürsten wir doch alle nach der Wahrheit und wie haben wir doch alle diese tägliche Lügerei satt bis obenhin.

Speziell wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden ja täglich mit Lügen gefüttert wie die Stopfgänse. Alle meinen es so gut mit uns und wollen uns helfen bei den Pensionen und bei der Krankenversicherung, beim Kündigungsschutz und bei den Kollektivverträgen, bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei den Selbstbehalten im selben Fall. Alle wollen sie nur unser Bestes. Selbstbehalte bei den Arzneimitteln oder bei der Krankenhauspflege, Abschläge bei den Pensionen und Erhöhung von Gebühren - alles nur für uns und unser Wohl.

Was die lieben Leute nicht alles tun für uns. Bei der Krankenkasse bemühen sie sich wirklich und bald werden sie es schaffen, uns bei jedem Arztbesuch zwanzig Prozent Selbstbehalt aufzuhalsen. Ist das nicht eine Freude?

Übrigens, wissen Sie, liebe Leserin, warum unsere Wirtschaft nicht so wächst, wie sie sollte, warum der Aufschwung nur so »flach« verläuft?

Nein? Ich sag's Ihnen, denn ich hab's vor kurzem in einem Leitartikel in der altehrwürdigen gutbürgerlichen Zeitung »Die Presse« gelesen.

Da wären Sie sonst nie draufgekommen: Es ist der »absurde Kündigungsschutz«.

Es ist ja auch wirklich absurd, dass die armen Unternehmerinnen und Unternehmer die Leute nicht einfach auf die Straße stellen können. Da gibt es ganz lästige Kündigungsfristen und außerdem ist da immer noch eine Abfertigung zu zahlen. Ist doch wirklich absurd, nicht?

Billige und Willige

Wie die Kurve des Aufschwungs plötzlich steil ansteigen würde, wenn man jeweils eine teure Arbeitskraft durch eine oder zwei billigere ersetzen könnte. Bei einer Arbeitslosenrate von fast 8 Prozent gibt es ja genug billige und willige. Und wenn’s hart auf hart kommt, könnte man vielleicht auf eine »schwarze« Arbeitskraft zurückgreifen, nicht wahr? Solange die Strafen so gering und die Kontrollen so wenig sind, geht das ja wirklich sehr gut und profitabel.

Wir Lohnabhängigen kriegen es doch täglich eingebläut, was jetzt für uns gelten soll: Tief ducken und hoffen, dass es uns nicht trifft.

Oder gleich ein Kerzerl bei Sankt Florian: »Beschütz mein Haus, zünd' das vom Nachbarn an!«

Duckmäuserei und Muckertum

Was, aufmucken wollen Sie und die Leute über ihre Rechte aufklären? Etwa gar einen Betriebsrat gründen? Mitbestimmung? Einspruch erheben bei Kündigungen oder Entlassungen? Die Lohnabrechnung überprüfen und die Anwendung des Kollektivvertrages? Über die Einhaltung von Pausen und von Schutzbestimmungen wollen sie reden?

Aufbegehren wollen Sie, vielleicht noch gemeinsam mit anderen, kollektiv?

Ja, daran erkenne ich unsere Leserinnen. Die lassen sich nicht unterkriegen, halten nichts von Duckmäuserei und Muckertum. Die wissen auch, warum sie wählen gehen. Warum es wichtig ist. Warum es nicht den Anderen überlassen werden sollte. Die geben nicht auf - trotz allem. Die schicken auch noch die hin, die Zweifel haben.

Einer von uns sagt immer: »Wer nicht Politik machen will, mit dem wird Politik gemacht.« So ist es.

Deswegen: Wählen gehen! Mitreden! Aufmucken! Und Spaß dran haben ...

Siegfried Sorz

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