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Standpunkt | Achtung, Überfall

MEINUNGEN

Ach wie gut hatten es die alten Rittersleut, speziell jene, die als Raubritter oder Schnapphähne in die Geschichte eingegangen sind. Kaum war man knapp bei Kasse, schnell ein paar Straßensperren und Hinterhalte gelegt, kurzweilige Überfälle, und schon waren Kisten und Truhen mit Schätzen gefüllt. (Übrigens Grundlagen für Vermögen, die teilweise bis heute Bestand haben.)

Heutzutage ist das nicht mehr ganz so leicht. Überfälle kommen zwar noch vor - vor allem auf Banken, Sparkassen oder Juweliere - aber im Allgemeinen gibt’s im Gegensatz zum Mittelalter Exekutive und Legislative, die sich auch durchsetzen können und Recht und Gesetz zum Durchbruch verhelfen.

Eine in neuerer Zeit aufgekommene Variante obigen Vorgehens ist es, bestimmten Gruppen der Bevölkerung überfallsartig etwas wegzunehmen, während andere Gruppen mit Geschenken überhäuft werden.

Die Pensionsreform war jedenfalls ziemlich überfallsartig, und was uns dazu erzählt wurde, war auch, gelinde gesagt, nicht ganz einwandfrei.

Man könnte die Frage allerdings auch stärker formulieren: Lügt Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, oder hat er nur die Unwahrheit verbreitet?

Wenn die Arbeiterkammer aufzeigt, wie es bei den Pensionen wirklich aussieht, so kommt ihm das jedenfalls alles andere als gelegen. Und wenn einem ein Argument nicht gelegen kommt, kann man immer noch in der alten Trickkiste wühlen und zum Beispiel mit einem Argument zur Person anstatt zur Sache argumentieren. Das empfiehlt ja schon Arthur Schopenhauer in seiner »Eristischen Dialektik«, der Kunstgriff ist aber klassisch und war schon bei den Sophisten beliebt.

Ein ehrenwerter Mann

Es ist aber auch zu peinlich: da hat der Herr Bundeskanzler, guten Glaubens, das wollen wir ihm einmal zubilligen, denn er ist doch ein ehrenwerter Mann, einen Text unterschrieben. Da steht in einer Broschüre der Bundesregierung zur Pensionsreform (ein Teil daraus ist auf Seite 38 dieses Heftes im Faksimile abgebildet): »Die Übergangszeiten sind langfristig, damit sich alle auch auf die Änderung einstellen können. Außerdem haben wir für Bezieher von kleinen Pensionen und für Frauen mit Kindern besondere Maßnahmen getroffen, die in Zukunft Nachteile ausgleichen werden.«

Weiter unten heißt es dann noch: »Die maximal möglichen Verluste durch alle Maßnahmen werden auf 10% begrenzt. In den ersten Jahren liegen sie bei ca. 3% (Frauen) bzw. bei 5% (Männer). Diese möglichen Verluste kann man durch eine eigene private Zusatzpension ausgleichen, die vom Staat gefördert wird. Zusätzlich gibt es auch noch die betriebliche Mitarbeitervorsorge.«

Darunter steht ein Schriftzug: Dr. Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler (und daneben noch ein gewisser Mag. Herbert Haupt).

Der gute Mann ist sicherlich falsch informiert worden. Er hat wirklich geglaubt, dass die Verluste der Pensionisten wirklich nicht höher als drei bis fünf Prozent sind.

Was macht er jetzt, wo sich das herausstellt. Sagt er vielleicht: »Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger, es tut mir sehr leid, wir haben uns geirrt. Wir werden aber alles daransetzen, um das auszubessern und unsere Versprechung einzuhalten.«

Panikmache

Nein, der gute Mann macht das anders. Er sagt: »Stimmt alles nicht, die Berechnungen dar Arbeiterkammer sind falsch! Das ist eine Lügenkampagne, das ist Panikmache …«

Natürlich, auch eine Möglichkeit. Dazu haben wir jetzt einen Originalbescheid der Pensionsversicherungsanstalt abgebildet. Lügt die jetzt auch noch, Herr Bundeskanzler? Aber das sind doch diejenigen, die die Pensionen ausrechnen und zuweisen.

W. Schüssel hat als Regierungschef die Letztverantwortung - er kann sie nicht jetzt auf andere abschieben oder behaupten, das seien nur Einzelfälle.
Es handle sich aber eben nicht um Einzelfälle, sondern um tausende betroffene Menschen, sagte AK Präsident Herbert Tumpel in einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem ÖGB.

Fritz Verzetnitsch forderte einmal mehr die Rücknahme der Reform von 2003 und die Umsetzung des ÖGB-Stichtagsmodells für die Pensionsharmonisierung.
Was letzen Endes weiter geschieht, können auch wir mitentscheiden: als Wähler.

Siegfried Sorz

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