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Unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

MEINUNGEN

Arbeit & Wirtschaft - Interview | Siegfried Sorz spricht mit Karl Klein

Arbeit&Wirtschaft: Kollege Klein, du bist der neue Vorsitzende der Fraktion Christlicher Gewerkschafter im ÖGB und nach wie vor auch der zuständige Sekretär für Kollektivverträge. Diese scheinen mir der Kern der Gewerkschaftsarbeit zu sein. Aber ist das noch eine dankbare Aufgabe?
Karl Klein: Es ist uns in der letzten Zeit gelungen, für die Kolleginnen und Kollegen nicht nur den Teuerungsausgleich zu erreichen. Es ist auch gelungen, eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik durchzubringen, also den Produktivitätsfortschritt in Löhne und Gehälter umzusetzen. Was die an Lohnerhöhung bringt frisst die Steuer aber wieder weg. Daher haben wir leider eine sinkende Nettolohnquote.

Das heißt, die Leute verdienen immer weniger.
Klein: Sie müssten aufgrund ihrer Leistung mehr im Geldbörsel haben.

Du bist für eine baldige Lohnsteuerreform?
Klein: Ja, ich bin für eine baldige Lohnsteuerreform, die vor allem jene entlastet, die die Leistungsträger des Staates sind. Und das sind vor allem die Arbeiter und Angestellten im mittleren Bereich, die für alles und jedes mit großer Regelmäßigkeit den Kopf herhalten müssen.

Die Belastungen sind ja jetzt alles andere als ausgewogen. Die Reichen werden noch reicher, die unteren Einkommen verlieren immer mehr. Das ist es doch nicht, was man sich unter sozialer Gerechtigkeit vorstellt?
Klein: Ich würde es etwas anders formulieren. Es gibt keine Steuergerechtigkeit. Die Arbeiter und Angestellten müssen ihre Lohnsteuer Monat für Monat abliefern. Es gibt aber in Österreich mehr und mehr Steuerzahler, das sind vor allem die großen Unternehmungen, die darauf verzichten, die Steuer abzuführen, die sie abzuführen hätten. Denn wie sonst könnte es sein, dass so viel Umsatzsteuer nicht abgeführt wird, obwohl sie vom Konsumenten längst bezahlt worden ist?

Du meinst die Steuerschulden?
Klein: Ich spreche vor allem von den Steuerschulden. Es kann nicht sein, dass die Arbeitnehmer streng zur Kassa gebeten werden und andere Steuergestaltungsmöglichkeiten haben. Dass der Staat geradezu darauf verzichtet, Steuern einzufordern, die er einzufordern hätte.

Ich würde auch ganz gerne eine Stiftung gründen. Aber mit meinem Kapital geht das nicht.
Klein: Genau.

Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter ist ein wesentlicher Teil des ÖGB. Wenn sie nicht wäre, wäre der ÖGB nicht überparteilich. Wie siehst du die Vorgänge beim ÖGB-Kongress?
Klein: Die Vorgänge beim Kongress waren nicht geeignet, die Gemeinsamkeit von FSG und FCG besonders zu unterstreichen. Aber genau diese Gemeinsamkeit wird in nächster Zeit gefordert sein. Ich glaube, dass die Gewerkschaften zur Zeit wichtiger sind als noch vor zwanzig Jahren. Die Fragen der sozialen Gerechtigkeit, der Gehalts- und Lohngerechtigkeit haben eine völlig andere Bedeutung bekommen. Es wird immer deutlicher, dass es ohne kollektive Rechtsgestaltung in keiner Wirtschaft geht. Und kollektive Rechtsgestaltung findet in den Kollektivverträgen und in den Betriebsvereinbarungen statt. Keine Wirtschaft funktioniert, wenn es nicht sichere, regelmäßige Arbeitsbedingungen gibt. Daher können sich Fraktionen im Rahmen des ÖGB keine Gegnerschaft leisten, sondern müssen an einem Strang ziehen.

Wenn ich nach Deutschland schaue, sehe ich: Dort passiert dasselbe.
Klein: Das ist so typisch für die europäische Entwicklung. Die Parteien sind fast austauschbar geworden. Die Orientierung an den Grundsätzen der politischen Parteien ist verloren gegangen. Das gilt für sozialdemokratische Parteien genauso wie für christlich-soziale Parteien. Sogenannte Sachzwänge stehen im Vordergrund. Und nicht mehr Orientierungen am Menschen. Da ist es mir dann schon egal, wie das Menschenbild in den jeweiligen Parteien ist. Hauptsache ist die Orientierung am Menschen. Wenn die verloren geht, wenn nur mehr so genannte Sachzwänge oder ökonomische Ziele im Vordergrund stehen, funktioniert es nicht.

Unsere Gesellschaft ist materiell am Profit orientiert, alles ist darauf ausgerichtet. Sollten wir uns vielleicht wieder genauer die katholische Soziallehre anschauen?
Klein: Ja, das sollten wir alle und das sollte auch der ÖGB. Die christliche Soziallehre hat noch nie in die Irre geführt. Der Marxismus sehr wohl. Und der Neoliberalismus auch. Der hat auch schon in die Irre geführt.

Einen Einwand aus der Zeitgeschichte: Wenn man sich so ansieht, was einst unter Ignaz Seipel und später im christlichen Ständestaat geschah …
Klein: Ich bin mir nicht sicher, ob die Herrschaften damals die christliche Soziallehre gekannt und gelebt haben. Wenn ich allerdings die päpstlichen Enzykliken und das Naturrecht hernehme, alle Grundlagen der christlichen Soziallehre, hätte das, was da früher einmal passiert ist, so nicht passieren dürfen. Wie es überhaupt das Problem der Christlichsozialen ist, dass man ihnen oft zu Recht nachsagt: »Sie stellen den Menschen in den Mittelpunkt, und dort lassen sie ihn auch ganz allein stehen.« Orientierung am Menschen heißt immer, der Mensch muss als Ganzes gesehen werden, als Subjekt des Wirtschaftsgeschehens. Dann liegt man richtig. Der Marxismus hat in seiner extremen Ausformung zum »real existierenden Sozialismus« in den Ostblockstaaten geführt. Ein Weg in die Irre. Genau dasselbe ist mit dem extremen Formen des Liberalismus passiert. Und auch des Neoliberalismus. Ein Weg in die Irre.

In Südamerika werden Priester und Bischöfe am laufenden Band umgebracht, weil sie für die Menschenrechte eintreten.
Klein: Die Kirchen, nicht nur die katholische, sondern auch die evangelische Kirche, haben eine Fülle von Märtyrern, die für die Überzeugung, dass der Mensch im Mittelpunkt zu stehen hat und die Orientierung am Menschen die einzig richtige Orientierung ist, gestorben sind. Und die Tatsache, dass die Kirchen in Lateinamerika sich besonders für die Armen einsetzen, ist aus dem dortigen Verständnis der politischen Situation ganz klar abzuleiten. Sie können gar nicht anders. Sie müssen sich für die Armen einsetzen.

Realpolitik sowie Grundsätze und Prinzipien sollten doch im Einklang sein. Was ist dazu zu sagen?
Klein: Die aktuelle Umsetzung von Grundsätzen ist ja ganz wesentlich. Daran wird die Qualität eines Weges und einer Idee gemessen. Ob sie in der Lage ist, ihre Ideen und Visionen realpolitisch umzusetzen. Genau um diese Dinge geht es im Augenblick. Egal, ob man die Gesundheitsreform heranzieht, die Harmonisierungsbestrebungen zur Pensionsreform, oder ob man auch die Zukunft der Löhne und Gehälter, die Zukunft der Sozialversicherung ins Auge fasst. Überall geht es vor allem darum, ob man das Problem unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit angeht oder ob andere Ziele wichtiger sind. Ich glaube, dass es Aufgabe der Gewerkschaften ist, vor allem Gerechtigkeit einzufordern, und zwar auf allen Ebenen. Gerechtigkeit ist immer soziale Gerechtigkeit.

Das ist erfrischend zu hören, weil man oft den Eindruck hat es gehe eigentlich nur um Macht.
Klein: Den Eindruck habe ich auch. Es geht manchmal nur um Macht oder um egoistische Ziele. Ich bin kein Illusionist, natürlich ist alles und jedes auch eine Machtfrage. Aber die grundsätzliche Orientierung einer Maßnahme kann nicht sein, dass sie nur zur höheren Ehre einer Person oder einer Institution dient. Jede Grundorientierung muss schlussendlich am Gemeinwohl orientiert sein.

Werden wir noch konkreter. Wie schaut das mit der Harmonisierung der Pensionen, dem neuesten Schritt der Pensionsreform, aus?
Klein: Was heißt Harmonisierung wirklich? Harmonisierung heißt, dass wir in Zukunft nicht gleiche, sondern gleichwertige Systeme in der Pensionsversorgung haben. Wir müssen vorher alle Defizite ausgleichen, die in den Pensionssystemen bestehen. Es fehlt uns also eine zweite Finanzierungssäule für die Bauernpensionen. Es fehlt uns eine zweite Finanzierungssäule für die Gewerbepensionen und es fehlt eine geeignete Finanzierungsmaßnahme für die Altersversorgung der Beamten. Wobei ich im Gegensatz zu den meisten Diskutanten glaube, dass ein Beamter den Staat in der Lebenskostensumme billiger kommt als ein Angestellter.

Der Staat ist in diesem Fall der Arbeitgeber. Der müsste in diesem Fall ja auch einzahlen.
Klein: Das ist das Problem. Wenn der Staat tatsächlich alle die Beiträge in Versicherungssysteme einzahlen müsste, die ein normaler Arbeitgeber einzahlen muss, könnte er sein Budget gleich an der Versicherung abgeben und müsste gar nicht mehr budgetieren.

Das heißt, der Staat erspart sich eigentlich sehr viel bei den Beamten?
Klein: Auf die Lebenskostensumme durchgerechnet, ist ein Beamter für den Staat die günstigere Lösung als ein Angestellter.

Trotzdem gibt es in den öffentlichen Bereichen immer mehr Vertragsbedienstete.
Klein: Was ich nicht verstehe. Der Staat verzichtet auf Versicherungen, wo immer er kann, weil er nicht Geld binden möchte, das dann andere veranlagen. So macht er es zum Beispiel mit seinen Fahrzeugen. Der Staat hat tausende Fahrzeuge. Die lässt er nicht haftpflichtversichern, sondern zahlt lieber die Schäden, denn für die Versicherungsprämie müsste er viel zu hohe Budgetmittel binden. Genauso macht er es bei seinen Beamten. Er zahlt nur jene Kosten, die tatsächlich anfallen, und flieht alle Versicherungssysteme. Das ist eine gute Lösung. Jede andere würde viel zu hohe Budgetmittel binden.

War das nicht ursprünglich überhaupt vorgesehen in unserem Umlagesystem? Das der Staat zu einem Drittel abdeckt. Ob Beamte oder nicht.
Klein: Es war überhaupt vorgesehen, dass der Staat deswegen so kostengünstig in den Personalkosten agieren kann, weil er alle Beamten in der so genannten Selbstträgerschaft aus dem Budget finanziert. Mittlerweile haben einige Unternehmensberater den Staat so weit gebracht, dass er von diesem Prinzip abgeht. Zum Schaden der Gemeinschaft.

Offensichtlich ist das der Trend, der allgemein vorherrscht. Die Versicherungen wollen von diesem Umsatzkuchen, von der sozialen Sicherheit den Großteil für sich haben.
Klein: Das ist wahrscheinlich auch ein Grund. Man redet den Politikern ein, sie sollen von den teuren Beamten zu billigeren Angestelltenverträgen kommen. Das ist aber ein großer Trugschluss. Angestellte und Arbeiter, die Versicherungssysteme für ihre Dienstverhältnisse brauchen, sind im Grunde teurer als Beamte. Das ist leicht nachrechenbar und die Verantwortlichen im Finanzministerium wissen das auch.

Wie ist es mit dem Rest der Lohnabhängigen?
Klein: Da wird es notwendig sein, dass Staat und Gesellschaft sich wieder Systeme einfallen lassen, die es ja schon gegeben hat, die gerechte Finanzierungsmöglichkeiten schaffen. Wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass drei Prozent oder vier Prozent der Bevölkerung, wie die Bauern, ihr Pensionsversicherungssystem nicht allein werden finanzieren können und unsere Solidarität brauchen. Aber sie müssen wenigstens so viel ins System einzahlen wie die Arbeiter und Angestellten. Dann können sie auf Solidarität hoffen. Das selbe gilt für die Gewerbetreibenden. Man hätte die Gewerbesteuer nicht abschaffen sollen. Denn die Gewerbesteuer wurde vor hundert Jahren eingeführt, um die Pensionen der Gewerbetreibenden zu finanzieren. Warum man ausgerechnet die Gewerbesteuer abgeschafft hat versteht niemand. Ich auch nicht.

Manche sehen schon Modelle mit Grundpension, Rest am freien Markt. Der freie Markt scheint mir aber katastrophenträchtig zu sein, ist er nicht sehr unverlässlich?
Klein: Ich glaube das auch. Pensionssicherheit wird nur dann gegeben sein, wenn wir ein Pensionssystem finden, das vor allem großflächig staatlich gestützt und gesichert ist. Private Pensionsvorsorgesysteme sind nur für jenen Bereich brauchbar, der über die grundsätzliche Pensionssicherung hinausgeht. Wenn jemand mehr haben will als durch das Pensionssystem gedeckt, muss er persönlich vorsorgen, wenn er so viel Geld zur Verfügung hat, dass er es sich leisten kann.

So war es sowieso schon immer?
Klein: Man geht immer mehr davon ab. Man stellt die Eigenvorsorge als Wert an sich in den Vordergrund. Sagt aber nicht, von welchem Geld sich der betroffene Arbeiter und Angestellte die Eigenvorsorge leisten soll.

Ist sie nicht nur für die Besserverdienenden?
Klein: Sie ist nur für die Besserverdienenden. Und es ist klar, dass kein Staat, kein Gemeinwohl sich eine adäquate Versorgungsleistung in der Pension für Gutverdienende leisten kann. Sondern all jene, die einen steilen Einkommensverlauf haben und in hohe Funktionen aufsteigen, müssen von Anfang an wissen, dass sie diesen Aufstieg nicht dem Pensionssystem anlasten können. Sie müssten ab einer bestimmten Einkommensgröße tatsächlich Eigenvorsorge betreiben. Doch selbst dann, wenn Eigenvorsorge angesagt ist, muss man sich überlegen: Welche Systeme der Eigenvorsorge bietet man an, die sicher sind? Es kann ja nicht Pension nach Kassenlage die Zukunft sein. Wenn die Pensionskassen Geld haben, dann gibt’s eine Pension, und wenn sie kein Geld haben, gibt’s nichts? Das ist keine adäquate Versorgung. Man muss nur nach Amerika schauen. Dort gibt es solche Situationen. Die wären katastrophal und für uns, nach unserem europäischen Verständnis von sozialer Sicherheit, nicht tragbar.

Zu den Pensionisten selber. Sind die ja nicht die Ärmsten? Ihnen gibt man ja nicht einmal den Inflationsausgleich.
Klein: Die Pensionisten sind für mich nicht aus der Welt, sondern in Wirklichkeit so zu behandeln, wie Kolleginnen und Kollegen, die wir ja auch als Gewerkschafter zu vertreten haben. Wie die in Erwerb stehenden Kolleginnen und Kollegen. Das heißt praktisch gesehen Nettoanpassungen der Pensionen. Wenn sich die Nettolohnquote nach oben entwickelt, muss es auch bei den Pensionen eine Aufwärtsentwicklung geben. Geht allerdings die Nettolohnquote nach unten, kann es keine Sonderregelungen für Pensionisten geben. Die Entwicklung der Pensionen muss sich an die Möglichkeiten der gesamten Reallohnentwicklung in Österreich halten.

Ist das jetzt der Fall?
Klein: Derzeit ist es nicht der Fall.

Wie steht es um die Zukunft der Sozialversicherung und des Gesundheitssystems?
Klein: Im Gesundheitssystem müssen wir drei wesentliche Fragen für die Menschen lösen. Erstens: Schnellere Diagnosefindung durch die Ärzte. Es kann nicht sein, dass mancher monatelang auf eine Diagnose warten muss und die Menschen in Angst und Schrecken leben bis sie endlich wissen, ob sie krank sind oder nicht. Das hängt mit der Ausbildung der niedergelassenen Ärzte zusammen, einer größeren Kompetenz und vielen mehr. Zweiter Punkt: Es wird unbedingt notwendig sein, das Gesundheitswesen so zu gestalten, dass wir es uns leisten können. Und da muss man wirklich die Spitalsstruktur in Österreich durchleuchten und so gestalten, dass sie vom Einzugsgebiet her jene Leistungen anbietet, die dort gefragt sind. Wir haben zu viele unkoordinierte Spitäler in Österreich, die die gleichen Leistungen anbieten.

Das haben wir schon oft in »Arbeit&Wirtschaft« geschrieben. Lokale Interessen stehen im Vordergrund, es geht aber um ein Gesamtkonzept.
Klein: Es geht um ein Gesamtkonzept. Das ist das wesentliche. Und der dritte Punkt ist: Die Finanzierung des Systems wird wahrscheinlich auch in Zukunft immer teurer werden, weil nicht nur die Medizintechnik immer mehr kann, sondern auch mehr Heilungschancen durch eine erneuerte Heilbehandlung angeboten werden. Wir müssen unseren Kolleginnen und Kollegen auch sagen, dass die Gesundheit in Zukunft mehr kosten wird. Ich bin daher kein Gegner einer Beitragserhöhung, wenn vorher alle Infrastrukturlösungen, die Einsparungen bringen können, erledigt sind.

Und die Sozialversicherung?
Klein: Ich halte die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung für einen ganz wesentlichen Wert an sich, der aus der christlichen Soziallehre stammt. Ich bin ein eifriger Verteidiger der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, weil sie die einzige Lösung ist, die nicht nur Gerechtigkeit schafft, sondern das Recht der Betroffenen, jene Dinge mitzubestimmen, die sie unmittelbar betreffen, in optimaler Form sichert.

Ist man nicht dabei, sie zu zerstören, trotz des Erkenntnises des Verfassungsgerichtshofs?
Klein: Dagegen würde ich heftig auftreten.

Wie wird es mit den Kollektivverträgen und dem Referat, das du im ÖGB leitest, weitergehen?
Klein: Die Kollektivvertragspolitik muss sich an der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung und am Produktivitätsfortschritt orientieren. Nur so wird sichergestellt, dass die Kaufkraft in Österreich so hoch ist, dass auch langfristige Konsumgüter regelmäßig gekauft werden können. Das ist die beste Sicherung der Inlandsnachfrage. Ein Konjunkturaufschwung, der dadurch entsteht, nützt der gesamten Wirtschaft. Die Kollektivverträge werden aber auch inhaltlich und rechtspolitisch wichtiger, weil sie Stabilität der Arbeitsbedingungen schaffen. Denken wir doch nur an den neuesten Kollektivvertrag für die sozialen Dienste, der der viertgrößte Kollektivvertrag in Österreich sein wird und eine immer größer werdende Berufsgruppe stabilisiert. Dieser extrem schwierige Kollektivvertrag bietet allen Betroffenen optimale Sicherheit. Das wäre mit einem Gesetz nicht erreichbar gewesen.

Aus Regierungskreisen kommt die Vorstellung, Kollektivverträge betriebsweise abzuschließen.
Klein: Diese Idee der Verbetrieblichung der Kollektivverträge ist sehr kurzsichtig. Denn sie geht weg von der Gemeinwohlorientierung und Branchenorientierung und erzeugt lediglich Betriebsegoismus. Was das bringen soll, weiß ich nicht. Weder für die Arbeitnehmer noch für die Unternehmungen etwas Gutes.

Überlegungen zeigen sehr deutlich, dass es für christliche Gewerkschafter nicht ausreicht, ein persönlich moralisches Leben zu führen. Sondern es muss unsere Aufgabe sein, soziale Gerechtigkeit wo immer wir tätig sind umzusetzen und zu verwirklichen. Denn nur soziale Gerechtigkeit ist die Basis für eine funktionierende Wirtschaft, für soziale Sicherheit und für menschenwürdiges Leben.

A&W: Wir danken für das Gespräch.

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