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Kommentar | Investitionen anstatt Steuergeschenke an Unternehmer

MEINUNGEN

Mit niedrigerer Körperschaftsteuer den Standort Österreich sichern? Kooperation statt Konkurrenz um die niedrigsten Steuersätze.

Den im Juni von den Regierungsparteien beschlossenen massiven Sparmaßnahmen sollten im Jahr 2005 Entlastungen durch eine »große« Steuerreform folgen. Die weiterhin flaue Konjunktur gab in den letzten Wochen Anlass für eine Diskussion über ein mögliches Vorziehen der Reform zur Belebung der Konjunktur. Insbesondere die Oppositionsparteien und Teile der FPÖ sprachen sich dafür aus. Die ÖVP hingegen bleibt bei einem klaren Nein. Sie feilt indes an den Plänen für den großen Wurf. Erste Vorstellungen sind in den letzten Tagen angekündigt worden. Unter anderem soll der Körperschaftsteuersatz von derzeit 34% auf 31% - im ÖVP-Programm ist von 30% die Rede - gesenkt werden. Helmut Frisch, der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, und andere haben jüngst sogar eine Senkung auf 25% gefordert.

Österreich am letzten Platz

Die Senkung des Körperschaftsteuertarifs auf 31% brächte den Kapitalgesellschaften eine Steuerentlastung von rund 400 Millionen Euro. Angesichts der ohnehin niedrigen Gewinnsteuerbelastung in Österreich im Vergleich der OECD-Staaten ist das ganz ordentlich: Gemessen am Gesamtsteueraufkommen, das die Unternehmen abliefern, liegt Österreich in den Statistiken der OECD am letzten Platz und gemessen am BIP an drittletzter Stelle.

Äpfel und Birnen

Zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und damit der Arbeitsplätze seien die Körperschaftsteuersätze in Österreich zu hoch, heißt es. In den Begründungen scheut man sich nicht, die Steuersätze Österreichs mit jenen der Beitrittsländer wie Tschechien oder der Slowakei zu vergleichen - wohl wissend, dass die nominalen Steuertarife nur eine Seite der Medaille sind und die Standortqualität durch verschiedene andere Faktoren mindestens so stark geprägt wird wie von der Körperschaftsteuer.

Der Tarif der Körperschaftsteuer in Österreich ist zwar höher als jener der benachbarten Beitrittsländer und als im EU-Durchschnitt (31,7%). Unter Einrechnung der Unternehmenssteuern der Länder und Gemeinden liegt er jedoch unter dem EU-Durchschnitt (35%).

Zudem deuten niedrige Tarife nicht notwendigerweise auf eine niedrige Steuerbelastung hin. Die Effektivbesteuerung der Unternehmen ist die andere, wohl entscheidende Seite der Medaille. Die Steuerbemessungsgrundlage hat nämlich neben dem Tarif bedeutenden Einfluss auf die tatsächliche Steuerbelastung. Diesbezüglich kommt eine Studie der Europäischen Kommission von G. Nicodème aus dem Jahr 2001 zu dem Ergebnis, dass Österreich und Schweden eindeutig zu jenen Staaten gehören, in denen die steuerliche Belastung der Unternehmen sehr niedrig ist.

Hoch besteuert werden sie hingegen in Deutschland, Italien, Dänemark und den Niederlanden. Auch in Japan und in den USA ist die Belastung wesentlich höher.

Wachstum und Entwicklung hängen nicht vom Körperschaftsteuersatz ab

Internationale Untersuchungen über die Bestimmungsgrößen des Wirtschaftswachstums zeigen, dass das Wachstumstempo eines Landes von Investitionen, Forschung und Ausbildung abhängt. Forschung, Humankapital und die Nutzung neuer Technologien nehmen für hochentwickelte Wirtschaften einen zunehmend höheren Stellenwert ein. Nur selten basieren Investitionsentscheidungen auf kurzfristigen Gewinnmaximierungskalkülen, sie werden vielmehr von Marktchancen, Technologien und Innovationen bestimmt. Der Einfluss der Besteuerung auf die Investitionstätigkeit lässt sich nicht immer nachweisen und ist - wenn gesichert - eher gering, weil Steuern nur einen Teil der Kostenfaktoren darstellen. Bedeutsam sind Faktoren wie Existenz und Qualität der Infrastruktur, Angebot an qualifizierten Arbeitskräften, Umweltstandards, Transportkosten, räumliche Zugangsmöglichkeiten zu den Märkten, Lohnniveau, soziale Sicherungssysteme etc.

Standortsicherung durch Humankapital und Infrastruktur

Anstelle einer Senkung der Körperschaftsteuer, die auch bei Ländern und Städten zu spürbaren Steuerausfällen führen würde, sollten die 400 Millionen Euro für ein gezieltes, zwischen Bund, den Ländern und Gemeinden abgestimmtes Dreijahresprogramm zur Verbesserung der Standortqualität eingesetzt werden.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Ein solches Programm soll der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Forschung, Ökologie, öffentliche Infrastruktur und Kultur gelten.

Zu nennen wären:

  • eine spezifische Forschungsinitiative (Umwelttechnologien, Ausbau des Austausches von Forschern in Mittel- und Osteuropa mit österreichischen Universitäten und sonstigen Forschungsstellen, Ausweiten der erfolgreichen Fachhochschul-Studiengänge durch Öffnen zu den Nachbarländern);
  • eine Ausbildungsinitiative für die Sprachen unserer östlichen Nachbarländer und von Jugendaustauschprogrammen mit diesen Staaten;
  • Mittel für spezifische infrastrukturelle und immaterielle Standortverbesserungen durch die Kernstädte der Grenzregionen wie Linz, Graz, St. Pölten, Eisenstadt, Klagenfurt sowie für die zentralen Orte im ländlichen Raum;
  • Mittel für den sozialen Fortschritt und zur Sicherung der Lebensqualität in den Grenzregionen.

Soziales Klima und Bedingungen der Nachbarschaft ergeben Standortqualität

Nicht nur die wirtschaftlichen und bildungsmäßigen Rahmenbedingungen sind es, die zu einer hohen Wettbewerbsfähigkeit einer Region beitragen, auch auf die sozialen Bedingungen kommt es an. Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie der Universität Pennsylvania, einer Art »Welt-Sozial-Report«, gehört Österreich zu jenen Ländern, in denen es sich besonders gut leben lässt: Armut und Kriminalität sind niedrig und es existiert ein funktionierendes Gesundheits,- Bildungs- und Sozialsystem. Unter den 163 untersuchten Ländern liegt Österreich nach Deutschland an hervorragender siebenter Stelle. Die vorderen Ränge belegen die skandinavischen Länder Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland. Die USA folgen erst an 27. Stelle.

Den Bürgern dienen

Anstelle des Sozialabbaues und der Einsparungen, die die Bundesregierung für innere Sicherheit, die Bekämpfung der Kriminalität, den Asyl Suchenden und Arbeitslosen vornimmt, sollte sie einen Teil der Mittel der geplanten Körperschaftsteuersenkung in die soziale Sicherheit sowie in die Europaregion Wien-Brno, Bratislava, Trnava, Györ, Sopron, Eisenstadt und St. Pölten investieren.

Für diesen Ballungsraum mit rund fünf Millionen Einwohnern könnte eine beispielgebende Integration von Wirtschaftsdynamik und sozialer Sicherheit eingeleitet werden.

Damit wäre der Wirtschaft und den BürgerInnen mehr gedient als mit Steuergeschenken an die Unternehmer.

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(C) AK und ÖGB

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