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GATS gefährdet uns alle

HINTERGRUND

Gesundheit, Verkehr und Bildung sollen den Profitinteressen ausgeliefert werden: Bei der fünften Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO im mexikanischen Cancun treten die GATS-Verhandlungen in die entscheidende Phase.

Bis 1. Jänner 2005 soll eine weitgehende Liberalisierung und Privatisierung von Dienstleistungen erreicht werden. Regierungen und Industrievertreter begrüßen eine schnelle Liberalisierung. Dagegen formiert sich eine immer breitere Front von Kritikern im Rahmen der STOPP GATS-Kampagne. Sie zeigt die Gefahren und Nachteile für Arbeitnehmer, Konsumenten, Bevölkerung und Entwicklungsländer auf. Federführend dabei sind die Gewerkschaften (siehe Kasten: »Forderungen des ÖGB«).

Forderungen des ÖGB

Der ÖGB fordert den sofortigen Stopp der laufenden GATS-Verhandlungen und die Evaluierung der Auswirkungen der bisher im Rahmen der WTO erfolgten Liberalisierungsschritte. Außerdem muss im Rahmen der WTO sicher gestellt werden, dass mit elementaren öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitswesen, Wasser, kommunalen Dienstleistungen, öffentlichem Wohnbau oder Verkehr auch in Zukunft kein Handel getrieben wird. Von Wirtschaftsminister Bartenstein verlangt der ÖGB die umgehende Veröffentlichung der Liberalisierungsabsichten der österreichischen Bundesregierung und der EU sowie die Veröffentlichung der Liberalisierungsforderungen anderer WTO-Staaten an die EU bzw. an Österreich. Zudem verlangt der ÖGB, dass der Wirtschaftsminister nicht ohne Auftrag des österreichischen Nationalrates verhandeln darf.

Gerade in den letzten Wochen und Monaten sind die österreichischen Medien voll mit Berichten über Zerschlagungs- und Verkaufsabsichten im Bereich von öffentlichen Dienstleistungen. Auch wird dauernd darüber gejammert, dass ein öffentliches Bildungs- und Gesundheitssystem, eine soziale Kranken- und Pensionssicherung staatlich nicht mehr leistbar seien.

»Die WTO ist die völkerrechtlich verbindliche Grundlage für den internationalen Handel.«

Dahinter steht die von der EU und der Welthandelorganisation WTO vorangetriebene Deregulierung und Privatisierung aller Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche.

Schlagworte

Exekutiert wird dies von einer Regierung, die ihr programmatisches Privatisierungsdogma ideologisch bestätigt sieht, wobei sich ein Stil breit macht, der milde gesagt an Klüngel- und Vetternwirtschaft erinnert. Schlagworte wie »weniger Staat, mehr privat« oder »der Staat hat kein Geld«, die Behauptung, er biete Leistungen zu teuer, langsam und in zu schlechter Qualität an, weil die in diesen Sektoren Beschäftigten »Privilegien« hätten, werden breitgetreten.

So wird eine Neidgesellschaft erzeugt und der Blick auf die wesentlichen Vorgänge dahinter, auf die Auswirkungen der geplanten weitgehenden Liberalisierungen, insbesondere von öffentlichen Diensten, verstellt.

Die 1995 gegründete WTO ist die völkerrechtlich verbindliche Grundlage für den internationalen Handel mit Waren, Dienstleistungen und Patentrechten. Sie hat 146 Mitglieder und hat es sich zum Ziel gesetzt, den Handel in allen Bereichen weltweit zu liberalisieren, sozusagen einen »Weltbinnenmarkt« zu schaffen. Verbindliche Sozial- und Umweltstandards fehlen in der WTO gänzlich.

Formal hat jedes Land eine Stimme, oberstes Entscheidungsorgan ist die WTO-Ministerkonferenz. Die Mitgliedsländer werden durch je ein Regierungsmitglied, meist den Wirtschaftsminister, vertreten. Die Verhandlungen finden geheim statt.

Besondere Bedeutung kommt derzeit dem GATS, dem 1995 als eine der zentralen Säulen der WTO gegründeten Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services), zu. Die kommende Verhandlungsrunde wird bei der 5. WTO-Ministerkonferenz in Mexiko vom 10. bis 14. September eingeleitet. Grundlage bilden die vorliegenden Liberalisierungsforderungen sowie die noch einzubringenden Liberalisierungsangebote der Mitgliedsstaaten.

Ein gewaltiger Kuchen

Der Kuchen, um den es geht, ist gewaltig. Der Dienstleistungshandel macht bereits rund ein Fünftel des gesamten Welthandels aus. Er trägt in den OECD-Ländern zwischen 60 und 70 % zum Bruttoinlandsprodukt bei und beschäftigt knapp zwei Drittel aller Dienstnehmer. Die EU ist mit 24 % der weltweiten Dienstleistungen der größte Importeur und Exporteur von Dienstleistungen und hat bereits die USA überholt.

Der Dienstleistungssektor weist die höchsten Wachstumsraten auf, doch sind viele Dienstleistungen in den Industrieländern noch in staatlicher bzw. kommunaler Hand, also dem Zugriff der Unternehmen verschlossen.

Massives Lobbying

Betreiber und Hauptgewinner des GATS-Abkommens sind die großen internationalen Dienstleistungsanbieter. In Europa sind sie im European Services Forum (ESF) zusammengeschlossen und betreiben bei der EU-Kommission massives Lobbying. Sie erwarten sich einen Zugang zu bisher nicht geöffneten Märkten. Einerseits in den Entwicklungsländern, wo der Dienstleistungssektor noch unterentwickelt ist, andererseits in den bisher der öffentlichen Hand vorbehaltenen Bereichen.

Nach Schätzungen der Weltbank beläuft sich der Weltmarkt für Wasserversorgung auf jährlich rund 800 Milliarden Dollar, für Bildung auf 2000 und für Gesundheitsdienstleistungen auf rund 3500 Milliarden Dollar.

Angriff auf Arbeitnehmerrechte und Daseinsvorsorge

Nach GATS sollen Dienstleistungen auf vier Arten erbracht werden können:

  1. Grenzüberschreitender Handel: Anbieter und Konsument bleiben im jeweiligen Land (z. B. Lieferung elektronischer Nachrichten).
  2. Konsum im Ausland: Der Konsument geht zeitweilig in das Land des Anbieters (z. B. Tourismus).
  3. Kommerzielle Präsenz: Die Dienstleistung wird vom Anbieter im Land des Konsumenten erbracht (z. B. Direktinvestitionen im Ausland, Tochtergesellschaften etc.)
  4. Grenzüberschreitender Verkehr natürlicher Personen: Die Dienstleister kommen zeitweise ins betreffende Land und erbringen die Dienstleistung vor Ort (z. B. Baufirmen, Transportfirmen, Pflegepersonal, Computerfachleute)1)

Bei der Öffnung des Arbeitsmarktes können sich besonders bei kurzfristigen Beschäftigungsaufnahmen enorme Probleme ergeben. Die Arbeitnehmer halten sich nur kurz auf. Ob sie entsprechend entlohnt und gleich behandelt werden wie österreichische Arbeitnehmer, ist fast nicht kontrollierbar. Schon jetzt zeigt sich, dass gerade bei Entsendung im Rahmen der Dienstleistungserbringung schwerwiegende Missbräuche fast schon die Regel sind. Man denke nur an die Missbräuche beim Einsatz von tausenden Lkw-Fahrern zu einem Hungerlohn oder an Missbräuche im Zusammenhang mit den Praktikantenabkommen. Noch dazu gibt es seitens vieler Unternehmen die Forderung, sich nicht mehr an die Lohnbestimmungen und das Arbeitsrecht Österreichs halten zu müssen, sondern generell die Bestimmungen des Herkunftslandes des Unternehmens anzuwenden.

»Die Betreiber und wirklichen Gewinner sind die großen internationalen Dienstleistungsanbieter.«

Das Arbeitsrecht wird unterlaufen

Genau das will GATS erreichen. Was »Mode 4« bedeuten kann, verdeutlicht Thomas Kattnig, Referent für Internationale Verbindungen und Humanisierung in der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, an einem Beispiel:

»In Diskussion steht, Krankenschwestern mit Diplom als Schlüsselarbeitskräfte zu klassifizieren. Damit fallen sie in Österreich nicht mehr unter die Quote für ausländische Arbeitskräfte. Werden sie im Bereich der Mobilen Altenbetreuung beschäftigt, wo kein Kollektivvertrag und kein Mindestlohntarif besteht, können z. B. ungarische Krankenschwestern temporär völlig legal zu ungarischen Löhnen beschäftigt werden«.

Aus Sicht des ÖGB geht es bei GATS und WTO nur darum, die Unternehmen beim Geschäftemachen zu unterstützen. »Das ist ja auch ihre Eigendefinition«, so ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch: »Uns geht es um den Stopp der laufenden GATS-Verhandlungen, die in völlig undemokratischer Weise ablaufen. Dadurch sind Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Grundversorgung auf vielfältige Weise bedroht.2)

»So beläuft sich der Weltmarkt für die Wasserversorgung auf jährlich rund 800 Milliarden Dollar.«

Rechtlich einbetoniert

GATS verpflichtet die Mitgliedsländer zur Offenlegung ihrer Gesetze und Vorschriften, die den Dienstleistungshandel behindern könnten, fordert von ihnen die Gleichbehandlung ausländischer sowie der ausländischen und inländischen Anbieter sowie freien Marktzugang. Öffentliche Dienstleistungen sollen nur dann von der Liberalisierung ausgenommen sein, wenn sie weder im Wettbewerb mit anderen Anbietern noch auf kommerzieller Basis erbracht werden. Wer sich nicht daran hält, bekommt ein Problem, weil GATS fast einen völkerrechtlichen Status bekommt. Drei Jahre lang gibt es keine Möglichkeit der Rücknahme, danach nur im Tausch gegen einen anderen, ebenso pofitablen Sektor, mit dem alle anderen WTO-Handelspartner einverstanden sein müssen, oder es gibt hohe Strafzölle, die sich ein armes Land kaum wird leisten können.

Damit steht die öffentliche Daseinsvorsorge auf dem Speisezettel der internationalen Dienstleistungskonzerne. In Österreich geht es um einen erheblichen Teil der Volkswirtschaft und Kernbereiche der sozialen Absicherung.

Widerstand formiert sich

Dies ist der Grund, warum die STOPP GATS-Kampagne schnell so große Resonanz in der Bevölkerung fand. »Allerdings«, so Norbert Bacher, AK-Vizepräsident und Zentralsekretär der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE) und Claus Faber, GATS- und Verkehrsexperte der GdE, die das STOPP GATS-Kampagnebüro zur Verfügung stellt, »mussten wir beim Start der Kampagne den österreichischen Parlamentariern GATS noch buchstabieren. Das ist heute anders«.
Offiziell gestartet wurde die österreichische STOPP GATS-Kampagne, die in der Tradition von vielen europäischen Anti-GATS-Bewegungen steht, im September 2002 von insgesamt fünf Trägerorganisationen: Armutskonferenz, ATTAC-Österreich, Greenpeace, ÖGB und Österreichische Hochschülerschaft (ÖH). Diese Organisationen tragen auch finanziell und organisatorisch die Initiative. Koordinator der Kampagne ist Willi Merny vom ÖGB, die Infrastruktur, also ein Büro, stellt die Eisenbahnergewerkschaft zur Verfügung. Über 50 weitere Organisationen unterstützen die Kampagne, darunter die Fachgewerkschaften der Eisenbahner, Chemiearbeiter, Privatangestellten, oder die Gewerkschaft Metall-Textil sowie die Arbeiterkammern Wien und Oberösterreich. Überdies haben bereits 250 Gemeinden Österreichs auf Initiative der STOPP GATS-Kampagne per Gemeinderatsresolutionen den Stopp der GATS-Verhandlungen gefordert.

Breiteste Basis

Neu und spannend für Österreich ist der übergreifende Charakter der Kampagne: So arbeiten die Arbeitnehmerseite, Studentenorganisationen sowie Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) aus dem kirchlichen, umwelt- sozial-, entwicklungspolitischen Bereich zusammen, um einen Stopp des GATS zu erreichen. Das hat damit zu tun, dass GATS auch übergreifend in alle Bereiche des menschlichen Lebens massiv eingreift.

»Erstes Ziel war es«, so Claus Faber, GATS-Experte der GdE, »sowohl bei den gesetzlichen Vertretern, als auch in der breiten Öffentlichkeit eine Sensibilisierung für das GATS-Thema, einen Stopp der Verhandlungen oder zumindest Schritte in diese Richtung zu erreichen.« Ein guter Teil der Kampagnenarbeit bestand zunächst darin, die über verschiedene Kanäle durchgesickerten Dokumente und Vorhaben von GATS an die Öffentlichkeit zu bringen. Dadurch erst wurde z. B. bekannt, dass die EU an die Entwicklungsländer weitreichende Forderungen bezüglich der Öffnung wirklich sensibler Bereiche stellt (z. B. Versicherungswesen, öffentliche Dienste und anderes). Dies führte zu massiven Gegenforderungen, meist von anderen Industriestaaten. So sollen etwa die USA die Liberalisierung des Bildungswesens verlangt haben. Laut EU soll auch im Verkehrsbereich eine totale Liberalisierung als Gegenforderung im Raum gestanden sein. Als diese Vorhaben bekannt wurden, gab es große Unruhe und öffentliche Diskussionen. Aus diesem Grund hat sich die EU-Kommission um die Jahreswende 2002/2003 bereit erklärt, eine öffentliche Konsultation zu veranstalten, bei der alle Bürger und Institutionen ihre Meinung bei der Kommission kundtun konnten. Womit die Kommission nicht gerechnet hatte war, dass sie tausende Zuschriften erhielt. 60% davon kamen allein aus Österreich.

»Aus Sicht des ÖGB geht es bei GATS und WTO nur darum, die Unternehmen beim Geschäftemachen zu unterstützen.«

Klammheimlich hineinschwindeln?

Im Frühjahr 2003 führte die österreichische Bundesregierung nach monatelangem Druck durch die STOPP GATS-Kampagne eine Enquete durch. »Dazu musste sie extra den Vizedirektor der WTO und den Direktor der EU-Generaldirektion Handel nach Wien einfliegen, weil sich diese einmal dieses abstruse Alpenvolk ansehen wollten, das da so auf die Barrikaden steigt«, fasst Claus Faber, der auch ATTAC-Mitarbeiter ist, die Entwicklung zusammen.

Bei dieser Enquete hat sich dann der Direktor der EU-Generaldirektion Handel als eine Folge der EU-Konsultation und des europaweiten Sturms der Empörung bezüglich GATS mit der Aussage festgelegt, dass die EU die vier Sektoren Wasser, Gesundheit, Bildung, audiovisuelle Medien von der Liberalisierung ausnehmen wird.

Die Gefahr ist aber keineswegs gebannt, denn verbindliche Zusage ist das keine. Im Gegenteil: Die EU-Kommission versucht nun, die großen Widerstände in Europa gegen die Liberalisierung durch eine Umwegstrategie zu bewältigen: »Stück für Stück«, so Faber, »soll ein öffentlicher Sektor nach dem anderen aufgeknackt werden, indem versucht wird, diese Bereiche klammheimlich ins GATS zu schwindeln. Das heißt, die EU probiert über GATS den europäischen Widerstand gegen die Liberalisierung auszuhebeln.« Die Interessen sind klar: Weil die Liberalisierung schon da ist, will die EU nicht ihre eigenen Unternehmen behindern, während sie die internationalen Unternehmen in den EU-Markt lassen soll.3)

Da passt es auch ins Bild, dass im Frühjahr die Wirtschaftskammer eine geheime Werbekampagne PRO-GATS auf die Beine gestellt hat. »Wir haben das Ergebnis in den Medien beobachten können. Die Wirtschaftskammer hat geheim ein PRO-GATS-Werbekonzept erstellt. Das Wirtschaftsministerium hat das Papier geheim angefordert und diese inoffizielle Kampagne mit seinem
PR-Apparat geheim unterstützt«, weiß Claus Faber.

Objekt der Begierde: Öffentlicher Verkehr

Die aktuelle Hauptfrage ist: Wo wird die EU-Kommission - die für Österreich verhandelt - bei der kommenden GATS-Runde nachgeben? Da der zuständige Wirtschaftsminister Bartenstein weiter auf Geheimhaltung pocht4), kann man nur Vermutungen anstellen. Claus Faber: »Nach unserer Analyse werden das die Sektoren sein, um die es jetzt besonders still ist. Das sind eben alle Bereiche des Mode 4 und der Verkehr. Da haben wir die Situation, dass es im öffentlichen Verkehr - und hier wieder vor allem bei der Schiene - eine massive Unterregulierung gibt. Die fehlenden internationalen Regelungen über Arbeits- und Lenkzeiten sowie fehlende Regelungen für einen Lokführerschein machen es den auf den Markt drägenden neuen privaten Unternehmern leicht. Denn was nicht reguliert ist, ist frei. Die jetzige Debatte um die ÖBB hat auch das zum Hintergrund. Zwar gibt es viele nationale Regelungen, aber die gelten oft nur für die ehemaligen staatlichen Bahnen und nicht für neue Eisenbahnbetreiber. Europas Bahnen droht eine Situation, die schlimmer als im Straßenverkehr ist«, so GdE-Verkehrsexperte Faber.5)

Zweiklassengesellschaft

Die Kritiker des GATS-Abkommens befürchten also zu Recht fatale Folgen durch die Liberalisierung der öffentlichen Dienste: Steigende Preise, Versorgungsengpässe, abnehmende Qualität und Sicherheit, eine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit Gutverdienenden auf der einen und Grund- und Armutsversorgung auf der anderen Seite sowie den Abbau nicht profitabler Bereiche der öffentlichen Dienste. Es kommt zu einer Überversorgung im gewinnträchtigen Bereich und zu einer Unterversorgung bei Älteren, Menschen mit höherem Krankheitsrisiko und niedrigerem Einkommen. Private Dienstleistungsanbieter, die Gewinnmaximierung als oberstes Geschäftsziel haben, werden sich wohl nur die Rosinen herauspicken und alles, was Kosten verursacht und für sie nicht profitabel ist, auf Kosten der Allgemeinheit dem Staat überlassen oder eben nicht bereitstellen.

Negative Beispiele gibt es dazu leider mittlerweile zu Hauf, z. B. in Großbritannien (Bus- und Bahnverkehr, Wasser, Energie, Gesundheit), Kalifornien (Strom), oder in Schweden und Dänemark (Busverkehr), um nur einige zu nennen (siehe Kasten: »Liberalisierter Verkehr und die Folgen«).

Liberalisierter Verkehr und die Folgen

Großbritannien: Wo der innerstädtische Busverkehr liberalisiert wurde, wurden die Preise im Schnitt um ein Drittel erhöht. Die Folge: Seit 1986 haben die deregulierten Buslinien 44% ihrer Fahrgäste verloren. Die eingesparten Kosten gingen zu 80% auf Kosten der Arbeitnehmer. Die Privatisierung der britischen Bahn war ein riesiger Flop: Teilweise hatten bis zu 80% der Züge Verspätung. Durch mangelhafte Schulung, fehlende technische Ausstattung und schlechte Organisation sind spektakuläre und schwere Unfälle an der Tagesordnung. Der private Betreiber des Infrastrukturnetzes (Railtrack) ging vor wenigen Jahren pleite und hinterließ dem Staat ein völlig desolates Netz, das nun mit Steuermitteln wieder teuer aufgebaut werden muss.

Schweden: In Brüssel musste um die Genehmigung einer Finanzspritze von fünf Milliarden Euro angesucht werden, um das Bahnnetz nach der Liberalisierung vor dem Bankrott zu retten. Der private Betreiber des öffentlichen Verkehrs in Stockholm konnte die Qualität nicht halten, nun sind die öffentlichen Zuschüsse an die privaten Betreiber höher als zuvor an die öffentlichen.

Dänemark: Hier trieb der Streit um Busrouten hunderte private Fuhrunternehmer in die Pleite. Der Konkurs der dänischen Combus konnte nur durch eine staatliche 100-Millionen-Euro-Finanzspritze abgewendet werden.

1) Siehe: Werner Raza: GATS: Auswirkungen der Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen auf Gesundheits- und soziale Dienste, stoppgats.at; GATS und Gesundheit; sowie Werner Raza: Europäische Integrationsprozesse und lokale Ebene: Weitreichende Konsequenzen für die Kommunen; in WISO, Band 24, Nr. 2/2001
2) ÖGB-Präsident Verzetnitsch bei der Auftaktveranstaltung des ÖGB zur STOPP GATS-Kampagne vor Betriebsräten in Wien am 12. Februar 2003
3) Siehe: Werner Raza: Die GATS 2000 Verhandlungen. Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen durch die Hintertür?, in Arbeit&Wirtschaft Nr. 11/2002
4) EU-Unterausschuss des Nationalrates anlässlich eines Berichtes über den Stand der GATS-Verhandlungen, www.parlament.gv.at
5) Zu den Auswirkungen der Liberalisierung auf die ÖBB siehe:
Wilfried Leisch: »Freie Bahn - für wen« in Arbeit&Wirtschaft
Nr. 7-8/2003

I N F O R M A T I O N

www.stoppgats.at
www.oegb.or.at
www.greenpeace.at
www.oeh.ac.at/oeh/gats
www.armutskonferenz.at
www.attac-austria.org

Public Services International
www.world-psi.org/psi.nsf?
www.gatswatch.org
www.canadians.org

Public Citizen
www.citizen.org/california/water/

Third World Network

www.twn.org

www.wto.org

United Nations
www.undp.org/mainundp/propoor/index.html

Internationaler Währungsfonds
www.imf.org

European Commission´s Info-Point
World Trade in Services
gats-info.eu.int/index.html


R E S Ü M E E

Die Nutznießer von GATS betreiben ein langfristiges und subtiles Lobbying. Die Industriellenvereinigung spricht im Zusammenhang mit GATS gerne davon, dass man dem Markt doch vertrauen sollte, statt ihn zu verteufeln, und von »weniger Leistungsstaat und mehr Gewährleistungsstaat«. Wollen wir unsere Interessen wahren, dürfen wir die Industriekonzerne eben nicht frei gewähren lassen, sondern müssen uns selbst für unsere Interessen und die Aufrechterhaltung des Sozialstaates einschalten und mitwirken.

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(C) AK und ÖGB

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