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Elf Arbeit Suchende auf eine offene Stelle: das schreit nach Maßnahmen

SCHWERPUNKT

A&W-Gespräch mit Richard Leutner, Leitendem Sekretär des ÖGB

»Arbeit&Wirtschaft«: Kollege Leutner, du bist der Mann, der als Leitender Sekretär zuständig ist für die Arbeitskreise, in denen Inhalte für den kommenden ÖGB-Kongress im Oktober vorbereitet wurden. Kannst du uns über diese Arbeitskreise etwas verraten?
Richard Leutner: Die Arbeitskreisarbeiten haben auf den Zukunftskonferenzen des ÖGB aufgebaut. Hier ist eine Liste zu dieser Konferenzserie zur Übersicht (Anmerkung der Redaktion: siehe Kästen, in »Arbeit&Wirtschaft« wurde über diese Konferenzen berichtet). Die Arbeitskreise behandeln die maßgeblichen Grundanliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zukunft.

Das ist einmal die Frage der Sicherheit der Arbeitsplätze. Das sind zum Zweiten ganz sicher die Einkommensverhältnisse, die ja für die Arbeitnehmer und ihre Familien von zentraler Bedeutung sind. Schließlich das Gesundheitssystem. Das Gesundheitsversorgungssystem wird jetzt intensiv diskutiert. Das ist ja von besonderer Bedeutung, weil der ÖGB ja für einen gleichen Zugang für alle Menschen im Gesundheitssystem eintritt. Unabhängig davon, wie viel Einkommen und welchen sozialen Status man hat. Und natürlich ist im Zusammenhang mit den Zukunftskonferenzen und auch mit dem Bundeskongress die Alterssicherung ein zentrales Thema.

»Die Arbeitskreise behandeln die maßgeblichen Grundanliegen der ArbeitnehmerInnen in der Zukunft.«

»Arbeit&Wirtschaft«: Diese Grundsatzpapiere sind sehr umfangreich und auch die Kurzfassungen sind keine leichte Kost. Kann man zu den einzelnen Bereichen noch ein paar Stichworte sagen?
Richard Leutner: Wir können schon auf einiges genauer eingehen.

In der Einkommenspolitik sehe ich zwei wichtige Punkte. Wir glauben, dass der Kollektivvertrag weiter ein zentrales Instrument der Einkommens- und Arbeitsbedingungen sein muss. Da gibt es immer wieder Versuche, Lohnverhandlungen ausschließlich der Betriebsebene zuzuweisen. Wir aber wissen: Gerade eine solidarische Lohnpolitik, die sich für die kleineren Einkommen einsetzt, würde in einem solchen Fall unmöglich. Gerechte Lohnpolitik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchzusetzen, braucht gewerkschaftliche Verhandlungen und gewerkschaftliche Macht. Der Kollektivvertrag muss weiterhin zentrales Instrument der Arbeitnehmerpolitik bleiben.

Das Zweite, was dieses Papier diskutiert, ist die Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen, die derzeit dringend notwendig ist. Der ÖGB hat schon im vergangenen Jahr Vorschläge für eine Steuerreform gemacht: Senkung der Lohnsteuer der kleineren und mittleren Einkommen. Zumindest einmal geht es um ein Volumen von zwei Milliarden Euro. Das ist ein zentraler Punkt bei der Verbesserung der Einkommenspolitik.

Beim Gesundheitssystem habe ich schon gesagt, dass man unabhängig vom sozialen Status und unabhängig vom persönlichen Einkommen Zugang zum System haben muss. Es darf nicht entscheidend werden, was für eine Brieftasche man hat oder was man in der Brieftasche drin hat, wenn man Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen muss. Und dort, in diesem Papier wird die gesundheitliche Versorgung der Menschen intensiv behandelt. Vor allem, was auch die Zusammenarbeit von Spitälern und niedergelassenem Bereich betrifft. Es werden da durchaus auch Strukturfragen diskutiert.

K O N F E R E N Z E N

Konferenz 1:
Zukunft der sozialen Sicherheit
Mit der ersten Konferenz fiel am 21. September 2001 in Villach (Kärnten) der Startschuss zu den ÖGB-Konferenzen zur Zukunft der Arbeitswelt.

Konferenz 2:
EU-Erweiterung
25. Oktober 2001 im niederösterreichischen Laa an der Thaya.

Konferenz 3:
Qualifikation für die Zukunft
29. November 2001 in Salzburg.

Konferenz 4:
Einkommens-, Kollektivvertrags- und Lohnpolitik
1. März 2002 in Wattens (Tirol).

Konferenz 5:
Sicherung des Wirtschaftsstandorts
22. März 2002 in Stoob (Burgenland).

Konferenz 6:
Mitbestimmung - Mitgestaltung
26. April 2002 in Leoben (Steiermark).

Konferenz 7:
Arbeitszeit - Lebenszeit
24. Mai 2002 in Laakirchen (Oberösterreich).

Konferenz 8:
Abschlusskonferenz
Mit der 8. Konferenz wurde die ÖGB-Veranstaltungsserie »Zukunft der Arbeitswelt« am 4. Oktober 2002 abgeschlossen. Jede der sieben vorangegangenen Konferenzen war einem Thema gewidmet. Die dabei ausgearbeiteten Positionen wurden bei der Abschlusskonferenz in Wien präsentiert.

»Arbeit&Wirtschaft«: Niedergelassener Bereich sind die praktischen Ärzte.
Richard Leutner: Es gibt einige Strukturmängel im Gesundheitssystem. Vor allem in der Abstimmung zwischen niedergelassenem Bereich und Spitalswesen: Doppelbefundungen, Mehrfachdiagnosen und Ähnliches. Diese Fragen müssen auch behandelt werden.

Wichtig für uns ist, dass der medizinische Fortschritt auch in Zukunft allen Menschen zugänglich bleibt und auch die Selbstverwaltung in Zukunft in der Gesundheitspolitik eine zentrale Stellung hat. Dass wir natürlich in dem Papier Kritik üben an der Regierungspolitik - die Selbstverwaltung im Hauptverband wurde beseitigt - ist in diesem Zusammenhang klar.

Bei den Pensionen liegt die adäquate Antwort, wie man Pensionen finanziert, in der Erhöhung der Erwerbsbeteiligung. Vor allem auch in den höheren Altersstufen.

»Es darf nicht entscheidend werden, was für eine Brieftasche man hat oder was man in der Brieftasche drin hat, wenn man Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen muss.«

»Arbeit&Wirtschaft«: Was heißt das? Dass man noch länger arbeitet?
Richard Leutner: Das heißt, auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Chancen zu schaffen, länger in Erwerbstätigkeit zu bleiben. Die Menschen sollten aus der Erwerbstätigkeit in Pension gehen und nicht aus der Arbeitslosigkeit, so wie es jetzt leider vielfach der Fall ist.

Die Erwerbsbeteiligung muss in Österreich gesteigert werden. In allen Altersstufen, nicht nur bei den älteren Arbeitnehmern. Bei Frauen und Jugendlichen und in allen anderen Bereichen. Das heißt aber auch, Chancen dazu zu schaffen. Die Schlüssel für diese Chancen liegen in der Gesundheitspolitik, in der Bildungspolitik und letztendlich auch in Verbesserungen des Kündigungsschutzes. Im Papier steht: Wenn wir Erwerbsbeteiligungsquoten haben wie in Skandinavien üblich, sind die Finanzierungsherausforderungen bis 2030 zu zwei Dritteln gelöst.

Und dann sagen wir auch dazu, dass wir glauben, dass die Umstellung der Arbeitgeberbeiträge zum Sozialsystem auf wertschöpfungsbezogene Komponenten eine Zukunftsaufgabe ist.

»Arbeit&Wirtschaft«: Das ist plausibel.
Richard Leutner: Arbeitsplätze: Da ist jetzt ganz wichtig, dass die Konjunktur belebt werden muss. Das wird aber nicht von selbst kommen. Da wird man was tun müssen dafür.

Aus diesen Gründen brauchen wir unmittelbar eine Lohnsteuersenkung, durch die die Kaufkraft der Arbeitnehmer wieder erhöht und dadurch wiederum die Konjunktur belebt wird. Die Steigerung der Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belebt die Konjunktur. Ich glaube, dass Beschäftigung auch sehr viel zusammen- hängt mit Weiterbildungsmaßnahmen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist, glaube ich, ganz entscheidend. Da müssen wir auch mit der Arbeitgeberseite intensiv - ausgehend vom Bundeskongress - darüber reden, wie man es mit Modellen schaffen kann, in der konkreten betrieblichen Praxis Arbeit mit Weiterbildung zu verbinden. Es ist inakzeptabel für eine Gewerkschaftsbewegung, dass auf eine offene Stelle elf Arbeit Suchende kommen. Das schreit direkt nach Maßnahmen. Da ist auch die europäische Politik noch gefordert. Die Lösungen in der Wirtschaftspolitik brauchen sehr oft auch einen Gleichklang, der erst gefunden werden muss, wie bei dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, wie zum Beispiel bei Bahn und Post.

Ganz wichtig ist, - und ich wiederhole es: Der Schlüssel zu einer Pensionsfinanzierung liegt in einer Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Vollbeschäftigung. Und da muss man aber auch die Chancen dafür schaffen. Durch eine höhere Erwerbsbeteiligung kann man zwei Drittel dieses zukünftigen Finanzierungsaufwandes für die Pensionen schon abfangen. Den Rest zu finanzieren, gelingt dann auch durch eine zu erwartende Steigerung des Volkseinkommens in der Zukunft.

A R B E I T S K R E I S E

  1. Zukunft der sozialen Sicherheit
  2. Erweiterung und Globalisierung
  3. Qualifikation für die Zukunft
  4. Gerechte Einkommen für die Zukunft
  5. Sicherung des Wirtschaftsstandorts
  6. Mitbestimmung - Mitgestaltung
  7. Arbeitszeit - Lebenszeit
  8. Globale Vernetzung - globale Aktion

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