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Standpunkt | Das unsichtbare Heer der Arbeitslosen

MEINUNGEN

Die immer stärker werdende Drohung oder vielmehr die Gewissheit eines kommenden Krieges im Irak - während Sie diesen Text lesen, muss es vielleicht schon heißen, des jetzt tobenden Krieges -, überschattet die Ereignisse in Österreich.

Die neu formierte Bundesregierung Schwarz-Blau II hat ihr Regierungsprogramm bekannt gegeben. Die Aufmerksamkeit mag vielleicht bei den Bomben auf Bagdad sein, trotzdem sollten wir uns von den Vorhaben der Regierung nicht ablenken lassen, vor allem deswegen, weil wir die Auswirkungen bald spüren werden:

Die Prioritäten sind die Anschaffung der teuersten Kampfmaschinen für das Bundesheer um zwei Milliarden Euro sowie eine Förderung des Bauernstandes in der Höhe von drei Milliarden Euro.

Den Preis dafür zahlen die Arbeitnehmer. Die Pensionen werden unter Vorschieben falscher Argumente massiv gekürzt, die Zahlung von Notstandshilfe wird abgeschafft, sofern im Budget ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, kann Sozialhilfe gewährt werden.

Eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und weitere Flexibilisierungen bei den Arbeitszeiten auch in anderen Branchen verschlechtern zusätzlich die Bedingungen für Erwerbsarbeit. Die ungenügende Stabilität der neuen Regierung zeigte sich bereits nach wenigen Tage in Amt und Würden: Die Durchführung der angekündigten Steuerreform wurde vom Finanz- bzw. neuerdings Marketingminister in Frage gestellt, die Abschaffung der Ambulanzgebühr wird auf die lange Bank geschoben und das Pflegegeld wird vorläufig nicht erhöht. Die Einführung von Selbstbehalten im Gesundheitssystem wird für 2004 bereits definitiv ins Auge gefasst. Welchen Wert das Regierungspapier damit überhaupt hat und wie viele geplante Belastungen noch im Talon schlummern und vorerst gar nicht publiziert werden, bleibt abzuwarten. In einem gemeinsamen Kommentar von AK-Präsident Herbert Tumpel und ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch wurde vor allem betont, dass mit einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit um zwei Prozentpunkte zu rechnen sei, wenn es nach dem Regierungsprogramm Schwarz-Blau II geht.

Einige Hunderttausend Menschen sind derzeit in Österreich auf Arbeitsuche, darunter 45.000 Junge, die keine Perspektive im Berufsleben haben, und 60.000 so genannte Ältere. Die letzten Zahlen vom Feber sind bei insgesamt rund 340.000, von einer Dunkelziffer nicht zu reden. Nachdem die meisten dieser Menschen auch noch Familien und ein soziales Umfeld haben, kann man davon ausgehen, dass weit mehr als eine Million Menschen in unserem Land betroffen sind.

Die Regierung Schwarz-Blau II schafft aber nicht mehr Arbeit, sondern mehr Arbeitsuchende:

Durch die Abschaffung der Frühpensionen bis 2006 ist mit rund 28.000 zusätzlichen Arbeitsuchenden zu rechnen.

Durch die Einschränkung der Altersteilzeit werden rund 8000 Menschen zusätzlich Arbeit brauchen.

Neue Regeln für Arbeitnehmer aus dem Ausland (Saisoniers, Praktikanten usw.) bringen rund 70.000 zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland.

Zusätzlich werden bis zum Jahr 2006 noch 3700 vor allem junge Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen Arbeit brauchen, sodass insgesamt 110.000 Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen. Laut Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) wird es aber bis dahin nur 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze geben: Aus diesen Fakten ergeben sich zwei Prozentpunkte mehr Arbeitslosigkeit.

Das unsichtbare Heer der Arbeitslosen wird also noch größer. Insgesamt ist diese Armee allein auf unserem Kontinent hundertfach größer als die Masse aller Truppen, die sich auf dem Kriegsschauplatz im Nahen Osten gegenüberstehen.

Die Schicksale der Arbeitsuchenden, der Jungen ohne Perspektive und der Alten ohne Hoffnung haben wenig Newswert, sind keine Sensationen. Dabei ist das soziale Leid dieser vielen Hunderttausenden immens. Wir verschließen unsere Augen, auch wir erkennen zunehmend die Wirklichkeit rund um uns nur noch durch die verzerrende Brille der Repräsentation durch die Massenmedien.

Die Friedensbemühungen eines Teiles der Welt, von den Gewerkschaften bis zu den Kirchen und dem katholischen Pontifex, zeigen leider keinen Erfolg. Ein kleiner positiver Lichtblick ist die Breite der Ablehnungsfront gegen diesen Krieg. Und sehr lehrreich für uns alle könnte es sein, die Kurse vor allem an den amerikanischen Börsen zu beobachten, denn sie werden uns die Frage beantworten: Wer gewinnt an diesem Krieg?

Altbekannt ist das Beispiel von den steigenden Aktienkursen nach der Meldung über Stellenabbau bei großen Firmen. Womit wir bei der Frage wären: Wer gewinnt an der Arbeitslosigkeit? Die soziale Misere unter dem alles beherrschenden Moloch »Profit« kommt einem lautlosen Krieg gleich. Wir aber sind für Frieden und Gerechtigkeit - auch im
sozialen Bereich.

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(C) AK und ÖGB

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