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Wie ist das mit den Aktien? - Unredlich erworbene Vermögen und warum an der Börse Pensionen verspielt wurden

HINTERGRUND

»Wie ist das eigentlich mit den Aktien?«, hat sich unsereiner schon oft gefragt und hier findet er die Antworten. Vor allem geht es auch um Zusammenhänge mit der Sicherheit von Pensionskassen und Abfertigungsfonds. Aber auch wenn hier nur von »tricksenden« Managern und unredlich erworbenen Vermögen die Rede ist, geht es letzten Endes um gigantische Betrügereien und verlorene Illusionen, um den »Börsenkapitalismus«.

Die Preise für Aktien fallen. Seit Monaten und auf fast allen wichtigen Börsen der Welt. Auf vielen Börsen lagen die Aktienindizes (also jene Statistik, die ausdrückt, wie sich die Aktien an der betreffenden Börse im Durchschnitt entwickelt haben) zur Jahresmitte 2002 bereits unter den Werten des Jahres 1997 - die schönen Gewinne des Börsenaufschwungs Ende der neunziger Jahre sind also schon wieder verloren. Und zum Teil liegen die Aktienindizes bereits unter der Hälfte ihres Standes zum Höhepunkt des Börsenbooms im Jahre 2000.

Pensionskassen und Abfertigungsfonds

Aber kann uns das nicht egal sein, uns, die wir in der Regel doch keine Aktien besitzen? Nun, erstens haben heute schon gar nicht so wenige Arbeitnehmer selber Aktien - entweder direkt oder in Form von Aktienfonds -, die ihnen geschickte Vertreter (innerhalb und außerhalb der Banken) mit der Aussicht auf schöne Gewinne verkauft haben. Betroffen von den Entwicklungen an den Aktienbörsen sind aber auch all jene, die von Pensionskassen oder den neuen Abfertigungsfonds Geld zu erwarten haben. Denn die meisten dieser Institutionen haben das ihnen anvertraute Kapital zumindest zum Teil in Aktien angelegt. Dasselbe gilt auch für viele private Lebensversicherungen, besonders für die so genannten fondsgebundenen Versicherungen.

Was hatte man uns nicht alles erzählt und versprochen. Der Staat könne angeblich die Pensionen in Zukunft nicht mehr garantieren. Die betrieblichen Pensionszusagen kämen die Unternehmer zu teuer. Hier müsse und werde der Kapitalmarkt einspringen. Als Ergänzung zu den nicht mehr ausreichenden staatlichen Pensionen werde man eben private Pensionskassen schaffen, die würden ihr Geld in Aktien anlegen und von den Gewinnen aus diesen Aktien würden dann hohe Pensionszuschüsse bezahlt werden. In anderen Ländern funktioniere das bereits hervorragend. Die Botschaft klang fast zu gut, um wahr zu sein.

Nicht unbeträchtliche Verluste

Tatsächlich schaut die Situation heute etwas anders aus. Die Pensionskassen machen statt satten Gewinnen nicht unbeträchtliche Verluste, weil die Aktienkurse laufend sinken. Die Aktienkurse fallen so stark, dass selbst vorsichtige Pensionskassen, die nur einen kleinen Teil ihres Kapitals in Aktien angelegt hatten, nun in die Verlustzone geraten sind. Kalkuliert hatten diese Kassen in der Regel mit 6 bis 10 Prozent jährlichem Anstieg der Aktienkurse. Rückgänge waren überhaupt nicht vorgesehen. Die in Aussicht gestellten (juristisch versprochen wurden sie ja nie) Gewinne gibt es also nicht und sie können daher auch nicht an die Pensionisten verteilt werden.

Pensionskürzungen

Das Resultat: Für jene, die bereits in Pension sind und die von der Pensionskasse eine Pension bekommen, müssen die Pensionszahlungen nun gekürzt werden, zum Teil sogar recht kräftig. Dabei sind wir in Österreich ohnedies noch gut dran - bei uns machen die staatlichen Zahlungen weiterhin den Großteil der Pensionen aus. In anderen Ländern, wie zum Beispiel England, ist die staatliche Pension nur noch ein Minimum und das meiste Geld kommt von den privaten Pensionskassen. Nun gibt es dort seit einiger Zeit statt Pensionserhöhungen nur Pensionskürzungen.

Doch sinkende Börsenkurse treffen die Arbeitnehmer nicht nur bei in Aktien angelegten Ersparnissen und bei Pensionskassen. Viel gefährlicher sind die möglichen Auswirkungen auf die Konjunktur. Der Zusammenhang ist gar nicht so schwer zu verstehen. Bei steigenden Aktienkursen wurden die Aktienbesitzer stetig reicher und (besonders in den USA) nützten sie das, um sich etwas mehr zu leisten, etwas mehr auszugeben. Das heizt die Nachfrage und damit die Konjunktur an. Doch so rasch die Aktienkurse und damit die Vermögen der Aktionäre (zumindest am Papier) bis 2001 zugenommen hatten, so rasch schmelzen sie seither dahin. Statt die Freude über den gewachsenen Reichtum in vermehrten Konsum umzusetzen, wird man nun dazu neigen, sich etwas einzuschränken.

Konjunktur belastet

Sinkende Aktienkurse bedeuten aber auch, dass die Unternehmen weniger wert sind und daher nur weniger und teurere Kredite bekommen. Neues Aktienkapital ist überhaupt kaum zu bekommen. Da wird so manches Unternehmen geplante Investitionen zurückstellen müssen. Was wieder die Konjunktur belastet.
Noch ist dies kaum der Fall. Noch sind die Wirtschaftsdaten auch in den USA noch recht gut. Noch hält der private Konsum. Noch halten die Investitionen. Aber viele ernst zu nehmende Fachleute warnen: Es könnte in den USA sehr rasch zu einem Konsumrückgang und Investitionsausfällen kommen. Die Auswirkungen auf die amerikanische und in der Folge die Weltwirtschaft wären verheerend. Die Folgen einer solchen Konjunkturflaute würden wir wohl alle sehr deutlich zu spüren bekommen.

Die fallenden Aktienkurse könnten daher für uns alle, in Form eines Konjunktureinbruchs, sehr unangenehme Folgen haben, auch wenn wir nicht eine einzige Aktie besitzen und auch keine Zusatzpension aus einer Pensionskasse, die in Aktien veranlagt, zu erwarten haben. Wie ist es aber dazu gekommen? Hatten uns nicht die Fachleute (besonders jene, die am Verkauf von Aktien und Fonds verdienen) versichert, es werde auch in Zukunft mit den Aktienkursen nur bergauf gehen? Jeder, der nicht kaufe, sei sein eigener Feind. Mühelos (und praktisch risikofrei) ließe sich an der Börse mit Aktien Geld verdienen.

Teures »Papier«

Tatsächlich stiegen die Aktienkurse in den späten neunziger Jahren scheinbar unaufhaltsam an. Niemand schaute mehr auf die Lage der Unternehmen, deren Aktien gekauft wurden. Selbst die Aktien von Firmen, die Jahr für Jahr Verluste schrieben, die kein einziges Mal in ihrer Firmengeschichte einen Gewinn gemacht hatten, wurden immer teurer. Und die Aktienbesitzer wurden (zumindest am Papier) immer reicher.

Einzelne besonnene Fachleute warnten zwar, dass historisch gesehen die Aktienpreise sich letzten Endes immer an den Gewinnen orientiert hatten. Dass mittelfristig der Preis von Aktien bei etwa 16- bis 20-mal dem Jahresgewinn gelegen sei. Und dass diese Preise, die Aktienkurse, inzwischen (selbst bei den Firmen, die Gewinne machten) auf das 30- bis 40fache des Jahresgewinns gestiegen seien. Das werde sich nicht halten, es werde zu kräftigen Kursrückschlägen kommen.

Doch diese Warnungen wurden als lächerlicher Kleinmut abgetan. Die alten Regeln würden nicht mehr gelten. Es gebe eine New Economy (eine Neue Wirtschaft), die sich auf Computer, Internet und Informationstechnologie stütze. Da sei alles (warum wurde nie schlüssig erklärt) ganz anders. Von nun an würden die Aktienkurse Jahr für Jahr um 10 Prozent steigen. Und wer mitmache, würde reich werden. Nicht der Erfolg einer Firma sei für ihren Aktienkurs ausschlaggebend, sondern wie sich dieser Kurs zuletzt entwickelt hat. Weil die Aktie gestiegen ist, wird sie weiter steigen. Die Spirale zeigt immer nach oben. Ende nie?

Bilanzfälschungen

Nun erweist sich aber, dass die uralte Erkenntnis weiter gilt: Wunder gibt es in der Wirtschaft keine. Auch diesmal nicht. Die Börsenblase ist geplatzt. Viele einst hochgerühmte Unternehmen, deren Aktienkurse in schwindelnde Höhen geklettert waren, sind inzwischen bankrott. Die Aktien vieler anderer Firmen, besonders im Hightechbereich, sind nur noch 10 oder 20 Prozent dessen wert, was sie noch Mitte 2000 wert waren.

Die Hauptursache dafür sind wohl die übertrieben hohen und damit unrealistischen Aktienkurse der Boomjahre. Aber für den Absturz vor allem der letzten Monate gibt es auch andere Ursachen. Da wäre einmal das Problem der Bilanzfälschungen. Ab Frühjahr 2002 gab es in den USA fast jede Woche bei der einen oder anderen großen Firma (bei kleineren auch, doch darüber wurde nicht einmal berichtet) das Eingeständnis, dass die bisher vorgelegten Bilanzen falsch waren. Dass man die Gewinne höher dargestellt hatte, als sie tatsächlich waren. Ja, dass recht oft tatsächlich erlittene Verluste mit allerhand Bilanztricks in Gewinne »verwandelt« worden waren.

Arg genug. Aber dazu kam, dass alle diese Bilanzen von (bis dahin) angesehenen Wirtschaftsprüfern bestätigt worden waren. Hatten diese erfahrenen Fachleute wirklich nichts gemerkt? Das schien kaum glaublich. Doch es kam noch dicker: Viele der »Tricks«, mit denen die Bilanzen »geschönt« worden waren, hatten die Bilanzprüfer sogar erfunden, vorgeschlagen und empfohlen. Sie sahen ihre Aufgabe weniger darin, die Firmen zu zwingen, die Gesetze und Vorschriften penibel einzuhalten, sondern vielmehr darin, die Firmen zu beraten, wie man diese Gesetze umgehen kann, welche Schlupflöcher es gibt.

Böcke werden Gärtner

Dieses Verhalten von Wirtschaftsprüfern ist allerdings nicht erstaunlich, wenn man weiß, dass die Wirtschaftsprüfer zugleich lukrative Beratungsverträge mit den von ihnen geprüften Firmen haben. Und dass ihr Honorar für die »Beratung« der Firmen ein Vielfaches des Honorars für die eigentliche Prüftätigkeit ausmacht.

Die Versuchung war für manche Wirtschaftsprüfer offensichtlich zu groß. Sie förderten und deckten jeden Bilanzschwindel, und eine der größten Kanzleien der Welt verbrannte sogar ihre Prüfunterlagen, als sie bei ihren Machenschaften ertappt wurde. Diese Firma gibt es nicht mehr; das Problem ist aber damit leider noch nicht aus der Welt geschafft, weil andere Prüfungskanzleien nicht besser sind, sondern bisher nur weniger oft ertappt wurden.

Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass die Wirtschaftsprüfer zwar theoretisch im Interesse der Aktionäre wirken und auch von diesen bei der Generalversammlung gewählt werden, aber in der Praxis der Vorstand der Firma bestimmt, wer der Generalversammlung zur Wahl vorgeschlagen wird. Die Wirtschaftsprüfer sind damit für die Erteilung des Auftrages an sie in Wirklichkeit vom Vorstand abhängig und tun alles, um den Vorstand zufrieden zu stellen.

Der 2000fache Verdienst eines Arbeiters

Was aber ist das Interesse des Vorstandes? Dass er möglichst gut dasteht! Gemessen wird das am Börsenkurs der Aktien seiner Firma. Umso höher der Kurs, umso rascher er steigt, umso besser ist der Manager. Das ist nicht nur eine Frage der Eitelkeit. Dahinter stehen massive finanzielle Interessen. Die Gehälter der Manager sind vielfach von ihrer »Leistung«, die am Börsenkurs gemessen wird, abhängig. Bei guten Kursen können da schon astronomische Bezüge herauskommen. Galt früher eine Faustregel, dass ein Topmanager in einer größeren USFirma etwa 40- bis 50-mal so viel verdient wie ein Arbeiter, sind diese Verdienste in den letzten Jahren bei gar nicht so wenigen Firmen (besonders bei jenen, die bald darauf Pleite machten) auf das bis zu 2000fache gestiegen. Kein Mensch kann so viel wert sein, keine Leistung einen solchen Bezug rechtfertigen. Doch in den USA war und ist alles möglich. Die herrschende Ideologie vergöttert die Spitzenmanager und jedes Gehalt wird bei ihnen für gerecht angesehen.

Aber damit nicht genug. Zusätzlich wird es üblich, den Managern so genannte »stock options« zu gewähren. Was das heißt? Die Firma räumt dem Manager das Recht ein, jederzeit von ihr eine gewisse Menge ihrer eigenen Aktien zu einem niedrigen, im Vorhinein festgelegten Preis zu erwerben. Steigt der Aktienkurs an, kann der Manager dann diese Optionen ausnützen (d. h. die Aktien zum niedrigen Kurs kaufen) und sie gleich zu dem inzwischen gestiegenen Kurs weiterverkaufen.

100 Millionen Euro durch Betrug

Daran haben viele Manager Jahr für Jahr Millionen Dollar verdient. Auch bei Firmen, deren Aktienkurse nur aufgrund der im Einverständnis mit den Wirtschaftsprüfern »geschönten« Bilanzen so stark gestiegen waren. Damit hatten diese Manager ein brennendes Interesse, den Kurs der Aktien mit allen Mitteln wenigstens für kurze Zeit in die Höhe zu treiben. Und welch Wunder: Die betreffenden Manager verstanden es immer, ihre Aktien rechtzeitig, bevor der Kurs zu sinken begann, abzustoßen. Im Gegensatz zu ihren Angestellten, die mit ansehen mussten, wie der Wert ihrer in Aktien angelegten Pensionen ins Bodenlose sank, ohne dass sie diese Aktien verkaufen durften.

Mit allen diesen Praktiken gelang es manchen Managern, über 100 Millionen Euro im Jahr zu verdienen, in einigen Fällen sogar wesentlich mehr. Lange Zeit fand die Öffentlichkeit nichts dabei. Jeder Verdienst eines Managers wurde widerspruchslos hingenommen.

Bilanzfälschungen, willfährige Wirtschaftsprüfer und Banken und horrende Managerbezüge haben aber nun, in einer Zeit sinkender Aktienkurse, nicht gerade dazu beigetragen, das Vertrauen in Börse und Aktien zu stärken. Immer mehr Aktionäre geben auf und verkaufen ihre Aktien. Aber umso mehr sich die Anleger von der Börse zurückziehen, umso stärker sinken die Aktienkurse. Die Spirale beginnt sich nach unten zu drehen. Also muss man das Vertrauen in die Börse wiederherstellen. Die Fachleute, die Analysten der Banken und Wertpapierhäuser, erklären seit Monaten jedem, der es hören will, nun sei der Boden erreicht, von nun an würden die Aktienkurse wieder steigen.

Der Oberbock als Gartenaufseher

Umso mehr sie das erklären und umso weniger es geschieht, umso weniger glaubt man ihnen. Man vertraut auch ihnen nicht mehr. Ebenso wenig wie den hoch bezahlten Managern und den Wirtschaftsprüfern. Auch nicht der US-Börsenaufsicht, deren Leitung Präsident Bush einem Rechtsanwalt übertragen hat, der bisher davon lebte, Firmen gegen diese Aufsichtsbehörde zu vertreten und der gleich bei seinem Amtsantritt erklärt hatte, es müsse nicht mehr Börsenregelung geben, sondern weniger.

Das Vertrauen ist also dahin. Wie kann man es wiederherstellen? Präsident Bush scheint zu glauben, indem er aufmunternde Reden hält und verspricht, endlich reinen Tisch zu machen. Doch allzu sehr scheint ihm niemand zu glauben: Nach jeder seiner Rede sinken die Aktienkurse besonders stark. Kein Wunder, wenn man weiß, dass Bush selbst ebenso wie sein Vizepräsident und sein Finanzminister inzwischen beschuldigt werden, als Manager jene Praktiken angewendet zu haben, die sie jetzt lautstark verurteilen. Bush gilt als der Präsident der Manager und das ist er wohl auch. Wirklich schaden will er seinen Freunden und Förderern nicht.

Den »tricksenden« Managern wehtun?

Etwas energischer ist da schon die demokratische Mehrheit im US-Senat. Sie hat ein Gesetz vorgelegt und verabschiedet, das die Börsenaufsicht (gegen den Willen ihres republikanischen Präsidenten) stärkt, das eine wirksame öffentliche Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer vorsieht, eine Trennung von Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung und das vor allem strenge Strafen für tricksende Manager vorsieht - im Extremfall sogar den Verlust ihrer unredlich erworbenen Millionen. Doch so, wie es der Senat beschlossen hatte, wurde das nicht Gesetz. Der Präsident und seine republikanische Mehrheit im Abgeordnetenhaus waren dagegen. Nicht grundsätzlich, aber in allen wesentlichen Details. Ihr Motto: Ein Gesetz ja, damit sich die Öffentlichkeit beruhigt und das Vertrauen in die Börsen wieder zurückkehrt. Aber keine Bestimmung, die einem Manager oder einem Wirtschaftsprüfer wirklich wehtun könnte. Hier herrscht noch die Ideologie vom Manager als Supermenschen, der kein Unrecht tun kann.

Obwohl die Republikaner entgegen allen Erwartungen schließlich doch wenigstens einem halbwegs wirksamen neuen Börsen- und Unternehmensrecht und strengeren Bilanzierungsvorschriften zustimmten, steht zu befürchten, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis die Amerikaner wieder Vertrauen in ihre Börsen bekommen. Denn jedenfalls Ende Juli 2002 stimmen die Verhältnisse zwischen Unternehmensgewinnen und Aktienkursen noch immer nicht. Die Aktienkurse sind, gemessen an den Gewinnen, noch immer zu hoch.

Rezession der Weltwirtschaft?

Erst wenn die vielen zweifelhaften Unternehmen von der Börse verschwunden sind, wenn wirksame Gesetze beschlossen wurden und wenn die Kurse halbwegs den Gewinnen entsprechen, wird der viel beschworene Boden erreicht sein. Erst dann besteht die Chance, dass die Aktienkurse wieder zu steigen beginnen. Aber auch dann nur in einem realistischen und volkswirtschaftlich vertretbaren Ausmaß und nicht mehr mit den durch nichts zu rechtfertigenden Sprüngen der späten neunziger Jahre. Wir können nur hoffen, dass die Turbulenzen bis dahin nicht eine Rezession in der Weltwirtschaft ausgelöst haben.

Und wie sieht die Sache für den österreichischen Anleger aus? Bei uns waren die Aktienkurse bei weitem nicht so extrem überhöht wie
z. B. in den USA - und sinken nunmehr auch nicht so stark. Um Bilanzwahrheit und Wirtschaftsprüfung ist es bei uns auch offenkundig besser bestellt als in den USA. Doch auch bei uns werden die Wirtschaftsprüfer in der Praxis nicht von den Aktionären ausgewählt, sondern von den Vorständen, deren Interessen sie dann zumindest berücksichtigen.

Viele, allzu viele von ihnen sehen sich weniger als Bilanzprüfer und mehr als Berater, wie man Steuern vermeiden kann. Ihre Haftung für eventuelle Fehler ist gesetzlich (und recht niedrig) begrenzt - in einer echten Marktwirtschaft (über die Wirtschaftsprüfer gerne den Mund voll nehmen) sollte es keine solchen Haftungsbeschränkungen geben. Auch bei uns sollten Prüfung und Beratung streng getrennt von verschiedenen Firmen durchgeführt werden. Die Wirtschaftsprüfer wären regelmäßig zu wechseln, damit keine Verfilzung zwischen ihnen und den zu prüfenden Firmen entsteht.

Aktien und Wertpapiere

Für den einzelnen Anleger gilt es, aus den Ereignissen zu lernen. Aktien sind offensichtlich nicht jene sichere und problemlose Veranlagung, die manche in ihnen sehen wollten. Vor allem, wenn man sein Geld in kürzerer Zeit braucht, um eine Pensionsaufbesserung zu haben oder eine Abfertigung ausbezahlt zu bekommen. Da hilft einem auch nicht die Behauptung, dass in der Vergangenheit Aktien über fünfzig Jahre oder sogar über zehn Jahre gesehen stets eine gute Veranlagung waren - abgesehen davon, dass das sicher nicht für jede einzelne Aktie, sondern bestenfalls für den Durchschnitt aller Aktien gilt.

Wer es sich leisten kann, auch etwas zu verlieren, der soll ruhig weiterhin Aktien kaufen, zumindest in einiger Zeit, wenn die Börsenkurse den Erträgen der Firmen entsprechen. Vielleicht macht er damit auch große Gewinne, obwohl man an der Börse Verluste nie ausschließen kann. Wer aber eine Abfertigungsreserve zu veranlagen hat, wer für Pensionen vorzusorgen hat, der sollte den Großteil des Geldes risikoloser (wenn auch daher mit weniger Chancen auf kräftige Gewinne) anlegen. Also weniger in Aktien und mehr in sicheren festverzinslichen Wertpapieren. Und wer sein Geld einem Abfertigungs- oder Pensionsfonds anvertraut, sollte sich doch die Mühe machen, sich die Veranlagungsgrundsätze dieser Institution genau anzusehen. Damit er sich im Ernstfall eine schmerzliche Enttäuschung erspart.

Worum geht’s?

Der Traum vom schnellen Geld an der Börse ist für viele schon seit ein paar Jahren ausgeträumt. Für viele? - Ja, für viele. Denn von fallenden Aktienkursen betroffen sind nicht nur »Börsen-Insider«, sondern immer mehr Arbeitnehmer, die ihre Ersparnisse in Aktienfonds investiert haben, Pensionskassen beigetreten sind oder aus den neuen Abfertigungsfonds Geld erwarten. Besonders hart kann es Pensionisten treffen: Sogar vorsichtig operierende Pensionskassen erwirtschaften aufgrund fallender Aktienkurse keine Gewinne mehr, sondern schreiben Verluste. Die Folge sind zum Teil sogar recht kräftige Pensionskürzungen - wie gut, dass unser staatliches Umlagesystem noch immer den Großteil der Pensionen finanziert!

Sinkende Aktienkurse bedeuten aber auch, dass börsenotierte Unternehmen an Wert verlieren. Kredite werden teurer, neue Anleger bleiben ebenso aus wie Investitionen. Das dämpft die Konjunktur und erhöht den Druck auf die Wirtschaft und die Arbeitnehmer. An Wunder zu glauben wird nicht reichen, vielmehr muss das Vertrauen in die Börsen der Welt zurückgewonnen werden. Bilanzfälschungen und Kriegsdrohungen à la USA sind da sicher der falsche Weg.

(Ch)

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