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Kampfansage! | Stopp dem Sozial- und Steuerbetrug durch »schwarze Schafe« unter den Unternehmern

HINTERGRUND

Der jüngste von den deutschen Behörden aufgedeckte Frächterskandal brachte ans Tageslicht, was Eingeweihte schon längst vermutet haben: Eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Arbeitnehmern wird von Unternehmen systematisch ausgebeutet. Wer einen Job bekommen will, muss sich damit abfinden, dass weder arbeitsrechtliche Vorschriften eingehalten werden noch eine ordnungsgemäße Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt. Es ist ein Skandal, dass von der Bundesregierung das einzig wirksame Mittel - nämlich die Beschlussfassung des Gesetzes zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums - weiterhin verschleppt wird und dass auch die Wirtschaftskammer offensichtlich wenig Interesse daran hat, ihre seriösen Unternehmer vor jenen »schwarzen Schafen« zu schützen, die durch Sozialbetrug und Steuerhinterziehung sich unerlaubte Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Dass diese ungesetzlichen Praktiken auch von österreichischen Unternehmen angewendet werden, wird vom ÖGB schon lange Zeit kritisiert. Bisher wurde jedoch immer versucht, das Problem zu verniedlichen, in dem behauptet wurde, dass es sich bei Firmen, die derartige Praktiken anwenden, nur um einzelne »schwarze Schafe« handelt. Dieser Eindruck wurde dadurch verstärkt, dass durch Kontrollen österreichischer Behörden nur sehr selten Verstöße im großen Ausmaß festgestellt wurden. Wie sich jetzt zeigt, liegt es aber nicht daran, dass es die systematische illegale Beschäftigung in Österreich nicht gibt, sondern daran, dass den Kontrollbehörden in Österreich die entsprechenden Kompetenzen und Ausstattung fehlen. Darüber hinaus sind die Strafen für Unternehmen, denen illegale Beschäftigung nachgewiesen wird, im Vergleich zu den Vorteilen, die sie sich über Jahre verschaffen, lächerlich gering.

Einerseits die ungenügende Gesetzeslage, die es den Schwarzunternehmern ermöglicht, die Strafen aus der »Portokasse« zu bezahlen, und andererseits das fehlende Personal seien für derartige Zustände verantwortlich. Josef Macek, Wiener Landessekretär der Gewerkschaft Metall - Textil, bringt es auf den Punkt: »In Bayern, das von der Größe her mit Österreich vergleichbar ist, gibt es 450 Beamte zur Kontrolle der Schwarzarbeit, für ganz Österreich haben wir 35.«

Nur die Spitze des Eisberges

Durch den internationalen Skandal ist es weder der Wirtschaftskammer noch der Bundesregierung länger möglich, das Problem des Schwarzunternehmertums zu bagatellisieren. Handlungsbedarf ist dringend gegeben, denn der Frächterskandal ist nur die Spitze des Eisberges. Illegale Praktiken beschränken sich nicht nur auf das Transportwesen, sondern sind auch in vielen anderen Bereichen gang und gäbe.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, Johann Driemer, macht schon seit Jahren darauf aufmerksam, dass in der Baubranche durch die Weitergabe von Bauaufträgen an Subunternehmer und darüber hinaus an Subsubunternehmer ein zunehmender Druck entsteht, Lohn- und sonstige Arbeitsbedingungen zu unterlaufen und Arbeitnehmer illegal zu beschäftigen. Tatsächlich geht es darum, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sozial- und Lohnansprüche sicherzustellen und gegen das Schwarzunternehmertum aufzutreten. Es ist paradox, dass überall in Europa Schwarzunternehmertum zu den strafrechtlichen Tatbeständen zählt, während es in Österreich immer noch ein Kavaliersdelikt ist.

Gewerkschafter aus dem Gastgewerbe wissen zu berichten, dass Bedienstete, die mit ihrem tatsächlichen Lohn angemeldet sein wollen, nicht aufgenommen werden, Sozialversicherungsabgaben traditionell in vielen Betrieben nur vom KV-Lohn bezahlt werden und etwaige höhere Forderungen der Arbeitnehmer unter der Hand ausgezahlt werden.

»Die Palette ist sehr weitreichend. Es geht von organisierter illegaler Beschäftigung bis hin zu Schwarzgeldzahlungen«, erläutert Rudolf Kaske, Vorsitzender der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst.

Sozial- und Steuerbetrug

Bei allen diesen Beispielen geht es um Menschen, die um ihre Rechte geprellt werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird Lohn vorenthalten und sie werden entweder gar nicht oder in einem nicht ausreichenden Ausmaß sozialversichert. Diese Machenschaften sind aber auch ein Betrug an den Krankenkassen, der Sozialversicherung und der Steuer. Das sind keine Kavaliersdelikte, denn dadurch entsteht der österreichischen Volkswirtschaft ein Schaden von mehreren Milliarden Euro pro Jahr.

Die Hauptgeschädigten sind einerseits die betroffenen Arbeitnehmer, die nur dann ein Einkommen erzielen können, wenn sie diese Bedingungen akzeptieren, andererseits alle seriösen Unternehmen, die sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten. Denn die »schwarzen Schafe« unter den Mitbewerbern verschaffen sich einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil, indem sie Steuern und Sozialabgaben hinterziehen.

Regierung blockiert Gesetz

Obwohl Steuern hinterzogen werden, den Krankenkassen Abgaben vorenthalten werden und seriöse Unternehmer durch diese Praktiken unter Druck geraten, wurde der schon 1999 unter der Federführung der damaligen Sozialministerin Lore Hostasch eingebrachte Gesetzent-wurf zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums bisher nicht umgesetzt, weil eine Beschlussfassung damals von der ÖVP verhindert wurde. Auch die neuerlich am 26. Jänner 2000 eingebrachte Gesetzesvorlage im Nationalrat liegt vorerst auf Eis. Sie wurde zwar dem zuständigen Sozialausschuss zugeleitet und auch ein eigener Unterausschuss dafür eingerichtet, seit Juni 2000 weigern sich aber die derzeitigen Regierungsparteien, den Antrag zu behandeln. »Angesichts des Skandals um illegale Beschäftigung ist ein schnellstmöglicher Gesetzesbeschluss aber notwendig, um Steuerhinterziehung und Sozialbetrug wirksam bekämpfen zu können«, fordert ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch.

Die Forderungen von ÖGB, Gewerkschaften und AK

ÖGB, Gewerkschaften und AK fordern die Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzunternehmertum. Kernpunkte sind:

  • Konzentration der unterschiedlichen Kontrollkompetenzen (Sozialversicherung, Steuer, illegale Ausländerbeschäftigung usw.) bei einer einheitlichen Kontrollbehörde.
  • Ausweitung der personellen Ressourcen und Kompetenzen dieser Kontrollbehörde.
  • Wirksame Kontrollmöglichkeiten nicht angemeldeter Beschäftigung durch die Verpflichtung, Arbeitskräfte sofort bei Arbeitsbeginn zur Sozialversicherung anzumelden. Widerlegbare Tatsachenvermutung betreffend die Dauer der Erwerbstätigkeit bei fehlender Anmeldung zur Pflichtversicherung.
  • Koordinierungs- und Kooperationsverpflichtungen der involvierten Behörden sowie Verbesserung der rechtlichen Möglichkeiten der Kontrollorgane (Zutrittsrechte, Verweisungsrecht, Verfall von Gegenständen, Betriebseinstellungen, Erweiterung der Befugnisse der Kontrollorgane der Versicherungsträger in Anlehnung an die Befugnisse der Kontrollorgane der Finanzverwaltung).
  • Schaffung von gerichtlich strafbaren Tatbeständen der organisierten Schwarzarbeit und Verschärfung der bestehenden Strafsanktionen.
  • Die Verwaltungsstrafbestimmungen in Deutschland sind zum Teil wesentlich höher und Fälle schweren Sozialbetruges werden gerichtlich sanktioniert. Es kann dadurch wirksamer vorgegangen werden und eine abschreckende Wirkung erzielt werden. Eine Anpassung an die entsprechenden Bestimmungen in Deutschland ist daher notwendig.
  • Zurückbehaltung vertraglich geschuldeter Leistungen bei öffentlicher Auftragsvergabe.
  • Schärfere Haftung für Generalunternehmer (GU): Beibehaltung der beschränkten Auftragsweitergabe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (derzeit liegt ein Entwurf zum Bundesvergabegesetz vor, nach dem diese beschränkte Auftragsweitergabe verwässert werden soll).
  • Schärfere Haftung der Generalunternehmer bei illegaler Ausländerbeschäftigung, bei Nichteinhaltung der Arbeitsbedingungen und Nichtabfuhr der Sozialversicherungsbeiträge durch den Subunternehmer.

SOZIAL- UND STEUERBETRUG: WORUM GEHT ES?

Wenn Unternehmen systematisch nicht zur Sozialversicherung angemeldete Arbeitnehmer oder ausländische Arbeitnehmer ohne Beschäftigungsbewilligung einsetzen, dann

  • verdrängen sie damit reguläre Arbeitsplätze und tragen zur Arbeitslosigkeit bei;
  • schädigen sie damit die Schwarzarbeitnehmer, indem diese keine oder zu geringe Ansprüche auf Pension, Krankengeld und Arbeitslosengeld erwerben;
  • schädigen sie die korrekt arbeitenden Unternehmen und die dort beschäftigten Arbeitnehmer, weil sie aufgrund der Schwarzarbeit Preise anbieten können, die die Angebote der seriösen Unternehmen unterlaufen;
  • schädigen sie durch die vor allem an ausländische Schwarzarbeiter gezahlten Niedrigstlöhne das Lohnniveau in Österreich und tragen damit zu Spannungen zwischen In- und Ausländern bei.


Diese systematischen Angriffe gegen den Sozialstaat Österreich durch eine Minderheit von Unternehmen, die sich durch illegale Ausbeutung von Schwarzarbeitern unfaire Wettbewerbsvorteile verschaffen, soll das Gesetz zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums effizienter als bisher bekämpfen.

Es geht nicht - wie teilweise in der Öffentlichkeit unrichtig dargestellt wird - um die Kontrolle und Bestrafung von Privatpersonen, die sich von Freunden, Nachbarn und Bekannten beim Hausbau oder bei der Autoreparatur helfen lassen.

Wer das Gesetz zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums verhindert, schützt nicht Privatpersonen und deren Helfer, sondern Unternehmen, die mit systematischer, illegaler Schwarzarbeit die österreichische Wirtschaft, den österreichischen Sozialstaat schädigen und die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen krass verschlechtern.

BEISPIELE, DIE LEIDER WAHR SIND

Lenker im Fernverkehr, ...
... die im Jahr 150.000 Kilometer fahren, werden als geringfügig beschäftigt bei der Sozialversicherung angemeldet. Andere Lenker werden beim Verlassen Österreichs von ihren Dienstgebern abgemeldet und sobald sie wieder zurückkommen und österreichisches Staatsgebiet betreten, wieder angemeldet. Ähnliche Probleme sind auch in der Binnenschifffahrt bekannt.

Willibald Steinkellner,
Vorsitzender der Gewerkschaft
Handel, Transport, Verkehr.

Aus dem Baunebengewerbe ...
... gibt es immer wieder Hinweise, allerdings anonym, weil die Betroffenen Angst um ihre Arbeitsplätze haben, selbst wenn es illegale Arbeitsplätze sind. Die meisten Hinweise kommen aus dem Baunebengewerbe, also Installateure, Schlosser, Spengler etc. Bei Kontrollen von Baustellen durch das Arbeitsinspektorat wissen die Firmen vorher von den Kontrollen, die illegal beschäftigten Ausländer würden so lange auf Dachböden oder in Containern eingesperrt. Die Kontrollore finden die Baustellen ordnungsgemäß vor, und danach nehme der Betrug weiter seinen Lauf.

Josef Macek,
Wiener Landessekretär der
Gewerkschaft Metall - Textil.

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