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TEIL 2 | Von der Projektidee zum Projektplan

Wo beginnt ein Projekt? Üblicherweise wird ein Auftrag oder ein förmlicher Projektstart als Anfang eines Projekts betrachtet. Ich habe wenige Projekte erlebt, die wirklich so begonnen haben. Am Anfang der meisten erfolgreichen Projekte stand immer eine mehr oder weniger kleine Gruppe von Leuten mit einer gemeinsamen Idee: »Wir sollten da wirklich etwas tun.«

Das heißt nicht, dass gewerkschaftliche Projekte im luftleeren Raum entstehen und ihnen keine Aufträge zugrunde liegen. Aber wichtig ist für das Entstehen eines Projekts, dass jemand eine Idee aufgreift und konkretisiert. Und in diesem Prozess bildet sich oft schon der Kern eines Projektteams heraus.

Idee und Team gehören zusammen. Eine gemeinsame Idee, eine gemeinsame Vorstellung von dem, was entstehen soll, verbindet ein Team. Um diese Vorstellung herum kann sich eine Gruppe von engagierten Kolleginnen und Kollegen sammeln. Gemeinsam, im Gespräch, kann sich eine Idee entwickeln, werden verschiedene Möglichkeiten in Gedanken ausprobiert, verworfen, verbessert, konkretisiert.

Woraus bestehen nun Projektideen?

Drei Elemente kommen hier zusammen:

  • Problem
  • Vision
  • Weg

Ausgangspunkt ist eine Wahrnehmung, etwas, was wir an unserer Umgebung beobachten, und zwar etwas, was so ist, wie es nicht sein sollte: ein Problem eben. Um dieses Problem überhaupt erkennen zu können, brauchen wir eine Vorstellung von einem wünschenswerten Zustand, ein mehr oder weniger verschwommenes Bild davon, wie diese Umgebung aussähe, wenn es das Problem nicht gäbe: eine Vision. Schließlich benötigen wir ein Bindeglied zwischen Problem und Vision, das uns das Problem nicht als unabänderliches Schicksal und die Vision nicht als unerreichbaren Traum erscheinen lässt, also einen Weg zur Lösung des Problems und zur Verwirklichung unserer Vision.

Problemwahrnehmung, Zielvorstellung und Lösungsweg ergeben eine erste Projektidee. Wir stellen uns vor, wie wir etwas besser machen könnten. Auf das Wir kommt es dabei durchaus an. Ein Projekt ist immer ein gemeinsames Vorhaben. Wir (ich und andere) stellen ein Problem fest, wir haben eine Vision vor Augen, wir wollen gemeinsam etwas zur Beseitigung des Problems und zur Verwirklichung unserer Vision tun.

Das Gemeinsame

Das Gemeinsame liegt dabei im Tun, im Lösungsweg. Wir haben zwangsläufig alle mehr oder minder unterschiedliche Vorstellungen davon, was wir erreichen wollen, und davon, was wir als Problem bezeichnen. Uns darüber zu unterhalten ist nützlich, diese Vorstellungen auf ihre Verträglichkeit miteinander zu prüfen ist unumgänglich, vollkommene Einigung darüber anzustreben aber unrealistisch. Worüber wir uns unbedingt einigen müssen, ist der gemeinsame Weg, den wir gehen wollen.

Was meine ich damit? Am Anfang der Gewerkschaftsbewegung steht nicht nur eine Idee wie »Ein gerechter Lohn für ein gerechtes Tagwerk!«, sondern auch eine Vorstellung darüber, dass diese Idee durch das solidarische Handeln der Arbeiter verwirklicht werden soll und nicht durch die Einsicht der Besitzenden, durch göttliche Hilfe oder die Intervention einer fremden Macht. Als Martin Luther King von seinem Traum sprach, dass Schwarze und Weiße in den USA gleiche Rechte hätten, war das mehr als ein bloßer Traum: Es war auch die Vorstellung von einer Bürgerrechtsbewegung, die diesen Traum verwirklichen würde. Wenn Gewerkschafter im Rahmen der Aktion Fairness darum kämpfen, sachlich nicht gerechtfertigte Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten aufzuheben, so verbinden sie damit konkrete Vorstellungen über die Verwirklichung dieses Ziels.

In Projekten ist das nicht anders: Wenn ein Betriebsrat in einem unternehmensinternen Projekt »Betriebsdatenerfassung« mitwirkt, so macht er sich nicht nur mit konkreten Vorstellungen über seine Ziele, sondern auch mit konkreten Vorstellungen über die Mittel zu ihrer Durchsetzung an die Arbeit.

Betroffenheit und Engagement

Um ein Thema anpacken zu können, braucht es Menschen, die sich dafür einsetzen. Wir setzen uns für das ein, woran uns etwas liegt: weil wir

  • den Sachverhalt genau kennen,
  • von der Richtigkeit und Durchführbarkeit unserer Vorstellungen überzeugt sind,
  • vom Problem persönlich betroffen sind.

Wir brauchen nicht nur Betroffenheit, sondern auch Sachkenntnis. Wir brauchen nicht nur Überzeugung, sondern auch Engagement. Eine Projektidee kann sich verfestigen und der Kern eines Projektteams kann sich bilden, wo

  • Betroffene selbst aktiv werden,
  • Sachkenntnis im nötigen Ausmaß vorhanden ist,
  • Vorstellungen klar und realistisch sind.

In Projekten geht es um Themen, das heißt, sie haben eine Sachebene. Es geht darum, dass bestimmte Menschen an diesen Themen arbeiten, das heißt, sie haben eine soziale Ebene. Und es geht schließlich auch um einen zeitlichen Horizont für die Verwirklichung unserer Ideen, das heißt, Projekte haben auch eine Zeitebene. Die Konturen, die Projekte auf diesen drei Ebenen annehmen, unterscheiden sie von anderen Aktivitäten und Vorhaben. Man sagt daher, Projekte zeichnen sich durch ihre sachliche, soziale und zeitliche Abgrenzbarkeit aus.

Ziel, Zeit und Umfeld

Diese Abgrenzung muss im Vorfeld eines Projekts erfolgen. Wir versuchen, unsere Zielvorstellungen im Gespräch mit Kollegen zu konkretisieren. Wir finden dabei heraus, wer dieses Ziel mit uns gemeinsam verfolgen will und wen wir zu seiner Verwirklichung brauchen. Wir entwickeln ein Gefühl für die Zeit, die unser Vorhaben brauchen wird. Wir beginnen, ein Projekt abzugrenzen.

Indem wir in Gedanken diese Grenze ziehen, beginnen wir zu unterscheiden zwischen unserem Projekt und seinem Umfeld. In diesem Umfeld ist für uns wichtig, was den Erfolg unseres Projekts beeinflussen könnte - positiv oder negativ. Je deutlicher wir uns diese Umfeldfaktoren machen - Personen, Gruppen, Organisationseinheiten, Medien -, desto größer werden unsere Möglichkeiten, mit ihnen im Projekt wirkungsvoll umzugehen: fördernde Einflüsse maximal zu nutzen und auf hemmende Einflüsse optimal zu reagieren.

Eigene Möglichkeiten

Ebenso wie über das Umfeld seines Projekts sollte ein Team sich auch über die eigenen Möglichkeiten Rechenschaft ablegen: Über welche

  • Fähigkeiten und Kenntnisse,
  • Kontakte,
  • Hilfsmittel

verfügen wir? Welche fehlen uns, damit wir unser Ziel erreichen können?

Bevor unser Projekt überhaupt begonnen hat, haben wir also schon eine ganze Menge zu klären gehabt:

  • Problem, Ziel, Weg;
  • Sachliche, personelle, zeitliche Abgrenzung;
  • Umfeld;
  • Ressourcen

Mit dieser Klarheit in ein Auftragsgespräch gehen zu können, müsste eigentlich ein sehr gutes Gefühl geben.

Projektauftrag

Ist eine Projektidee einmal konkretisiert und abgegrenzt, kann die Arbeit am Projektauftrag in Angriff genommen werden. Dabei geht es nicht darum, ein schönes Papier zu formulieren, sondern darum, eine Arbeitsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer einzurichten. Die Arbeit am Projektauftrag ist daher keine Schreibtischarbeit für einen Einzelnen, sondern Aushandlungsarbeit zwischen mindestens zwei Beteiligten.

Der Projektauftrag stellt die Verbindung zwischen Organisation und Projekt her. Die Formulierung - auf der Grundlage der Vorarbeiten wie Projektabgrenzung, Umfeldanalyse, Kommunikationskonzept - ist Aufgabe des Projektleiters und steht normalerweise vor dem eigentlichen Projektbeginn.

Projektplan

Über die Schwierigkeit der Planung in einem komplexen gesellschaftlichen Umfeld wissen gerade Gewerkschafter genug zu berichten. Gute Planung in gewerkschaftlichen Projekten wird daher kaum je ein Drehbuch für nacheinander abzuwickelnde Aufgaben sein, sondern viel eher eine Liste von Orientierungs- und Prüfpunkten, die helfen, den Weg durch das Projektdickicht zu finden. Die Projektplanung hat zum Ziel,

  • Qualität,
  • Zeit,
  • Kosten

unter Kontrolle zu halten.

Immer geht es dabei um zwei elementare Schritte:

  • Aufgaben zerlegen;
  • Abläufe strukturieren.

Dieser Vorgang muss mehrfach durchlaufen und die Planung dabei immer weiter konkretisiert werden, bis das Projekt in »Arbeitspakete« zerlegt ist, die den einzelnen Teammitgliedern zugewiesen werden können. Die logische Struktur, die sicherstellen soll, dass keine wesentliche Aktivität übersehen wird, nennt man »Projektstrukturplan«. In dieser Struktur dienen »Meilensteine« der Orientierung.

Meilensteine

Ein wesentliches Hilfsmittel zur Schätzung des Aufwands und zur Kontrolle des Zeitablaufs stellen »Meilensteine« dar. Die dahinter liegende Logik ist, zentrale Ereignisse im Projektverlauf zu identifizieren, die für die weiteren Arbeitsschritte wesentlich sind. Dadurch wird das Gesamtprojekt in überschaubare Einheiten zerlegt, für die Schätzungen eher möglich sind. Man darf außerdem erwarten, dass sich so Schätzfehler zum Teil kompensieren.

Jeder Meilenstein ist charakterisiert durch

  • ein eindeutig identifizierbares Ereignis,
  • einen Soll-Termin.

Gerade in gewerkschaftlichen Projekten, die häufig große Unsicherheitsfaktoren enthalten, ist eine detaillierte Planung aller einzelnen Arbeitsschritte mit Dauer und benötigten Mitteln zu aufwendig, zu schwierig oder gar vollkommen undurchführbar. In diesen Fällen gewinnen Meilensteine zusätzliche Bedeutung. Sie erlauben es, in einer unsicheren Umgebung einzelne Ankerpunkte zu setzen, an denen sich Auftraggeber und Projektteam orientieren können. Anhand von Meilensteinen lassen sich auch Abweichungen vom Zeitplan in der Regel sehr gut einschätzen. Auf die Festlegung von mindestens einem Meilenstein für jede Teilaufgabe eines Projekts sollte man deshalb auf keinen Fall verzichten.

Im nächsten Heft: Projektkommunikation

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