topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Christoffel Blinden Mission
Spendenkonto: PSK 92.011.650

Impressionen aus anderen Welten | Ein Arzt berichtet über seine freiwilligen Hilfseinsätze in Asien und Afrika

Der Autor ist am Hanusch-Krankenhaus,einem Spital der Wiener Gebietskrankenkasse, Oberarzt in der Augenabteilung. Für sich allein ist das ein sehr zeitaufwendiger Beruf. Er schafft aber neben Beruf und Familie noch mehr. Regelmäßig und mit großer Hingabe unterstützt er die Christoffel-Blindenmission bei ihrer Hilfe für blinde und anders behinderte Menschen in den Armutsgebieten der Erde, besucht Projekte, berät, operiert. Exklusiv für »Arbeit&Wirtschaft« hat er einige seiner Eindrücke von diesen Reisen aufgezeichnet.

Beispiel: Lushoto, Tansania

Eine Gebirgsstadt im Usumbaragebirge, eine Gegend, die neben den Nationalparks im Norden als tansanisches Touristenzentrum gilt. Hier sieht man bereits einige Hotels entstehen, in Prospekten wird für die Schönheiten der Natur und für Wanderurlaub geworben, Diplomaten haben hier ihre Zweitwohnsitze.

Eine Besonderheit weist Lushoto noch auf - eine Blindenschule. Diese bietet einen Zufluchtsort für 70 Kinder. Was diese Schule so bedeutsam macht, ist die Tatsache, dass in der afrikanischen Gesellschaft Behinderte ein Tabu, eine Schande für die Familie darstellen. Beträgt die Kindersterblichkeit in Tansania an sich schon 14,2 Prozent, liegt die Lebenserwartung blinder Kinder im Afrika südlich der Sahara bei ein bis zwei Jahren. Behinderte werden weggesperrt, von der Familie nicht mehr hergezeigt und sind für die Familien auch wegen ihrer mangelnden Produktionsfähigkeit eine zusätzliche finanzielle Belastung. Hat Mama Joyce, die 60-jährige Leiterin der Schule, früher Eltern noch überreden müssen, ihre blinden oder schwer sehbehinderten Kinder gegen einen leistbaren Betrag der Schule zu übergeben, zeigt sich ein Erfolg dieser Schule auch darin, dass Eltern jetzt auch schon aus eigenem Antrieb um Aufnahme ihrer Kinder bitten.

Das Ziel der Schule ist neben dem Lehrplan der allgemeinen Grundschule auch die Vermittlung alltäglicher Fähigkeiten wie Kochen und Haushaltstätigkeiten, das Erlernen handwerklicher und landwirtschaftlicher Tätigkeiten auf dem angeschlossenen bäuerlichen Betrieb. Zu sehen, wie diese blinden Kinder liebevoll miteinander umgehen, wie sie sich gegenseitig unterstützen und miteinander spielen, lässt erahnen, wie glücklich blinde Kinder in dieser Umgebung aufwachsen. Die Realität zeigt sich aber immer wieder zur Ferienzeit um Weihnachten, wenn die Kinder für einen Monat zu ihren Familien zurückkehren. Besonders Mädchen kommen häufig in schlechtem Gesundheitszustand und hygienisch verwahrlost zurück, Tränen und Verzweiflung zeugen von der Realität des Elends, in dem ein großer Teil der Familien lebt.

Dennoch darf die Verbindung zu den Familien nicht abreißen, damit das soziale Umfeld diese Kinder nach Beendigung der Schule mit 14 Jahren in die Gemeinschaft aufnimmt. Für diese Integration sind dann die erlernten Fähigkeiten ein Garant dafür, dass die Behinderten einen Wert für die Gesellschaft darstellen.

Taxila, Pakistan

Eine Stadt am Beginn des Karakorum Highways, einer viel befahrenen Route, die für zahllose Touristen den Zugang zu den Hochgebirgen des Himalaya eröffnet. Es ist ein heißer Novembertag und ich ergreife die einmalige Gelegenheit, mit zwei pakistanischen Sanitätern, die in dieser Gegend gerade eine Kinderlähmungsimpfaktion durchführen, das Gelände einer der in Pakistan unzähligen Ziegelfabriken zu betreten. Mit Hilfe einer Polaroidkamera lässt sich schnell der Argwohn der Arbeiter beseitigen. Nach den ersten verteilten Fotos, die die Leute hier gerne von sich machen lassen und dann mit großem Stolz und kindlicher Freude herumzeigen, machen sie uns mit ihrer Arbeit vertraut.

Die kreisförmigen Brennöfen sind aus Tausenden von Tonziegeln aufgeschichtet, die Hohlräume im Inneren werden von oben mit alten Autoreifen geheizt. Die Hitze auf diesen Öfen ist für mich unerträglich, ganz abgesehen von den giftigen Rauchwolken, die beim Öffnen der Deckel zum Nachfüllen der Autoreifen explosionsartig entweichen.

Trotzdem sind diese Arbeiter stolz auf ihre Tätigkeit, die ihnen mit 3000 Rupien im Monat (damals ca. 1000 Schilling) einen für Pakistan durchschnittlichen Verdienst einbringt. Die Leute, die aus den Staubwolken der Umgebung auftauchen und die neu geformten Tonziegel herankarren und den nächsten Brennofen aufschlichten, werden von ihnen aber nicht beachtet. Diese Leute stellen eine der untersten Schichten in Pakistan dar, die bound labourers, die »gefesselten Arbeiter«. Diese Taglöhner erhalten für die Herstellung von 1000 Ziegeln 50 Rupien (16,6 Schilling), eine Menge, die von fünf Leuten an einem Tag geschafft werden kann. Die Gerätschaft - Schaufeln, Ziegelformen, Karren - müssen diese Taglöhner aber von den Ziegeleibesitzern kaufen, ein erster Schritt in die Verschuldung. Um möglichst viele Ziegel zu schaffen, setzt der Taglöhner seine Familie ein, sodass für den Besitzer die Zahl der offiziell Beschäftigten klein gehalten werden kann.

Unterkunft erhalten diese Familien auf dem Ziegeleigelände, einfachste höhlenartige Ziegelbauten, die aber natürlich ebenfalls bezahlt werden müssen. Durch die Verschuldung, die für die Taglöhner entsteht, werden sie und ihre Familien an die Ziegelei gefesselt und haben keine Chance mehr, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Kinderarbeit? - Gibt es hier natürlich offiziell nicht, wenn der angestellte Arbeiter seine Kinder für sich arbeiten lässt, ist das seine Angelegenheit und nicht die des Unternehmers. Kinderreichtum ist in solchen Systemen häufig die einzig mögliche Chance für Eltern, ihre Altersversorgung möglichst abzusichern. Der tägliche Überlebenskampf erfordert aber auch, dass Kinder bereits von klein auf arbeiten, um für den Unterhalt der ganzen Familie zu sorgen.

Kinderarbeit

Kinderarbeit als meist unterbezahlte, gesetzlich nicht geregelte Arbeit außerhalb des elterlichen Haushaltes muss unterschieden werden von Kinderbeschäftigung, wie sie in landwirtschaftlichen und kleinhandwerklichen Betrieben als Beitrag zum Familienunterhalt notwendig sein kann.

Anfang der 90er-Jahre beschloss der US-Kongress im Kampf gegen Kinderarbeit, auch Unternehmen aus Ländern, die Kinder offiziell und legal beschäftigten, bestehende Zollvorteile zu entziehen. Das hatte zur Folge, dass in Bangladesch die Mädchen aus Textilbetrieben entlassen wurden, Mädchen, die am Ende der Produktionskette die Textilien zusammenfalteten und für den vorwiegend amerikanischen Markt in Seidenpapier wickelten, eine saubere und relativ gut bezahlte Arbeit. Eine Untersuchung zeigte, dass diese entlassenen Mädchen jetzt natürlich nicht die Schule besuchten, sondern eine andere Arbeit suchen mussten, die in den meisten Fällen schmutziger, gefährlicher und schlechter bezahlt war. Bars und das Sexgewerbe boten für viele dieser Mädchen die einzige Möglichkeit zu arbeiten. Das generelle Verbot von an sich abzulehnender, aber in vielen Staaten wegen der wirtschaftlichen Notlage zahlloser Familien notwendiger Kinderbeschäftigung begünstigt die Kinderausbeutung in gefährlichen, schmutzigen und schlecht bezahlten Tätigkeiten und im Prostituiertenmilieu. (Ein Nebensatz: Laut UNICEF-Bericht 1997 müssen auch in den USA mindestens 100.000 Kinder im Prostituiertenmilieu arbeiten.)

November 2000: Ein Gewerkschaftsheim in Wien

Ein pakistanischer Gewerkschafter berichtet einen Abend lang über die Probleme in seinem Land. Einem Land, in dem nicht nur wegen des jahrhundertealten und noch immer bestehenden Feudalsystems Gewerkschaftsbewegungen mit großem Widerstand kämpfen müssen, sondern auch, weil sich die großen westlichen Firmen weigern, in ihren Fabriken Gewerkschaften zuzulassen.

Hier werden gerne Frauen angestellt, da sie als abhängiger und leichter steuerbar gelten und ihre Arbeit mit weniger Lohn abgegolten werden kann. Wenn aber Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft erst einmal die Erlaubnis des männlichen Familienvorstandes bekommen, einer Arbeit nachzugehen, wozu sich immer mehr Männer gezwungen sehen, ergibt das für Frauen die einzigartige Chance, eine gewisse Selbständigkeit zu erlangen. Frauen gewinnen daher in der pakistanischen Gewerkschaftsbewegung zunehmend an Bedeutung.

Battagram im Pashtunengebiet

Dr. Noor Bahia, ein Augenarzt in Battagram im Pashtunengebiet im Norden Pakistans, erzählt mir voller Stolz, dass auch seine beiden Brüder studiert haben. Auf meine Frage, wie groß seine Familie gewesen ist, erzählt er nebenbei auch von drei Schwestern, die allerdings nie in die Schule gegangen sind und weder lesen noch schreiben können. Ein typisches Beispiel - die Einschulungsrate in Pakistan beträgt 71 Prozent, für Mädchen aber nur 27 Prozent.

Das Krankenhaus in Battagram: Frauen im Vorhof sitzen zusammengekauert mit dem Gesicht zur Wand, durch die alles verhüllende Burqua an Altkleiderbündel erinnernd. Die augenärztliche Untersuchung ist noch relativ einfach. Mit einer Handbewegung kann der männliche Begleiter den Sehschlitz der Burqua öffnen und die Augen für die Untersuchung frei machen.

Als Projektziel bei der Einrichtung der Augenabteilung wurde vom österreichischen Projektpartner vorgegeben, dass ebenso viele Frauen wie Männer untersucht und behandelt werden müssen. Ein Tag in der Ambulanz zeigt, dass dieses Ziel zumindest einigermaßen erreicht wird. Frauen, die am grauen Star operiert werden, müssen wegen beidseitiger Blindheit allerdings geführt werden, Männer können zum größten Teil das Krankenhaus noch selbständig aufsuchen. Der Grund dafür wird vom pakistanischen Kollegen mit einem Achselzucken abgetan - Frauen werden eben erst dann gebracht, wenn sie nicht mehr arbeiten können.

Szenenwechsel: Moshi, Tansania

Unser Fahrer macht uns auf ein schwarz gekleidetes Mädchen am Straßenrand aufmerksam. Die schwarze Kleidung - als Zeichen für die erfolgte Beschneidung muss sie das Mädchen sechs Monate tragen. Offiziell wurde die Beschneidung in Tansania vor einigen Jahren verboten, daher sieht man schwarz gekleidete Mädchen seltener, die Beschneidung selber ist aber traditioneller Bestandteil im Heranwachsen der Mädchen und Buben in Tansania, besonders in der Gesellschaft der Massai, die einen großen Bevölkerungsteil ausmachen. Ein Vorgang, den uns der Fahrer - während der Fahrt! - prustend in kurzen Handbewegungen vorführt.

Ein Ritual, das für Buben in der Einfachheit der Durchführung sicher auch nicht angenehm ist, für die Mädchen aber in den verschiedenen Formen der genitalen Verstümmelung ein wesentlich größeres Trauma und auch eine lebensbestimmende Misshandlung darstellt.

Auf die Frage, wozu diese Beschneidung gut sei, erklärt der Fahrer, dass sie die Potenz verstärke. Und bei den Mädchen? »Unbeschnittene Frauen werden alle Prostituierte, weil ihnen der Geschlechtsverkehr Spaß macht.«

Beschneidung

Nach UNICEF-Schätzungen müssen sich jedes Jahr 2 Millionen Mädchen zwischen 4 und 8 Jahren der Tortur unterziehen, um später als Gebärmaschinen für die notwendige Kinderzahl zu sorgen, die auch in der traditionellen afrikanischen Gesellschaft die einzig mögliche soziale Absicherung und Altersversorgung für die Eltern darstellt.

Schulische Ausbildung wäre für diese Mädchen und ihre späteren Kinder die große Chance, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Wir wissen, dass die Kinderzahl auch in den Ländern Afrikas und Asiens mit steigender schulischer Bildung und beruflicher Ausbildung der Mütter sinkt.

Rawalpindi, Pakistan

An einem Sonntag fahren wir zu dritt mit 32 Mädchen eines christlichen Waisenhauses zur Sonntagsmesse, gedrängt in einem klapprigen Kleinbus. Ausgelassene Stimmung - für die Mädchen sind wir drei europäischen Besucher eine exotische Sensation. Die 10- bis 16-Jährigen benehmen sich wie Mädchen dieses Alters überall auf der Welt - Gekicher, Gelächter, ein gewisses Kokettieren der älteren.

Die Geschichte eines Mädchens mit einer verkrüppelten rechten Hand: Die Mutter verbrennt sich vor den Augen ihrer sechs Kinder, weil sie ihren gewalttätigen Ehemann nicht mehr erträgt, der Vater hindert die Kinder daran, der Mutter zu helfen. Das Mädchen kommt zu ihrer Großmutter, die selber noch eine Schar eigener Kinder zu versorgen hat. Die Großmutter stirbt, das damals ungefähr 12-jährige Mädchen wird über einen längeren Zeitraum von ihren Onkeln regelmäßig vergewaltig. Eines Tages wird das Mädchen von einem Lastwagen überfahren und vom Fahrer nicht nur liegen gelassen, sondern in den Straßengraben geworfen.

Schwester Kathrin, die Gründerin dieses Waisenhauses, schildert ihre schwierigste Aufgabe bei der Betreuung solcher Kinder - die Mädchen wieder zum Lächeln zu bringen, dann hat sie gewonnen. Erst dann hat sie die Möglichkeit, diese Mädchen für die dem Waisenhaus angeschlossene Schule zu interessieren. Und Bildung bedeutet für diese Kinder, wie überall in der Welt, ihr weiteres Leben selbständiger gestalten zu können. Investition in Bildung bedeutet aber auch für den Staat den kürzesten Weg zur Förderung seiner Wirtschaft und sozialen Wohlfahrt. Eine Einsicht, die sich in einem großen Teil der Welt erst langsam durchsetzt. Beispiel Pakistan: 31 Prozent der Staatsausgaben für Rüstung, 2 Prozent für Gesundheit und 1 Prozent für Bildung. Weltweit gehen über 130 Millionen Kinder im Grundschulalter nicht zum Unterricht.

Das hat aber verschiedene Gründe. In Kalat, einer alten historischen Stadt im Herzen Beluchistans, die nach einem Erdbeben in den 30er-Jahren verwüstet wurde und ihre Bedeutung verloren hat, habe ich Gelegenheit mit einem Projektbeauftragten zu sprechen, der sich um die hohe Ausfallsrate der Grundschüler kümmern soll. In den Jahren 1990-1998 wurden 71 Prozent der Buben und 62 Prozent der Mädchen in die Grundschulen eingeschrieben, die 5. Klasse der Grundschule haben von diesen Kindern aber nur 48 Prozent beendet. Eine Erklärung, die mir der engagierte, aber einigermaßen frustrierte junge Mann gibt, ist die, dass die Schulgebäude in einem derart desolaten Zustand sind und keinerlei hygienische Möglichkeiten wie einfachste Toiletten bieten, dass sich die Eltern weigern, die Kinder zur Schule zu schicken. Seine Aufgabe wäre nun durchzusetzen, dass die Schulgebäude besser ausgestattet werden, dass zum Beispiel auch Mauern um die Schulgelände zum Schutz der Kinder aufgerichtet werden, dafür fehlt aber ganz einfach das Geld.

Schulen

1997 wurde in Thailand ein von der UNICEF-Organisation Save the Children (bei uns: Rettet das Kind) unterstütztes Programm »Kinderfreundliche Schulen« gestartet, das zum Ziel hat, Schulen so zu führen, dass die Kinder und ihre Eltern auch Interesse daran haben, die Grundschulen zu beenden. Ein wichtiges Projekt, das mittlerweile auch auf den Philippinen und in einigen Ländern Afrikas begonnen wurde. Ein kleiner, aber wichtiger Schritt auf dem Weg ins Bildungszeitalter, das für einen großen Teil der Weltbevölkerung noch nicht begonnen hat.

Tororo, Uganda

Eine Kleinstadt an der kenianischen Grenze mit 25.000 Einwohnern. Ein öffentliches Spital mit einer chirurgischen Abteilung. Die Patientenräume und der Operationssaal lassen bei mir den kalten Schweiß ausbrechen beim Gedanken an einen Unfall, der mich auf eine Versorgung an diesem Ort angewiesen machen würde.

Ganz anders sieht die kleine Augenklinik aus, die hier von einem bayrischen Optiker und Entwicklungshelfer aufgebaut wurde. Ein 3-jähriges Mädchen mit angeborenem grünen Star, auf einem Auge erblindet, können wir nicht operieren, weil wir keine sichere Narkose machen können. Der Rat an die Mutter, ihr Kind ins Spital von Kampala, der 250 km entfernten Hauptstadt, zu bringen, wird die Familie vor ein Problem stellen - Busse verkehren nur unregelmäßig, Personenverkehr auf dem schlecht ausgebauten Bahnnetz gibt es in Uganda nicht mehr. Die Tyrannei des Idi Amin hat das früher florierende Uganda in den Ruin getrieben. Nicht überall kann dem Kolonialismus die alleinige Schuld am hoffnungslosen Zustand vieler ehemaliger Kolonien gegeben werden, er hat aber, genauso wie häufig überstürzte Dekolonisierung in den 50er- und 60er-Jahren, den Boden bereitet für die weitere Ausbeutung der Menschen durch ihre eigenen Leute, auch wenn sie am Beginn noch so große Hoffnungsträger waren.

Beharrlichkeit der Hoffnung

In Streiflichtern wollte ich Lebensbedingungen zeigen, wie ich sie erleben konnte - keine spektakulären Katastrophen, sondern Geschichten aus dem Alltag von Menschen, die im Süden geboren sind. Menschen, deren Schicksal von Geburt an durch Armut geprägt ist, einer Armut, die nicht nur materielles Elend bedeutet, sondern vor allem Unfreiheit und fehlende Entscheidungsmöglichkeit. Es gibt die weltweite Chancengleichheit nicht - wir im Norden sind reich, nicht nur materiell, sondern auch, weil der größte Teil von uns in unserer modernen, demokratischen Gesellschaft die Entscheidungsfreiheit hat, wie er sein persönliches, individuelles Leben führen will.

Ich möchte abschließend ein Zitat des Schriftstellers Siegfried Lenz abwandeln:

»Was wir brauchen ist Starrsinn, unentmutigter Starrsinn, der angesichts großer Wirkungslosigkeit nicht aufhört, seine Fragen an die Welt zu stellen. Was wir brauchen, ist die Beharrlichkeit einer Hoffnung, die sich durch nichts widerlegt sehen will. Von der etablierten Ungerechtigkeit noch Gerechtigkeit zu verlangen, in Zeiten der Ungleichheit Gleichheit zu fordern, angesichts tätiger Feindseligkeit geduldig zur Menschlichkeit und Brüderlichkeit zu überreden.«

Spendenkonto: PSK 92.011.650

Freiwilliger des Jahres

Ehrung für ehrenamtlichen Einsatz

Dr. Karl Rigal (46) ist Oberarzt an der Augenabteilung am Hanusch-Krankenhaus der Wiener Gebietskrankenkasse. Für sich allein ist das ein sehr zeitaufwendiger Beruf. Dr. Rigal schafft aber neben Beruf und Familie noch mehr. Regelmäßig und mit großer Hingabe unterstützt er die Christoffel-Blindenmission bei ihrer Hilfe für blinde und anders behinderte Menschen in den Armutsgebieten der Erde.


Zweimal pro Jahr macht sich Dr. Rigal auf eine lange Reise zu einem der Hilfsprojekte der Christoffel-Blindenmission. Bereits mehrmals besuchte er Projekte in Pakistan.

Die Probleme in Pakistan sind vielfältig. Durch Vitamin-A-Mangel drohen viele Kinder zu erblinden. Durch Verabreichung einer Vitamin-A-Kapsel können sie für ein halbes Jahr vor der Erblindung geschützt werden. Viele Einwohner Pakistans haben durch grauen Star ihr Augenlicht verloren. Anders als bei uns sind dort auch viele junge Menschen betroffen. Eine Operation, bei der eine künstliche Linse eingesetzt wird, kann diesen Menschen ihr Augenlicht wiedergeben.

Die Kosten, um einen Menschen wieder sehend zu machen, sind gering: Auf nur 350 Schilling belaufen sie sich durchschnittlich für eine Staroperation und auf 10 Schilling für die Verteilung einer Vitamin-A-Kapsel.

Dr. Rigal untersuchte, behandelte und operierte bei seinem Aufenthalt in Pakistan Dutzende Menschen. Er gab seine medizinischen Erfahrungen an die jungen Ärzte in Pakistan weiter, entwickelte Strategien für die nächsten Jahre und bestärkte das medizinische Fachpersonal vor Ort.

Zurück in Wien bespricht er mit der Christoffel-Blindenmission die nächsten Schritte für das Projekt. Welche Maßnahmen müssen als Nächstes getroffen werden, wo mangelt es an medizinischen Geräten, wie viel medizinisches Personal soll künftig im Projekt ausgebildet werden? Für die Christoffel-Blindenmission ist Dr. Rigal ein wertvoller Fachberater, dessen Wissen nicht mit Geld aufzuwiegen wäre.

Ende November wurde Dr. Rigal von Außenministerin Dr. Ferrero-Waldner für seinen Einsatz geehrt. Im würdigen Rahmen wurde er durch die Außenministerin und Heribert Steinbauer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Entwicklungs-Zusammenarbeit, ausgezeichnet. Dr. Ferrero-Waldner lobte den Einsatz der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer in Österreich. (CBM/Kafka)

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum