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Brauereien im Unternehmens-Ranking

Konsumentenmacht gegen Wirtschaftskannibalismus | Ethisches Konsumieren als Ausweg aus der Krise?

Die klassischen Lehren der Wirtschaftstheoretiker - von Adam Smith über Karl Marx bis John Maynard Keynes - haben kaum noch Bedeutung. In der Wirtschaft herrscht Kannibalismus und Rationalisierungswahn. Politiker - egal, welchen Couleurs - haben sich aus der Verantwortung gestohlen. Jetzt ist der Konsument am Zug: Ethisches Konsumieren könnte Abhilfe schaffen.

Seit Beginn dieses Jahres haben multinationale Konzerne - soweit bekannt - mehr als 100.000 Arbeitsplätze abgebaut. Darunter so prominente Unternehmen wie ABB, Alcatel, American Express, Compaq, 3M, Ericsson, Nokia, Roche, Schering und Siemens. Was ist mit der Wirtschaft los? Verunsicherte Manager sprechen von schwierigen Marktbedingungen, der Schwäche der US-Wirtschaft, dem zunehmenden Konjunkturabschwung in Europa und im pazifischen Raum Asiens sowie von damit in Verbindung stehenden Gewinnrückgängen. Jetzt gehe es darum, Kosten zu senken, Effizienz, Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, um das Einkommenswachstum in einem unsicheren globalen Umfeld sicherzustellen.

Und das alles, obwohl die meisten Konzerne noch immer einen beträchtlichen Gewinn erwirtschaften. Doch um Gewinne allein geht es nicht mehr: Der Shareholder-Value, also der Wert eines Unternehmens für Anleger, steht im Vordergrund. Denn mittlerweile stellen die meisten Aktien ein reines Spekulationsobjekt dar, das durch Kauf und Verkauf möglichst hohe Erträge erzielen soll. Ein Spiel, bei dem inzwischen auch mehr und mehr Konsumenten aufgrund ihres erstarkenden Vorsorgeverhaltens mitmachen, indem sie ihr Geld in Aktienfonds oder direkt in Aktien investieren. Und um Renditen und Aktienkurse zu steigern, werden häufig Arbeitskräfte abgebaut, atypische Beschäftigungsverhältnisse forciert, Arbeitsplätze in Billiglohnländer verlagert, die Dritte Welt ausgebeutet, Druck auf Mitarbeiter und Geschäftspartner ausgeübt, Umweltschutzmaßnahmen vernachlässigt usw.

Wir stoßen an Grenzen

Doch das ist nur eine Facette unserer derzeitigen Wirtschaftssituation. Denn Tatsache ist, dass in unserer Gesellschaft, die auf Wachstum basiert, mehr und mehr Grenzen sichtbar werden: Die Märkte sind übersättigt, lediglich konsumentenorientierte Innovationen könnten Abhilfe schaffen. Doch diese werden immer spärlicher. Neue »Features«, die beispielsweise die Bedienung elektrischer und elektronischer Geräte erschweren, stellen leider eine Sackgasse dar.

Dazu kommt eine sinkende Kaufkraft. Wenn auch gerade die Österreicher mittlerweile ihre Sparbücher strapazieren (mitunter auch aus Angst vor der Euro-Umstellung), so geht der Realwirtschaft nicht zuletzt aufgrund des bereits erwähnten Vorsorgeverhaltens einiges Geld verloren.

Dass in einer solchen Situation die Jagd nach dem Billigstpreis im Vordergrund steht, versteht sich von selbst. Dies führt aufgrund des verstärkten Wettbewerbs zu einem aggressiven Preiskampf. Der mehr und mehr konzentrierte Handel gibt den Druck an die Produzenten weiter, was zu weiteren Rationalisierungsmaßnahmen führt. Nicht zuletzt kommt es zu Unternehmenszusammenlegungen und Übernahmen, was meist zu einem weiteren Arbeitskräfteabbau und Ähnlichem führt. Die Kaufkraft der Konsumenten sinkt weiter. Die Spirale nach unten dreht sich noch schneller.

Unzufriedenheit mit Wirtschaftsleben steigt

Laut einer Repräsentativumfrage, die vom IMAS International (Institut für Markt- und Sozialanalysen) sowie von Synerga (Agentur für Kommunikationsmanagement & Unternehmenskulturentwicklung) durchgeführt wurde, sind 60 Prozent der Österreicher zutiefst unzufrieden mit dem heutigen Wirtschaftsleben. 72 Prozent wünschen sich Informationen über das Verhalten von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft, denn sie glauben, dass man als Konsument durch das eigene Kaufverhalten das Verhalten von Unternehmen beeinflussen kann.

Um Konsumenten diese Informationen bieten zu können, initiierte der Verein für Konsumenteninformation unter Mitarbeit von Synerga das EU-Projekt »Ethischer Konsum - Förderung verantwortungsbewussten Kaufverhaltens«.

Darauf aufbauend begann die Zeitschrift »Konsument« als erstes klassisches Testmagazin vergleichende Warentests - bei denen Qualität und Preis unter die Lupe genommen werden - mit dem Urteil über das mehr oder weniger verantwortungsbewusste Unternehmensverhalten zu ergänzen. Die positiven Reaktionen der Leser waren enorm.

Was wird getestet?

Diese Unternehmenstests werden vom Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (IMUG), von der Universität für Bodenkultur (Institut für Agrarökonomie) und von Synerga durchgeführt. Letztere Organisation bezieht bei ihrem Testverfahren als einzige auch Mitarbeiter und Betriebsräte mit ein. Getestet werden von ihr unter anderem:

  • Informationsqualität
    —Informationsverhalten gegenüber Mitarbeitern, Kunden und der Öffentlichkeit.
    —Soziale Verantwortung
    —Umgang mit Mitarbeitern
  • Betriebsklima
    —Entlohnung der Mitarbeiter
    —Rücksichtnahme auf Problemgruppen
    —Verhalten gegenüber Geschäftspartnern
    —Regionale Verantwortung.
  • Kundenfreundlichkeit
    —Umgang mit Kunden
    —Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten
    —Entgegenkommen bei Reklamationen
    —Servicemöglichkeiten.
  • Umweltverantwortung
    —Rücksichtnahme auf die Umwelt im Produktionsprozess, bei der Auswahl der Rohstoffe, beim Transport usw.
    —Minimierung des Verbrauchs an Energie, Roh- und Hilfsstoffen, Verpackungsmaterialien usw.
    —Verminderung von Abfall sowie umweltbelastender Emissionen in Wasser, Luft und Boden.

Dabei handelt es sich um Testkriterien, die ebenfalls auf einer IMAS-Synerga-Repräsentativumfrage basieren. Hierbei wurde festgestellt, was die österreichische Bevölkerung in erster Linie an Unternehmen interessiert und auch ihr Kaufverhalten beeinflussen würde.

Umstrukturierungen sind notwendig

Durch die Erkenntnis, dass wir mehr und mehr an Grenzen stoßen, wird ein notwendiger Wandel der Wirtschaftsstrukturen deutlich. Doch nicht alle Maßnahmen sind sinnvoll. So warnt das von der Kommission der europäischen Gemeinschaften vorgelegte Grünbuch »Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen« vor unüberlegten Betriebsverkleinerungen, Fusionen und Übernahmen: »Nach einer Studie erreichen weniger als ein Viertel aller Umstrukturierungsmaßnahmen ihr Ziel des Kostenabbaus, der Produktivitätssteigerung, der Qualitätsverbesserung und der Verbesserung des Kundendienstes, da sie oft die Motivation, Loyalität, Kreativität und Produktivität der Arbeitnehmer beeinträchtigen.«

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