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Jede Stimme zählt - wir sind bereit!

INTERVIEW

Das aktuelle A&W-Gespräch mit ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch

»Arbeit&Wirtschaft«: Kollege Verzetnitsch, die öffentliche Diskussion zu den Gehältern bei der Post AG wurden zuletzt auch auf deine Person zugespitzt. Wie geht es dir persönlich bei den an dich gerichteten Rücktrittsaufforderungen?

Fritz Verzetnitsch: Aus vielen persönlichen Gesprächen mit ÖGB-Mitgliedern weiß ich, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier sehr wohl unterscheiden können zwischen den Vorkommnissen bei der Personalvertretung im Unternehmen Post und den unsozialen Belastungen und Vorhaben der Bundesregierung.

Es ist allerdings in einer Restrukturierungsphase, in der sich die Post AG derzeit befindet, keiner Kollegin, keinem Kollegen und auch niemanden in der Öffentlichkeit erklärbar, dass sich das Gehalt eines Personalvertreters oder Betriebsrates auch nur um einen Schilling erhöht. Wenn rechtlich auch korrekt, so muss man den Verhandlern den Vorwurf machen, die politische Dimension unterschätzt zu haben.

Die Konsequenzen sind gezogen: Die Umsetzung der Vereinbarung ist ausgesetzt, bis der Rechnungshof die Rechtmäßigkeit geklärt hat. Sämtliche in diesem Zusammenhang ausgezahlten Beträge wurden von der Post AG zurückgefordert und sind auch schon zurückgezahlt.

Wie soll es aus der Sicht der Personalvertretung weitergehen?

Die Personalvertretung und die Post AG müssen unter Einbeziehung der rechtlichen Beurteilung durch den Rechnungshof eine Lösung ausarbeiten. Im Vordergrund muss daher stehen, dass die Personalvertreterinnen und Personalverteter gegenüber anderen Mitarbeitern des Unternehmens nicht bessergestellt, aber auch nicht am Fortkommen im beruflichen Leben behindert werden. Nur durch eine solche Maßnahme kann gewährleistet werden, dass das Vertrauen der Belegschaft in ihre Personalvertretung wieder hergestellt wird. Es ist an der Zeit, dass wir uns wieder den Problemen zuwenden, die alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen. Für persönliche Betroffenheiten habe ich da eigentlich gar keine Zeit.

Sind unsere Fragen zur Urabstimmung »No-Na«-Fragen?

Eine »No-Na«-Frage ist für mich eine Frage, bei der die Zustimmung selbstverständlich ist. Wenn nun gerade Mitglieder der Bundesregierung von »No-Na«-Fragen reden, dann müssten sie doch die Ambulanzgebühren zurücknehmen und auch die Studiengebühren, wenn sie das ernst meinen. Dann sollen sie sich doch von der vorgesehenen Umwandlung der Abfertigung in eine Betriebspension distanzieren oder von der angekündigten Verlagerung von Verhandlungen über die Arbeitszeit auf betriebliche Ebene. All diese Aufregungen der Regierungsparteien zeigen doch, dass wir richtig liegen. Wer erwartet denn im Ernst Zustimmung von dieser Seite?

Immer wieder wird verlangt, die genaue Zahl der Beteiligung an der Urabstimmung zu prognostizieren, die »Erfolgslatte« zu legen ...

Meines Wissens ist dies die erste Urabstimmung dieser Art in Europa. Natürlich erwarten wir eine möglichst hohe Beteiligung. Jede Stimme ist wichtig. Auch bei Nationalratswahlen stehen die politischen Programme im Vordergrund und nicht die Wahlbeteiligung.

Ich habe aber schon öfter die offensichtlich ernst gemeinte Frage nach dem »Generalstreik« gehört. Was sind Kampfmaßnahmen?

Da kann es keine Aufzählung geben. Die Maßnahmen werden immer von den konkreten Situationen abhängen. Und es geht bei der Frage darum, grundsätzlich die Kampfbereitschaft abzufragen. Wenn sie wollen, können die Gewerkschaftsmitglieder hier ein Signal setzen und zeigen »Wir sind bereit!« Den einen sind wir zu lau, den anderen zu radikal - und von allen bekommen wir plötzlich wohlgemeinte »gute Ratschläge«. Ist die Urabstimmung eine Kampfansage? Gewerkschafter sind Verhandler und wir haben Erfahrung im Verhandeln: Durch unsere Kollektivvertragsverhandlungen werden jährlich Milliarden von Schilling - mehr als der österreichische Staatshaushalt - bewegt. Deswegen, wegen dieser Erfahrung im Verhandeln, sind wir es auch gewöhnt, dass man uns über den Tisch ziehen will, und wir bleiben dabei gelassen. Wir orientieren uns an Fairness und Gerechtigkeit. Der systematische und konkrete Sozialabbau ist unfair und ungerecht und lässt sich auch durch nichts rechtfertigen und beschönigen. In Verantwortung für die Zukunft unseres Landes müssen wir Gegenmaßnahmen setzen. Wir bewerten jede Regierung danach, was sie bereit ist, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu tun. Deshalb ist es gerade jetzt an der Zeit, die Gewerkschaftsmitglieder zu fragen, wie sie zu der sozialen Entwicklung im Lande stehen.

Unter den Lesern von »Arbeit&Wirtschaft« sind sehr viele Betriebsfunktionäre. Wie lautet deine Botschaft an sie?

Gewerkschaftsarbeit ist erst möglich durch den tagtägliche Einsatz unserer von der Kollegenschaft frei gewählten Betriebsräte, Personalvertreter und Jugendvertrauensräte. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertrauen den Leuten, die sie gewählt haben, weil sie ihre tägliche Arbeit kennen. Wer die Arbeitnehmerrechte schwächen möchte, dem ist diese Form der Demokratie und Mitbestimmung im Betrieb ein Dorn im Auge. Und den Gegnern ist - wie wir in den letzten Wochen feststellen konnten - jedes Mittel recht. Ob Diffamierung, unbewiesene Unterstellung und anderes mehr. Unsere Antwort muss sein, gemeinsam mit allen gewählten Vertrauensleuten in diesen Wochen ein deutliches Signal zu setzen, das unmissverständlich ist. Glückauf für dieses Ziel!

Kollege Verzetnitsch, danke für das Gespräch!

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