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Nicht nur, aber auch!

LEITARTIKEL

Bundeskanzler ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel sieht in der ÖGB-Urabstimmung ein »Ablenkungsmanöver« der Gewerkschaft von den eigenen Schwierigkeiten. Die Antwort darauf hätte er in einem Kommentar von Alexander Purger in den »Salzburger Nachrichten« nachlesen können. Dort hieß es am 21. August unter dem Titel »Eine Affäre, wie von Schwarzblau bestellt«:

»Angenommen, FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler hätte unlängst bei einer guten Fee einen Wunsch frei gehabt - er hätte sich genau das gewünscht, was jetzt in der Postgewerkschaft aufgeflogen ist. Die Affäre um die Gagen der dortigen Gewerkschaftsbosse erfüllt in geradezu unglaublicher Weise die aktuellen Bedürfnisse der Bundesregierung.

Erstens schwächt sie mit dem ÖGB die nach wie vor einzige nennenswerte Opposition in diesem Lande. Zweitens dreht sie sich um Geld, ist also für die Bevölkerung leicht fasslich und interessant. Drittens gibt sie der FPÖ die Möglichkeit, ihr ramponiertes >Robin Hood<-Image aufzupolieren. Und viertens fällt die Affäre - obwohl auch ein schwarzer Gewerkschafter verwickelt ist - überwiegend der roten Reichshälfte auf den Kopf ...«

Soweit die »Salzburger Nachrichten«, wobei gerade bei dieser Zeitung kaum ein Verdacht aufkommen kann, dass sie der organisierten Arbeitnehmerschaft in irgendeiner Weise nahe stünde.

Also, noch einmal gefragt: Wer lenkt hier wen wovon ab? Das sicherlich nicht zu entschuldigende Fehlverhalten einiger Personalvertreter im Unternehmen Post AG wurde dazu benutzt, von den Forderungen, den politischen Inhalten und der Kritik der Gewerkschaften am Kurs der derzeitigen Bundesregierung abzulenken.

Die Stimmen der moralische Entrüstung wirkten ziemlich vordergründig aufgesetzt, genauso wie die Rücktrittsaufforderungen an den ÖGB-Präsidenten. Man glaubt offensichtlich, damit von der Besorgnis vieler Hunderttausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Entwicklung vor allem der Sozialpolitik in unserem Lande ablenken zu können.

Auf die Frage zum Beispiel, wie es um die Selbstbehalte bei der Gesundheitsversorgung steht, kommt die Antwort, ihr seid alle krumme Hunde. Auf ein Argument zur Sache argumentiert man zur Person des Fragestellers.

Diversion nannte man früher den Ablenkungsangriff, und so ein Vorgang findet auch jetzt statt. Dabei übersehen die Anführer dieser Diversion, dass diese vehementen Angriffe leicht ins Gegenteil umschlagen. Selbst die vertrauensseligsten Konsumenten der veröffentlichten Meinung werden schön langsam stutzig ob dieses massiven Trommelfeuers, und anstatt wie beabsichtigt den ÖGB in Misskredit zu bringen, verstärkt sich durch die ständigen Untergriffe die Sympathie mit dem Angegriffenen.

Der immer wieder geäußerte Vorwurf der einseitig parteipolitischen Ausrichtung des ÖGB ist leicht zu widerlegen. So widerspricht zum Beispiel der »schwarze« ÖGB-Vizepräsident Fritz Neugebauer (FCG) der Aussage von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, wonach die Urabstimmung des Gewerkschaftsbundes ein Ablenkungsmanöver sei. Die ÖGB-Urabstimmung ist ein »demokratisch legitimiertes Instrument, das wir vor dem Sommer beschlossen haben. Ich wüsste nicht, welches Ablenkungsmanöver dahinter steckt«, so Neugebauer im »Standard«.

Auch Neugebauers Stellvertreterin Christine Gubitzer meint, »man soll die Leute nicht bevormunden und sagen, dass die Regierung die Antworten gibt. Es geht um Verschlechterungen für Arbeitnehmer«. Auch die Regierung wäre »gut beraten, zu hinterfragen, was sie den Leuten zumutet. Dann ist man am Wahlabend nicht überrascht«. Gubitzer weiter:

»Und überhaupt muss die Regierung schon ein sehr schlechtes Gewissen haben, wenn sie von vornherein damit rechnet, dass bei der Urabstimmung ein Nein zu ihren Maßnahmen und Plänen herauskommt«.

Neugebauer will die Urabstimmung auch als »Appell an die Regierung, sich zu Sachfragen wie der Versicherungspflicht zu äußern«, verstanden wissen. »Es geht nicht nur um Kampfmaßnahmen.«

Jawohl, nicht nur - aber auch! Obwohl auch hier Bundeskanzler Schüssel anderer Ansicht ist. So lese ich folgenden Satz in der »Presse«: »... Denn nach klimatisch heißem Sommer werde, so prophezeit der Bundeskanzler in Anspielung auf die bevorstehende ÖGB-Urabstimmung, nicht ein ebensolcher Herbst folgen ...«

Oh Wetterfrosch, wir hören dich quacken.

Ob sich das ehemals Mascherl tragende Orakel vom Ballhausplatz da nicht doch irrt?

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