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Wichtige Beteiligungen der österreichischen Elekrizitätswirtschaft und Gaswirtschaft

»Stromliberalisierung«: Vom Monopol zum Oligopol | »Der Strom kommt aus der Steckdose ...«

Ab kommendem 1. Oktober können alle Kunden, auch der kleinste Privathaushalt, ihre Stromlieferanten frei wählen. Österreich ist damit fünftes EU-Mitglied, bei dem die volle Liberalisierung im Strombereich umgesetzt wird. Schneller als es die EU-Kommission vorschreibt. Ob dieses Tempo das richtige ist, bezweifeln E-Wirtschaft und Arbeitnehmervertreter. Freilich aus unterschiedlichen Gründen.

Bis 19. Februar 1999 galt das zweite Verstaatlichungsgesetz aus 1947. Es verordnete der Elektrizitätswirtschaft Versorgungspflicht, sicherte ihr aber auch das Monopol auf ein fest umrissenes Gebiet. Aus diesem Grund gab es auch amtlich bestimmte Stromtarife. Auf Basis einer EU-Binnenmarktrichtlinie, die den Mitgliedsstaaten die schrittweise Öffnung ihrer Strom- und Gasmärkte vorgibt, wurde 1999 das Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz (ElWOG) beschlossen. Durch diese teilweise Marktöffnung konnten rund 150 österreichische Stromgroßverbraucher ihre Lieferanten frei wählen. Schrittweise, so der ursprüngliche Fahrplan, wäre bis 2003 der Strommarkt für alle Endverbraucher ab mindestens neun Gigawattstunden Jahresverbrauch offen gewesen.

Im vergangenen Sommer wurde mit einer Neufassung des ElWOG die totale Öffnung des Strommarktes auf 1. Oktober 2001 vorgezogen (der Gasmarkt soll zwölf Monate später aufgehen). »Viel zu rasch!«, rief ein Großteil der österreichischen Energieversorgungsunternehmen. Selbst der erste Stromregulator Österreichs, Walter Boltz, der am 1. März sein Amt als Hüter über die Wettbewerbsgleichheit auf dem Strommarkt antrat, zeigte Skepsis. Boltz war, als ehemaliger Direktor des internationalen Beratungsunternehmens »PriceWaterhouseCoopers«, maßgeblich am Konzept zur Liberalisierung der Energiemärkte beteiligt gewesen. »Bis Dezember 2001 wird es wohl klappen«, sagte er in einer Expertenrunde. Die Öffnung im Oktober »...wird nicht ohne Probleme abgehen«, meinte er in seiner Antrittspressekonferenz im März.

Elektrizitätsbeirat

»Lieber hätten wir noch ein halbes Jahr zugewartet. In dieser kurzen Zeit werden nicht alle flankierenden Maßnahmen realisiert werden können!«, meint Ditmar Wenty, der als Ver- treter der Bundesarbeitskammer dem Elektrizitätsbeirat angehört. Der Energiefachmann, nunmehr als unabhängiger Experte auch in der weisungs- freien Regulierungsstelle Energie-Controll Kommission für juristisch-kaufmännische Fragen zuständig, glaubt nicht, dass der Markt am verordneten Stichtag bereits funktioniert. Internationale Erfahrungen zeigten, dass es mindestens zwei Jahre dauert, bis sich die Spieler auf dem Markt etablieren können.

In Großbritannien, Finnland und Norwegen waren die Märkte schrittweise geöffnet und systematisch die Voraussetzungen für freien Wettbewerb geschaffen worden. Nur Deutschland hatte mit seinem Energiewirtschaftsgesetz 1998 ohne lange Übergangsregeln vollständig den Markt für Strom und Gas geöffnet.

In Österreich fehlen viele Voraussetzungen für einen funktionierenden freien Wettbewerb, dessen Sinn es - unter anderem - sein soll, dass jeder Kunde seinen Lieferanten jederzeit wechseln kann. Vertragsbedingungen gehören festgelegt, um die Interessen der Kunden wahrzunehmen. Sämtliche EDV-Systeme der einzelnen Firmen müssen umgestellt werden, um genaue Abrechnungen zu gewährleisten. Was bei Großkunden kein Problem ist, nämlich die genaue Ablesung des jeweiligen Verbrauches, wird bei kleinen Haushalten etwas schwieriger, will man nicht die rund drei Millionen Stromzähler in den einzelnen Wohnungen und Häusern austauschen. Durch so genannte standardisierte Lastprofile, eine Art statistisches Mittelmaß, soll der Verbrauch im Voraus bewertet und sollen die Kunden zur Verrechnung in Bilanzgruppen zusammen gefasst werden.

Chaostruppe

Die technischen und organisatorischen Hindernisse wären das geringere Problem, meint Ernst A. Swietly, Pressesprecher des Verbandes der Österreichischen Elektrizitätsunternehmen (VEÖ). »Wer verzögert, ist die Politik. Es wurde das Gesetz ElWOG 2000 verspätet kundgemacht; ebenso unklar war, welche Firmen die Abrechnung übernehmen sollen. Die so genannte Clearing- und Settlementstelle, die erst durch Konzessionsvergabe bestellt wird, ist noch immer nicht fix. Nicht die Elektrizitätswirtschaft verzögert, sondern die politischen Termine wurden nicht eingehalten.«

Dass es auch bei der Stromgesetzgebung zu einem der mittlerweile gängigen Missgeschicke der Regierung kam, ist öffentlich kaum bekannt. So hatte der ursprüngliche Gesetzestext einen Fehler enthalten, der erst nach Beschluss im Nationalrat aufgefallen war. Ein Fehler, der erst nach langen Verhandlungen mit den Bundesländern behoben werden konnte. Zu weiteren Verzögerungen kann es kommen: Noch haben nicht alle Bundesländer ihre jeweiligen Ausführungsgesetze zum Bundesgesetz ElWOG beschlossen.

Kleines Lexikon der »Stromgesellschaften«

BEWAG Burgenländische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft. 1958 als »jüngster« österreichischer Landesenergieversorger gegründet. Eigentümer: 51 Prozent das Land der Burgen, 49 Prozent die Burgenland Holding AG.

EdF Electricité de France (EdF), weltweit größter Atomstromproduzent. Ist an der steirischen EStag beteiligt.

»Energie Allianz« Die Strategie der Partnerunternehmen ist es, durch Allianzen die energiewirtschaftliche Wertschöpfungskette zu optimieren. Partner sind: der niederösterreichische Versorger EVN AG, Wiener Stadtwerke Holding AG, die ESG Linz und die burgenländische Energiegesellschaft BEWAG.

EnBW Energie Baden-Württemberg AG; der drittgrößte Energiekonzern Deutschlands.

E. ON Der deutsche Energieriese E. on ist aus den Bayernwerken und Preußen Elektra AG hervorgegangen.

ESG Linzer Elektrizitätswerke, Fernwärme und Verkehrsbetriebe AG.

EStag Energie Steiermark AG.

EVN AG Energieversorger Niederösterreichs.

HEW Hessener Elektrizitätswerke.

RWE Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke.

TESSAG Technische Systeme und Services AG, 1999 entstanden, vereinigt sie heute weltweit über 100 Gesellschaften.

ESSAG Austria AG Österreich-Tochter der deutschen TESSAG, eines Unternehmens des RWE-Konzerns.

TIWAG Tiroler Wasserkraftwerke AG; 1924 gegründet. Der 1926 mit dem Münchner Bayernwerk geschlossene Stromlieferungsvertrag gilt bis heute.

VEÖ Verband der Österreichischen Elektrizitätsunternehmen. 1953 als »Verband der E-Werke« gegründet. Mit 19. Februar 1999 (Beginn der ersten Phase der Stromliberalisierung) hat sich der VEÖ zum »Verband der Elektrizitätsunternehmen« umstrukturiert: Nicht nur Stromerzeuger und Netzbetreiber, sondern auch Händler können heute Mitglieder werden.
www.veoe.at

Verbund Holding (Verbundgesellschaft) 1947 mit der Aufgabe gegründet, die großen, überregionalen Kraftwerke zu planen und zu betreiben. Seit Beginn der Teilliberalisierung (1988) sind 51 Prozent im Besitz der Republik Österreich, 49 Prozent in privatem Streubesitz oder bei internationalen Anlegern. Er dominiert auch heute noch die Stromerzeugung aus Wasserkraft und betreibt das größte Stromnetz Österreichs.
www.verbund.at

»Österreichische Lösung« als Strategie

Von einer einheitlichen so genannten »österreichischen« Lösung, um mit einem strategischen Konzept der Globalisierung der Strommärkte entgegentreten zu können, ist man - trotz politischer Willenserklärung - weit entfernt. Zwei Versuche, die großen regionalen Versorger (die oberösterreichische »Energie AG« und die steiermärkische »EStag«) mit der »Verbundgesellschaft« (die mit ihren Großkraftwerken die Stromerzeugung aus Wasserkraft dominiert und das bei weitem größte Stromtransportnetz des Landes betreibt) zur »Energie Austria« zusammenzuführen, sind gescheitert. In einer Hauptversammlung im vergangenen Herbst hatten die Aktionäre - »Wiener Stadtwerke«, »EVN« und die Tiroler »TIWAG« - durch Einsetzen ihrer »Sperrminorität« die Fusion platzen lassen.

Auf Kooperation anstelle Fusionierung setzt die jüngst gebildete »Energie Allianz«. Die niederösterreichische »EVN«, die »Wienstrom«, der Linzer Energieversorger »ESG« und der burgenländische Versorger »BEWAG« trachten, bei Wahrung ihrer Selbständigkeit, durch Tochtergesellschaften gemeinsame Aufgaben wie Energiedienstleistungen, Stromhandel und Infor- mationszusammenführung energiewirtschaftlicher Daten zu bewältigen.

Prall gefüllte Kriegskassen

Warum keine einheitliche Lösung? Von politischen Animositäten sprechen Insider, von Furcht um den Verlust von Einfluss und Macht von Landeshäuptlingen, die über die jeweiligen Landesenergieversorger das Sagen haben. Ernst A. Swietly, VEÖ, gibt sich als gelernter Journalist ausgewogen. Es handle sich eben um unterschiedliche Konzepte in einem neuen Markt, wo nunmehr jeder mit jedem konkurriert. Für Swietly gibt es mehrere Möglichkeiten: »Die meisten Unternehmen versuchen, Kosten wegzubekommen, das heißt, mit möglichst wenig Personal mehr Effizienz und Produktivität zu erreichen. Jene, die zu klein sind, verkaufen oder fusionieren. Andere kooperieren bei Aufrechterhaltung ihrer unternehmerischen Selbständigkeit. Das sind unterschiedliche Konzepte. Welches gut oder schlecht ist, kann man nicht bewerten.«

Ausländische Beobachter geben den österreichischen Elektrizitätswirten wenig Zeit für ein zukunftsträchtiges Konzept. Der Markt bricht auf, auch die Sprache wird kämpferisch. »Die Kriegskassen aller europäischen Spieler sind prall gefüllt; ganze Stäbe von Mitarbeitern sind beschäftigt, Kooperationspotenzial und attraktive Partner zu suchen.« So der Deutsche Klaus-Dieter Maier, Konsulent von A. T. Kearney, Stuttgart, im Interview eines Fachjournals.

Ausländische Unternehmen sind schon da

Die Deutschen, Bewohner des größten Strommarktes Europas, wissen, wovon sie sprechen. Seit 1998 bei unserem Nachbarn das Strommonopol fiel, liegt er im Fusionsfieber. Jeder der rund 500 Stromerzeuger sucht nach Fusionen und Kooperation. Im »elektrischen Monopoly« mischen ausländische Elektrizitätswerke heftig mit. Europas größter Stromkonzern, die französische »Electricité de France« (EdF), der weltweit größte Atomstromproduzent, stieg bei der »Energie Baden-Württemberg« (EnBW) ein; der schwedische Staatskonzern »Vattenfall«, Europas Nummer fünf, wird Mehrheitsaktionär bei der Hessischen HEW.

Die beiden deutschen Riesen »RWE« und »E.ON Energie« stehen daheim unter massivem Wachstumsdruck. Dass sie sich in Österreich auf den »Unabhängigkeitstag«, den 1. Oktober, vorbereiten, entspricht der Logik des Marktes. Eine Meldung beunruhigte Wirtschaft und Politik im Vorfrühling: Ein geheimnisvoller Käufer hat in großem Stil Verbund-Aktien erworben, meldete der »Standard«. Laut dem Wiener-Stadtwerke-Chef Karl Skyba zu einem »Liebhaberpreis«. Nur drei strategische Investoren kämen dafür in Frage, meinten Insider: die deutschen Riesen E.ON, RWE oder die Energie Baden-Württemberg.

Mitte März gab es erneut Empörung: Diesmal sollte ein Aktienpaket der EVN an den französischen Atomstromriesen EdF gehen.

Begonnen hatte das Chaos 1998: Damals sicherte sich das Trio EVN, Wiener Stadtwerke und die Tiroler Tiwag die Sperrminorität am Verbund. Mit diesem über 25 Prozent liegenden Anteil konnten wichtige Entscheidungen blockiert werden.

Umgekehrt kaufte die Verbund-Dreiergruppe die Sperrminorität an der EVN. Die Chuzpe am Chaos: Mehrheitlich in öffentlichem Eigentum stehende Unternehmen haben sich um teures Geld an - ebenfalls zum Großteil in öffentlichem Eigentum befindlichen - Versorgern beteiligt.

Die Aufgaben der Strom-Überwachungsbehörden

* Oberste Elektrizitätsbehörde
ist der Wirtschafts- und Arbeitsminister. Er hat, unter anderem, die

- Aufsicht über die Tätigkeit der Regulierungsbehörde und
- verwaltet die Anteilsrechte des Bundes an der Elektrizitäts-Control GmbH.
- Grenzüberschreitende Stromlieferungen brauchen seine Unterschrift.

Richtlinienkompetenz hat der Minister bei Grundsätzen, etwa

- der Bestimmung der Systemnutzungstarife (»Strommaut«) und
- der Ausgestaltung allgemeiner Bedingungen für Netzbetreiber, Stromhändler und Verrechnungsstellen.

* Der Elektrizitätsbeirat besteht aus 22 Mitgliedern, darunter je eines von ÖGB, AK, Wirtschafts- und der Landwirtschaftskammer. Die Ministerien für Land- und Forstwirtschaft und für Wirtschaft und Arbeit sind mit zwei Mitgliedern vertreten.

Dem Beirat obliegt insbesondere

- vor jeder Preisbestimmung die jeweiligen Ermittlungsverfahren zu begutachten.
- Die drei Kammern (BAK, LWK, WKÖ) und der ÖGB können Anträge zur Preisregelung stellen.

* Die Elektrizitäts-Control GmbH. Sie wird seit 1. März vom »Stromregulator« Walter Boltz geleitet. Mit einem Grundkapital von 50 Millionen Schilling ist sie zu 100 Prozent im Bundesbesitz. Ihre Aufgaben:

- Wettbewerbsaufsicht (zuständig bleibt aber das Kartellgericht).
- Veröffentlichung von Strompreisvergleichen für die Konsumenten.
- Erlassung von Verordnungen, aus welchen Ländern Stromimport (Atomstrom) verboten ist.
- Vollziehung der Bestimmungen über »stranded costs« (von Stromversorgern getätigte Investitionen, die sich auf dem freien Markt nicht amortisieren).
- Prüft die Vorschriften bezüglich Ökostrom und Kleinwasserkraftwerke.

* Die weisungsfreie Kollegialbehörde Elektrizitäts-Control Kommission besteht aus drei Mitgliedern; der Vorsitzende gehört dem Richterstand an. Sie ist Berufungsbehörde gegen Entscheidungen der Elektrizitäts-Control GmbH.

Einige ihrer Aufgaben:

- Bestimmung der Systemnutzungs- und sonstiger Tarife;
- genehmigt die allgemeinen Bedingungen für Netzbetreiber;
- schlichtet Streitigkeiten zwischen Marktteilnehmern.

(Quelle: BAK)

Totengräber der Strom-Lösung?

»Die Totengräber einer möglichen Strom-Lösung sind nicht im Aus- land, sondern im Inland zu suchen«, schrieb »Presse«-Analyst Franz Schellhorn.

Töchter der drei »ausländischen« Unternehmen sind, einstweilen bloß im Servicebereich, in Österreich bereits tätig. Die beiden E.ON Töchter »Viterra Energy Service« und »Viterra Contracting« zum Beispiel, oder »TESSAG«, die Energieservice-Tochter von RWE. Auch Baden-Württemberg hat mit der EnBW-Austria bereits einen Fuß in der Tür. Europas Marktführer, die französische EdF, ist an der steiermärkischen EStAG beteiligt.

Immerhin: 51 Prozent der großen österreichischen Energieversorger ge-hören, laut Bundesverfassungsgesetz - noch - dem Bund beziehungsweise den Ländern. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit zur Aufhebung der so genannten 51-Prozent-Klausel konnte im Parlament nicht durchgebracht werden. Die Beibehaltung der Mehrheitsaktien zur Wahrung des Mitspracherechts der öffentlichen Hände war von den Arbeitnehmervertretern vehement gefordert worden. »Das ist ein zu wichtiger Zweig, um ihn zum Sanieren des Budgets zu verwenden«, ist Ditmar Wenty von der AK überzeugt.

Schon geht es nicht mehr allein um Strom, sondern um sämtliche leitungsgebundene Energien. Demnächst werden sich auch die Gasmärkte öffnen, Stromunternehmen versuchen sich bereits im Wassergeschäft. Kürzlich erhielt die niederösterreichische EVN den Zuschlag für den gemeinnützigen Wasserversorger »NÖSIWAG«. Die Verschmelzung der unterschiedlichen Energien, Strom, Gas, Wasser, in der Hand einiger weniger Versorger gilt als notwendig. Auch Telekommunikation wird künftig zu den Geschäftsbereichen von Energieunternehmen gehören. Mit der »Power Communication Line«, sozusagen Datenübertragung und Internet über die Steckdose, unternimmt etwa die niederösterreichische EVN derzeit Pilotversuche.

»Das sind langfristige Überlebensstrategien einer eigenständigen österreichischen Energiewirtschaft«, meint AK-Energieexperte Ditmar Wenty. »Der Trend ist weltweit nicht aufzuhalten. Aber es ist klüger, als kräftiger Partner mitzuspielen. Im Gegensatz zur Strategie dieser Regierung, >verkaufts mein G'wand, ich fahr' in' Himmel.<«< />

Wo bleiben die Arbeitnehmer

Von den 230 österreichischen Elektrizitätsunternehmen (davon 15 Großversorger) haben auf dem österreichischen Markt ganze drei Endkundenversorger Platz, prophezeite das Beratungsunternehmen »PriceWaterhouseCoppers« schon bei Eintritt der Teilliberalisierung 1999.

Im Bereich Energieversorgung gingen in den letzten Jahren 25 Prozent der Arbeitsplätze verloren, rechnet Manfred Anderle, leitender Sekretär der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie und Textil. Ein Ende sei nicht in Sicht. Das Hauptproblem sieht Anderle, Verantwortlicher für Energie- und Erdölwirtschaft seiner Gewerkschaft, in der Uneinigkeit der Unternehmer. »Politiker und Unternehmer sind nicht in der Lage, den kleinen österreichischen Markt so zu fusionieren, dass man einen einheitlichen österreichischen Energiekonzern erhalten kann.«

Kalifornien-Effekt auch bei uns?

Die Energiekrise in Kalifornien versetzte zu Jahresbeginn nicht nur die übrigen 49 US-Staaten in Schrecken. »Wird mit der Stromliberalisierung auch bei uns das Licht ausgehen?«, war eine häufige Frage in österreichischen Medien.

Die »Blackouts« im US-amerikanischen Sonnenstaat Kalifornien legten mitten im strengen Winter Betriebe und Verkehr lahm, Hunderttausende Einwohner saßen im Dunklen; Computer, Bankomaten und Rolltreppen standen still. Gouverneur Gray Davis rief den Notstand aus. Auch in den benachbarten Bundesstaaten kletterten die Strompreise in die Höhe.

Als Hauptursache wurde die vor vier Jahren eingeleitete Teilöffnung der Stromwirtschaft genannt. »Eine völlig verfehlte Marktliberalisierung«, wie Korrespondenten aus dem Stromkrisenherd meldeten. Zudem war der Energiemangel im südlichen US-Bundesstaat schon länger spürbar gewesen. Obwohl der Strombedarf drastisch gestiegen war, waren - nicht zuletzt der Umwelt zuliebe - keine neuen Kraftwerke gebaut worden.

Statt der versprochenen Preissenkung war mit der Marktöffnung das Gegenteil eingetreten. Denn die ständig steigende Nachfrage konnte nicht gedeckt werden: Viele Elektrizitätswerke Kaliforniens sind hoch verschuldet, ihnen fehlte das nötige Geld, um die Verteilernetze instand zu halten.

Österreich ist nicht Kalifornien, tröstete die heimische E-Wirtschaft. »Der Kalifornien-Effekt der Strommarktöffnung kann nicht 1:1 auf Österreich übertragen werden«, versicherte Max Stockinger, Präsident des Verbandes der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ). Dessen Hauptargumente: Selbst im freien Markt werden rechtliche Preisverfahren eingeleitet werden können, fairen Wettbewerb garantieren. Die Tatsache, dass Österreichs Stromaufbringung zu rund 70 Prozent aus Wasserkraft erfolgt, bremst die Kosten. Und nicht zuletzt beugt ein hoher Standard bei den Erzeugungs-, Übertragungs- und Verteilungsanlagen Ausfällen »à la california« vor.

Mittelfristig könnte aber gerade der vergleichsweise gute technische Zustand unserer Netzsysteme über ordnungspolitische Mängel hinwegtäuschen. AK-Energie-Experte Ditmar Wenty: »Wenn die Deregulierung unvernünftig betrieben wird, kann bei uns dasselbe passieren. Es kommt darauf an, wie die Regulierungsbehörden agieren. Etwa, wenn zu stark eingegriffen wird oder wenn aus politischen Gründen die Kosten nicht abgegolten werden, die das System verursacht. Wenn man nicht zulässt, etwaige Kostenerhöhungen auf die Preise abzuwälzen, geht das System zugrunde. Nur sind unsere Netze so gut, dass man locker zehn Jahre über die Runden kommt, ehe man es merkt.«

G. M.

Personalabbau

VEÖ-Sprecher Swietly sieht den Personalabbau auch als Folge der (über)eiligen Öffnung und damit der raschen Stilllegung unrentabler Fernheizkraftwerke und großer Wärmekraftwerke, etwa in Korneuburg, Zeltweg und St. Andrä.

In der Regel gibt es Betriebsvereinbarungen zum schonenden Personalabbau. Aber das geht nur, wenn die Unternehmen Zeit haben, über einen längeren Zeitraum zu planen. Durch Übergangsbestimmungen, etwa den Ersatz der so genannten »stranded costs« (»versunkene« Kosten) für unrentable Kraftwerke, sollten den Unternehmen die Kosten vergütet und die Schließung verzögert werden. Dies jedoch bedarf der Zustimmung aus Brüssel. Und da hat unsere Regierung derzeit keinen guten Stand, meint ein Insider.

»Arbeitsplätze gehen durch Zusperren der kalorischen Kraftwerke verloren. Firmen schließen sich zusammen und rationalisieren im klassischen Produktions- und Reparaturbereich«, meint Ditmar Wenty. »Andererseits werden neue Firmen gegründet, die den Vertrieb übernehmen, da entstehen natürlich neue Arbeitsplätze.«

Derzeit scheinen viele »falsche« Leute im »falschen« Betrieb zu sein: Techniker, Monteure, Handwerker sind fehl am Platz. Gesucht werden Spezialisten im Dienstleistungssektor und Vertrieb, hoch qualifizierte Marketingstrategen, geschulte Berater und Verkäufer.

Der Konsument: Umworben oder verunsichert?

Knappe 3,1 Millionen Stromkonsumenten - Gewerbetreibende, Landwirte und private Haushalte - werden nun zum heftig umworbenen Kunden. Wichtigstes Argument, den Anbieter zu wechseln, wird der Preis sein. Die politisch in Aussicht gestellte Verbilligung von 12 bis 15 Prozent gilt bei Kennern allerdings als unerfüllbar. Schon allein deswegen, weil die Preise bundesweit höchst unterschiedlich sind.

»Die starke Förderung der erneuerbaren Energien wird die Netzdurchleitungskosten erhöhen. Die Schließung unwirtschaftlicher Kraftwerke und das Zusammenrücken der kleinen und mittleren Energieversorger wird einen Abbau der Überkapazitäten bewirken. Nach und nach entsteht so wieder eine wettbewerbsdämpfende Oligopolsituation«, prophezeit der VEÖ-Pressesprecher Swietly.

Eine Prognose, aus deutscher Erfahrung genährt, wagte der Wirtschaftsingenieur Markus Reckzeh (EnBW), bei einem von EnBW-Austria im Wiener Millenniumstower veranstalteten »Power Talk«. Die erste Wettbewerbsphase, in der ausschließlich der Preis als Verkaufsargument gilt, wird von einem Preisanstieg in der zweiten Phase abgelöst. Dann treten Dienstleistung und Service in den Vordergrund. Der deutsche Kunde habe aber weit weniger Bereitschaft gezeigt, den Anbieter zu wechseln, als angenommen. Grund: Er war verunsichert wegen unklarer Rahmenbedingungen.

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(C) AK und ÖGB

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