topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/

Privatisierung von Staatsvermögen | ÖIAG, Bundesimmobilien, Bundesforste

Neben den Ausgliederungen sind es vor allem die Privatisierungen von Staatsvermögen, die in der Öffentlichkeit auf Kritik gestoßen sind. Ein Team von Experten der Arbeiterkammer hat im Rahmen des umfangreichen Berichts: »Bilanz der Arbeitnehmerinteressenvertretungen: 1 Jahr Regierungskoalition ÖVP-FPÖ« auch dieses Thema analysiert. Hier ein Auszug aus dem Bericht.

Maßnahme

Privatisierung auf Grundlage des ÖIAG-Gesetzes 2000
Neben der Österreichischen Staatsdruckerei, dem Dorotheum und der Print Media Austria sollen der Flughafen Wien, die Postsparkasse, die Telekom Austria und die Austria Tabak zu 100 Prozent privatisiert werden. Diese Vorhaben wurden im Budgetprogramm 2000- 2003 festgeschrieben. Bis zum Jahr 2003 soll diese erste Phase der Privatisierungen abgeschlossen sein. In einer zweiten Phase wird die vollständige Privatisierung folgender Unternehmen in Erwägung gezogen: VA STAHL, OMV, BÖHLER UDDEHOLM, VA Technologie, Austrian Airlines und die Österreichische Post AG.

Analyse

Das ÖIAG-Gesetz 2000 stellt eine Pauschalermächtigung zur Privatisierung dar.

Die Privatisierungspolitik der Regierung wird durch das Ziel des Schuldenabbaus dominiert, welcher zu Lasten einer künftigen Industriepolitik, der Entwicklung der Unternehmen sowie zu Lasten der Beschäftigten erfolgt.

Es fehlt ein Ansatz zur Sicherung einer dauerhaften Kernaktionärsrolle der ÖIAG und damit einer Standortsicherung von wichtigen Konzernzentralen in Österreich.

Tausende Arbeitsplätze sind dadurch mittel- und langfristig gefährdet.

Angesichts des innerhalb eines kurzen Zeitraums zu tilgenden Schuldenbestandes besteht die Gefahr des Ausverkaufs unter Zeitdruck - damit verbunden sind erhebliche volkswirtschaftliche Nachteile. Volksvermögen wird verschleudert, wie am Beispiel der jüngsten Börseplatzierung der ersten Tranche der Telekom Austria deutlich vor Augen geführt wurde.

Gemäß Ministerratsbeschluss sollen unter anderem die Telekom Austria und die Austria Tabak zu 100 Prozent privatisiert werden: Nach Ansicht der AK sind damit Betriebsschließungen und Arbeitsplatzverluste sowie Verluste von Chancen auf technologische Entwicklung verbunden. Insgesamt sind von der beabsichtigten Privatisierung 120.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen.

Kommentar

Nach Alternativvorschlägen der AK sollte die ÖIAG von einer reinen Privatisierungsholding in eine Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrnehmung der Interessen des Bundes im Sinne von gesetzlich klar definierten strategischen Zielsetzungen (Kernaktionärsphilosophie) umgewandelt werden. Daher wird das Festschreiben der strategischen Eigentümerfunktion des Staates in Form einer Verpflichtung zum Halten von zumindest 25 Prozent plus einer Aktie des stimmberechtigten Kapitals bei wichtigen österreichischen Schlüsselunternehmen gefordert. Damit können strategisch wichtige Unternehmensentscheidungen beeinflusst und ein Ausverkauf verhindert werden. Zwecks Absicherung des Einflusses soll die ÖIAG eine ausreichende Eigenmittelausstattung erhalten, um bei allfälligen Kapitalerhöhungen mitziehen zu können.

Maßnahme

Umsetzung der Privatisierungsvorhaben
Durchführung von Privatisierungen auf Grundlage des ÖIAG-Gesetzes 2000 und des Ministerratsvortrages vom 29. Februar 2000.

Postsparkasse
Telekom Austria
Austria Tabak
VA Stahl
Flughafen Wien

Analyse

Nach dem Verkauf der Postsparkasse an die BAWAG und der Veräußerung der ersten Tranche der Telekom Austria, arbeitet die ÖIAG bereits an weiteren Verkäufen bzw. Börseplatzierungen. Die erste Tranche der geplanten Totalprivatisierung der Telekom Austria ging am 21. November 2000 über die Bühne und wurde erwartungsgemäß ein Flop (ungünstige Börsensituation und ungünstige betriebswirtschaftliche Daten). Der Privatisierungserlös lag mit etwa 16 Milliarden Schilling (für 25,8 Prozent der Anteile der Telekom) weit unter dem Plansoll. Da die ÖIAG dem bisherigen Eigentümer nach dem Prinzip 25 Prozent plus eine Aktie Telecom Italia für die Zustimmung zum Börsegang eine Nachbesserung zugesagt hat für den Fall, dass der Erlös um mehr als 25 Prozent unter dem Kaufpreis liegt, den die Telecom Italia für ihren Anteil gezahlt hatte, ergibt sich aus dieser Transaktion weiters, dass Italia Gratisaktien im (derzeitigen) Wert von 2,8 Milliarden Schilling bekommt und damit ihren Anteil an der Telekom Austria auf 29,8 Prozent steigert. Der ÖIAG-Anteil hat sich damit von 75 Prozent minus einer Aktie auf 44,4 Prozent reduziert. Gerüchten zufolge versuchen die Italiener, weitere Anteile über den Streubesitz (25,8 Prozent) zu erwerben.

Der Verkauf der börsennotierten Austria Tabak soll - vorrangig an einen strategischen Eigentümer - bereits im ersten Halbjahr 2001 stattfinden. Durch den möglichen Wegfall des Lizenzgeschäftes (wenn einer der Lizenzgeber mehr als 15 Prozent der Anteile erwirbt, haben die anderen das Recht, ihren Lizenzvertrag zu kündigen) könnte ein erheblicher Teil des Umsatzes wegbrechen - dies hätte für die Beschäftigten sehr negative Folgen (Betriebsschließungen usw.)

Die VA Stahl arbeitet derzeit an der Realisierung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells. Die ursprünglich geplante Abgabe von 8 Prozent VA Stahl-Aktien wurde aufgrund der Börsesituation gestoppt.

Die ÖIAG, ursprünglich mit 17,38 Prozent am Flughafen Wien beteiligt, hat die ÖIAG-Anteile an Wien und Niederösterreich im Oktober 2000 abgestoßen. Mit dem 10-prozentigen Aktienrückkauf wird der Flughafen Wien nun mehrheitlich privatisiert.

Kommentar

Eine Privatisierung, die unter großem politischem Druck innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden muss, führt notgedrungen zu einer Verschleuderung von Vermögenswerten.

Der Privatisierungsflop der Telekom Austria bringt den Schuldenabbauplan der Regierung ernsthaft in Bedrängnis.

Die beim Börsegang zu erwerbenden Aktien der Telekom Austria wurden als »Volksaktien« präsentiert - die Bevölkerung sollte vom billigen Ausgabekurs profitieren. Tatsache ist, dass mehr als 90 Prozent der Aktien an institutionelle Investoren gingen.

Maßnahme

Verkauf von Bundesimmobilien
Durch den Verkauf eines erheblichen Teils von Liegenschaften des Bundes an die im 100-prozentigen Eigentum des Bundes stehende Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) sollen 33 Milliarden Schilling an Budgeteinnahmen erzielt werden. Zu diesem Zweck wurde das Bundesimmobiliengesetz 2000 verabschiedet.

Analyse

Die Umsetzung des Bundesimmobiliengesetzes wird zur Anwendung des »sale and lease back«-Prinzips führen: Diesem Prinzip gehorchend wird Eigentum an einen Dritten übertragen und dann wieder zurückgemietet. Die entstehenden neuen Mietverhältnisse - mit marktüblichen Mieten - werden zu erheblichen finanziellen Belastungen der einzelnen Ressorts führen (Universitäten und Bundesschulen sind weitgehend an zentralen Standorten, d. h. in teuersten Mietlagen, konzentriert). Dem kurzfristigen Budgetentlastungseffekt in den Jahren 2000 bis 2003 durch den einmaligen Verkaufserlös in der Höhe von zirka 33 Milliarden Schilling stehen somit Mietaufwendungen der Ressorts gegenüber, die künftige Budgets langfristig belasten werden.

Der Gesetzesentwurf gefährdet die allgemeine Erwachsenen- und die berufliche Weiterbildung insofern, als diese österreichweit vielfach über die Anmietung von Räumlichkeiten in Bundesschulgebäuden abgewickelt wird. Ein Ziel der Ausgliederung ist jedoch die Verrechnung »marktüblicher« Mieten. Es ist daher mit einem neuerlichen Preisschub in der Erwachsenenbildung zu rechnen.

Kommentar

Das neue Bundesimmobiliengesetz ist stark vom Regierungsziel, kurzfristig möglichst hohe Budgeteinnahmen zu erzielen, geprägt und übersieht dabei die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf das Budget. Erhebliche Bedenken gegenüber dem neuen Gesetz bestehen in Hinblick auf die Struktur und Effizienz der neuen Verwaltung. Die Effizienz der Verwaltung leidet weiterhin unter Doppelgleisigkeiten bzw. Parallelstrukturen. Laut Bundesimmobiliengesetz würde die Verwaltung der Bundesgebäude weiterhin in die Zuständigkeit von mehreren unterschiedlichen Organisationen fallen (BMWA, BIG, Burghauptmannschaft Österreich, BMLV, Außenministerium).

Die Möglichkeit für die AK, über eine Begutachtung Einfluss auf die Ausgestaltung des Gesetzes zu nehmen, war nur sehr eingeschränkt gegeben.

Maßnahme

Privatisierung von Waldflächen
Teile des von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) verwalteten Waldes werden zum Verkauf freigegeben.

Den ÖBf werden im Bundesbesitz befindliche Seen in die Verwaltung übertragen. Die ÖBf hat an den Bund einen bestimmten Betrag (ursprünglich war die Rede von 3 Milliarden Schilling in zwei Tranchen) abzuliefern, unabhängig davon, ob durch den Verkauf bereits Erlöse erwirtschaftet werden konnten oder nicht.

Analyse

Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) werden ermächtigt, von ihnen verwaltete Liegenschaften zu veräußern. Dieser Ermächtigung muss rasch nachgekommen werden, da der Bund im Gegenzug zu der gleichzeitig geplanten Übertragung von Seen und Seeuferflächen an die ÖBf einen »Kaufpreis« verlangt. Da durch die übertragenen Seen dieser Kaufpreis nicht erwirtschaftet werden kann und der Verkauf von Liegenschaften nicht rasch genug abgewickelt werden kann, werden die ÖBf Kredite aufnehmen müssen, die wiederum die erforderlichen Verkäufe zur Abdeckung der Schulden erhöhen.

Die positive Geschäftsentwicklung der ÖBf kann durch die Notwendigkeit der Kreditaufnahme und den notwendigen Verkauf profitabler Waldflächen (der Anteil von Schutz- und Bannwald, den sie zu betreuen haben, steigt dadurch) beeinträchtigt werden.

Arbeitsplätze sind mittel- und langfristig gefährdet. Die Gewinnbeteiligung für die Beschäftigten ist gefährdet.

In der Bevölkerung herrscht eine breite Ablehnung gegen den Verkauf von Bundeswald an Private wegen des befürchteten Ausverkaufs der Quellgebiete und des Verlustes kostbarer Trinkwasserreserven.

Käufer müssen den Kaufpreis »hereinbringen« und könnten durch großflächige Abholzung das Ökosystem des Waldes negativ beeinflussen.

Sollte sich die Erwartung von 3 Milliarden Schilling erwirtschaftete Bundesmittel bewahrheiten, wird die Transaktion den ÖBf durch die notwendige Kreditaufnahme etwa 4 Milliarden Schilling kosten.

Durch das Interesse an Eigenjagden könnte es zu einer Beschränkung des öffentlichen Zugangs kommen.

Kommentar

Die Übertragung von Seen ist eine Umgehung der Verfassungsbestimmung, die den Ausverkauf des in Bundesbesitz befindlichen Waldes verhindern soll. Die Verfassungsbestimmung besagt, dass die ÖBf Liegenschaften nur dann veräußert darf, sofern sie diesen Erlös für Ankäufe oder zur Substanzerhaltung verwendet.

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum