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Die Zukunft der Abfertigung | Keine Zwangsbeglückung, sondern arbeitnehmerfreundliche Reform ist das Ziel

Eine Reform der derzeitigen Abfertigung, darüber sind sich alle einig, ist notwendig. Dem Schlagwort »Abfertigung Neu« muss man aber schon mit einiger Vorsicht gegenübertreten. Besonders dann, wenn die derzeitige Regierung, wie viele andere unsoziale Maßnahmen in den vergangenen Wochen und Monaten gezeigt haben, dieses Modell forciert und rasch umsetzen möchte.

Reform ja - aber nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer und schon gar nicht in Form einer »Zwangs- beglückung«, wie sie die Regierung plant, die Abfertigungen automatisch in eine Pensionskasse überleiten möchte.

Geld hat bekanntlich kein Mascherl - und das gilt auch für die Abfertigung. Egal, ob man unter Abfertigung vorenthaltenes Entgelt, Treueprämie, Kündigungsschutz, Kündigungsgrund, Mobilitätshindernis, Anlass für viele (Entlassungs-)Prozesse oder Altersvorsorge versteht. Abfertigung bedeutet Geld. Viel Geld, das Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern bei Beendigung ihres Dienstverhältnisses bekommen.

Aber leider nicht immer!

Status quo: Wer bekommt Abfertigung?

Die Abfertigung ist ein Entgelt, das grundsätzlich bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses zusteht. Lange Zeit war sie nur Angestellten und einigen kleineren Arbeitnehmergruppen vorbehalten. Seit In-Kraft-Treten des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes (ArbAbfG) im Jahre 1979 haben alle Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag beruht, Anspruch auf Abfertigung.

Sie beträgt nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von:
3 Jahren das Zweifache
5 Jahren das Dreifache
10 Jahren das Vierfache
15 Jahren das Sechsfache
20 Jahren das Neunfache
25 Jahren das Zwölffache
des dem Arbeitnehmer für den letzten Monat des Dienstverhältnisses zustehenden Monatsentgeltes, dem auch Sonderzahlungen und Überstunden, aber auch Zulagen hinzuzurechnen sind.

Kein Anspruch auf Abfertigung besteht trotz dreijähriger Dauer des Dienstverhältnisses dann, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt, ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder wenn ihn ein Verschulden an der fristlosen Entlassung trifft. In wenigen Sonderfällen steht Arbeitnehmern die Abfertigung zumindest teilweise auch bei Selbstkündigung zu. Das gilt beispielsweise bei Pensionierung und bei Beendigung des Dienstverhältnisses in Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes.

Bei Tod von Arbeitnehmern während eines aufrechten Dienstverhältnisses erhalten die gesetzlichen Erben, zu deren Unterhalt sie verpflichtet waren, die halbe Abfertigung. Die gesetzliche Abfertigung kommt sozialversicherungsfrei lediglich unter Abzug von sechs Prozent Lohnsteuer zur Auszahlung.

Es gibt zentrale Schwachstellen

Die Einstiegshürde einer mindestens dreijährigen durchgehenden Beschäftigung bei einem Arbeitgeber führt bei steigender Mobilität auf dem Arbeitsmarkt dazu, dass immer mehr Arbeitnehmer nie zu einer Abfertigung kommen. Auch das sprunghafte Ansteigen des Abfertigungsanspruchs zu bestimmten Stichtagen nach 3, 5, 10, 15, 20 und zuletzt nach 25 Arbeitsjahren bei ein und demselben Arbeitgeber ist sachlich nicht zu rechtfertigen und wird nicht selten dazu genützt, Arbeitsverhältnisse knapp vor Erreichen solcher Stichtage aufzulösen.

Bei der Abfertigung handelt es sich um eine (aufgeschobene) Entgeltleistung aus einem Arbeitsverhältnis, die nachträglich nicht wieder verloren gehen darf. Es kann daher nicht akzeptiert werden, dass einerseits von Arbeitnehmern in immer stärkerem Ausmaß Mobilität eingefordert wird, andererseits aber genau diese verlangte Mobilität damit bestraft wird, dass bei Selbstkündigung der Abfertigungsanspruch verloren geht. Ein anderes Argument: Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer knapp vor Erreichen eines Abfertigungsanspruchs kündigen, verschaffen sich in unfairer Weise Kostenvorteile. Ein unfairer Wettbewerb, der auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen wird!

Das Ziel des ÖGB: Abfertigung für alle

Ziel der Reform muss eine Auslagerung der Abfertigung aus dem Betrieb, verbunden mit einem kontinuierlichen Ansteigen und einem Anspruch auf Abfertigung für alle sein. Also unabhängig von der Art der Beendigung und der Dauer des Dienstverhältnisses, um die Nachteile des derzeitigen Systems zu beseitigen. Aus Sicht des ÖGB müssen dabei folgende Eckpunkte gewährleistet sein:

  • Auslagerung der Abfertigung in einen überbetrieblichen Abfertigungsfonds, in den der Arbeitgeber monatlich einzahlt. Damit verbunden ist ein kontinuier- liches Anwachsen der Abfertigung.
  • Sichere Veranlagung und Mitspracherecht der Sozialpartner.
  • Abfertigung auch für Saison- und Kurzzeitbeschäftigte.
  • Anspruch auf Abfertigung auch bei Selbstkündigung.
  • Erhalten der Abfertigung als Überbrückungshilfe in Form einer Einmalzahlung in gewohnter Größenordnung.
  • Kein Zwang zur Zusatzpension.

Erforderliche Maßnahmen

Wenn Mittel für Abfertigungsanwartschaften aus den Betrieben ausgelagert werden, müssen die Beitragszahlungen mit Beginn des Dienstverhältnisses einsetzen. Für die Veranlagung müssen gesetzliche Rahmenbedingungen normiert werden, dass es beispielsweise zu keinen Spekulationsveranlagungen kommt. Bei Erfüllung der definierten Rahmenbedingungen sind verschiedene Veranlagungsformen denkbar. Arbeitnehmer erhalten ein Konto bei einer Abfertigungskasse: Dort eingezahlte Beiträge stehen bei Beendi-gung eines Dienstverhältnisses zur Verfügung.

Für Bereiche, wo Arbeitgeber durch die Neuregelung überproportional be-lastet werden, könnten Begleitregelungen erfolgen. Weiters ist für Härtefälle eine Liquiditätshilfe für Klein- und Mittelbetriebe vorzusehen. Die Beitragspflicht kann nach 25 Jahren beim selben Dienstgeber enden.

Beitragshöhe

Für die Berechnung des Beitragssatzes könnte die derzeitige jährliche Abfertigungssumme herangezogen werden. Der Gedanke folgt dem Grundsatz, dass jene Gelder, die bisher an Abfertigungen ausgezahlt werden, künftig etwa in gleicher Höhe den Arbeitnehmern als Abfertigungsbeitrag zukommen sollen. Mit dieser Methode kann transparent gemacht werden, dass mit der Einführung eines neuen Abfertigungsmodells keine Umverteilung zwischen Wirtschaft und Arbeitnehmer oder umgekehrt beabsichtigt ist.

Auszahlung der Abfertigung

Klar ist, dass bei einer Auslagerung der Abfertigung die angesparten Abfertigungsbeiträge bei jeder Form der Auflösung eines Dienstverhältnisses erhalten bleiben sollen. Bei der Auszahlung der Beiträge muss den Arbeitnehmern die Wahlfreiheit zukommen, das Geld zu beheben oder bis zur nächsten Beendigung eines Dienstverhältnisses den angesparten Beitrag in der Kasse zu lassen. Bei Pensionsantritt haben Arbeitnehmer entweder Anspruch auf Auszahlung der angesparten Beiträge oder können sich diese - wenn sie wollen - auch als Pension auszahlen lassen.

Besteuerung

Bei der Besteuerung der Abfertigung darf sich nichts ändern. Die laufenden Beiträge werden nicht besteuert, sondern wie bisher wird eine Endbesteuerung mit 6 Prozent vorgenommen. Für Arbeitgeber sollen die Beiträge als Betriebsausgaben gelten.

Wahrung erworbener Ansprüche

Um in der Umstellungsphase Doppelbelastungen zu vermeiden, soll ein neues Abfertigungsmodell für alle Dienstverhältnisse gelten, die nach InKraft-Treten des Modells abgeschlossen wurden. Bei bestehenden Dienstverhältnissen soll der Übergang ins neue System nur freiwillig durch Betriebs- oder Einzelvereinbarung möglich sein. Für derartige Umstiegsmodelle müssen wahrscheinlich aber gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Für die Reform des Abfertigungsrechts ist jedenfalls eine Gesetzesänderung erforderlich. Optimal wäre ein von den Sozialpartnern gemeinsam erarbeitetes Modell, das die oben formulierten Eckpunkte enthält.

Widerstände

Die Regierung versucht unter dem Titel »Abfertigung Neu« den Abfertigungsanspruch als zweite Säule des Pensionssystems umzufunktionieren, die Wirtschaft wiederum will die Neuordnung des Abfertigungsrechts zur Lohnnebenkostensenkung für sich nützen. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch warnt in diesem Zusammenhang vor Schlagwörtern wie »Abfertigung Neu« oder »Drei-Säulen-Modell«: »Solche Bezeichnungen werden gerne als ›politisches Vehikel‹ dafür missbraucht, dass sich Staat und Arbeitgeber sukzessive aus diesen Leistungen zurückziehen. Die Abfertigung darf aber nicht automatisch zu einer Pensionsleistung werden«, so der ÖGB-Präsident.

In diesem Spannungsfeld gilt es für den ÖGB eine Reform im Interesse aller Arbeitnehmer durchzusetzen, und zwar Abfertigung ab dem ersten Arbeitstag und auch bei Selbstkündigung. Mit der Unterstützung von Betriebsräten und Arbeitnehmern wird der ÖGB erreichen, dass es zu einer Reform und nicht zu einer Abschaffung der Abfertigung kommt.

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(C) AK und ÖGB

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