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Soziale Politik im neuen Kapitalismus

Auf der Jahrestagung der deutschen Otto-Brenner-Stiftung hielt Pierre Bourdieu, französischer Soziologe, einen viel beachteten Vortrag. Wir bringen diesen Beitrag als Vorabdruck aus einem Buch, das diesen Monat erscheinen wird.

Pierre Bourdieu/Erhard Eppler/ Renate Ohr/Klaus Zwickel u. a.
Neue Wege der Regulierung
Vom Terror der Ökonomie zum Primat der Politik

Herausgegeben von der Otto-Brenner-Stiftung (Februar); ca. 160 Seiten; ca. 181 S; ISBN 3-87975-804-2

Wenn ich von der europäischen sozialen Bewegung spreche und dazu einlade, sich ihr anzuschließen, so deshalb, weil ich seit langem darunter leide, dass in der europäischen Konstruktion eine solche soziale Bewegung fehlt, die die kritischen Forscher und die Gewerkschaften oder die Verbände miteinander verknüpft. Wir haben ein Europa der Banken und der Bankiers, ein Europa der Unternehmen und der Unternehmer, ein Europa der Polizei und der Polizisten, wir werden bald ein Europa der Armeen und des Militärs haben, doch obwohl es einen Europäischen Gewerkschaftsbund gibt, kann man nicht sagen, dass das Europa der Gewerkschaften und der Verbände wirklich existiert; desgleichen kann man zwar die Kolloquien nicht mehr zählen, auf denen Europa und die akademischen Institutionen erörtert werden, wo auf akademische Weise über europäische Probleme gesprochen wird, das Europa der Künstler, der Schriftsteller und der Wissenschaftler aber existiert noch kaum.

Ziele einer sozialen Bewegung in Europa

Das Paradox besteht darin, dass dieses Europa, das sich um die Macht und die Machthabenden herausbildet und das so wenig europäisch ist, in Wahrheit nur kritisierbar ist, indem man Gefahr läuft, mit den Widerständen eines reaktionären Nationalismus (der leider unbestreitbar auch existiert) verwechselt zu werden und dazu beizutragen, es als modern, wenn nicht fortschrittlich erscheinen zu lassen.

Es muss etwas Gestalt annehmen, was in der europäischen Tradition am stärksten europäisch ist, d. h. eine kritische soziale Bewegung, eine Bewegung der Sozialkritik, die fähig ist, die Arbeit der europäischen Konstruktion einer wirksamen Anfechtung auszusetzen, d. h. einer, die intellektuell und politisch stark genug ist, um sich bemerkbar zu machen und um echte Wirkung zu erzielen. Diese kritische Anfechtung zielt nicht darauf ab, das europäische Projekt rückgängig zu machen, es zu neutralisieren, sondern im Gegenteil es zu radikalisieren und dadurch den Bürgern näher zu bringen, insbesondere den jüngsten unter ihnen, die man oft als entpolitisiert bezeichnet, während sie einfach einer Politik überdrüssig sind, die ihnen von den Politikern geboten wird. Man muss der Politik wieder eine neue Bedeutung geben und dafür Zukunftsprojekte vorschlagen, die in der Lage sind, der ökonomischen und sozialen Welt, die im Laufe der vergangenen Jahre einem beträchtlichen Wandel unterlegen ist, einen Sinn zu verleihen.

Mit der scheinbaren Fatalität der ökonomischen Gesetze wird dagegen in Wahrheit eine - wenn auch vollständig paradoxe - Form von Politik bemäntelt, denn es handelt sich hier um eine Politik der Entpolitisierung; eine Politik, die darauf abzielt, den ökonomischen Kräften eine schicksalhafte Macht zu verleihen, indem sie diese von jeglicher Kontrolle und jeglicher Beschränkung »befreit«. Damit erreicht sie zudem eine Unterwerfung von Regierungen und Bürgern unter die solchermaßen »befreiten« ökonomischen und gesellschaftlichen Mächte. Alles, was mit dem zugleich deskriptiven wie normativen Begriff der »Globalisierung« umschrieben wird, ist aber nicht etwa das Ergebnis einer ökonomischen Fatalität, sondern einer ganz bewussten und wohl überlegten Politik, einer Politik, die die liberalen und selbst die sozialdemokratischen Regierungen einer ganzen Reihe von ökonomisch hoch entwickelten Ländern dazu gebracht hat, ihren Anspruch auf die Kontrolle ökonomischer Mächte aufzugeben, insbesondere derjenigen, die sich sehr bewusst in den »green rooms« der großen internationalen Organisationen organisiert haben, wie der WTO, oder aber im Rahmen all der »Networks« multinationaler Unternehmen (wie beispielsweise dem Investment Network, das aus 50 multinationalen Unternehmen wie Fiat, Daimler Benz, British Petroleum, Rhône Poulenc oder dem European Service Network besteht) und die insbesondere in rechtlicher Hinsicht höchst unterschiedliche Wege und Möglichkeiten haben, Staaten ihren Willen aufzuzwingen.

Entgegen dieser Politik der Entpolitisierung und Demobilisierung geht es vielmehr um die Wiederherstellung von Politik, d. h. eines politischen Denkens und Handelns, und es geht darum, hierbei den richtigen Ansatzpunkt zu fin- den - jenseits des Nationalstaats und seiner spezifischen Möglichkeiten sowie mit Hilfe politischer und gewerkschaftlicher Kämpfe innerhalb der Nationalstaaten.

Aus verschiedenen Gründen ist dies allerdings ein äußerst schwieriges Unterfangen: zunächst einmal deshalb, weil die politischen Instanzen, die es zu bekämpfen gilt, sehr weit entfernt, ja geradezu unerreichbar sind und weil sie, sowohl von ihren Methoden als von ihren Akteuren her, so gut wie nichts mit den politischen Instanzen gemein haben, gegen die sich die traditionellen Kämpfe gerichtet hatten. Und ferner auch deshalb, weil die Macht der Akteure und der Institutionen, die heute Wirtschaft und Gesellschaft beherrschen, auf einer außerordentlichen Konzentration sämtlicher Formen des Kapitals - in Wirtschaft, Politik, Militär, Kultur und Wissenschaft - basiert, die die Grundlage für eine nie da gewesene symbolische Form der Beherrschung bildet, die insbesondere durch den Einfluss der Medien wirksam wird.

Zugegebenermaßen liegen bestimmte Ziele eines realistischen politischen Handelns auf europäischer Ebene (wenigstens in dem Maße, wie die Unternehmen und die europäischen Organisationen ein zumindest negativ bestimmendes Element dieser weltweit herrschenden Kräfte darstellen). Daraus folgt, dass der Aufbau einer einheitlichen sozialen Bewegung in Europa, die imstande ist, die verschiedenen Bewegungen, die derzeit - national wie international - noch getrennt existieren, zusammenzufassen, das unstrittige Ziel aller derjenigen ist, die den herrschenden Kräften einen wirkungsvollen Widerstand entgegensetzen wollen.

Zusammenführen, ohne zu vereinheitlichen

Die sozialen Bewegungen, so unterschiedlich sie von ihrer Entstehung, ihren Zielsetzungen und Vorhaben her auch sein mögen, weisen unbestreitbar eine ganze Reihe gemeinsamer Merkmale auf, die ihnen etwas Familiäres, Vertrautes geben. Gerade weil sie häufig aus einer Ablehnung traditioneller Formen der politischen Mobilisierung entstanden sind - und ganz besonders der Formen, die für die kommunistischen Parteien sowjetischer Prägung kennzeichnend sind -, haben sie die Tendenz, jegliche Form der Monopolisierung einer Bewegung durch Minderheiten auszuschließen. Stattdessen legen sie besonderen Wert auf die direkte Beteiligung aller Betroffenen- in diesem Punkt stehen sie der anarchistischen Tradition sehr nahe - und fühlen sich den Formen einer spontanen, selbstbestimmten Organisation verbunden, die sich durch eine eher lockere Form des politischen Apparates auszeichnet und die es ihren Akteuren ermöglicht, sich ihre Rolle als aktive Subjekte wiederanzueignen (im Unterschied gerade zu den politischen Parteien, denen sie ein Monopol auf politische Intervention absprechen). Ein weiteres gemeinsames Merkmal besteht darin, dass sie sich an klar umrissenen, konkreten Zielen ausrichten, die für das Leben in einer Gesellschaft von Bedeutung sind (wie Wohnung, Arbeit, Gesundheit usw.). Ein drittes typisches Merkmal ist, dass sie tendenziell der direkten Aktion den Vorzug geben, wobei sie stets darauf achten, dass ihre Verweigerungen ebenso wie ihre Vorschläge in exemplarische Aktionen umgesetzt werden, die unmittelbar mit dem betreffenden Problem in Verbindung stehen. Ein viertes gemeinsames Unterscheidungsmerkmal ist, dass sie alle, als ein stillschweigend vorausgesetztes Prinzip eines Großteils ihrer Kämpfe, die Solidarität »auf ihre Fahnen geschrieben« haben.

Wo man eine solche Verwandtschaft der Ziele und Mittel des politischen Kampfes feststellt, da erstrebt man zwangsläufig, zwar nicht gerade die zweifellos unmögliche Vereinheitlichung sämtlicher gesondert bestehender Bewegungen - wie dies häufig von den militanten Kräften, besonders von den jüngsten unter ihnen, gefordert wird, die zunächst von der Gemeinsamkeit der Ziele und den vielen Überschneidungen frappiert sind -, aber doch zumindest eine gewisse Koordinierung von Forderungen und Aktionen, die jeglichen Willen der Aneignung ausschließen. Eine solche Koordinierung müsste die Form eines Netzwerks annehmen, das in der Lage ist, die Individuen und Gruppen so miteinander zu verbinden, dass keine die andere beherrschen oder einschränken kann, sodass der gesamte Erfahrungsschatz, der sich aus der Verschiedenartigkeit der Erfahrungen, Standpunkte und Programme ergeben hat, bewahrt werden kann. Die wichtigste Aufgabe dieser Koordination bestünde darin, die sozialen Bewegungen aus ihren fragmentierten und versprengten Aktionen herauszulösen und auf diese Weise zu vermeiden, dass sie sich in der Partikulärität lokaler, partieller und punktueller Aktionen abkapseln (ohne dabei wiederum einem bürokratischen Zentralismus zu verfallen), wobei es ihnen insbesondere gelingen sollte, die zeitweiligen Unterbrechungen oder das Abwechseln zwischen Augenblicken einer intensiven Mobilisierung und denen eher latenter oder verzögerter Zeiten zu überstehen. Diese Koordinierung sollte flexibel und dauerhaft sein und sich auf zwei verschiedenen Ebenen abspielen: Zum einen sollte es für Ad-hoc-Treffen oder dann, wenn besondere Umstände es erfordern, eine kurzfristige Planung sämtlicher auf ein klar umrissenes Ziel gerichteter Aktionen geben; zum anderen sollten in regelmäßigen Abständen mit Vertretern aller betroffenen Gruppen Diskussionen zu Themen von allgemeinem Interesse und zur Erarbeitung längerfristiger Programme durchgeführt werden. Denn es würde darum gehen, immer da, wo sich die Anliegen der verschiedenen Gruppen überschneiden, den Versuch einer Definition von allgemeinen Zielen zu machen, in denen sich alle wieder erkennen und bei denen sie zusammenarbeiten können, wobei sie ihre eigenen Fähigkeiten und Arbeitsmethoden mit einbringen könnten. Es ist ja auch nicht verboten zu hoffen, dass durch demokratische Auseinandersetzungen innerhalb einer Gesamtheit von Individuen und Gruppen, die alle von gemeinsamen Voraussetzungen ausgehen, vielleicht doch einmal eine vernünftige und kohärente Antwort auf bestimmte fundamentale Fragen gefunden wird, für die weder die Gewerkschaften noch die Parteien eine globale Lösung parat haben.

Erneuerung der Gewerkschaftsbewegung

Eine soziale Bewegung in Europa ist nicht denkbar ohne eine erneuerte Gewerkschaftsbewegung, die imstande ist, die inneren und äußeren Hindernisse, die ihrer Stärkung und Vereinheitlichung auf europäischer Ebene entgegenstehen, zu überwinden. Nur scheinbar ist es ein Paradoxon, wenn man den Niedergang der Gewerkschaftsbewegung für einen indirekten und lediglich aufgeschobenen Effekt ihres Triumphes hält. Zahlreiche Forderungen, die die Gewerkschaftskämpfe der Vergangenheit belebt haben, sind inzwischen zu festen Einrichtungen geworden, die - da sie an der Quelle der Privilegien (der Verpflichtungen oder Rechte), in Frankreich nach Art des ASSEDIC (Association pour l'emploi dans l'industrie et le commerce = etwa: Arbeitslosenversicherung), sitzen - selbst zum Spielball der Kämpfe zwischen den Gewerkschaften geworden sind. Die Gewerkschaftsbürokratien, die inzwischen selbst zu staatsähnlichen Instanzen geworden sind und häufig vom Staat subventioniert werden, partizipieren an der Umverteilung des Reichtums und sie garantieren den sozialen Kompromiss, indem sie verhindern, dass es zu Brüchen und Konfrontationen kommt. Und die gewerkschaftlichen Hierarchien, zu bloßen Verwaltungsorganen geworden, die sich weit von den Anliegen ihrer Schutzbefohlenen entfernt haben und die zu Garanten eines sozialen Friedens geworden sind, sind in mehr als nur einem Fall durch die Logik der Konkurrenz zwischen den Apparaten oder innerhalb der Apparate dazu geneigt, eher ihre eigenen Interessen zu verteidigen als die Interessen derjenigen, die sie eigentlich zu verteidigen hätten. Auch dies hat zum Teil dazu beigetragen, dass sich die Arbeitnehmer von der Gewerkschaft fern gehalten und die Gewerkschaftsmitglieder sich von der aktiven Beteiligung an ihren Aktivitäten zurückgezogen haben. Aber diese internen Gründe allein erklären noch nicht, warum die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder und ihrer Aktivitäten immer stärker zurückgeht. Die neoliberale Politik trägt ebenfalls zur Schwächung der Gewerkschaften bei. Die Flexibilität und vor allem die unsichere Lage einer wachsenden Zahl von Arbeitnehmern erschwert jegliches gemeinsame Handeln, ja selbst die einfache Informationsarbeit, während gleichzeitig durch die Überreste einer Sozialfürsorge weiterhin nur ein Teil der Arbeitnehmer begünstigt wird. Man sieht also, wie unerlässlich und auch wie schwierig es ist, zu einer Erneuerung der Gewerkschaftsarbeit zu gelangen, die die Einführung eines Rotationsprinzips in der Aufgabenverteilung und eine Infragestellung des Modells der bedingungslosen Delegierung zur Voraussetzung hätte, ebenso wie die Erfindung neuer Techniken, die für eine Mobilisierung der fragmentarisierten und in der Unsicherheit lebenden Arbeiter unerlässlich sind.

Die neue Organisation, die es zu schaffen gilt, muss in der Lage sein, die Aufsplitterung durch Zielvorgaben und Nationen zu überwinden ebenso wie die Trennung in Bewegungen und Gewerkschaften. Es müssen Institutionen geschaffen werden, die durch eine Konfrontation in den Instanzen der Konzertierung und Diskussion an Dynamik nur gewinnnen können. Durch die Existenz eines stabilen und effizienten Netzwerkes, das mit den offiziellen Organisationen, in denen die Gewerkschaften vertreten sind (wie der Europäische Gewerkschaftbund) nichts mehr gemein hätte und das die Aktionen sämtlicher Bewegungen zusammenfassen würde, die sich in bestimmten Situationen bekämpfen und von daher beschränken, müsste die Entwicklung eines internationalen Forderungskataloges möglich werden.

Forscher und Aktivisten

Was an Arbeit notwendig ist, um die Aufsplitterung der verschiedenen sozialen Bewegungen zu überwinden, um so alle verfügbaren Kräfte gegenüber den herrschenden Kräften zu bündeln, die ihrerseits sehr wohl bedacht und methodisch abgestimmt vorgehen (man denke nur an das Forum von Davos), muss sich auch noch gegen eine andere, ebenso unheilvolle Trennung richten, nämlich gegen die Trennung zwischen Forschern und Aktivisten. Angesichts eines ökonomischen und politischen Kräfteverhältnisses, bei dem die ökonomischen Kräfte die Möglichkeit haben, sich in einem nie da gewesenen Ausmaß wissenschaftliche, technische und kulturelle Ressourcen zunutze zu machen, ist die Arbeit von Forschern unerlässlich, um die von den großen multinationalen Konzernen und den internationalen Organisationen verfolgten Strategien aufzudecken, die, wie z. B. die WTO, mit einem universellen Anspruch Regelungen treffen und auferlegen, die geeignet sind, eine neoliberale Utopie Schritt für Schritt Realität werden zu lassen. Die gesellschaftlichen Hindernisse, die einer solchen Annäherung im Wege stehen, sind keineswegs weniger groß als diejenigen, die sich zwischen den verschiedenen Bewegungen oder zwischen diesen Bewegungen und den Gewerkschaften auftun: Bei aller Unterschiedlichkeit der Ausbildung und des gesellschaftlichen Werdegangs sowie ihrer gesamten Art zu denken und zu handeln müssen die (häufig international arbeitenden) Forscher und die (meist nationalen) Aktivisten es lernen, miteinander zu arbeiten und sämtliche negativen Vorurteile, die die einen gegenüber den anderen haben mögen, zu überwinden. Dies ist eine der Voraussetzungen dafür, dass es durch ein kritisches Vergleichen von Erfahrungen und Kompetenzen zu einer kollektiven Erarbeitung von Antworten kommt, die ihre politische Überzeugungskraft der Tatsache verdanken, dass sie auf systematischer wissenschaftlicher Arbeit beruhen und zugleich ihre Wurzeln in gemeinsamen Zielvorstellungen und Überzeugungen haben.

Die Politik neu erfinden

Die europäische soziale Bewegung, die wir gründen wollen, hat eine Utopie zu ihrem Zweck erklärt, nämlich ein Europa, in dem alle kritischen sozialen Kräfte, die heute noch sehr vielgestaltig und zersplittert daherkommen, hinreichend vereint und organisiert wären, um eine einheitliche Kraft kritischer Bewegung zu bilden. Diese Bewegung ist an sich selbst schon eine Utopie, wenn man bedenkt, wie zahlreich die sprachlichen, wirtschaftlichen und technischen Hindernisse auf dem Wege zu einer solchen Sammlungsbewegung sind.

Die Vielfalt und Verschiedenheit der Bewegungen, die sich ganz oder teilweise die von uns benannten Ziele gesetzt haben, ist in der Tat die höchste und wichtigste Rechtfertigung, ein solches kollektives Unternehmen anzugehen, das eben nicht die vielen Aktivitäten annektieren oder monopolisieren, sondern vereinen und integrieren soll, indem es Initiativen verknüpft und zusammenfügt und allen Einzelpersonen und Organisationen hilft, die sich auf diesem Terrain engagiert haben, um die Auswirkungen des vorhandenen Neben- und Gegeneinanders zu überwinden. Es geht also vor allem darum, ein kohärentes Ganzes von Alternativvorschlägen vorzustellen, die von Wissenschaftlern und Akteuren gemeinsam erarbeitet werden (dabei ist jede Instrumentalisierung der Ersteren durch Letztere und umgekehrt zu vermeiden) und die eine Vereinheitlichung der sozialen Bewegung dadurch in Gang bringen können, dass die Divergenzen zwischen den nationalen Traditionen und innerhalb der jeweiligen Nationen, die Divergenzen zwischen den Berufsgruppen (zumal zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen), zwischen den Geschlechtern, den Generationen, den ethnischen Gruppen (Migranten und Einheimischen) aufgehoben werden. Dies geht nur um den Preis einer umfangreichen kollektiven Arbeit organisatorischer Erfindungskraft, die notwendig ist, um die kritischen, theoretischen wie praktischen, Aktivitäten aller sozialen Bewegungen zu koordinieren, die darauf hinwirken, die Mängel des entpolitisierenden Denkens und Handelns der mit dem Regieren betrauten Sozialdemokratie zu beseitigen. Nur so können andere Strukturen der wissenschaftlichen Betätigung, der Diskussion und Mobilisierung auf unterschiedlichen Ebenen (international, national und lokal) erdacht werden, die allmählich in die Angelegenheiten und in die Denkweisen eine neue Art, Politik zu machen, hineinbringen.

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