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Budget 2001 | Beschleunigter Defizitabbau bringt Steuerbelastungen sowie Personal- und Sozialabbau

Nach einer Kritik am zu geringen Tempo der Budgetkonsolidierung durch den Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (Ecofin-Rat) und durch die Europäische Kommission hat die Regierung ihren Sparkurs drastisch verschärft. Sie beabsichtigt nunmehr, das gesamtstaatliche Defizit innerhalb von zwei Jahren auf null zu reduzieren. Das ist ein von der Regierung selbst gesetztes Ziel, das vom Rat nicht gefordert wird.

Diese Beschleunigung der Konsolidierung machte Sparmaßnahmen notwendig, die im Budget ihren Niederschlag finden und gravierende Auswirkungen auf Inflation und Wachstum, insbesondere aber auf die Einkommensverteilung haben1).

1. Wirtschaftliche Ausgangslage und Grunddaten

Die Budgetkonsolidierung fällt in eine günstige Phase der Konjunktur. Der Konjunkturaufschwung erreicht in Österreich heuer einen Höhepunkt. Mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von ca. 3,5% hat Österreich die höchste Wachstumsrate seit 1990. Der Aufschwung wird vom Export, den Investitionen und vom Konsum getragen. Das Budget wirkt heuer aufgrund der Steuerreform und des Familienpakets - beides von der alten Regierung beschlossen - expansiv, das heißt nachfragesteigernd. Im Gegensatz dazu gehen vom Budget 2001 nachfragedämpfende Effekte aus, weil unter anderem die Lohnsteuereinnahmen erhöht und Sozialleistungen gekürzt werden, höhere Steuervorauszahlungen geleistet werden müssen und bei den öffentlich Bediensteten sowie den Pensionen gespart wird. Aufgrund des Sparpakets hat das Wirtschaftsforschungsinstitut seine Wachstumsprognose für 2001 und 2002 um je einen Viertel Prozentpunkt gesenkt. Zusätzliche Dämpfungen, ebenfalls um einen Viertel Prozentpunkt, resultieren aus der Steigerung der Rohölpreise. Diese Verlangsamung des Wirtschaftswachstums (2000: 3,5%, 2001: 2,8%) wird das Tempo der Beschäftigungsausweitung senken. Dennoch wird die Arbeitslosenquote weiter zurückgehen (2000: 5,9%, 2001: 5,3%). Die Inflationsrate dürfte im nächsten Jahr wieder auf 1,5% zurückgehen (2000: 2,3%).

Der Entwurf des Bundeshaushalts 2001 sieht Ausgaben in der Höhe von 813,5 Milliarden Schilling und Einnahmen von 780,7 Milliarden Schilling vor. Damit ergibt sich ein Nettoabgang auf administrativer Basis in der Höhe von 32,8 Milliarden Schilling. Gegenüber dem Bundesvoranschlag (BVA) 2000 wird das Defizit um 21,8 Milliarden Schilling gesenkt. Diese Senkung war möglich, weil die Einnahmen weit stärker steigen (+7,4%) als die Ausgaben (+4,1%). Das Wachstum der Ausgaben entspricht fast punktgenau dem des nominellen BIP (4,2%; siehe Tabelle 1: »Die wichtigsten Kennzahlen der Budgetentwicklung«).

Tabelle 1: Die wichtigsten Kennzahlen der Budgetentwicklung Allgemeiner Haushalt auf administrativer Basis, in Milliarden Schilling

BVAE 2001

BVA 2000 1999 1998 Zuwachs 01/00 in %
Ausgaben 813.452 781.458 787.764 777.600 4,1
davon: Personalausgaben für Aktive inklusive Landeslehrer 152.101 148.734 146.720 140.728 2,3
Bruttoinvestitionen 13.600 7.600 9.600 10.600 78,9
Einnahmen 780.685 726.810 719.750 711.573 7,4
Defizit (administrativ) -32.767 -54.648 -68.014 -66.027
Defizit in % des BIP -1,12 -1,94 -2,53 -2,53
Zinsenaufwand 93.220 90.685 91.388 90.117 2,8
Zinsenaufwand in % der Steuereinnahmen (netto) 19 19,8 20,3 19,6
Brutto-Inlandsprodukt (BIP) 2.935.500 2.818.100 2.688.700 2.610.914 4,2
Bund (nicht bereinigt) in % des BIP
Ausgabenquote 27,7 27,7 29,3 29,8
Einnahmenquote 26,6 25,8 26,8 27,3
in % des BIP
Defizit des Staates nach Maastricht -0,75 -1,6 -2,1 -2,3
Bundessektor -1,50 -2,1 -2,4 -3,0
Länder, Gemeinden, Sonstige -0,75 0,5 0,3 0,7
Annahmen für die Budgeterstellung in %
WIFO Prognose vom Oktober 2000 (in %) 2000 2001
BIP real 3,5 2,8
BIP nominell 4,8 4,2
Bruttoverdienste je Arbeitnehmer 2,0 2,6
Verbraucherpreise 2,3 1,5
Unselbständig Beschäftigte 1,0 0,8
Arbeitslosenquote (nationale Abgrenzung) 5,9 5,3
Quelle: BM für Finanzen, eigene Berechnungen

Das Maastricht-Defizit liegt mit ca. 43 Milliarden Schilling oder 1,5% des BIP um mehr als 10 Milliarden Schilling über dem administrativen Defizit. Diese relativ hohe Abweichung kann vor allem dadurch erklärt werden, dass die im Budget 2001 in der Höhe von 10,6 Milliarden Schilling vorgesehenen Einnahmen aus den Grundstücksverkäufen an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als nicht Maastricht-defizitsenkend angenommen wurden. Unter Berücksichtigung der Vereinbarungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (Länder erbringen ab 2001 einen Überschuss von 0,75% des BIP, Gemeinden haben in Summe ausgeglichene Haushalte) ergibt sich für den Gesamtstaat für 2001 ein Maastricht-Defizit von 0,75%. Das entspricht der Zielsetzung, die im »Reformdialog« angekündigt wurde.

2. Einnahmenseitige Budgetkonsolidierung dominiert - höchste Abgabenquote aller Zeiten

Die Regierung, die den Konsolidierungsbedarf für das Jahr 2001 mit 90 Milliarden Schilling angegeben hat, behauptet immer wieder, dass die Konsolidierung zu 62% über die Ausgabenseite und zu 38% über die Einnahmenseite realisiert wurde, also wie geplant überwiegend über die Ausgabenseite. Diese Behauptung ist nur haltbar, weil eine Reihe von einnahmenseitigen Maßnahmen willkürlich der Ausgabenseite zugerechnet werden, obwohl es sich um Einnahmen handelt; das sind insbesondere die Abschöpfungen von Fondsüberschüssen (ca. 14 Milliarden Schilling), Teile der Pensionsreform (Erhöhung der Pensions[sicherungs]beiträge; ca. 1 Milliarde Schilling) und die Reduktion der Ertragsanteile für die Länder (3 Milliarden Schilling; siehe Tabelle 2: »Dauerhafte Konsolidierungsmaßnahmen 2001-2002«).

Tabelle 2: Dauerhafte Konsolidierungsmaßnahmen 2001-2002 in Milliarden Schilling

Ausgabenseitige Maßnahmen

2001

2002
Verwaltungsreform inklusive Landeslehrer 5,0 11,1
Pensionsreform inklusive öffentlicher Dienst 3,5 9,9
Soziale Treffsicherheit 1,8 1,8
davon
Neuregelung Familienzuschlag 0,4 0,4
Neuregelung der Wartefrist bei Arbeitslosen 0,8 0,8
Zinsenentlastungen durch Schuldenreduktion
Zinsenaufwand in % der Steuereinnahmen (netto) 3,0
Finanzausgleich
Strukturreformen ohne Landeslehrer 2,0 2,0
Ausgabenseitige Maßnahmen insgesamt 12,3 27,8
in % der Konsolidierungsmaßnahmen 24,6 40,5

Einnahmenseitige Maßnahmen

Änderung Absetzbeträge 6,1 6,2
Abschaffung Investitionsfreibetrag 0,0 6,0
Einschränkung der Rückstellungen 0,0 3,0
Verlängerung der Abschreibung von Gebäuden 0,0 2,5
Begrenzung des Verlustvortrags 0,0 2,5
Erweiterung des Lohnsteuerabzugs 0,5 0,6
Änderung bei Einmalzahlungen 4,0 4,5
Privatstiftungen inklusive Schenkungsteuer 2,1 2,2
Erhöhung der Einheitswerte in der Erbschaftsteuer 0,5 1,0
Kfz-Steuer für Lkw 0,7 0,9
Zinsen für Rückstände/Guthaben 0,2 0,5
Erhöhung der Vorauszahlungen 15,0 0,0
Besteuerung der Unfallrenten 1,8 2,0
Reduktion der Ertragsanteile der Länder 3,0 3,0
Besteuerung der Substanzgewinne von Investmentfonds 0,7 0,8
steuerliche Erfassung von Gewinnen aus Beteiligungsveräußerungen 0,0 1,0
Einnahmen aus Pensions(sicherungs)beiträgen 1,0 1,0
Soziale Treffsicherheit 2,2 3,2
davon
Studienbeiträge 1,0 2,0
Einschränkung der Mitversicherung in der Krankenversicherung 0,9 0,9
Krankenversicherungsbeiträge für Zusatzpensionen 0,3 0,3
Einnahmenseitige Maßnahmen insgesamt 37,8 40,9
in % der Konsolidierungsmaßnahmen 75,4 59,5
Summe dauerhafter Konsolidierungsmaßnahmen 50,1 68,7
Quelle: Budgetbegleitgesetz 2001 inklusive Abänderungsanträgen

Stellt man auf die wichtigere Frage der Dauerhaftigkeit der Konsolidierungsmaßnahmen - also ohne Fondsabschöpfungen - ab, so zeigt sich ein völlig konträres Bild. Demnach liegt die Summe der dauerhaften ausgabenseitigen Maßnahmen im Jahr 2001 bei 12,3 Milliarden Schilling (2002: 27,8 Milliarden Schilling), jene der einnahmenseitigen Maßnahmen bei 37,8 Milliarden Schilling im Jahr 2001 (2002: 40,9 Milliarden Schilling). Bei ökonomisch sinnvoller Betrachtungsweise ergibt sich somit, dass die ausgabenseitigen Maßnahmen mit ca. 25% und die einnahmenseitigen Maßnahmen mit rund 75% dauerhaft zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes beitragen. Das Überwiegen einnahmenseitiger Maßnahmen spiegelt sich in einem Anstieg der Steuer- und Abgabenquote von 43,8% (2000) auf knapp 46% (2001) wider, die damit einen historischen Höchstwert erreicht.

3. Die Entwicklung der Ausgaben

Im Gegensatz zum Budgetvoranschlag 2000 steigen die Budgetausgaben 2001 trotz des Sparkurses mit 4,1% wieder deutlich stärker an. Tabelle 3 zeigt die (unterschiedliche) Entwicklung wichtiger Ausgaben in ökonomischer Gliederung (siehe Tabelle 3: »Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung«).

Tabelle 3: Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung Allgemeiner Haushalt auf administrativer Basis, in Milliarden Schilling

1998 Erfolg 1999 Erfolg 2000 BVA 2001 BVA-E

Zuwachs gegenüber 2000 in %

Einnahmen 711,6 719,6 726,8 780,7 7,4
öffentliche Abgaben brutto 670,2 669,8 684,7 749,9 9,5
Lohnsteuer 193,7 203,0 194,0 222,0 14,4
Steuern auf sonstige Einkommen und Gewinne 94,3 84,8 89,1 106,0 19,0
Umsatzsteuer 216,3 227,0 235,9 246,0 4,3
abzüglich Überweisungen und Steueranteile 183,8 191,0 193,9 213,0 9,9
abzüglich Überweisungen EU 26,2 29,1 32,5 32,5 0,0

öffentliche Abgaben netto

460,2 449,7 458,2 504,4 10,1
Überweisungen an Bundesfonds*) 19,6 19,8 21,3 21,0 -1,4
steuerähnliche Einnahmen**) 89,1 94,1 94,1 97,8 3,9
sonstige Einnahmen (bis 1999 inklusive Bundesbetriebe) 142,7 156,0 153,2 157,5 2,8
Ausgaben 777,6 787,8 781,4 813,5 4,1
Aktivitätsaufwand inkl. Landeslehrer 140,7 146,7 148,7 152,1 2,3
Pensionen inklusive Landeslehrer 39,6 41,0 42,4 44,3 4,5
laufender Sachaufwand 65,2 64,8 63,2 70,3 11,2
Bruttoinvestitionen 10,6 9,6 7,6 13,6 78,9
Transferausgaben 377,0 383,1 375,1 395,0 5,3
Zinsaufwand 106,8 113,9 121,9 119,5 -2,0
sonstige Ausgaben 37,7 28,7 22,5 18,7 -16,9
administrativer Nettoabgang -66,0 -68,2 -54,6 -32,8

*) vor allem Beiträge zu FLAF und Arbeitslosenversicherung
**) FLAF, Katastrophenfonds, Siedlungswasserwirtschaft
Quelle: BM für Finanzen, eigene Berechnungen

Personalabbau gefährdet die Qualität der Leistungserbringung

Die Dynamik des Personalaufwands wird deutlich gebremst, wenngleich die Zielsetzung, den Aufwand für die Aktiven inklusive Landeslehrer auf dem Niveau des Jahres 2000 einzufrieren, nicht realisiert werden konnte. Verschiedene Faktoren sind für diese Entwicklung verantwortlich. Die Gehälter werden 2001 bei einer Inflationsrate von 2,3% »nur« um 500 Schilling, das sind durchschnittlich 1,6%, erhöht. Ursprünglich war eine Nulllohnrunde in Aussicht gestellt worden.

Der zweite entscheidende Faktor ist der Planstellenabbau im Ausmaß von 11.000 Personen bis zum Ende der Legislaturperiode. Der Lehrbereich an Universitäten und Schulen ist davon ausgenommen. Im Schulbereich kommen allerdings die dort ergriffenen Einsparungen (fixe Zulagen für die Klassenvorstandstätigkeit und für Kustodiate, Einsparungen bei Überstunden und Supplierungen) einer Kürzung an Lehrerstellen gleich, weil der mit diesen Maßnahmen verbundene Mehrunterricht negative Auswirkungen auf die Beschäftigung junger Lehrer haben wird. Bei den Landeslehrern wird sich zusätzlich die stufenweise Verringerung der Schüler-Lehrer-Relation auswirken.

Im Universitätsbereich werden die Prüfungstaxen gestrichen. Der im Rest der Verwaltung angestrebte Personalabbau, der nach der Rasenmähermethode linear über alle Ressorts erfolgt, wird durch den natürlichen Abgang ohne Begleitmaßnahmen nicht zu realisieren sein. Zum anderen ist zu befürchten, dass die bisherige Qualität der Leistungserstellung der öffentlichen Verwaltung Einbußen erleiden wird.

Der Pensionsaufwand einschließlich der Landeslehrer steigt mit 4,5% stärker als die Gesamtausgaben. Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters führt demnach 2001 noch nicht zu einer merkbaren Verringerung der Pensionsdynamik.

Der kräftige Anstieg des laufenden Sachaufwands hängt damit zusammen, dass hohe Vorsorgen für Eventualereignisse getroffen wurden und dass die Mietenzahlungen der Schulen und Universitäten 2001 nicht mehr unterbudgetiert sein werden. Ersteres führt vor allem zu einer Aufblähung des Budgets.

Steigende Investitionen

Die Bruttoinvestitionen steigen mit einem Zuwachs von 6 Milliarden Schilling gegenüber dem BVA 2000 kräftig an. Das ist vor allem auf das so genannte Offensivprogramm der Bundesregierung in der Höhe von 10 Milliarden Schilling zurückzuführen. 3 Milliarden Schilling davon sind für konkrete Investitionen im Investitions- und Infrastrukturbereich und 7 Milliarden Schilling für die Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsquote vorgesehen2). Bei dem Offensivprogramm handelt es sich um kumulative Summen für die nächsten drei Jahre, der starke Anstieg der Investitionen im Jahr 2001 entspricht daher nicht der Wirklichkeit.

Weiters erhalten die Universitäten gegenüber dem Budget 2000 zusätzliche Investitionsmittel in der Höhe von 832 Millionen Schilling (Universitätsmilliarde).

Unterschiedliche Entwicklung bei den Transferausgaben

Die Ausgaben für familienpolitische Leistungen bleiben nahezu konstant gegenüber dem Vorjahr. Die Überschüsse des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) in Höhe von 6,4 Milliarden Schilling werden an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger überwiesen und führen dort zu einer Entlastung des Bundesbeitrags zur Pensionsversicherung. Zusätzlich wurde dafür Sorge getragen, dass aus dem FLAF ab dem Jahr 2002 das Kinderbetreuungsgeld finanziert werden kann. Er wird 2002 Minderausgaben von 4,75 Milliarden Schilling haben, da das Karenzgeld im Jahr 2001 zur Gänze aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung getragen werden muss. Das bedeutet, dass die Arbeitslosenversicherung (ALV) dafür herhalten muss, die Finanzierung des Kinderbetreuungsgeldes zu ermöglichen.

Gleichzeitig müssen aus der ALV neben den jährlich zu zahlenden 4,9 Milliarden Schilling im Jahr 2001 zusätzlich 6,4 Milliarden Schilling3) an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger überwiesen werden. Die Abschöpfungen aus der Arbeitslosenversicherung haben damit ein nie da gewesenes Niveau erreicht. Sie sind in dieser Höhe nur möglich, weil gleichzeitig Einsparungen auf der Leistungsseite (Maßnahmen zur Erhöhung der »sozialen Treffsicherheit«) vorgenommen werden. Als Folge der hohen Abschöpfungen ist in der ALV ein Defizit von etwa 1,7 Milliarden Schilling zu erwarten, das im Kreditwege finanziert werden muss. Gleichzeitig wird der Beitrag des Bundes zur Arbeitslosenversicherung gestrichen. Darüber hinaus soll die Arbeitslosenversicherung mit knapp 500 Millionen Schilling zur Wirtschaftsförderung beitragen - ein weiteres Indiz für eine gezielte Umverteilung durch die Bundesregierung.

Obwohl mit den Überweisungen aus dem FLAF und der ALV der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung in erheblichem Ausmaß entlastet wird, steigt er trotz Pensionsreform mit +9,5% gegenüber dem Vorjahr noch immer überdurchschnittlich an4). Die vorgesehene Pensionsanpassung beträgt im Jahr 2001 1,5%.

Die sonstigen Transferleistungen steigen um knapp 5 Milliarden Schilling an. Dieser Anstieg ist auf die Höherdotierung der Kosten für die Eisenbahn-Infrastruktur (ÖBB/SCHIG) zurückzuführen. Im Gegensatz zu den Vorjahren sind diese Kosten für 2001 mit knapp 17 Milliarden (1999: 9,9 Milliarden Schilling, 2000: 9,35 Milliarden Schilling) realitätsnäher dotiert. Im Gegenzug müssen die ÖBB in den nächsten beiden Jahren 2 bzw. 3 Milliarden Schilling einsparen. Das könnte zu Schwierigkeiten bei den ÖBB führen.

Die Förderungen an Unternehmungen inklusive Landwirtschaft haben die stärkste Dynamik unter allen Ausgabenkategorien (+25,3%).

Die Ausgaben für Zinsen steigen bereinigt von 117,7 Milliarden Schilling auf 119,5 Milliarden Schilling an. Angesichts eines zu finanzierenden Nettoabgangs von knapp 33 Milliarden Schilling, gestiegener Zinsen sowie eines durch die Aufwertung des Yen um ca. 20 Milliarden Schilling gestiegenen Schuldenstandes dürfte der Zinsenaufwand eher unterbudgetiert sein.

Klientelorientierte Schwerpunktsetzungen statt zukunftsorientierter Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik

Bei Durchsicht der einzelnen Budgetkapitel lassen sich nur wenige Schwerpunktsetzungen erkennen. Es handelt sich vorwiegend um ein Sparbudget mit fehlenden oder verfehlten Strukturreformen. Am deutlichsten kommt eine Prioritätensetzung bei den Förderungen und hier wiederum bei jenen an die Wirtschaft und an die Land- und Forstwirtschaft zum Ausdruck. Die Gesamtausgaben für die Land- und Forstwirtschaft steigen aufgrund stark steigender Förderungen überdurchschnittlich stark an und kommen vorwiegend Großbauern zugute. Der von der Regierung angekündigte Vorrang für die Bildung von Humankapital und Forschung ist aus dem Voranschlagsentwurf nicht erkennbar. Die Bildungsausgaben wachsen mit 1,7% deutlich schwächer als die Gesamtausgaben. Ein zukunftsweisendes Bildungsbudget müsste für den Bereich der Berufsausbildung Antworten auf die Strukturänderungen (hohe Nachfrage nach Ausbildungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, erhöhter Bedarf an einer mittleren schulischen Ausbildung durch den Rückgang auf dem Lehrstellenmarkt) geben. Die dafür notwendigen Strukturreformen fehlen aber.

Im Bereich Wissenschaft steigen zwar die Investitionen der Universitäten durch die so genannte aus Studiengebühren finanzierte Universitätsmilliarde, sie liegen aber damit nur knapp über dem Niveau des Jahres 1999. Das von der Regierung geplante »Zukunftsprogramm >Modern studieren und forschen<« bedeutet in der Praxis einen bildungspolitischen Rückschritt, weil

  • keine ausreichende Dotierung beim Personal- und Sachaufwand gegeben ist,
  • die »Universitätsmilliarde« von den Studierenden finanziert werden soll,
  • mit der Einführung von pauschalen Studiengebühren neue Bildungsbarrieren für sozial Schwächere und Berufstätige geschaffen werden,
  • mit einem Absinken der Bildungsbeteiligung im Hochschulbereich gerechnet werden muss,
  • die angekündigte soziale »Abfederung« im Stipendienbereich völlig unzulänglich ist
  • und zudem keinerlei positiven Struktureffekte im Universitätsbereich zu erwarten sind.

Mit den im Budget vorgesehenen Mitteln für Forschung und Entwicklung (7 Milliarden Schilling für drei Jahre) wird sich keine nennenswerte Technologieoffensive in Gang setzen lassen, geschweige denn in absehbarer Zeit die F&E-Quote von derzeit 1,6% auf 2,5% des BIP anheben lassen.

Besonders negativ stechen das Sozialabbaupaket (Regierungsjargon: »Maßnahmen zur Erhöhung der sozialen Treffsicherheit«) und die Abschöpfungen der Überschüsse in der Arbeitslosenversicherung (ALV) ins Auge. Obwohl der Expertenbericht zur »sozialen Treffsicherheit« eine Fülle von Reformvorschlägen zur Verbesserung des österreichischen Sozialsystems enthält, gibt es keine strukturellen Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut. Im Gegenteil, vor allem durch die Maßnahmen in der Arbeitslosenversicherung wird das Verarmungsrisiko trotz einer Entschärfung bei der vierwöchigen Sperre des Arbeitslosengeldes5) treffsicher erhöht. Die Konsequenzen der Fondsabschöpfungen in der ALV bewirken einen erheblichen Druck in Richtung Rücknahme der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik. Der Rückzug des Bundes aus der Arbeitsmarktpolitik ist EU-weit einzigartig.

Auch die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften sind ein Bereich, wo strukturelle Reformen gänzlich fehlen. Der Finanzausgleich 2001 bis 2004 wurde nicht für eine Modernisierung nach in vielen Ländern verwirklichten Prinzipien des öffentlichen Managements genutzt, obwohl die Chancen größer denn je waren. Gemessen an den Ausgangsvorstellungen von Minister Grasser muss der neue Finanzausgleich als Erfolg für die Länder gewertet werden.

4. Die Entwicklung der Einnahmen

Steuererhöhungen führen zur höchsten Abgabenquote aller Zeiten

Die Bruttoeinnahmen steigen gegenüber dem BVA 2000 um ca. 65 Milliarden Schilling oder 9,5% an. Dieser Zuwachs ist das Spiegelbild der guten Konjunktur und der geplanten Steuererhöhungen zur Erreichung des Nulldefizits. Diese Maßnahmen haben zur höchsten Abgabenquote in der Zweiten Republik geführt.

Da die Mehreinnahmen bis auf eine Milliarde Schilling ausschließlich dem Bund zugute kommen, steigen auch die Nettosteuereinnahmen des Bundes kräftig an (+10%).

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Steuerschätzungen - abgesehen von den Privatstiftungen - solide, ja sogar eher vorsichtig sind. Die Zuwächse einzelner Steuern liegen jedoch weit über den Gesamtzuwächsen. Mit einem Zuwachs von 14,4% (= 28 Milliarden Schilling) gegenüber dem BVA 2000 wird die Lohnsteuer 2001 das Niveau vor der Steuerreform 2000 erheblich überschreiten. Die Zunahmen bei der Einkommensteuer und vor allem bei der Körperschaftsteuer (zusammen +19%) sind 2001 insbesondere auf die stark erhöhten Steuervorauszahlungen zurückzuführen. Sie dienen der Überbrückung bis zum Wirksamwerden diverser steuerlicher Maßnahmen (Streichung des Investitionsfreibetrags etc.). Der Anstieg der Umsatzsteuer entspricht der wirtschaftlichen Entwicklung. Trotz gestiegener Zinsen nimmt die Kapitalertragsteuer auf Zinsen mit 4,7% nur mäßig zu. Die Mineralöl- und Tabaksteuer haben ebenfalls nur mäßige Zuwächse. Da die Mineralölsteuer eine Mengensteuer ist, schlagen sich die höheren Ölpreise nicht in Mehreinnahmen nieder.

Bei Betrachtung der Steuerstruktur fällt auf, dass die Lohnsteuer und die Steuern vom Aufwand und Verbrauch nach wie vor die bei weitem dominierenden Einnahmequellen sind. Die Vermögensteuern machen nur noch 0,36% des BIP aus - Österreich liegt damit am untersten Ende der OECD-Staaten. Die Anhebung der Einheitswerte in der Erbschaft- und Schenkungsteuer und die Maßnahmen bei den Privatstiftungen haben diese Quote nur geringfügig erhöht.

Der Zuwachs der steuerähnlichen Einnahmen (Dienstgeberbeiträge zum FLAF und zur Arbeitslosenversicherung) erscheint aufgrund der Entwicklung der Lohn- und Gehaltssumme und der Beschäftigung in dieser Höhe plausibel.

Weiterhin viele Maßnahmen mit Einmaleffekten

Die sonstigen Einnahmen sind eine sehr heterogene Größe, in der unter anderem die Einnahmen aus Veräußerungserlösen, die Rücklagenentnahmen, die OeNB-Gewinnabfuhr, die Rückflüsse aus der EU, Ersätze für Pensionen für die ÖBB und die Post und Telekom (bei Letzterer auch für den Aktivitätsaufwand) und Einnahmen aus Haftungen im Rahmen der Exportförderung enthalten sind. An Veräußerungserlösen aus Liegenschaften sind für 2001 12,6 Milliarden Schilling veranschlagt (2000: 5 Milliarden Schilling), darunter 10,6 Milliarden Schilling für die Bundesimmobiliengesellschaft und 1,5 Milliarden Schilling für Liegenschaftsverkäufe der Bundesforste. An Rücklagenentnahmen sind 3,8 Milliarden Schilling vorgesehen (2000: 7,5 Milliarden Schilling). Die Gewinnabfuhr der Nationalbank ist mit 12 Milliarden Schilling veranschlagt (2000: 10,4 Milliarden Schilling), darunter eine Sonderdividende in der Höhe von 4 Milliarden Schilling. Die Maßnahmen mit Einmaleffekten tragen somit auch im Budget 2001 bedeutend zur Zielerreichung bei. Die Dauerhaftigkeit der Budgetkonsolidierung ist somit keineswegs garantiert.

5. Wirtschaftliche Beurteilung des Budgets 2001

Sparpakete führen zu Wachstumseinbußen und steigender Inflation

Auf die Herabsetzung der Prognose des Wirtschaftswachstums als Folge des Sparpakets und der hohen Ölpreise wurde bereits eingangs hingewiesen. Nach eigenen Einschätzungen dürfte es sich bei den errechneten Wachstumseinbußen eher um eine Untergrenze handeln.

Die Steuer- und Gebührenerhöhungen machten im August bereits mehr als ein Fünftel (0,55 Prozentpunkte) der Steigerung des Verbraucherpreisindex (VPI) aus (2,7% im August). Die bereits beschlossene Erhöhung des Preises für die Autobahnvignette (wirksam mit 1. 1. 2001) wird die Inflation weiter ansteigen lassen.

Starke Belastungen für die unteren und mittleren Einkommen - Steuererhöhungen für Superreiche haben Alibicharakter

Grasser behauptet immer wieder, dass 75 Prozent der Bevölkerung durch die Sparpakete nicht belastet werden. Das ist ebenso wenig haltbar wie die Einschränkung, dass Bruttoeinkommen unter monatlich 30.000 Schilling von den einkommensteuerlichen Maßnahmen nicht betroffen sind. Die Sparpakete haben tatsächlich eine massive Breitenwirkung.

Eindeutig belastend für niedrigere Einkommen wirken die Erhöhung der Verbrauchsteuern und Gebühren, die Selbstbehalte in der Krankenversicherung, die De-facto-Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrags, die Besteuerung der Unfallrenten, die Kürzung der Familienzuschläge beim Arbeitslosengeld sowie Teile der Pensionsreform.

Tendenziell belastend für niedrigere Einkommen sind weiters die Urlaubsaliquotierung, der Entfall des Postensuchtags, die Besteuerung von Urlaubs- und Kündigungsentschädigung und die Neuregelung der Wartefrist beim Arbeitslosengeld (da Personen mit höherem Risiko der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Einkommen haben, die 10 bis 15% unter dem Durchschnitt liegen).

Tendenziell belastend für mittlere und höhere Einkommen wirken die Kürzung des allgemeinen Absetzbetrags, die Kürzung des Pensionistenabsetzbetrags, die Krankenversicherungspflicht für Zusatzpensionen sowie die Besteuerung der Substanzgewinne von Investmentfonds.

Zugunsten höherer Einkommen wirken die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer und die Prämie für private Pensionsvorsorge.

Unklar in der Verteilungswirkung sind Studiengebühren (in statischer, auf die Eltern bezogener Sicht belastend für höhere Einkommen, in dynamischer Sicht, bezogen auf Zugangsmöglichkeiten und künftige Akademikereinkommen, belastend für niedrigere Einkommen), die Streichung der Mitversicherung für kinderlose Angehörige sowie die Abzugssteuer für Vortragende.

Während somit insgesamt die kleineren Einkommen einen vergleichsweise hohen Konsolidierungsbeitrag leisten müssen, werden die Besserverdienenden vergleichsweise geschont. Der Beitrag der Reichen und Superreichen hingegen ist bescheiden, weil die ursprünglich geplante Besteuerung der Privatstiftungen dramatisch entschärft wurde.

5. Zusammenfassung

Das Budget 2001 steht ganz im Zeichen der Erreichung des Nulldefizits bis 2002, eines von der Regierung selbst gewählten Zieles. Es wurde nicht -; wie oft behauptet - vom Ecofin-Rat vorgegeben. Damit einher ging ein massives, vorwiegend einnahmenseitges Belastungspaket, das negative Auswirkungen auf die Inflation, das Wachstum und vor allem die Verteilung hat. Die unteren Einkommensschichten müssen einen vergleichsweise hohen Konsolidierungsbeitrag leisten, weit zögerlicher wurde bei den Besserverdienenden vorgegangen. Der Beitrag der Superreichen ist extrem gering. Der geplante Abbau an Planstellen im öffentlichen Dienst gefährdet die Qualität der Leistungserstellung. Anstelle einer zukunftsorientierten Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik ist deutlich Klientelpolitik erkennbar. Beleg dafür sind die Prioritätensetzungen. Vorrangig ausgeweitet werden die Förderungen, insbesondere an die Landwirtschaft, während der Vorrang für die Bildung von Humankapital und Forschung nicht wirklich erkennbar ist. Programme zur Armutsbekämpfung fehlen, im Gegenteil, die Maßnahmen zur Erhöhung der »sozialen Treffsicherheit« steigern treffsicher das Verarmungsrisiko. Die Budgetansätze sind - von wenigen Ausnahmen abgesehen - realistisch, aufgrund des hohen Anteils an Einmaleffekten und der Ungewissheit über die Sparmaßnahmen und Strukturreformen der Länder ist die Erreichung des Nulldefizits 2002 für den Gesamtstaat keineswegs gesichert. Auch die Europäische Kommission zweifelt in ihrer jüngsten Prognose an der Erreichung des Nulldefizits im Jahr 2002. Diese Skepsis verstärkt sich umso mehr, wenn die Regierung wie geplant ihr Koalitionsprogramm mit zahllosen Geschenken an ihre Klientel umsetzt.

1) Über die Sinnhaftigkeit des Ziels, die Sparmaßnahmen und deren Auswirkungen auf die Arbeitnehmer wurde bereits in der letzten Ausgabe von Arbeit & Wirtschaft ausführlich berichtet: B. Rossmann, »Österreich ist kein Sanierungsfall: Wer trägt die Last? Nulldefizit als Alibi für ein sozial unausgewogenes Belastungspaket«.

2) Zunächst war eine Aufteilung 50:50 vorgesehen.

3) Ursprünglich waren 7,18 Milliarden Schilling geplant.

4) Mit Abänderungsantrag zum Budgetbegleitgesetz 2001 vom 15. 11. 2000 werden aus dem Insolvenzausfallgeldfonds 2001 einmalig 3,7 Milliarden Schilling an die SVA der gewerblichen Wirtschaft überwiesen. Diese Überweisung steht im Zusammenhang mit dem Nationalfonds für Entschädigungsopfer.

5) Die Senkung der Nettoersatzrate ist weggefallen. An die Stelle einer vierwöchigen Sperre des Arbeitslosengeldes treten nun verschärfte Sanktionen, eine Verlängerung der Anwartschaften von 26 auf 28 Wochen, der Verfall von Restansprüchen bei neuer Anwartschaft sowie eine Verordnungsermächtigung für bestimmte Wirtschaftszweige, durch die das Arbeitslosengeld für zwei Wochen ruhend gestellt werden kann.

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