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Sozialschmarotzer

»Erhöhung der Treffsicherheit des Sozialsystems« lautet der Titel eines Berichts von Expertinnen und Experten, der von Professor Mazal redigiert und am 18. September vergangenen Jahres vorgelegt wurde.

Wer nun glaubt, in diesem so genannten »Mazal-Bericht« endlich eine Definition des viel strapazierten Begriffs der »Treffsicherheit« zu finden, der irrt. Von »Treffsicherheit« ist zwar fast auf jeder Seite des Berichts die Rede, aber dabei handelt es sich offensichtlich nur um ein Schlagwort unter vielen. Ein Verkaufstrick, wie zum Beispiel bei den Studiengebühren, die von der Regierung Studienbeiträge genannt werden, weil »Beitrag« nicht so harsch klingt wie »Gebühr« (über die Einführung von Studiengebühren findet sich übrigens im Mazal-Bericht kein Wort).

»Treffsicherheit und Gerechtigkeit werden synonym verwendet und dienen als Verschleierung des Sozialabbaus ...«, heißt es in Heft 4/2000 der im Orac-Verlag erscheinenden Zeitschrift »Wirtschaft und Gesellschaft«. »Synonym« kann man erklären als »mit einem Wort oder einer Reihe von Wörtern bedeutungsgleich, so dass beide in einem bestimmten Zusammenhang austauschbar sind - sinnverwandt«.

Was halten Sie, werte Leserin, werter Leser, von der Annahme, dass »Sozialschmarotzer« und »Arbeitnehmer« synonym sind? Sie sind empört? Warten Sie! Ich zitiere nochmals »Wirtschaft und Gesellschaft« 4/2000:

»Beschäftigungsverhältnisse werden, laut Mazal, >oftmals bloß zur Erlangung oder zum Erhalt von Anwartschaften eingegangen<;, Personen, die Notstandshilfe beziehen, tun dies, weil sie durch >geschickte Gestaltung eine Anwartschaft erworben< haben. Der Arbeitnehmer als potentieller Sozialschmarotzer, das ist das Bild, das hier gezeichnet wird. Statt dankbar für die Arbeit zu sein (bekanntlich adelt Arbeit ja, mancherorts edelt sie sogar ...), erhoffen sich die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer doch wirklich auch noch, dadurch sozial abgesichert zu sein. Eine derartige Sicht darf nur zynisch genannt werden.«

Liebe Sozialschmarotzerinnen und Sozialschmarotzer, ach, tschuldigen, wollte sagen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, was ist nun von diesem Regierungsberater und seinem Bericht zu halten? Was ist von einer Regierung zu halten, die solche Berater hat? Aus diesem Bericht haben schließlich Ministerratsbeschlüsse resultiert ...

Die »Treffsicherheit« ist im Grunde nichts als eine leere Worthülse (zumindest solange das zu treffende Ziel nicht wenigstens genannt wird). Neben der »Treffsicherheit« war es das Nulldefizit-Ziel, das in der praktischen Politik als Deckmantel für ein unsoziales Belastungspaket herhalten musste:

»Das sieht man zunächst einmal an den Hauptzahlen, wenn man die Belastungen den einzelnen Gruppen zuordnet. Die Arbeitnehmerseite ist von der Summe der Maßnahmen her, vom Jahr 2001 ausgehend bis zum Jahr 2003, mit 42,6 Milliarden Schilling dauerhaft belastet. Im Gegensatz dazu steht die Situation bei den Unternehmern und Selbständigen. Sie werden im Jahr 2001 noch mit 8,3 Milliarden belastet, dann fällt die Belastung, und siehe da, im Jahre 2003 ist dann für die Unternehmen und Selbständigen schon ein Plus von 3,4 Milliarden Schilling da. Also Belastung für die Arbeitnehmer und Belastung für die Unternehmen. Der Grund dafür liegt im Wesentlichen in geringeren Beiträgen der Unternehmer im Sozialbereich und in den bereits in Aussicht gestellten Körperschaftssteuersenkungen.« (Leitender ÖGB-Sekretär Richard Leutner in einem Interview im »Standard«)

Mittlerweile gibt es ja nicht ein Belastungspaket, sondern drei, erklärt Leutner. »Vor dem Sommer gab es eine ganze Reihe von Gebührenerhöhungen und Erhöhungen indirekter Steuern. Wir hatten weiters die Pensionsreform mit drei Maßnahmen im Leistungsrecht, insbesondere die Anhebung des Anfallsalters. Dazu kommen die ganzen Maßnahmen bei der sozialen Treffsicherheit ...«

Und diese Belastungen sind nicht gerecht verteilt, sind sozial ungerecht. Dass 75 Prozent der Bevölkerung nicht betroffen wären, wie behauptet wurde, stimmt einfach nicht, schon wenn man an die indirekten Steuern denkt, die ja die gesamte Bevölkerung unabhängig vom Einkommen betreffen, also auch sozial Schwächere.

Die soziale Ausgewogenheit bei den Einsparungsmaßnahmen als Eiertanz? Die Regierung kündigt Maßnahmen mit viel Getöse an, um sie dann halb zurückzunehmen und sich damit als »sozial gerecht« zu brüsten. Niemand kann von einer Verhältnismäßigkeit zwischen den Belastungen der Arbeitnehmer einerseits und Selbständigen beziehungsweise Landwirtschaft reden.

Während Teile der Wirtschaft über eine zu hohe Abgabenquote klagen, leisten die Arbeitnehmer den Löwenanteil bei den Abgaben - mit ihren Lohnsteuern, Umsatzsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Effektiv zahlen die Unternehmer in Österreich so wenig Steuern wie in kaum einem anderen EU-Staat.

Wenn Österreich dieselbe Gewinnsteuer hätte wie Finnland, dann hätten wir jetzt ein ausgeglichenes Budget. Wenn wir dieselben Gewinnsteuern hätten wie Holland, dann hätten wir jetzt 17 Milliarden Überschuss.

Wo scheint die Sonne der Gerechtigkeit in unserem Land?

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