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Wahlbeteiligung 1994-2000 in Prozent
Stimmen Österreich 1994-2000 | Mandate Österreich 1994-2000 | Mandate Wien 2000
Die Arbeiter wählen sozialdemokratisch | Österreich-Ergebnisse | 85% der AK-Mitglieder sagen: »Gerade in der jetzigen politischen Situation brauchen die Arbeitnehmer eine starke Arbeiterkammer«

Arbeiterkammerwahlen: Die Arbeitnehmer wollen eine starke Interessenvertretung!

Mit der AK-Wahl in der Steiermark wurde am 30. Mai 2000 die Serie der Arbeiterkammerwahlen in allen Bundesländern abgeschlossen. Begonnen hatte sie im April 1999 in Vorarlberg, im März und April 2000 wählten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Tirol, Oberösterreich, Salzburg, Burgenland und Kärnten ihre Vertreter in die gesetzliche Interessenvertretung, und im Mai 2000 fanden schließlich die Wahlen in den Arbeiterkammern Niederösterreich, Wien und Steiermark statt. Die Ergebnisse sind eindeutig.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ganz Österreich haben ein deutliches Zeichen für die Funktionsfähigkeit der demokratischen Selbstverwaltung in den Arbeiterkammern gesetzt, und sie haben durch ihr Votum klare Mehrheitsverhältnisse in allen Arbeiterkammern geschaffen:

  • Rund 370.000 Wahlberechtigte mehr als bei der AK-Wahl 1994 haben ihre Stimme abgegeben, die Wahlbeteiligung ist im bundesweiten Durchschnitt von 31 Prozent im Jahr 1994 auf fast 50 Prozent gestiegen!
  • In allen Bundesländern konnte die jeweilige Mehrheitsfraktion ihre Mehrheit noch weiter ausbauen, in sechs Bundesländern (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Wien) erreichten die Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen absolute Mehrheiten von über 60 Prozent, in einem (Salzburg) nur knapp weniger, in zwei Bundesländern (Tirol und Vorarlberg) konnte der ÖAAB seine führende Position ebenfalls mit Mehrheiten jenseits der 60 Prozent deutlich ausbauen.

Insgesamt lassen die Ergebnisse der Arbeiterkammerwahlen nur eine Deutung zu:
Die Arbeitnehmer wollen starke Arbeiterkammern, die klar und konsequent ihre Interessen (auch) gegenüber der Regierung vertreten.

Gelungene Wahlrechtsreform

Den Arbeiterkammerwahlen 1999/ 2000 war eine grundlegende Wahlrechtsreform vorangegangen. Aufbauend auf den positiven Erfahrungen der Mitgliederbefragung im Jahr 1996 wurde 1998 das Arbeiterkammergesetz geändert und eine völlig neue Wahlordnung erlassen. Vorrangiges Ziel der Wahlrechtsreform:
Die AK sollte mit der Wahl zu den Wählern kommen und ihnen die Teilnahme an der Wahl so einfach wie möglich machen. Dadurch sollte die Wahlbeteiligung, die bei der AK-Wahl 1994 auf ein bedenkliches Ausmaß zurückgegangen war, wieder deutlich gesteigert und die demokratische Legitimation der AK gefestigt werden.
Jetzt, nach Vorliegen aller Wahlergebnisse, kann wohl mit Genugtuung festgestellt werden:

  • Das wichtigste Ziel der Wahlrechtsreform ist erreicht worden.
  • Die Wahlbeteiligung ist in allen Bundesländern deutlich gestiegen.

Im österreichweiten Durchschnitt stieg die Wahlbeteiligung von 31 Prozent im Jahr 1994 auf 49,1 Prozent bei den Wahlen 1999/2000. Nach Bundesländern liegt die Bandbreite zwischen 43,5 Prozent in der Steiermark und 59,7 Prozent in Tirol, wo es auch im Vergleich zur AK-Wahl 1994 den stärksten Anstieg der Wahlbeteiligung, nämlich um 33 Prozentpunkte (!) gab. In den übrigen Bundesländern liegt die Steigerungsrate zwischen rund 6 Prozentpunkten im Burgenland und über 19 Prozentpunkten in Wien.
Das Wiener Ergebnis ist besonders bemerkenswert, weil es bekanntlich im großstädtischen Bereich bei allen Wahlen niedrigere Wahlbeteiligungen gibt als anderswo. Bei der AK-Wahl 2000 haben allein in Wien fast 100.000 Arbeitnehmer mehr als im Jahr 1994 ihre Stimme abgegeben!
Im Detail wird erst eine genaue Analyse des Wahlablaufs über Qualität und Wirkung der Änderungen des Wahlrechts Aufschluss geben. Einige Schlussfolgerungen kann man aber wohl schon jetzt ziehen:

Wählererfassung
Das neue System (automatische Aufnahme der am Stichtag Beschäftigten und Möglichkeit zur »Selbstveranlagung« für andere Kammerzugehörige, wie Lehrlinge, Arbeitslose, Karenzurlauber, Präsenz- und Zivildiener) hat sich grundsätzlich bewährt. Verbesserungen beim Datenmaterial und verstärkte Information, vor allem bei Lehrlingen, sind aber bei künftigen AK-Wahlen notwendig.

Wahltermin und Wahlzeitraum
Das Abgehen vom früher bundeseinheitlichen Wahltermin am Sonntag/ Montag und die Festlegung unterschiedlicher Wahltermine innerhalb eines längeren Wahlzeitraums in den einzelnen Bundesländern war in Verbindung mit dem Schwerpunkt Betrieb ein entscheidender Beitrag zum Gelingen der Wahlrechtsreform. Auf diese Weise konnten in Abstimmung mit den Arbeitnehmern und ihren Vertretungen in den Betrieben die jeweiligen Bedürfnisse weitestgehend berücksichtigt werden. Weitere Verbesserungen in der Organisation und Information sind aber auch hier noch möglich.

Betriebswahl
Mit der Einrichtung von Wahlsprengeln in möglichst vielen Betrieben konnte die AK-Wahl den Arbeitnehmern im doppelten Wortsinn »näher gebracht« werden: näher an ihren Arbeitsplatz und näher in der Bedeutung für ihre Interessenvertretung. Eine flexible Wahlorganisation unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse in den einzelnen Betrieben, konkrete Vereinbarungen mit Betriebsräten oder mit anderen Arbeitnehmern, die sich um die Durchführung der Wahl in ihrem Betrieb angenommen haben und gezielte Informationen haben entscheidend zur Steigerung der Wahlbeteiligung beigetragen.
Der Anteil der Wahlberechtigten, die in ihrem Betrieb wählen konnten, war in allen Bundesländern relativ groß. Eine Ausnahme bildete hier nur Tirol, wo der weit größere Teil Briefwähler waren und trotzdem die höchste Wahlbeteiligung erreicht werden konnte.
In Wien wurden mehr als die Hälfte der insgesamt 610.596 Wahlberechtigten in Betriebssprengeln erfasst. Die Wahlbeteiligung in den Betrieben lag mit durchschnittlich zirka 60 Prozent deutlich über dem Anteil der Wähler insgesamt, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben (46,7 Prozent). In einzelnen Betrieben gingen sogar mehr als 90 Prozent der Arbeitnehmer zur AK-Wahl.
Ähnlich gute Erfahrungen mit der Betriebswahl konnten auch in anderen Bundesländern gemacht werden. So lag zum Beispiel die Wahlbeteiligung in den Kärntner Betrieben über 65 Prozent, in der Steiermark fast bei 63 Prozent.

  • Zusammenfassend betrachtet hat sich die AK-Wahl in den Betrieben jedenfalls als richtige und wichtige Maßnahme erwiesen. Sie muss auch in Zukunft beibehalten und nach Möglichkeit weiter ausgebaut werden.
  • Die im Zuge der Wahlvorbereitung und -durchführung gepflogenen Kontakte mit den Arbeitnehmern in den Betrieben sollten auch über die Wahl hinaus fortgesetzt werden. Sie bieten die Chance, die Kommunikation zwischen den Arbeiterkammern und ihren Mitgliedern nachhaltig zu verstärken.

Briefwahl
Erstmals konnte bei einer AK-Wahl auch per Post mit Wahlkarte gewählt werden: Alle Wahlberechtigten, die nicht in einem Betriebswahlsprengel erfasst wurden, konnten ihre Stimme im »Allgemeinen Wahlsprengel« entweder brieflich oder in einem der öffentlichen Wahllokale persönlich abgeben. Zur Vermeidung von Doppelabstimmungen waren diese Wahllokale online mit der Wählerliste verbunden.
Nach der ersten Analyse der Erfahrungen mit der Briefwahl kann festgestellt werden:

  • Das Experiment Briefwahl ist gelungen. Die Wahlberechtigten haben von dieser Möglichkeit in relativ großer Zahl Gebrauch gemacht. Sorgen wegen allfälliger Missbräuche waren unbegründet. Das Wahlverfahren ist auch bei der Briefwahl geordnet und korrekt abgelaufen.

Selbstverständlich gab es beim ersten Mal auch Fehlerquellen und Mängel, die bei künftigen Wahlen beseitigt werden müssen. Vor allem muss die Kombination von Betriebs- und Briefwahl noch verbessert werden. Wahlberechtigte, die in einem Betriebssprengel erfasst sind, sollten die Möglichkeit haben, auch dann noch eine Wahlkarte zu bekommen, wenn sie erst unmittelbar vor dem Wahltag erfahren, dass sie während der Wahlzeit nicht im Betrieb sein können. Umgekehrt: »Betriebswähler«, denen eine Wahlkarte ausgestellt wurde, sollten damit auch im Betrieb wählen können.
Die Wahlbeteiligung lag bei der Briefwahl im Durchschnitt zwar deutlich unter jener bei der Wahl in den Betrieben, die Briefwähler haben aber trotzdem maßgeblich zur Steigerung der Wahlbeteiligung insgesamt beigetragen.
In den meisten Bundesländern haben etwa 25 bis 30 Prozent der Briefwahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. In Wien war die Beteiligung an der Briefwahl mit über 32 Prozent überdurchschnittlich, insgesamt haben fast 100.000 Arbeitnehmer per Brief gewählt.
Sonderfälle waren die Bundesländer Burgenland mit einer Wahlkartenwähler-Beteiligung von über 70 Prozent und Tirol, wo die Wahlbeteiligung bei den Briefwählern mit fast zwei Dritteln ebenfalls weit über dem Durchschnitt der anderen Bundesländer lag.

  • Aufgrund der positiven Erfahrungen wird die Briefwahl jedenfalls weiterhin Bestandteil des AK-Wahlsystems bleiben.

Politisches Ergebnis: Die Mehrheiten in den Arbeiterkammern wurden noch stärker!

Betrachtet man die Wahlergebnisse in den einzelnen Bundesländern, so fällt vor allem auf:

  • In allen Bundesländern hat die jeweilige Mehrheitsfraktion ihre Mehrheit noch weiter ausbauen können.

In sieben Bundesländern (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Wien) die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, in Tirol und Vorarlberg der ÖAAB.

  • In allen Bundesländern gibt es jetzt klare absolute Mehrheiten, mit Ausnahme von Salzburg, wo die FSG fast 60 Prozent erreichte, sogar durchwegs über der 60-Prozent-Marke.

Den relativ größten Stimmenanteil hat die FSG in Kärnten mit 66,4 Prozent erreicht, gefolgt von der FSG in Oberösterreich mit fast 66 Prozent, dem ÖAAB in Tirol mit 64,4 Prozent, der FSG im Burgenland, in Niederösterreich und in Wien mit jeweils um die 64 Prozent. In der Steiermark beträgt der FSG-Anteil jetzt 61,2 Prozent und in Vorarlberg hat der ÖAAB seine absolute Mehrheit auf knapp über 60 Prozent ausgebaut.
Den größten prozentuellen Zuwachs als Mehrheitsfraktion konnte der ÖAAB in Tirol erzielen: Mit einem Plus von 18,8 Prozentpunkten konnte aus der vorher relativen Mehrheit jetzt eine klare absolute Mehrheit gemacht werden. Besonders beachtlich sind auch die Zuwächse der FSG als Mehrheitsfraktion in Oberösterreich (+9,5 Prozentpunkte), in Niederösterreich (+8), in Steiermark (+7,4) und in Wien (+6,4). In Kärnten hat die FSG zwar einen etwas geringeren Zuwachs erreicht, allerdings von der höchsten Ausgangsbasis noch dazugelegt auf fast zwei Drittel aller abgegebenen Stimmen.

Wahlsieger Sozialdemokraten - Verlierer Freiheitliche

Eindeutiger Sieger der Arbeiterkammerwahlen 1999/2000 ist die »Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen«. Sie gewann bundesweit gegenüber der AK-Wahl 1994 rund 240.000 Stimmen dazu, vergrößerte ihren Stimmenanteil von 54,3 auf 57,5 Prozent und erreichte um 21 Mandate mehr als 1994.
Ihr bestes Wahlergebnis erzielte die FSG in Kärnten mit nunmehr 66,4 Prozent (+3,4 Prozentpunkte), die Steigerung beim Stimmenanteil war in Oberösterreich mit +9,5 Prozentpunkten am größten, der Zuwachs an Stimmen in Wien mit +77.000.
In den sieben Bundesländern mit FSG-Mehrheit konnte die FSG ihren Stimmenanteil um 1,5 Prozent (Salzburg) bis 9,5 Prozent (Oberösterreich) erhöhen. In Tirol und Vorarlberg ­ dort allerdings noch unter anderen politischen Rahmenbedingungen ­ musste die FSG dagegen schwere Verluste hinnehmen: in Tirol rund 17 Prozentpunkte, in Vorarlberg 11,7 Prozentpunkte.
Dennoch schlägt sich das insgesamt positive Wahlergebnis auch in der Zusammensetzung der Gremien nieder: In den Vorständen aller Arbeiterkammern zusammengerechnet verfügt die FSG nunmehr über 74 Sitze (+3), der ÖAAB stellt 34 Vorstandsmitglieder (+1), die Freiheitlichen Arbeitnehmer sind zwar mit Ausnahme des Burgenlandes weiterhin in den Vorständen der Arbeiterkammern vertreten, haben aber von ihren vorher 13 Vorstandsmandaten 4 verloren. In der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer lautet das neue politische Stärkeverhältnis: FSG 46 (+3), ÖAAB 18 (­1), Freiheitliche Arbeitnehmer 3 (­2).
Das Wahlergebnis des ÖAAB ist differenziert zu betrachten: Aufgrund der höheren Wahlbeteiligung konnte der ÖAAB zwar bundesweit gegenüber 1994 fast 100.000 Stimmen dazugewinnen (davon fast 50.000 allein in Tirol!) und seinen Stimmenanteil mit 26,2 Prozent geringfügig (+0,1) erhöhen, er verlor aber trotzdem bundesweit 6 Mandate in den Vollversammlungen.
Die Zusammenrechnung der Ergebnisse auf Bundesebene verzerrt allerdings die tatsächlichen politischen Verhältnisse in den einzelnen Bundesländern: Während der ÖAAB in Vorarlberg (+3,9 Prozent Stimmenanteil, +2 Mandate) und vor allem in Tirol (+18,8 Prozent Stimmenanteil, +13 Mandate!) klare Wahlsiege einfahren konnte, musste er in sechs Bundesländern zum Teil deutliche Verluste hinnehmen: im Burgenland ­5,4 Prozent (­2 Mandate), in Niederösterreich ­5,5 Prozent (­8 Mandate), in Oberösterreich ­5,3 Prozent (­6 Mandate), in Salzburg ­2,6 Prozent (­2 Mandate), in der Steiermark ­1,2 Prozent (­3 Mandate) und in Wien ­0,5 Prozent (­1 Mandat). Eine besondere Situation gab es in Kärnten, wo der ÖAAB nach einer Listenspaltung bei der Wahl 1994 jetzt wieder einheitlich kandidierte und 1,9 Prozent Stimmenanteil bzw. 1 Mandat mehr erreichte.
Insgesamt hat also der ÖAAB in den beiden Bundesländern, wo er schon vor der AK-Wahl 1999/2000 die Mehrheit hatte, 15 Mandate in den Vollversammlungen dazugewonnen, in den übrigen Bundesländern aber 21 Mandate verloren.
Die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) sind die großen Verlierer der AK-Wahlen. Mit Ausnahme von Vorarlberg, wo schon im April 1999 ­ also noch unter anderen politischen Rahmenbedingungen ­ gewählt worden war, gab es in allen Bundesländern erhebliche Verluste an Stimmenanteilen und Mandaten: In Wien wurde der Stimmenanteil der FA nahezu halbiert (­7 Prozentpunkte), von den vorher 28 Mandaten in der Vollversammlung verloren sie 12; starke Verluste gab es auch in der Steiermark (­6,5 Prozent, ­7 Mandate), in Oberösterreich (­5,2 Prozent, ­6 Mandate), in Tirol (­4,5 Prozent, ­3 Mandate) und in Niederösterreich (­3 Prozent, ­3 Mandate). Im Burgenland verloren die FA 2,5 Prozent (­2 Mandate), in Salzburg 2,2 Prozent (­1 Mandat) und in Kärnten 1,9 Prozent (­1 Mandat). Nur in Vorarlberg konnten sie ihren Stimmenanteil um 1,2 Prozentpunkte vergrößern und zwei Mandate dazugewinnen.
Insgesamt haben die Freiheitlichen Arbeitnehmer bei den AK-Wahlen gegenüber der Wahl 1994 bundesweit 4,7 Prozentpunkte Stimmenanteil eingebüßt und 33 Mandate in den Vollversammlungen, 4 Vorstandssitze und 2 Sitze in der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer verloren.
Beachtlich ist dagegen das Abschneiden der Grün-Gruppierungen bei den abgelaufenen AK-Wahlen: Die Gruppe »Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen (AUGE/UG)« kandidierte in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Wien und erreichte fast 35.000 Stimmen und insgesamt 21 Mandate in den Vollversammlungen (+12 gegenüber 1994). Am stärksten ist diese Gruppe in der Vollversammlung der AK Wien mit nunmehr 8 Mandaten (+3) vertreten. Die Liste »Grüne Arbeitnehmer« kandidierte nur in Wien und erreichte hier 4 Mandate (­1). Weitere Grün-Gruppen konnten in Tirol und Vorarlberg eine Vertretung in den Vollversammlungen erreichen.
Sonstige wahlwerbende Gruppen, darunter solche, die erstmals bei einer AK-Wahl kandidierten und sich vor allem für die Interessen ausländischer Arbeitnehmer engagierten (z. B. »Bündnis Mosaik«, »Bunte Demokratie für Alle«), erreichten bundesweit insgesamt 22 Mandate (+6).

Wahlanfechtung in Vorarlberg und Wien

In Vorarlberg und in Wien wurde die AK-Wahl wegen der Nichtzulassung der Kandidatur von ausländischen Arbeitnehmern angefochten.
In Vorarlberg waren türkische Staatsbürger durch die Hauptwahlkommission von der Kandidatenliste gestrichen worden. Die dagegen eingebrachte Wahlanfechtung ist in der Zwischenzeit vom (damals noch zuständigen) Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zwar abgewiesen worden, weil nach Meinung des Ministeriums das Wahlergebnis durch die Streichung der türkischen Kandidaten nicht beeinflusst werden konnte. Gleichzeitig hat aber das BMAGS das passive Wahlrecht der türkischen Kandidaten eindeutig bejaht. Gegen die Entscheidung des Ministeriums ist inzwischen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht worden.
In Wien haben drei wahlwerbende Gruppen die Wahl angefochten, weil andere ausländische Kandidaten von der Hauptwahlkommission nicht zugelassen worden waren. Anders als bei türkischen Arbeitnehmern, bei denen ein Assoziationsabkommen die Gleichbehandlung mit EU-Bürgern gewährleistet, gibt es für das passive Wahlrecht von Angehörigen anderer Staaten derzeit keine Rechtsgrundlage. Die Wahlanfechtung ist daher wohl eher als politische Aktion anzusehen.

Votum für eine starke politische Interessenvertretung

Auskunft über die Motive des Wahlverhaltens der Arbeitnehmer können nur fundierte sozialwissenschaftliche Untersuchungen geben. Klar scheint aber jedenfalls zu sein:

  • Die Arbeitnehmer haben bei der AK-Wahl ein klares Votum für eine konsequente Interessenpolitik abgegeben. Die AK sollte in der politischen Auseinandersetzung um die Wahrung der Arbeitnehmerrechte gestärkt werden.
  • Zugleich sind die Wahlergebnisse als eindeutige Absage der Arbeitnehmer an das Belastungs- und Umverteilungsprogramm der Regierung zu werten.

Diese Aussagen werden auch durch eine Nachwahlanalyse des »Institute for Social Research and Analysis« (SORA) bestätigt. Danach sind

  • 85 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Meinung, dass Arbeitnehmer gerade in der jetzigen politischen Situation eine starke Arbeiterkammer brauchen. Sie erwarten von der AK, dass sie die Maßnahmen der Regierung nicht einfach akzeptiert, sondern aktiv gegen einzelne Punkte für die Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer auftritt.
  • 69 Prozent sind der Meinung, dass die Bundesregierung einseitig die Arbeitnehmer belastet, und 61 Prozent finden es zutreffend, dass die Kritik der Regierung an der AK dazu dient, von eigenen Problemen abzulenken.
  • Fast 70 Prozent sind mit der Politik der AK einverstanden. Sogar 22 Prozent der Freiheitlichen-Wähler und 45 Prozent der ÖVP-Wähler kündigen an, nicht mehr FPÖ bzw. ÖVP zu wählen, wenn die Regierung gegen die AK vorgeht.

Eine besondere Rolle bei der Wahlentscheidung dürfte auch die vor allem von der FPÖ geforderte Kürzung der finanziellen Mittel der AK gespielt haben.

  • Mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer sind der Meinung, dass die Höhe der Arbeiterkammerumlage gerade richtig ist, 8 Prozent halten sie sogar für zu niedrig.
  • 68 Prozent sprechen sich dezidiert gegen die Kürzung der Geldmittel der AK aus.
  • Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben also den Absichten, der AK durch eine Kürzung der finanziellen Mittel die Grundlage für deren Leistungen zu entziehen, eine klare Absage erteilt!

Die überwiegend kritische Haltung der Arbeitnehmer zur Politik der Bundesregierung hat sich offensichtlich in den Wahlergebnissen zugunsten der FSG, aber auch der Grün-Gruppierungen niedergeschlagen. Das hervorragende Ergebnis des ÖAAB in Tirol steht dazu keineswegs im Widerspruch, sondern passt genau in dieses Bild: AK-Präsident Dinkhauser hat in der Wahlauseinandersetzung klare Interessenpositionen, zum Teil in offener Ablehnung von Regierungsvorhaben, vertreten (siehe das Interview in »A&W« 2/2000, Seite 10). Die Wähler haben also auch dort für eine konsequente Arbeitnehmerpolitik und gegen Maßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer votiert. Ähnlich kann wohl auch die Stärkung des ÖAAB in Vorarlberg erklärt werden, obwohl die AK-Wahl in diesem Bundesland schon vor dem Regierungswechsel stattgefunden hat (siehe dazu das Interview mit Präsident Fink in »A&W« 3/99, Seite 30).

Wählervotum als Auftrag und Verpflichtung für die AK

Für die künftige Politik der Arbeiterkammern sind die Ergebnisse der Arbeiterkammerwahlen Auftrag und Verpflichtung, weiterhin konsequent und mit allen demokratischen Mitteln für die Wahrung der Arbeitnehmerinteressen einzutreten. Das bisherige Verhalten der Bundesregierung, die Weigerung, interessenpolitische Positionen der Arbeitnehmerorganisationen in Verhandlungen einzubeziehen, Versuche, das gesetzlich gewährleistete Begutachtungsrecht der Arbeiterkammern einzuschränken oder überhaupt auszuschalten, der Umgang mit Gewerkschaften und die »Androhung« einer Umlagenkürzung bei der AK lassen erwarten, dass der erfolgreiche Weg des sozialpartnerschaftlichen Interessenausgleichs nicht mehr begangen und stattdessen eine stärker konfliktorientierte Politik betrieben werden soll.
Die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer werden sich dieser gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung zu stellen haben. Nach der traditionellen Rollenverteilung innerhalb der Arbeitnehmerorganisationen sind die Gewerkschaften Träger des Kampfes um die Wahrung und Durchsetzung der Arbeitnehmerinteressen. Die Arbeiterkammern haben sie dabei zu unterstützen, und sie werden das, gestärkt von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der AK-Wahl, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln tun.

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(C) AK und ÖGB

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