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Osteropalöhne zu Wechselkursen

Personenfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit | Auswirkungen der EU-Erweiterung auf den Arbeitsmarkt

Bei der Erweiterung sind Probleme der Migration und des Pendelns besonders brisant. Mögliche negative Auswirkungen für den Arbeitsmarkt sollten weder verleugnet noch als übertrieben abgetan werden. Genauso wenig darf aber die Diskussion missbraucht werden, um fremdenfeindliche Gesinnung zu schüren oder gegen die Erweiterung insgesamt zu agitieren, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Den Gewerkschaften ist es ein wesentliches Anliegen, die ökonomischen und sozialen Konsequenzen zu verdeutlichen, sachlich zu diskutieren und Lösungen abzuleiten.

Während der freie Austausch von Waren zwischen den mittel- und osteuropäischen Ländern und der Europäischen Union schon möglich ist, hat mit dem Beitritt dieser Länder die Öffnung der Arbeitsmärkte noch zu erfolgen. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bedeutet, dass jeder Arbeitnehmer in allen anderen Mitgliedstaaten einer Tätigkeit nachgehen kann. In der Frage der Auswirkungen der Personenfreizügigkeit für die Arbeitnehmer bringt eine Reihe von österreichischen Studien Klarheit. In der Nähe der österreichischen Grenze bzw. in Pendlerdistanz leben insgesamt 5,216.200 Personen (Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien). Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut ist ab Beitritt für die nächsten zehn Jahre mit bis zu 350.000 Personen aus den Beitrittskandidatenländern zu rechnen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) hat dabei in seiner Studie1) errechnet, dass unter der Annahme der vollen Gewährung der Freizügigkeit im Jahr 2005 die Zahl der Zuwanderer und der Pendler jährlich 41.800 Personen betragen wird. Bei einer 10-jährigen Übergangsfrist, das heißt, bei einer Öffnung des Arbeitsmarktes im Jahr 2015, ist noch jährlich mit 31.600 zusätzlichen Arbeitskräften zu rechnen.

Wohlstand und Lebensstandard

Um die Effekte der Gewährung der Personenfreizügigkeit zu beurteilen, muss die wirtschaftliche Situation insgesamt und vor allem die der Bevölkerung in den Beitrittskandidatenländern untersucht werden. Die Entscheidung, sich in einem anderen Land als Arbeitnehmer sehr lange oder auf Dauer niederzulassen, hängt in erster Linie vom Wohlstand und Lebensstandard des Ziellandes ab. Der Wohlstand eines Landes kann ökonomisch gemessen werden und wird ausgedrückt als Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf: die Summe des in Österreich produzierten Vermögens an Waren, Dienstleistungen, Arbeit, etc., aufgeteilt auf alle Einwohner. Ein Vergleich des österreichischen BIP mit dem der Beitrittskandidatenländer zeigt, dass in den Reformländern meist weniger als 50 Prozent des österreichischen Wertes erreicht werden. Das BIP Polens beträgt nur etwa 30 Prozent des österreichischen Niveaus. Aber auch die Verdienstmöglichkeiten sind ausschlaggebend. Umso mehr, wenn nur für einige Jahre im Ausland gearbeitet wird und dann eine Rückkehr mit dem Gesparten in die Heimat erfolgt. Die Unterschiede bei den Preisen (Lebenserhaltungskosten) und beim Wechselkurs werden dann ein voller Gewinn.

Lohngefälle

Aufgrund der geographischen Nähe kommt aber für die Arbeitnehmer aus den Beitrittskandidatenländern insbesondere die Pendelwanderung in der Form von Tages- oder Wochenpendeln in Betracht. Maßgebend für diese Entscheidung ist die Lohnhöhe. Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut betragen in den unmittelbar angrenzenden Beitrittskandidatenländern die durchschnittlichen Löhne etwas mehr als 10 Prozent der österreichischen Durchschnittslöhne. Ausnahme ist nur Slowenien, wo die Löhne Wechselkurse von etwa 40 Prozent des österreichischen Lohnes aufweisen. Dass diese Differenzen bei den Einkommen bestehen, wird selbst von der Europäischen Kommission in der Agenda 2000 (Band II, 1997) bestätigt, wo sie anführt: »Ein substanzielles Lohngefälle zwischen Ost und West ist trotz der hohen Arbeitslosigkeit in Westeuropa ein starker Anreiz zu Abwanderungen von Osten nach Westen ...dies könnte den bereits eingeleiteten Prozess der Flexibilisierung der Arbeitsmärkte ...in den angrenzenden Ländern wie Deutschland, Österreich ... beschleunigen.« Eine Zunahme des Arbeitskräfteangebots von über 300.000 Arbeitskräften - also eine Erhöhung des Arbeitskräfteangebots um 10 Prozent in Österreich - würde die Aufnahmefähigkeit des österreichischen Arbeitsmarktes weit überfordern. Ausschlaggebend für die Aufnahmekapazität des österreichischen Arbeitsmarktes ist die wirtschaftliche Situation. Wenn in einem Land die Wirtschaft sehr stark wächst, also Wachstumsraten von mehr als 4 bis 5 Prozent, und keine Arbeitslosigkeit besteht, sind kaum negative Effekte zu erwarten. In einer Zeit mit niedrigem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit ist die Situation jedoch völlig anders. Ein Ansteigen des Arbeitskräfteangebots hätte dann in erster Linie steigende Arbeitslosigkeit zur Folge. Zu befürchten wäre weiters eine Verschlechterung der Lohn- und Arbeitsbedingungen für die in erster Linie jetzt schon benachteiligten Personengruppen. Arbeitsmarktprobleme sind aber auch deshalb zu erwarten, weil auf absehbare Zeit in Österreich die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter noch weit über das Jahr 2010 hinaus zunehmen wird.

Kapitalbesitzer und Arbeitnehmer

Zur Veranschaulichung des Zusammenhanges Zuwanderung, Entwicklung der Beschäftigung und Arbeitslosigkeit ein Blick zurück auf Ende der achtziger und den Beginn der neunziger Jahre. Im Zeitraum von 1988 bis 1993 war in der jüngsten Vergangenheit der größte Zuwanderungsstrom mit mehr als 140.000 Personen zu verzeichnen. Damit nahm in Österreich das Arbeitskräfteangebot um 4,5 Prozent zu. Trotz eines überwiegend recht günstigen Wirtschaftsklimas ist die Zahl der Arbeitslosen um 73.000 Personen gestiegen. Eine Reihe von amerikanischen und deutschen Studien2) bestätigt die negativen Effekte der Einwanderung auf den Arbeitsmarkt. Bei einem 10-prozentigen Ansteigen der Zahl der Arbeitskräfte würden die Kapitalbesitzer beim Einkommen (+2 Prozent) gewinnen, während die Arbeitnehmer einen Einkommensverlust (­1,9 Prozent) hinnehmen müssten. Für Österreich speziell hätte dies einen wesentlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit verbunden mit Einkommensverlusten zur Folge. Leider wird in der öffentlichen Diskussion oft nur von den Gewinnern gesprochen. Ein Verdrängungseffekt auf dem Arbeitsmarkt in der Folge von Immigration wird auch mit dem Argument abgetan, dass Österreicher nicht bereit sind, qualitativ schlechte Arbeitsplätze zu besetzen, und dass in Österreich sowieso ein Arbeitskräftemangel in gewissen Bereichen, wie zum Beispiel im Gastgewerbe, besteht. Derartige Engpässe sind allerdings mit Blick auf die Arbeitslosenstatistik nicht feststellbar. Allein zum Beispiel im Gastgewerbe waren beinahe 30.000 Arbeit Suchende in der Hochsaison zu verzeichnen. Der Grund für den Ruf der Wirtschaft nach einer Erhöhung der Quote der Saisonniers ist nicht der Mangel, sondern leider das ausschließliche Interesse an billigen Arbeitskräften. Dadurch werden aber viele beschäftigungswillige Menschen in Österreich in die Arbeitslosigkeit gedrängt.

Süderweiterung

Es führt daher kein Weg daran vorbei, bei der EU-Erweiterung Schutzbestimmungen für den Arbeitsmarkt zu treffen. Die Gewerkschaften haben immer betont, dass die tatsächliche Einführung der Freizügigkeit erst dann erfolgen kann, wenn in den Beitrittskandidatenländern annähernd gleiche Bedingungen bei den Wohlstands- und Lohnniveaus bestehen. Selbst bei der Süderweiterung mit den Beitritten von Griechenland, Portugal und Spanien wurde eine lange Übergangsfrist von 10 Jahren vereinbart. Die derzeitige Ausgangssituation ist jedoch nicht mit den damaligen Beitritten vergleichbar. Nur Frankreich hat eine relativ kurze Grenze zu Spanien. Vor allem aber war das Einkommensgefälle zwischen diesen Ländern ­ insbesondere bei den unmittelbar angrenzenden Regionen ­ bei weitem nicht so groß. Portugal und Griechenland grenzen bekanntlich an kein anderes EU-Mitgliedsland. Somit war die EU damals nicht mit dem Phänomen des Tages- und Wochenpendelns konfrontiert, sondern ausschließlich mit Migration. Bei der zukünftigen Erweiterung ist Österreich im Gegensatz geographisch extrem exponiert. Österreich hat zwei Drittel seiner Grenzen zu den EU-Beitrittskandidaten. Zeitlich befristete Übergangsbestimmungen für den Arbeitsmarkt wie bei der Süderweiterung werden keine ausreichenden Maßnahmen sein, um den Problemen gerecht zu werden. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) zeigt, dass auch nach einer 10-jährigen Übergangsfrist noch immer jährlich mit über 30.000 zusätzlichen Arbeitskräften zu rechnen ist. Aus diesem Grund müssen qualitative Übergangskriterien festgelegt werden. Risiken für den Arbeitsmarkt können erst dann ausgeschlossen werden, wenn die Einkommen annähernd angeglichen sind. Das ist der Fall, wenn zirka 80 Prozent des österreichischen Lohnniveaus erreicht sind.

Dienstleistungsfreiheit

Um den Arbeitsmarkt ausreichend zu schützen, müssen aber zusätzliche Vorkehrungen getroffen werden. Negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind auch durch die Gewährung der Dienstleistungsfreiheit zu erwarten. In der EU kann im Rahmen dieser Freiheit jeder Selbständige oder jedes Unternehmen mit seinen Arbeitskräften in allen anderen Mitgliedstaaten eine Leistung erbringen. Das heißt zum Beispiel, eine deutsche Firma kann ihre Arbeiter nach Österreich schicken, um dort ein Gerüst aufzustellen. Will ein ungarisches Unternehmen seine Arbeitnehmer nach Österreich entsenden, so sind derzeit die Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anzuwenden. Sind die Beitrittskandidaten Mitglieder in der EU, fällt dieser Schutz weg. In Hinkunft könnten Ostunternehmen enorme Kostenvorteile in Folge der Lohndifferenzen erzielen und so Leistungen billiger anbieten. Aufgrund der geographischen Nähe könnten sie mit ihren Arbeitskräften (auch als Ein-mannunternehmen) auch in den Ballungszentren Aufträge übernehmen. Es wäre zu befürchten, dass österreichische Unternehmen aufgrund des Kostendrucks noch mehr auslagern oder dass sie billig angebotene Leistungen von Ostunternehmen zukaufen würden. Betroffen von der Billigkonkurrenz wären nahezu alle Dienstleistungsbranchen, vor allem das Bau- und Baunebengewerbe, der Transportsektor, der Reinigungssektor, die persönlichen und sozialen Dienste, wie zum Beispiel die Alten- und Krankenbetreuung. Aber auch für die Beschäftigten etwa im Versicherungsbereich hätte die Erweiterung Konsequenzen. Sämtliche in den Reformstaaten tätigen Versicherungen sind mehrheitlich im Eigentum der auch in Österreich tätigen Versicherungsunternehmen. So könnten die Mitarbeiter der Versicherungen mit Niederlassung in den Reformländern gleiche Produkte auch in Österreich weitaus kostengünstiger anbieten. Im Falle von Schadens- und Leistungsfällen stünde das österreichische Kundendienstnetz zur Verfügung. Dabei bestünden alle Möglichkeiten des Kosten- bzw. Gewinntransfers, wobei Prämien und Gewinn jedenfalls im Konzern verblieben. Nachteilige Folgen hätten ausschließlich die Angestellten der in Österreich tätigen Versicherung zu tragen, da deren Arbeitsplätze erheblich gefährdet wären.

»Umgehung« von Arbeits- und Sozialrecht

Die negativen Auswirkungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit sind mit den Effekten in der Folge des Pendelns gut zu vergleichen. Aus diesem Grund sind für die Dienstleistungsfreiheit die gleichen Übergangsbestimmungen wie für die Personenfreizügigkeit vorzusehen. Eingeschlossen werden muss auch die Leistungserbringung durch so genannte Einmannunternehmen. Hier besteht das Problem darin, dass Arbeiten, die üblicherweise in einem Arbeitsverhältnis durchgeführt werden, durch eine größere Anzahl von (Schein-)Selbständigen auf Werkvertragsbasis erledigt werden. Arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften werden aber auf diese Weise umgangen. Derartige Konstruktionen sind unter anderem bei Reinigungskräften, Gärtnern oder Maurern häufig vorzufinden. Abzugrenzen ist jedoch die Dienstleistungsfreiheit von der Niederlassungsfreiheit. Bei der Niederlassungsfreiheit ist die Gründung eines Unternehmens gemeint und ist im Rahmen der so genannten Europaabkommen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern auf beiden Seiten schon möglich. Einige Stimmen meinen, dass Übergangsbestimmungen bei der Dienst- leistungsfreiheit nicht möglich sind, weil es bei der Süderweiterung auch keine gab. Bei der Süderweiterung wurden für die Dienstleistungsfreiheit tatsächlich ausdrücklich keine Übergangsbestimmungen vorgesehen. Allerdings wurde damals die Entsendung von Arbeitnehmern als Bestandteil der Personenfreizügigkeit angesehen. Erst später, lange nach dem Beitritt, wurde in der Folge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das Recht, sich eigener Arbeitskräfte zu bedienen, der Dienstleistungsfreiheit zugeordnet. Die Problematik der Dienstleistungsfreiheit war und ist in der Europäischen Union aber nicht unbekannt. Auch derzeit bestehen Lohnunterschiede in der EU, was zu Wettbewerbsverzerrungen, insbesondere im Bausektor, geführt hat. Aus diesem Grund hat die EU eine Regelung - die Entsenderichtlinie- verabschiedet, um sicherzustellen, dass beispielsweise britische Arbeitnehmer in Deutschland entsprechend den dort üblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen behandelt werden. Wenngleich diese EU-Regelung grundsätzlich sehr positiv ist, hat sie auch enorme Defizite. Die Vorschriften sind nicht auf alle Sektoren anzuwenden. Ebenso sind die konzerninterne Arbeitskräfteüberlassung oder die grenzüberschreitende Leiharbeit nicht erfasst.

Das größte Manko

Das größte Manko ist aber: Die Richtlinie schreibt zwar die Gleichbehandlung vor, aber um auch tatsächlich in den Genuss des Kollektivvertragslohnes zu kommen, muss der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber klagen. Hier zeigt die Praxis, dass im Falle von Entsendungen kaum jemand genau Bescheid weiß, wie viel ein Kollege in einem anderen Land verdient, welche Zulagen üblich sind oder wie die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften sind. In der Regel ist es meist so, dass die entsendeten Arbeitnehmer weit mehr bekommen als in ihrem Heimatort und schon deshalb kein Interesse haben, ihren Arbeitgeber zu klagen. Somit ist die Entsenderichtlinie kein wirksames Instrument, dem Problem des billig Hereinarbeitens zu begegnen. Problematisch wäre auch, die Entsendung im Wege von speziellen Dienstleistungsabkommen in Anlehnung an die so genannten Werkarbeitnehmerabkommen zwischen Deutschland und einigen mittel- und osteuropäischen Ländern zu regeln. Auf dieser Grundlage können z. B. Arbeitnehmer im Rahmen von Firmenkooperationen von ihren im Heimatstaat ansässigen Arbeitgebern zum Erbringen von Dienstleistungen nach Deutschland entsendet werden. Dabei werden die Kontingente der Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt angepasst. Gleichzeitig ist die Einhaltung der Entlohnung vergleichbarer Tariflöhne und die Einreichung des Werkvertrages beim zuständigen Landesarbeitsamt zwingend vorgeschrieben. Sogar Vorschriften für die Beschaffenheit der Schlafräume finden sich in diesen Abkommen. Allerdings, trotz des Bestehens dieser Abkommen, ist es zu großen Spannungen und Auseinandersetzungen im Bausektor in Deutschland gekommen. Eine Gleichbehandlung der inländischen und der ausländischen Werkvertragsarbeitnehmer beim Lohn, beim Urlaubsanspruch oder bei der Sozialversicherung konnte damit nicht erreicht werden.

Umgehungsstrategien

Wenn es darum geht, Vorschriften zu umgehen, sind Unternehmen oft sehr erfinderisch: Arbeitsverträge werden den Behörden vorgelegt, die den Vorschriften entsprechen. Aber gezahlt wird anders! Die Arbeitnehmer ken- nen diese Verträge sehr häufig nicht oder sind mit der Vorgangsweise einverstanden. Eine andere bekannte Praktik ist: Der Arbeitnehmer erhält zwar den vorgeschriebenen Bruttotariflohn pro Stunde (ca. 185 Schilling), aber netto bekommt er nur zwischen 30 und 65 Schilling. Eine derartige niedrige Nettosumme kommt dadurch zu Stande, weil beispielsweise für Schlafgelegenheiten (Container) oder Schäden vom Lohn sehr hohe Abzüge vorgenom- men werden. Ebenso sind Gebühren für Auszahlung des Lohnes und Abwicklung der Lohnsteuerangelegenheiten nicht selten. Wenn Werkvertragsarbeitnehmer von den Gewerkschaften über diesen »Betrug« informiert werden und die Arbeitnehmer dann ihr Recht einfordern wollen, werden sie nach Hause geschickt. Oder die Entsendung ist auf kurze Dauer, etwa 6 Monate, beschränkt, wo nur sehr schwer seitens der Gewerkschaft und der Arbeitnehmer Schritte unternommen werden können. Letztlich kann die Tätigkeit einer Firma, die aufgrund ihrer »Praktiken« bekannt ist, nicht untersagt werden. Das zeigt, dass das Arbeiten über die Grenze sowie auch die Arbeitsmigration uns vor viele Probleme stellen wird. Sozial- und arbeitsrechtliche Regelungen sind leider nicht einmal bei kontrollierter Zuwanderung und innerhalb der EU ausreichend. In Richtung Verhandlungen über EU-Erweiterung bedeutet dies, dass zum Schutz des Arbeitsmarktes, aber auch für ein Gelingen der Erweiterung ohne soziale Spannungen, umfangreiche Übergangsbestimmungen unverzichtbar sind.

1) WIFO: Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf den österreichischen Arbeitsmarkt; Ewald Walterskirchen und Raimund Dietz, 1998 (Zusammenfassung in WIFO Monatsberichte 8/98)
2) WIFO: Monatsberichte 2/2000, Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Zuwanderung von Arbeitskräften; Wolfgang Pollan

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