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Bundespräsident Alexander Van der Bellen "Gäbe es keine Gewerkschaften, müsste man sie erfinden." Bundespräsident Alexander Van der Bellen
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian "Wir werden alle unsere Kräfte bündeln, damit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein gutes Leben möglich ist!"
Die Gewerkschaftsjugend nutzte die Rede von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein für eine Protestaktion. Die Gewerkschaftsjugend nutzte die Rede von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein für eine Protestaktion. Sie brachten ihren Unmut über die Pläne der Ministerin zum Ausdruck, den Jugendvertrauensrat abzuschaffen.

Gebündelte Kräfte für ein gutes Leben

Nachbericht zum 19. ÖGB-Bundeskongress

Der ÖGB-Bundeskongress brachte mit Wolfgang Katzian einen neuen Präsidenten. Sein Ziel: Das Mitgliederwachstum muss weitergehen.

„Wir sind eine selbstbewusste Gewerkschaftsbewegung, und wir werden alles tun, alle unsere Kräfte bündeln, um die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein gutes Leben möglich ist“, sagte Wolfgang Katzian, gleich nachdem er am 14. Juni zum ÖGB-Präsidenten gewählt worden war. „Wir kämpfen dann, wenn es notwendig ist und wenn es nicht erwartet wird – und dort, wo es besonders effektiv ist. Wir haben oft genug bewiesen, dass wir das können!“

Die Mobilisierungsstärke des ÖGB war dann schneller gefragt als erwartet, denn kaum war der 19. ÖGB-Bundeskongress mit Katzians Wahl abgeschlossen, gab die Bundesregierung ihre Interpretation von „Arbeitszeitflexibilisierung“ bekannt: 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche waren in einem Gesetzesantrag vorgesehen. Innerhalb von knapp zwei Wochen stellte der ÖGB eine Großdemonstration auf die Beine, zu der sich mehr als 100.000 Menschen auf dem Wiener Heldenplatz versammelten.
Katzian, bisher Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier, hätte neue Regelungen für die Arbeitszeit lieber auf Ebene der Sozialpartnerschaft verhandelt, als von der Regierung auf Konfrontationskurs gezwungen zu werden. „Wir stehen jedenfalls dafür, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Wir sind gesprächs- und verhandlungsbereit, aber das funktioniert nur, wenn man mit uns auf Augenhöhe redet. Wenn nicht, müssen wir uns anders Gehör verschaffen. Es gibt klare Grenzen der Zumutbarkeit. Weil häkeln können wir uns selber“, so der neue ÖGB-Präsident.
Die Ausweitung der Arbeitszeit war nicht der einzige Plan der Regierung, der beim Kongress im Austria Center Vienna von den Delegierten heftig kritisiert wurde. Katzian erinnerte an die roten Linien, die von RegierungspolitikerInnen zuletzt überschritten wurden: „Eine leistungsstarke, selbstverwaltete Sozialversicherung, kein Hartz IV, kein genereller 12-Stunden-Tag, die Stärkung der Kollektivverträge bei der Gestaltung der Arbeitszeit sowie der Erhalt des Jugendvertrauensrats und der finanziellen Ausstattung der Arbeiterkammern.“ Auch Katzians Vorgänger Erich Foglar sagte in seiner Rede: „Noch nie gab es in der Zweiten Republik eine Regierung, die so klar und ungeniert eine Regierung der Industriebosse und ihrer Wünsche ist und so gar nichts für die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Sozialpartnerschaft übrighat.“ Foglar wurde per Akklamation zum Ehrenpräsidenten des ÖGB ernannt.

Regierung spärlich vertreten
Während es bei früheren ÖGB-Kongressen selbstverständlich war, dass neben zahlreichen MinisterInnen auch die Regierungsspitze der Einladung als Ehrengäste nachgekommen sind, war diesmal alles anders: Kanzler und Vizekanzler ließen sich nicht blicken, zur Eröffnung kam nur Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Inhaltlich wollte sich nur Sozialministerin Beate Hartinger-Klein einbringen, die am Tag nach der Eröffnung zum Kongress gekommen ist. „Gute Arbeit muss gut bezahlt und menschengerecht sein, wir brauchen Bildung und Qualifizierung. Arbeit muss tariflich geschützt sein, und sie muss selbst- und mitbestimmt sein“, sagte sie in ihrer Rede. „Wir brauchen künftig auch neue Formen der Mitbestimmung“, verwies sie auf neue Arbeitsformen wie Crowdwork und Outsourcing.
Zur Debatte rund um die Sozialversicherungen meinte Hartinger-Klein: „Es ist mein Ansinnen, hier die gleichen Leistungen für gleiche Beiträge zu gewährleisten.“ Bei der AUVA wolle sie „eine gewisse Effizienz hinterfragen“. Für diese Ankündigung erntete die Ministerin laute Pfiffe der Anwesenden. Auf mehr Zustimmung stieß ihre Zusicherung, dass die Beitragserhebungen bei den Sozialversicherungen bleiben werden. Hartinger-Klein betonte zudem: „Neue Selbstbehalte sind für mich kein Thema!“ Kritisiert wurde wiederum die geplante Kassenreform: „Wem gehört die Sozialversicherung? Sie gehört keiner Regierung, sie gehört den Versicherten! Wir lassen uns diese Errungenschaft nicht wegnehmen!“, zeigte sich OÖGKK-Vorsitzender Albert Maringer kämpferisch.
Hartinger-Klein bekräftigte erneut, dass sie den Jugendvertrauensrat abschaffen will. Dafür erntete sie prompt eine Mahnung der Gewerkschaftsjugend: „Wer den Jugendvertrauensrat abschafft, betreibt gezielten Demokratieabbau. Damit will man junge ArbeitnehmerInnen offensichtlich mundtot machen. Nicht mit uns!“, warnte ÖGJ-Vorsitzende Susanne Hofer. Mit verklebten Armen und Mündern haben sich JugendgewerkschafterInnen während der Rede der Sozialministerin direkt vor ihr positioniert.

Deutlich mehr Unterstützung als von der Regierung erhielt der ÖGB von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. „Gäbe es die Gewerkschaften nicht, man müsste sie erfinden“, sagte er in seiner Eröffnungsrede, und lobte den Einsatz der „vielen tausend Menschen, die sich täglich für andere engagieren. Dafür sag ich Danke.“ Auch die Sozialpartnerschaft wird von ihm hoch geschätzt: „Ich kann mich noch erinnern, wie das vor der Sozialpartnerschaft war, an Zeiten, die von bitterster Armut geprägt waren. Es wäre besser, den bewährten Weg der Sozialpartnerschaft weiter zu gehen.“
Für faire Bedingungen braucht es jedenfalls starke Gewerkschaften. Mehr Menschen als je zuvor sind bereit, etwas für ihre Zukunft zu tun. Derzeit hat der ÖGB 1,2 Millionen Mitglieder, Tendenz steigend, und so müsse es auch weitergehen, so der neue ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian: „Da ist noch Luft nach oben.“ Dabei müssen auch neue Wege beschritten werden: „Wir werden uns öffnen“, kündigte Katzian an, „wir werden unsere Strukturen weiterentwickeln, aber wir achten auf die Balance zwischen Bewährtem und Neuem. Basis unseres Tuns bleiben unsere Mitglieder. Ihre Träume, ihre Sorgen und Lebensrealitäten bleiben Mittelpunkt unserer Arbeit.“

Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor florian.kraeftner@oegb.at oder die Redaktion aw@oegb.at

Rund 500 Delegierte haben im Rahmen des ÖGB-Bundeskongresses 2018 vom 12.–14. Juni 2018 im Austria Center Vienna das politische Programm sowie die Statuten des ÖGB beschlossen. Wolfgang Katzian (61) wurde zum ÖGB-Präsidenten gewählt, Korinna Schumann und Norbert Schnedl zu seinen StellvertreterInnen. Auch der ÖGB-Vorstand wurde neu gewählt.

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