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Sonja Fercher Sonja Fercher, Chefin vom Dienst

Standpunkt: Mehr Realität statt Mystik

Meinung

Der Markt sei dem Staat überlegen, entsprechend komme dem Staat nur die Aufgabe zu, alle Beschränkungen beim Zugang zum Markt zu beseitigen sowie wirtschaftliche Freiheiten und Privateigentum zu schützen. So weit die (neo-)liberale Theorie, in der noch dazu eine unsichtbare Hand und Selbstheilungskräfte den Markt zu einer Art Wunderwuzzi machen. Doch wirft man einen Blick auf die Realität neoliberaler Politik, so zeigt sich, dass es mit all diesen hehren Vorstellungen nicht weit her. Und doch scheint sich der Glaube an die Weisheit des Marktes bis heute zu halten. Nicht anders jedenfalls ist es zu verstehen, warum die europäische Krisenbewältigungspolitik weiterhin auf neoliberale Rezepte setzt.

Zu viele Ausflüchte
Dazu kommt ein anderes Phänomen: Weil man dem Staat misstraute, wollten ihm viele neoliberale Theoretiker Ketten anlegen. Der deutsche Politologe Thomas Biebricher vergleicht dies mit dem Mythos von Odysseus, der sich an einen Mast anbinden ließ, um dem Gesang der Sirenen nicht zu erliegen.
Der Vergleich zu Schuldenbremsen und allerlei anderen wirtschaftspolitischen Beschlüssen auf europäischer Ebene ist frappierend. Mindestens so frappierend ist, dass Neoliberale zwar jeglichen Fehler des Staates als weiteren Beleg dafür werten, dass dieser unbedingt seine Finger von der Wirtschaft lassen solle. Für das Marktversagen hingegen finden sie jede Menge Ausflüchte, während der Glaube an die angebliche Weisheit des Marktes ungebrochen bleibt.
Dabei hat eindeutig nicht der Staat die Krise ausgelöst, sondern vielmehr die Finanzmärkte. Diese sind völlig aus dem Ruder geraten, nachdem sie von Neoliberalen zuvor fleißig liberalisiert worden sind. Schlimmer noch, auf einmal erfüllte der Staat doch wieder eine Funktion: jene nämlich, die Verluste der zügellosen Privaten aufzufangen. In Wahrheit ist es noch perfider: Indem man etwa private Pensionsvorsorge förderte, waren von der Krise nicht nur die SpekulantInnen bedroht, sondern mussten auch einfache ArbeitnehmerInnen um ihre Lebensgrundlage im Alter bangen.
Deregulierung, Flexibilisierung, Privatisierung sowie die weitere Stärkung des Kapitals durch die Beschneidung von ArbeitnehmerInnenrechten: Wir haben erst vergangenen Sommer ausführlich über die negativen Konsequenzen dieser Maßnahmen in den europäischen Krisenländern geschrieben. Zwar gibt es in Europa inzwischen schüchterne Bemühungen in andere Richtungen. Der dringend nötige Kurswechsel aber lässt weiter auf sich warten. Stattdessen erleben allerlei neoliberale Mythen Hochkonjunktur. Die Realität aber ist: Die neoliberale Krisenpolitik ist gescheitert, der österreichische Wirtschaftsstandort und Sozialstaat sind gut aufgestellt und auch Maßnahmen im Interesse der ArbeitnehmerInnen wie Mindestlöhne haben positive Effekte. Wir stellen in diesem Heft die Fakten den Mythen entgegen.
Heute stellt der IWF das Mantra infrage, neoliberale Reformen würden mehr Wachstum bringen. Was sie stattdessen brachten, sind massive Ungleichheiten, die wiederum das Wachstum bremsen, wie der IWF festhält. Nicht nur das: Sie sind vor allem schlecht für die Menschen, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes, wie der neuerliche Aufschwung des Rechtspopulismus deutlich zeigt.

Es müssen endlich Taten folgen
„Die Zeit“ verwies kürzlich auf die Erklärung der G20, die forderte, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums „breiter verteilt werden“ müssten. Die deutsche Wochenzeitung führte diesen Kurswechsel auf die Angst vor dem Erstarken von RechtspopulistInnen zurück. Bleibt zu hoffen, dass man sich intensiver mit diesen Erkenntnissen beschäftigt. Vor allem aber müssen ihnen endlich Taten folgen.

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