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Sonja Fercher Sonja Fercher, Chefin vom Dienst

Standpunkt: Mehr als ein gutes Gefühl

Meinung

Solidarität: Dieses Wort hat in meinen Ohren einen sehr wohligen Klang. Es löst Assoziationen aus zu Menschen, die sich gegenseitig unterstützen und vor allem gemeinsam gegen eine Ungerechtigkeit kämpfen. Bloß wenn ich es mir genauer überlege, merke ich: Hinter der romantischen Fassade steckt eine sehr unbequeme Realität, die sich Ungleichheit nennt. Diese ist der eigentliche Grund, weshalb Solidarität überhaupt erst notwendig wird.
Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen Mitgefühl und Solidarität. Ersteres ist eine sehr wichtige Emotion, die man unabhängig von konkreten Umständen für einen anderen Menschen empfindet, dem es gerade schlecht geht. Zweitere setzt voraus, dass man als Gruppe in einer benachteiligten Situation ist und hofft, gemeinsam stärker auftreten zu können. Oder aber jemand ist in einer privilegierten Situation und hält eben diesen Vorteil für nicht gerechtfertigt, weshalb man sich mit weniger Privilegierten solidarisch zeigt.

Immer noch aktuell
„Vorwärts und nicht vergessen, worin unsere Stärke besteht! Beim Hungern und beim Essen, vorwärts nie vergessen: die Solidarität!“ Es mag verstaubt wirken, an dieser Stelle Passagen aus dem Solidaritätslied zu zitieren. Immerhin hat sich tatsächlich einiges verändert, seitdem Bertolt Brecht den Text für dieses Lied geschrieben hat. Und doch müssen auch heute noch Menschen hungern oder mit Löhnen auskommen, die ihnen bei Weitem kein Überleben sichern. Selbst hierzulande werden Menschen noch heute ähnlich wie SklavInnen ausgebeutet. Dabei hat sich der Reichtum weltweit kontinuierlich vermehrt. Allein, von einer gerechten Verteilung kann bis jetzt keine Rede sein, auch nicht innerhalb der europäischen Nationalstaaten, die per Wohlfahrtsstaat zumindest theoretisch sehr viel für die Umverteilung getan haben.
Und so bleibt die ungerechtfertigte Ungleichheit auch innerhalb der europäischen Staaten eine der größten Herausforderungen, erst recht jedoch ist sie es, wenn man es auf globaler Ebene betrachtet. Zweifellos hat sich viel verbessert, nicht zuletzt aufgrund des Engagements von Gewerkschaften sowie zunehmend von NGOs, mit denen sich Gewerkschaften immer mehr vernetzen. An den Grundfesten der Ungleichheit zu rütteln vermochte bisher leider noch niemand.
„Schwarzer, Weißer, Brauner, Gelber! Endet ihre Schlächterei! Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein.“ Mit dieser Strophe spricht Brecht ein weiteres Thema an, das bis heute bedauerlicherweise nicht an Aktualität verloren hat. Leider aber hatte er in einem Punkt unrecht: ArbeitnehmerInnen lassen sich allzu leicht gegeneinander ausspielen – nur weil sie unterschiedliche Nationalitäten oder Religionen haben, während sie aber nach wie vor die gleichen Interessen verbinden wie zu Brechts Zeiten. Würden sie dem Gerede der Mächtigen nur weniger Glauben schenken und stattdessen mehr miteinander sprechen, würde sehr schnell klar, wie viel sie eigentlich gemeinsam haben.

Nicht entzweien lassen
„Wollen wir es schnell erreichen, brauchen wir noch dich und dich. Wer im Stich lässt seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich.“ Es ist ein schwieriges Thema, denn wer schon in einer schwierigen Situation ist, hat auch jedes Recht zu sagen, dass er oder sie keine Kapazitäten mehr hat, sich auch noch zu engagieren.
Heutzutage gibt es allerdings deutlich mehr Möglichkeiten, aktiv zu werden. Das muss natürlich die Gewerkschaft berücksichtigen und entsprechende Angebote machen. Zugleich sind auch die ArbeitnehmerInnen gefragt, die Vertretung ihrer Interessen nicht zu delegieren, sondern dabei ein Wörtchen mitzureden. Es ist ein wechselseitiger Prozess, der aber nötig ist, denn auch darin hat Brecht recht: „Unsre Herrn, wer sie auch seien, sehen unsre Zwietracht gern, denn solang sie uns entzweien, bleiben sie doch unsre Herrn.“

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